Frankfurter Zeitung geschrieben:„Braunschweig den 31. März.Gestern sind also auch die hier inhaftirten Sozialdemokratenin Freiheit gesetzt. Unter anderen Umständen als ihre LeipzigerGenossen. Während die letzteren gegen Handgelöbniß zwar derHaft entlassen sind, aber die Enlscheidnng über die Anklagenoch erwarten, hat der Anklagesenat des Obergerichts Wolfen-büttel beschlossen, gegen die Braunschweiger keine Anklage zuerheben. Der ganze Hochverrathsprozeß gegen dieselben ist alsoim Sande verlaufen. Man hat untersucht, inquirirt, man hatgestöbert und gestiebert nach Kräfte», man hat sechs Menschen29, sage neunundzwanzig Wochen eingekerkert, um— schließlich zu finden, daß die Verhafteten des Verbrechens, dessen mansie bezüchligte, nicht schuldig seien, daß die lange Jnquisitions-arbeit kein Material zu Tage gefördert, welches zur Erhebungeiner Klage ausreicht. Läßt sich da die Frage unterdrücken, obnicht auf anderer Seite eine Schuld liegt? Ob ein durchschla-gender Grund da war zur Verhaftung? Ob ein Recht zurAuferlegung der Untersuchungshaft von länger als einem hal-ben Jahre? Und wer büßt nun für diese Schuld, wer sühntdiese Schuld, wenn sie vorhanden wäre? Niemand. Die An-geklagten haben einen geraumen Theil ihres Lebens verloren,wurden in ihren ganzen Lebens- und Erwerbsverhältnisien ge-lähmt, weil die Organe der Polizei sie für Hochverräterhielten,— man läßt sie nach 29 wöchentlicher Haft laufen—das ist Alles. Und wo das jedem Bürger, der in Verdachtkommt, passiren kann, da soll man nicht von Freiheit reden imneuen deutschen Reick."Der Ostsee-Zeitung schreibt man aus Warschau vom28. Febr.:„Mit stillschweigender Genehmigung der Äensurbehördewird hier eine Broschüre unter dem Titel„Uettre ü TEmpereurAlexandre II. par un Slave"(Brief an Kaiser Alexander II. voneinem Slaven) verbreitet, welche der slavischen Föderation') unter rufst-scher Hegemonie") eifrig das Wort redet, und an den Kaiser Alexander II.die Aufforderung enthalt, die Errichtung der slavischen Föderation zumHauptsiele der russischen Politik und zu seiner Lebensaufgabe zumachen.Die Lösung der slavischen Frage erblickt der ungenannte Verfasser inder Zertrümmerung der öfterreichisch-ungarischen Monarchie,welche Rußland aus allen Kräften erstreben müsse. Er verlangt fürdasKönigreichPolen vollftändiged) Autonomie"'), wie sie vordem Jahre1331 bestand, jedoch mit Ausschluß des Militärs und der auswärtigenAngelegenheiten. Dieselben autonomischen Rechte beansprucht er auchIllr die baltischen Provinzen, indem er glaubt, daß diese Provinzen«durch um so fester an Rußland gefesselt werden würde». Interessantsind die Schlußbetrachlungcn der Broschüre, worin der Verfasser denZaren daran erinnert, daß der Verfall Polens unter Sigmund III.begonnen habe und durch den schweren Druck herbeigeführt wordeniei, welchen die Polen seit jener Zeit auf die Deutschen im Westenund die Kleinrussen im Osten ausüben. Er weist den Zaren warnenddarauf hin, daß durch die von der uttrarussischen Partei ins Werk gesetzteBedrückung und Verfolgung der Deutsche» und Polen Rußland leichtdas Schicksal Polens bereitet werden könne."Wie groß ist demnach die Weisheit Derer, welche an dieMöglichkeit einer österreichisch-russischen