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Nach der Pause ergreift der Präsident das Wort zu einer per­sönlichen Bemerkung. Er sagt: Mir ist von Heren Liebknecht heut der Vorwurf der Voreingenommenheit gemacht worden. Ich habe in der Pause Zeit gehabt, über diesen Vorwurf nachzudenken und ge­stehe zu, daß ich zu demselben Veranlassung gegeben haben mag durch eine zu kurze Ausdrucksweise. Der Herr Vertheidiger hatte gesagt, ich möge nicht nur immer die belastenden, sondern auch die entlastenden Momente verlesener Schriftstücke betonen. Herr Liebknecht sagte nun heut früh, es sei von mir bisher noch immer fein en tlastendes Moment hervorgehoben worden, worauf ich entgegnete, es sei von mir noch kein entlastendes Moment entdeckt worden. Ich wollte aber sagen, es sei von mir noch teins gefunden worden, das nicht bereits durch die Herren Bertheidiger erwähnt worden wäre. Dabei bleibe ich aber auch stehen, denn es ist die Pflicht der Vertheidigung, jedes entlastende Moment sofort vorzubringen. Außerdem erwähne ich noch, daß mir von Dr. Swoboda, der sich durch einen Ausdruck des Herrn Liebknecht beleidigt glaubt, ein Telegramm zugegangen ist. Dieses Telegramm, das nicht aus meinen Händen gekommen, finde ich wörtlich abgedruckt in der, Deutschen Allgemeinen Zeitung". Auch erhielt ich einen Brief von Mühlwasser aus Brünn . Hierauf wird aus dem Vorboten ein Manifest an die land­wirthschaftliche Bevölkerung verlesen. Liebknecht: Der Inhalt des Manifests ist nach meiner Ansicht nicht strafbar. Auf dem Eisenacher Kongreß war Becker in Genf , Oberwinder in Wien und ich mit der Ausarbeitung eines solchen Manifestes beauftragt. Ich hatte keine Zeit, und dem von Becker gesendeten Entwurfe stimmte ich nicht bei. Ich legte den Ent­wurf, d. i. der verlesene Aufruf, ins Redaktionspult und druckte ihn auf besonderes Drängen Becker's ab, nachdem er im Vorboten bereits erschienen war, zum Zeichen meiner Nichtübereinstimmung mit der Bemerkung, daß er aus dem ,, Vorboten" sei. Das Manifest selbst trägt das Tatum 16. November 1869 im ,, Boltsstaat" fam es zum Abdruck im März 1870. Daß ich mich zur Aufnahme auch solcher Sachen verpflichtet hielt, mit welchen ich nicht ganz überein stinimte, sobald sie von befreundeter Seite tamen, habe ich schon oft gefagt. Jch table beispielsweise in dem Manifest den Ausdruck Diebe", der für die Grundbesizer gebraucht wird ich und meine Partei, wir verstehen die Sache von der Person zu trennen. Bebet: Ich sehe nicht ein, inwiefern der verlesene Aufruf be­lastend sein soll. Man sagt, wir suchten die Hauptstüßen des heutigen Staats, gebildet durch die Bauern und das Militär, zu unterwühlen. Aber findet denn ein unterwühlendes, ein geheimnißvolles Wirken von unserer Seite und von der Internationalen überhaupt statt? -Da steht in Nr. 37 vom 4. Sep br. 1869 des Demofr. Wochen blattes ein Aufruf vom Bajeler Congreß: Die befitlosen Handarbeiter an die besiglosen Kopfarbeiter." Dieser Aufruf richtet sich an alle Kopfarbeiter, offen und frei, nicht heimlich und unterwühlend, er richtet sich auch an jeden Beamten, selbst an den Herrn Staatsanrsalt; denn auch dieser kann der Internationale beitreten.

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Hepner bestätigt, daß Liebknecht sich weigerte, den Aufruf an die Landbevölkerung in den Voltsstaat aufzunehmen.

Aften.

Nach Verlesung der Broschüre von Carl Heinzen gelangen noch einige Briefe zur Verlesung. Einer ist von Bonhorst, der andere von Rüll aus Nürnberg , die sich darin über die verlesene Broschüre gün­stig aussprechen und sich nach dem Preise derselben erkundigen. Ferner wird ein Brief von Göre aus Wien , an Liebknecht und Thiele in Leipzig gerichtet, verlesen, der sich in gleicher Weise nach dem Preise erkundigt und die qu. Broschüre zur Agitation unter'm Militär für sehr geeignet hält.