Allianz glauben?Berlin. Vor einigen Wochen sandte der deutsche Kaiseran seine Gattin einen Dankbrief für ihre angebliche außer-ordentliche Thäligkeit im Interesse der„Vereine zur Pflege derverwundeten u. erkrankten Krieger", deren„Protektorat"— und ohnePr.tekloral Allerhöchster Personen glauben ja heutzutage Humo-nitäts-Anstalten nicht bestehen zu können- die Kaiserin Huld-vollst übernommen. Sie sandte»un den kaiserlichen Brief anoas Centralkomite der genannten Vereine und letzteres veröffent-licht ihn mit folgender charakteristischen Beigabe:„Das vorstehende, durch Ihre Majestät die Kaiserin und Königinuns Allergnädigst mitgetheilre huldreiche Handschreiben Seiner Majestätdes deutschen Kaisers und Königs von Preußen vom 14. d. M., eilenwir dankerfüllt zur Kenntniß aller mit uns verbundenen Verei.ie undihrer Mitglieder, sowie aller Derer zu bringen, welche uns hülsreichihre Hand geboten haben. Sie alle werden darin mit uns einen herz-bewegenden Antrieb finden, nicht nur unermüdet fortzufahren in derLösung unserer jetzigen Aufgabe bis zu ihrem völligen Abschlüsse,sondern auch in treuer Fricdensarbeit mit erhöhter Anstrengung da-nach zu trachten, daß wir eng mit einander verbunden immer ge-schickter und bereiter für die Erfüllung unserer Pflicht in einemkünftigen(will's Gott fernen) Kriege werden.Berlin, am 17. März 1871.Das Central-Komite der deutschen Vereine zur Pflege im Feckeverwundeter und erkrankter Krieger._ N. v. Sydow."Das„Leipziger Tageblatt" schreibt über Paris:„Sogar der Luxus wird requirirt, die Legionen von Bellevillenehmen„mittelst Requisition" warme Bäder, um sich doch auch ein-mal zu waschen. Die Kommune selbst hal einen nicht uninteressantenSchritt vorwärts.gethan. Sie hat dekretirt, daß ihre Fahne die der„allgemeinen Republik" sei und hat. einen Herrn„Fränkel," der gleich-zeitig Oesterreich und das jüdische Glaubensbekenntniß repräsentirensoll, in ihre Mitgliederzahl ausgenommen."Welch' sanitätswidrige Atmosphäre mag in der Redaktion des„LeipzigerTageblatts" herrschen, wenn man daselbst die„warmenBä-der" für„Lupus" hält! Charakteristisch! Dasselbe Blatt, welchesvor einigen Monaten diejenigen deutschen Soldaten belobte,welche in Frankreich seidne Schürzen und sonstige, nicht zumnothdürftigeu Lebensunterhalt gehörige Gegenstände requirirten,— dasselbe Blatt weiß der sozialistischen Nationalgarde vonParis nichts Schlimmeres nachzusagen, als, daß sie„warmeBäder requirirt!"„Sogar der Lupus wird requirin,"—aber weder goldene Halsketten, noch Damastsopha's, sondern„warme Bäver."— Schreiber dieses konnte während derhunderttägigen Leipziger Haft für Geld und gute Worte wederein warmes noch ein kaltes Bad erhalten,— weil man im„freien" Deutschland solchen„Lupus" von Staatswegen nichtbesördert; obsckon ein Bad das einzige Linderungsmittel wäre,welches man den Gefangenen gegen die unvertilgbare Plage derFlöhe gewähren könnte und müßte.Kein Wunder, daß dem„Leipziger Tageblatt," welchesein Bad für„Lupus" erklärt, die schmutzige Wäsche ekelhaftwidrig auf allen Seiten hervorguckt; Leo Fränkel, Mitgliedder Internationalen, welcher zufällig Oesterreicher und widerWissen und Willen, als er acht Tage alt war, beschnitten wor-den ist— Leo Fränkel, welcher in eine der 10 Kommissionender Pariser Kommune gewählt ist, muß dem„Tageblatt" dazuherhalten, um dem Religionshaß und der Antipathie gegenDeutschösterreich Luft zu machen.— Dem Leser aber wollenwir's nicht verdenken, wenn er nach dieser Beschäftigung mitdem„Tageblatt" ebenfalls ein warmes Bad nimmt!Auf den sächsischen Staatseisenbahnen ist seit dem I.April') Staatenbund.") Führung."*) Selbstverwaltung und Selbstgejetzgebung.der 10-stündige Normalarbeitstag eingeführt worden, aber nurzum Schein und unter Bedingungen, die keinen Gewinn fürdie Arbeiter einschließen: Frühstück- und Vesperpausen sindnämlich abgeschafft worden. Nur die Verwaltung zieht ausjener geschäftlichen Aenderung einen Vortheil, indem sie anHeizung und Licht Ersparnisse macht.Wir machen unsre Leser auf den in einer hintern Spaltebefindlichen„amtlichen" Artikel aufmerksam, der eine classischeKritik unsrer politischen und sozialen Zustände enthält— nurmuß inan zwischen den Zeilen zu lesen verstehen, eine Kunst,in welcher die Leser eines sozialdemokratischen Blattes ja geübtsind.— Da es uns nach dem Strafgesetz nicht erlaubt ist, anderartigen Einsendungen Correcturen vorzunehmen, so müssenwir die Verantwortlichkeit für etwaige interpunktionelle, stili-stische, grammatikalische und logische Eigenthümlichkeiten aus-drücklich von nns zu weisen.Aus Schwaben.i.Es ist gegenwärtig schwer, politische Resume's niederzuschreiben. Die politischen Verhältnisse sind allenthalben so sehrgespannt, daß der Morgen nicht weiß, was der Abend bringenwird. Wenn ich es dennoch versuche, Ihnen in gedrängter Ueder-ficht ein Bild unserer Lage vorzuführen, so muß es sich wenigerdarum handeln, über einzelne politische Thalsachen zu räsonniren,als vielmehr darum, das Bleibende in der Erscheinungen„Flucht"festzuhalten, d. h. den inneren Entwicklungsgesetzen nachzugehen,die, selbst unwandelbar, einheitlich und einförmig, dennocheine Mannigfaltigkeit politischer Kombinationen zu Tage för-dern, wie sie besonders das politische Leben gerade unsererZeit kennzeichnen. Das isolirte Fürsichsein, in welcher Formdie Bourgeoisie das Politische auffaßt, dieses Herausreißen desPolitischen aus den socialen, ethischen, religiösen Strömungenunserer Zeit, überhaupt aus dem ganzen geistigen Zusammen-hang des 19. Jahrhunderts, richtet in allen Köpfen die kläg-lichste Verwirrung an und führt zu einem Schwanken, einerUnsicherheit der öffentlichen Meinung, zu Triumphen der Cha-rakterlosigkeit, Oberflächlichkeit und geistiger Impotenz, wie sieder ärgste Pessimist früherer Tage kaum hätte ahnen können.Süddeutschland bildet das Eldorada dieses idyllischenDaseins. Die Gründe hierfür liegen nahe genug. In kleinenInteressen geboren, in kleineren aufgezogen, in kleinsten er-wachsen, steht der Süddeutsche, wenn große Fragen aufder Weltbühne auftauchen, rath- und thallos, und ehe er zumEntschlüsse durchbrechen kann, ist er selbst längst das SpielzeugAnderer geworden, vom Zufall, von der Laune nach Belieben geformt.Wenn das launenhafte Fatum im gegebenen Zeitpunkt ihmeine große Rolle zugedacht,— das Zünglein an der Wage kannauch eine schwache Hand lenken— so sieht er sie nicht oder erhält das Große für klein und fühlt sich unendlich