Elfte Sitzung, Freitag, 22. März.

Eröffnung gegen 9 Uhr.

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Advokat Freytag.( Leipzig ) bittet zu konstatiren, daß sich in Punkt ausgesprochen und kann hier nur dasselbe wiederholen. Ich habe den Untersuchungsakten mindestens 12 Briefe befinden, in denen sich den Ausschuß ersucht, die Barteisteuern zu ermäßigen, damit es auch Liebknecht gegen die Aufnahme qu. Romans in den ,, Volksstaat" aus dem Wermsten möglich werde, der Partei als Mitglied beizutreten. Was sprach. den ,, Tag der Entscheidung" anlangt, so wollte ich die Lokalvereine Staatsanwalt Hoffmann: Ich erinnere mich all' dieser Briefe. aufgelöst wissen, damit das Geld von denselben zur Agitation benutzt Hierauf wurde die Verhandlung gegen 3 Uhr Nachmittags werde. Da es, wie bereits hervorgehoben, sehr wenig Lokalvereine gab, vertagt. so fonnte selbstverständlich der Fonds derselben nicht ein solcher sein, daß sich auch nur ein Putsch mit demselben ausführen ließe. Mit dem ,, Tage der Entscheidung" war die Auflösung der Lokalver= eine gemeint. Ein weiterer Brief, in dem die Aeußerung Ladendorf's citirt wird: Staatsanwalt Hoffmann kommt auf die von der Vertheidigung ,, Man könne wohl eine Revolution ohne Bauern machen, jedoch nicht gestern angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde zurück. Aus den Akten ohne dieselben halten", hat wiederum auf Propaganda unter der des Bezirksgerichts Leipzig ( 1869) geht hervor, daß Liebknecht zur ländlichen Bevölkerung Bezug. Verantwortung gezogen wurde, weil er das Programm des Felleisen" Es sollen nun eine Anzahl Briefe von Liebknecht zur Verlesung abgedruckt. Das Urtheil lautete auf 6 Wochen Gefängniß, wovon gelangen; der Staatsanwalt verzichtet jedoch darauf. Liebknecht 1869 den einen Theil, den andern bis auf einen Tag 1870 Liebknecht: Ich verzichte auch auf die Verlesung. Durch den verbüßte. Der eine Tag blieb unverbüßt, um eine Verschmel- Antrag des Herrn Staatsanwalt ist ja zur Genüge der harmlose zung oder Mitanrechnung der Strafe für den Fall einer Verurtheilung Charakter meiner Briefe konſtatirt. in gegenwärtigem Prozeß möglich zu machen. Nachdem über Herrn Es gelangt nun eine Abschrift aus dem Preßkopirbuch Liebknecht jenes Urtheil gesprochen, nachdem er wußte, daß das Fell- des Ausschusses zur Verlesung. eisen strafbar sei, hat er dennoch wiederholt im Volksstaat dasselbe Liebknecht: Dieser Brief ist von Bracke an Geib gerichtet. Der Blatt empfohlen. Der Staatsanwalt überreicht hierauf die fraglichen mir in demselben vorgeworfene Optimismus hat sich als ein berechtigter Aften sowie die Nummern 26, 50, 52 und 79 des Bolksstaat vom erwiesen. Ich meinte bloß, daß durch den deutsch - französischen Krieg Jahre 1870, welche die Empfehlung des Felleisen enthalten. das Empire in Frankreich gebrochen werden würde. Dies ist ge Liebknecht: Ich habe schon öfter konstatirt, daß regel- schehen. Ich hoffte wohl bessere Zustände auch für Deutschland , je­mäßig wiederkehrend die Parteiblätter im ,, Volksstaat" empfohlen doch durchaus keine Proklamirung der Republik . Ferner ersuche ich wurden. zu konstatiren, daß die Exekutive der Partei, der Ausschuß, eine voll­Die Vertheidiger halten troß der Verlesung der fraglichen Em - ständig kaufmännische Leitung hatte. Er hat sämmtliche ankommenden pfehlungen ihre Nichtigkeitsbeschwerden aufrecht und Briefe getreulich aufbewahrt und alle abgehenden kopirt; sogar Advokat Freytag( Leipzig ) bemerkt: Daraus, daß ein einzelner ein Preßkopirbuch fehlte nicht. So ist es nun gekommen, daß alle Artikel das Felleisen" strafbar befunden worden ist, kann nicht die Briefe dort konfiszirt und hier vorgelesen werden konnten. Wahrlich, Strafbarkeit des Felleisen" an sich gefolgert werden. Wir haben auch eine Partei, die eine gewaltsame Revolution beabsichtigt, handelt nicht die Richtigkeitsbeschwerde nicht angemeldet um der Empfehlung willen, in dieser Weise. sondern weil ein Artikel unter der Bezeichnung als Belastungsmaterial vorgelesen wurde, um deswillen Liebknecht bereits angeklagt und be­straft ist. Bebel : Wenn die Logik des Herrn Staatsanwalt richtig ist, so Derselbe iſt in vielen ist sie auch auf den Volksstaat anwendbar. Artikeln schon bestraft- folglich müßte der Volksstaat an sich als staats­gefährlich bestraft werden.

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Es werden hierauf zwei Mittheilungen Bracke's an Bon­Horst und zwei andere Bonhorsts an Bracke, enthalten in einem für Privatmittheilungen benüßten Büchlein und bei den Braun­schweiger Aften liegend, verlesen.

Der Präsident hebt daraus hervor, daß die Ziele der Partei schließlich nicht auf friedlichem Wege zu erreichen seien und daß man sich auf die Gewalt vorbereiten müsse.

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Der Präsident konstatirt, daß in dem vorliegenden Kopirbuche 15 Briefe enthalten sind. Liebknecht: Dasselbe wurde kurze Zeit vor der Konfiskation erst angeschafft; jedoch wurde schon vorher von jedem abgehenden Briefe eine Abschrift gemacht( iriefe Ladendorf's an Liebknecht wird den ,, Konzeptbüchern"). Auf die Verlesung der seitens der Staatsanwaltschaft und Vertheidigung verzichtet, nachdem auf Antrag Liebknechts konstatirt worden, daß alle diese Briefe an Liebknecht persönlich gerichtet sein.

Auf die Verlesung einer großen Anzahl von Briefen von Lieb­ knecht , Bebel und Becker, wird ebenfalls seitens der Staatsan­waltschaft und Vertheidigung verzichtet.

Es gelangt nun ein 8 Bogen starker Brief von Hepner an den Ausschuß zur Verlesung.

Gegen 12 Uhr 25 Minuten tritt bis Mittags 1 Uhr eine Pause ein.

Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen erhält das Wort der Angefl. Hepner: Ich erkenne diesen Brief als von mir geschrieben an, muß aber mein Erstaunen darüber ausdrücken, daß ich jetzt seit mehr als 1%, Wochen auf der Anklagebant size, ohne daß das ge­ringste Belastungsmaterial gegen mich vorgebracht werden konnte. Anch der verlesene Brief enthält nichts Belastendes; so daß ich sozu­sagen nur das fünfte Rad am Wagen bin; für meine Mitangeklagten ist der Brief aber entlastender Natur.

Auf eine weitere Frage des Präsidenten bemerkt Hepner: Er habe über den Inhalt des Briefes selbst nichts zu bemerken, da der Herr Präsident sich nicht einmal veranlaßt sah, etwas aus demselben hervorzuheben.

Präsident: Dann werde ich einige Fragen an Sie stellen. Waren Sie als Mitredacteur des Volksstaat vom Ausschuß abhängig? Hepner: Jawohl!

Präsident: Sie bekennen sich zum republikanischen Glaubens­bekenntniß?

Hepner: Natürlich.

Präsident: Was sollte der Saz bedeuten: ,, Wir können von England am meisten lernen; dort wird die sociale Revolution sehr bald zum Austrag gelangen?"