glücklicheraufder andern Seite, wenn er das Kleine für Groß halten darf.Die Rudera*) sogenannter demokratischer Parteien in Württem-berg, die relative Stärke der ultramontanen Partei in Baiern,die offizielle Preußensehnsucht in Baden, Dazwischen als schönesBindeglied die angestammte Liebe zu den verschiedenen Herrscher-Häusern, ein solches Kaleiooscop, mit buntscheckigen Regenbogen-färben, kann selbst ein klares Auge in entzückende Verwirrungversetzen. Kommt dazu noch jene allen gemeinsame, tiefe Sehn-sucht, die man, so glaube ich, Vaterlandsliebe heißt, und die,aus ihrem Pflanzenschlaf einmal aufgeschreckt, für sich alleinschon hinreicht, die Menschen verrückt zu machen, wer will sichwundern, daß unsere Zustände wirklich zuin Verrücktwerdensind?Der Krieg hat auf diesen gemüthlichen Wirrwar ziemlichstörend eingewirkt. Der Nationalliberalismus, dieprägnanteste**) Form, in welcher sich das politische Denken derBourgeoisie ausspricht, ist aus kleinen Anfängen plötzlich riefen-Haft angeschwollen und hat den größten Theil der übrigen Par-teien im Strudel mit sich fortgerissen. Die Umstände wirktenzu sehr begünstigend, die Traditionen waren zu lebendig, derErbfeind war uns zu sehr in Fleisch und Blut haften geblieben,als daß die Masse unter den übrigen Parteien hätte Standhalten können; es war unmöglich, anders zu handeln, als ihreund die preußische Sache zu identificiren. Schüchtern thatman die ersten Schritte; um so größer war der Liebeseifer,als die„herrlichen Siege" den Bund besiegelten. Man hattesich vordem verkannt, mißverstanden. Die nationalliberale Par-tei, deren Stern schon in Norddeutschland zu erbleichen anfing,fand bei uns ein neues, frisch hergerichtetes Feld zu bebauen;wir eskamotirten unsere paar„Demokraten", schickten in Bayerndie Mehrzahl der Ultramontanen zum Teufel, wählten in Badeneinen Prinzen des königlichen Hauses und stürzten uns wonne-trunken in die Arme der norddeutschen Brüder.„Wir schwel-gen im ersten Kusse."Der Kaiser beugt sich vor Gott, wir beugen uns vor demKaiser, Niemand steht aufrecht, wie es dem S-ohn des Proine-rhcus geziemt. In fanatischem Wahnwitz haben wir alles,alles, Mannheit und Ehre, Denken und Wollen hinverlorenan diesen Humbug ohne Gleichen.„Der Kaiser ist groß"! indiesem Worte sind, wie im Brennpunkt einer Linse, alle Strah-len des deutschen Geistes, das Denken und Fühlen der Nationconcentrirt.„In ihm leben, weben und sind wir."In Süddcutschland existirt, abgesehen von den Ausläufernder sozial-demokratischen Partei, die eben nur Ausläufer sind,keine Partei, der nicht jetzt schon die Prognose auf baldigenUntergang gestellt werden könnte. Es sind nur bizarre Launen,die in den Köpfen von demokratischen und ultramontanen Wider-standsmenschen fortleben, Launen, die nicht einsehen wollen,daß wer A sagt, auch B sagen muß. Wo ist der Punkt, derder Freiheit die Berechtigung auch nur zur leisesten Hoffnungbietet?DerParlamentarismus war in Preußen dem Hunger-tode nahe. Bismarck hat Alles gethan, um sein Spielzeug inden Augen des Volkes wenigstens einigermaßen manierlich aufzuputzen. Es hal nichts genützt, sein Stern sank immer tiefer.Wenn der Friede endgiltig geschlossen, wird er noch einmalaufleben— für kurze Zeit. Er