Liebknecht : Die Mittheilungen sind von Bracke's, resp. Bon­horst's Hand. Ich konstatire, daß ,, revolutionär" hier in dem schon oft von uns betonten Sinne gebraucht ist. Auch die Ausdrücke: Advokat Freytag( Leipzig ) konstatirt, daß die nächste Absicht des Doftrinärer und praktischer Revolutionarismus" beziehen sich auf Aufrufs die gewesen wäre, zu belehren. nichts weiter, als auf den in den Mittheilungen angedeuteten Plan, Hierauf wird eine Druckschrift vorgenommen: Ein Europädie Cigarrenproduktion 2c. praktisch in die Hand zu nehmen. Außerdem ischer Soldat an seine Mitsoldaten," welche sich bei den Braunschweiger konstatire ich, daß all' das soeben Verlesene nur Privatäußerungen Aften befindet. In Beziehung damit stehen zwei Briefe, darunter sind, aus welchen noch zudem hervorgeht, daß der Ausschuß sich oft einer von Bonhorst an Heinzen mit der Anfrage, was qu. Schrift in über seine amtlichen Funktionen nicht klar gewesen ist. Das aber, Partien foste. was einzelne Mitglieder des Ausschusses, als Privatpersonen, sagen Advokat Freytag( Plauen ): Diese Schrift ist nicht bei den An- oder thun, das kann doch für mich nicht bindend sein, und für die geklagten gefunden worden. Partei auch nicht. Der Ausdruck ,, wenn nicht mit Güte, dann mit Staatsanwalt Hoffmann: Nein, sie ist aus den Braunschweiger Gewalt", scheint mir durchaus nicht belastend; denn wenn einmal die Nothwendigkeit zur Gewalt zu greifen da ist, dann ist auch die Ge­walt da, ohne daß Jemand besonders etwas dazu thun müßte oder nur thun könnte. Bei dem Ausdrucke: Vorbereiten zur Gewalt betone ich besonders den Umstand, daß er in einer Privatkorrespondenz gebraucht wird. Wenn die Partei damit übereinstimmte, dann müßten doch, ich wiederhole das, unter den Bergen konfiszirter Schriften 2c. einige die Partei gravirende Sachen gefunden worden sein. Man hat aber nichts, gar nichts weiter, als dieses armselige Säßchen ,, Vorbereiten der Gewalt aus einer privaten Korrespondenz. Mag diesen Aus­Präsident: In der Broschüre wird aufgefordert zum Treubruch druck der verantworten, welcher ihn gebrauchte, nämlich Bracke. Er des Militärs und zum Fürstenmord. hat sich sogar schon verantwortet, man hat ihm nichts anhaben können. Liebknecht: Diese Flugschrift ist im Jahre 1848 erschienen; sie Was aber geht Brackes Privatkorrespondenz uns an? Man hat ist bei keinem der Angeklagten vorgefunden worden. Sie hat auch aber nichts anderes, was einem Beweise ähnlich sähe, gefunden, als Advocat Freytag( Leipzig ): Ich muß hervorheben, daß es in von keiner anderen Seite in der Partei irgend welche Verbreitung gefunden. diesen Schatten eines solchen. Hätte man etwas Anderes gefunden, Die erste Verbreitung hat sie überhaupt soeben hier im Gerichtssaale durch man würde uns nicht heut schon den elften Tag durch die Verhand- dem Hepnerschen Briefe mehrmals heißt: Wir müssen belehrend sein' 2c. Liebknecht erklärt: daß bis zur Untersuchung er einzig und allein das Verlesen erfahren. Bonhorst hat lediglich als Privatperson qu. lungen hindurchschleifen im resultatlosen Bemühen, eine greifbare Bestellungsbrief geschrieben, und wir haben schon wiederholt darauf Handhabe zu finden. Wohl, wir sind eine revolutionäre Partei, wir für Alles, was im ,, Volksstaat geftanden, verantwortlich sei. Ein Geschworener fragt Hepner: Was die Stelle in seinem hingewiesen, welch' große Uebergriffe sich Bonhorst zu Schulden kom- wollen den heutigen Staat umgestalten men ließ. Man drohte ihm jogar einst mit Abseßung und beschloß: das verbindende Glied von der theoretischen Ueberzeugung zum prat Briefe bedeuten solle: Die preußischen Correspondenzen werden doch auch nicht in Berlin nur diejenigen Schriftstücke haben Gültigkeit, die von mindestens 2 tischen Handeln nach, man zeige, daß und wo wir versucht haben, den Ausschußmitgliedern unterzeichnet sind. Denn ich muß erklären: nur Hebel anzuseßen. Wäre man im Stande gewesen, diesen Nachweis gemacht. Hepner: Wir hatten in Berlin mehrere Correspondenten und ein Agent provocateur oder ein Tollkopf kann sich herbeilassen, dieje zu führen, man hätte uns schon den ersten Tag verurtheilt! Gerade Schrift zu verbreiten. Ich halte meinen Freund Bonhorst für durch diese von der Anflage so sehr betonte Privatmeinung, gerade der um dieselben vor Stieberei zu schüßen, ließen wir uns Gedanken von aus keinen Agent provocateur, aber bisweilen für einen Tollkopf. Umstand, daß nicht mehr als sie, für die uns keinerlei Verantwort- ihnen mittheilen, die wir alsdann hier ausarbeiteten. Die Form war Was den Brief von Göre aus Wien anlangt, so sigt der Schreiber lichkeit aufgebürdet werden kann, als mächtigstes Beweisstück aufge- von uns, der Inhalt stammte aus Berlin . Präsident: Dies ist doch aber nicht journalistischer Gebrauch. desselben nicht hier auf der Anklagebant. Ich kann doch nicht für führt wird, ist eminent entlastend. alle Briefe, die ich empfangen, verantwortlich gemacht werden. Wenn man nichts Geheimes oder Strafbares betreibt, so kann man Der Herr Staatsanwalt wird sich wohl noch erinnern, daß ich ihm doch offen vorgehen. vergangenen Sommer einen aus London an mich gerichteten Brief übergab, in dem die gröbsten Beleidigungen gegen den Kaiser von Deutschland enthalten waren.

Der Herr Staatsanwalt jelbst hat damals kaum daran gezweifelt, daß dieser Brief von einem Agent provocateur herrührt. Daß ich den Brief von Göre zu Gesicht bekommen hätte, ist mir nicht erinnerlich; er ist zunächst an Thiele in die Druckerei gekommen, da er fast rein geschäftlicher Natur war. Hätte ich ihn gelesen, so versichere ich Sie, meine Herren, im Interesse des Herrn Göre würde der Brief nicht mehr eristiren.

aber man weise

Bebel: Da in den verlesenen mir bisher unbekannten Schrift­stücken mein Name genannt wird, so muß ich bemerken, daß die Schreiber sich auf einen von mir geschriebenen Artikel: Wie kommen wir zu Geld?" beziehen. Bonhorst hatte auch den abenteuerlichen Plan, durch Etablirung von Produktiv- und Konjumtionsgenossenschaften die heutige Gesellschaft aus der Welt zu schaffen.

Hepner: Die ganze Korrespondenz geht mich nichts an; ich habe nichts dazu zu sagen.

Auf Befragen seines Vertheidigers erklärt Liebknecht, daß auch er erst aus der Untersuchung die verlesene Korrespondenz kennt.

Advokat Freytag( Leipzig ): Ich konstatire auch, daß am Schluß Zum Schlusse muß ich betonen, daß Heinzen nicht nur stets mein des Verlesenen von dem von Nürnberg aus angeregten Gedanken entschiedener politischer Gegner war, sondern sogar mein Feind ist. Mir einer Agitation in der Kaserne gesprochen ist. Diese Anregung ist also ist derselbe stets als ein höchst lächerlicher Mensch erschienen. Er kam nicht von Liebknecht ausgegangen. Man würde sich sicherlich nicht einmal in Preußen wegen eines Preßvergehens mit dem Staatsan- auf Rüll in Nürnberg berufen, wenn man eine Autorität wie walt in Collision, floh nach der Schweiz und wollte dann durch kleine Liebknecht zur Seite hätte. Das Büchlein hat einen absolut privaten Flugschriften, das monarchische Deutschland aus den Angeln heben." Charakter und bitte ich, dasselbe den Herren Geschworenen vorzulegen. Bei dem Reichsverfassungskampfe in Baden 1849 entfloh er, als er Der Präsident gibt den privaten Charakter zu und läßt das die erste preußische Kugel pfeifen hörte. Später ging er nach Amerika Büchlein auf die Geschworenenbank bringen. Auch konstatirt er, daß und bekämpfte Marx und mich auf's heftigste in einer von ihm dort her- sich das Original bei den Braunschweiger Akten befindet. ausgegebenen Zeitung. Und eine Broschüre dieses Heinzen, mit der Advokat Freytag( Blauen) konstatirt noch die in der Korrespondenz Keiner von uns das Geringste zu schaffen hat, wird hier als Haupt- hervortretende Meinungsdifferenz zwischen Bracke und Bonhorst. belastungsmaterial gegen uns benußt! Es ist das charakteristisch für Es wird nun eine Broschüre von Heinzen: Wer und was ist diese ungeheuerliche Anklage. Bisher hatten wir den Nebelschweif des das Volk?" vorgenommen. Die Vertheidigung ist ganz einverstanden Kometen. Jezt haben wir den Kern. Und gleich dem Kern der damit, daß nur diejenigen Stellen verlesen werden, welche der Staats­wirklichen Kometen , ist auch dieser nichts als Nebel. anwaltschaft besonders belastend erscheinen.