wird und muß sich inden kleinsten und engherzigsten Formen bewegen,indem er nichts zu seinem Lebensprinzip machenkann, als den Kampf mit dem W iderstand der klein-') Trümmer"J ausgeprägtestestaatlichen Interessen. Wie wenig Leben eine solch„mittel-mäßige Idee" zu erzeugen vermag, wird die nächste Zukunftlehren! Die thatsächlichen Machtverhältnisse, die reellen Exi-stenzbedingungen sprechen so sehr für die Vergeblichkeit, ja DenSchaden eines jeden Widerstandes, daß die nationalliberale Bour-geoisie schon jetzt getrost die Hände in den Schooß legen könnte;der Widerstaud wird von selbst aufhören. Was dann?DerAntagonismus der großen politischenPar-teien ist das Prinzip, aus welchem jede constitutionelle midscheinconstitutionelle Regierung ihren Lebensunterhalt schöpft.lieber den Parteien stehen, sich auf alle gleichmäßig stützen, dieBeziehungen derselben untereinander regeln, die Schwäche derEinen kräftigen, die Stärke der Andern schwächen u. f. w.,Dies allein bildet ihr Leben, ihre Kraft. So kommt es denn,daß für die Regierung Zeiten kommen können, wo ihr dieLiebe Einer Partei noch viel gefährlicher werden kann,als der Haß der andern. Das deutsche Kaiscrthum geht diesergefährlichen Zeit entgegen. Der Antagonismus der Parteien,auf den es allein die Säulen seiner Macht gründen kann, ent-schwindet ihm unter den Füßen; eine verhängnißvolle Erschei-nung wird eintreten— Das Kaiserthum wird selbstPartei. Die Liebe der Bourgeoisie zu ihm wird immermächtiger, immer zudringlicher, ittoch wird der Versuch ge-macht werden, diese aufdringliche Liebe zurückzudrängen, schonfehlt es nicht an Zeichen, daß es der Regierung doch bangewird in dieser schwelgenden Umarmung; auf die Dauer derZeit ist es unmöglich. Es giebt kein Mittel, die absolute Hin-gäbe der Bourgeoisie zu verhindern. Wenn Bismarck ihrStreiche auf die Wangen giebt, so sagen sie: es war ein glühen-der Liebeskuß; wenn er sie mit Füßen tritt, so rufen sie: siehe,er ist. unser Freund. Die Sehnsucht nach einem starkenStaat— einst haßte ihn die Bourgeoisie— wird täglichgrößer, mächtiger; gegen solchen Liebesstrom giebt es keinenDamm, keine Schranke.Man mag von dem Krieg denken, was man will. DerKenner der Geschichte kann aus diesem Krieg wenigstens EintröstlichesResultat herauslesen. DerScheidungs-.beziehungs-weise Auflösungsprozeß aller nicht revolutionärenParteien, und weiterhin die innere Verschmelzungderselben, hat einen großen Schritt vorwärts ge-macht. Wir sehen in Frankreich die Bourgeoisie auf sich selbstzurückgeworfen; kein Gesellschaftsretter, keine Autorität, wodurchsie ihre Machtstellung maskiren und sicher stellen könnte. DasVolk behält die Waffen in der Hand und die Gesellschaft bebtin ihren morschen Fugen. Wir sehen in Deutschland die Bour-geoisie dem Kaiserthum in die Arme geworfen— in verschiedener Form dieselbe innere Ursache. Dort heißt die neueweltgeschichtliche Frontstellung Bourgeoisie— Volk, hierheißt sie, oder wird bald so heißen, Kaiserthum— Volk.Dort heißt Bourgeoisie die innere Einheit aller reak-tionären Parteien, hier heißt dieseEinheit Kaiserthum.Dort beginnen schon die Plänkeleien im großen Kampfe derZukunft, hier sind es erst entfernte Marschbewegungen, abermit sicherem Ziele.Die Weltgeschichte ist oft genug ironisch gewesen. Preisetunsere Gegenwart, ihr Dichter und Sänger, beweiset uns ihreGröße, ihr Denker und Gelehrten, pocht auf sie, ihr Staats-mäuner und Helven; Die Gesellschaft, der ihr entsprossen, istmorsch und faul, ihr jubelt und singt, bloß um die Tobten-glocke nicht zu hören, die von fern her tönt. Ihr habt demVolke, das euch geboren, den Rücken gekehrt, ihr habt euerWohl und Wehe von dem seinigen getrennt. Bald werdet ihrverlassen, vereinsamt dastehen, abgestorbene Zweige am Baumeder Menschheit. Eure Todlengräber sind rüstig zur Hand, schonzimmern sie den Sarg, der eure tobten Gebeine aufnehmenwird.Ja, das Kaiserthum wird Partei, muß Partei werdenund ihm wird folgen jene tiefe, innnere Entfremdung desVolkes, das seine heiligsten Interessen verrathen und verkauftsieht. Auf sich selbst angewiesen, wird es lernen, sel-ber seine Interessen zu führen; auf sich selbst zurückgeworfen,wird es einsehen, in welchen Schichten der Gesellschaft die Kraftwohnt. Und wenn der Lebens-Abend der alten Gesellschaft ge-kommen sein wird, werden wir, die Söhne der neuen, euchzurufen:„Eure Liebe hat das Kaiserthum zu Grundegerichtet, nicht unser Haß." M.Zu de» Märztageu*).Das war ein Völkerfrühling! Wie der Schall derPosauneam Auferstehungstage, den die Gläubigen erwarten, schlug 1848die Kunde von der Pariser Revolutionsschlacht an das Ohrdes hochaufhorchenden Europa! In Banden geschlagen und ge-fesselt lag der ganze Welttheil nach den furchtbaren Anstrcn-gungen der sogenannten„Befreiungskriege", und die im grauen-Haft blutigen Ringe» zusammengekitteten Throne lasteten soschwer auf den Völkern, daß diese kaum zu athmen vermochten.Da fing es sich plötzlich an zu regen in dem alten PariserKraler und mit einem einzigen ungeheuren Ausbruch war dasganze Lugbild des„Bürgerkönigthums", jene vollendete Heucheleieiner„väterlichen" Regierung, weggefegt auf Nimmerwieder-sehen. Aber die vulkanische Kraft blieb diesmal nicht aufParis, auf Frankreich beschränkt. Durch tausend Kanäle hattesie ihren Weg gefunden in alle jene Länder, so da mühseligwaren und beladen, in das Herz Europa's, hinein nach Deutsch-land, jenes loyale Deutschlanv, in welchem die„Königstreue"stets die höchste aller Tugenden war. In all' den Brennpunk-ten des deutschen Lebens, den Residenzstädten des Landes, be-gann es zu gähren und, voll Verzweiflung und Todesfurcht,suchten die geliebten Landesvätcr ihre kostbare Existenz zu retten,indem sie, ohne Besinnen, die willigen Werkzeuge ihrer Thaten,ihre Minister und Vertraute, dem tobenden Sturme opferten.Die Furcht der fürstlichen Menschen-**) war so groß, daßdie Revolution überall eine ziemlich unblutige blieb. Nuran einer Stelle fand ein blutiges Gemetzel statt. Zwar hatteder gekrönte Romantiker in Berlin, Friedrich Wilhelm IV.,sich sofort bei herannahender Gefahr auf den realen Boden') Der„Neuen Zeit" in Newyork entnommen, einer IresslichenZLochenschrist, die bei dieser Gelegenheit unsre» Lesern aufs Wärmsteempfohlen sei. D. R.")— beglücker Heißt'S nicht. Diese Republikaner führen mit-unter eine Sprache, die durch ihre Wirkung auf monarchistische, ins-besondere Staatsanwalts-stteroen gesundheitsschädliche Folgen habenkann.