Bebel: Ich habe von der Broschüre erst jetzt durch die Vorlesung Kenntniß erhalten und muß gestehen, daß ich sie für sehr unge­schickt halte.

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schüre sich bei den Braunschweiger Aften befindet. Advokat Freytag( Plauen ): Ich konstatire, daß auch diese Bro­Präsident: Ist den Angeklagten die Broschüre bekannt? Liebknecht: Daß sie existirte, wußte ich aber der Name des Hepner: Als diese Broschüre erschien, war ich gerade anderthalb Verfassers- war mir Grund genug, sie nicht zu lesen. Jahr alt. Advokat Freytag( Plauen ): Ich will bloß constatiren, daß man Bebel : Ich habe die Broschüre, möglichen Falls schon vor 1869, sich jetzt mit einer Broschüre, die zu keinem der Angeklagten in irgend hier in Leipzig von einem Kolporteur gekauft. Daß sie sich im Besitz des Ausschusses befand, ob sie von demselben vertrieben wurde und welcher Beziehung steht, 1 Stunde beschäftigt hat.( Große dergleichen, davon wußte und weiß ich nichts. Heiterkeit.)

Hierauf gelangt ein Brief vom Ausschuß an Walster, sowie eine Antwort von letzterem zur Verlejung. Es handelt sich bei diesen

Hepner: Kurz vor der Einleitung der Untersuchung habe ich die Broschüre gelesen woher ich sie aber hatte, weiß ich nicht. Liebknecht: Zum Inhalt habe ich nichts zu sagen als: bei Briefen um einen für den ,, Volksstaat" zu schreibenden Roman. einer Nachsuchung in meiner Wohnung fönnten in meinem Privatbe­Liebknecht: Die Briefe sind weder an einen der Angeklagten fit viele Sachen gefunden werden, welche zehnmal Schlimmeres enthil­gerichtet, noch von einem derselben geschrieben. Was die in denselben ten als diese Broschüre. vorkommenden Ausdrücke anlangt, so muß man sie dem dichterischen Bebel und Hepner erklären, daß sie nichts zu bemerken Gegenstand zu Gute halten. Es handelt sich hier um Abfassung hätten.

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eines Romans, gegen dessen Aufnahme in den Volksstaat" ich mich Es folgt hierauf die Verlesung einer Anzahl Briefe von Bebel , ganz entschieden verwahrte. Will man nun auch noch einen Roman wobei freilich viele der bei den Aften liegenden in Folge Verzichts der zum Hochverrath machen, so macht man diesen Hochverrath zum Roman. Staatsanwaltschaft gänzlich übergangen werden. Nach dieser Theorie müßte man den deutschen Bühnenverwaltun- Bebel erkennt die vorgelesenen von ihm an Bracke geschriebenen gen rathen, Stücke wie Wilhelm Tell u. s. w. nicht mehr aufzuführen, Briefe für echt an. da sie sonst gar bald sich eine Anklage wegen zum Hochverrath vor­bereitender Handlungen zuziehen könnten.

Bebel und Hepner erklären, daß sie gegen Aufnahme des Romans in den ,, Boltsstaat" gewesen wären.

Präsident: In dem Briefe vom 3. September heißt es: Ihr müßt die Beiträge ermäßigen, damit wir am Tage der Entscheidung mehr Kräfte haben. Bebel: Ich habe mich bereits in der Voruntersuchung über diesen

Hepner: In England sind die ökonomischen Verhältnisse am meisten entwickelt, weshalb dort zunächst eine sociale Revolution zu er­warten steht.

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Hepner: Wir hatten mit den Berliner Briefen ein eigenes Pech. Diese gingen oft verloren.

Liebknecht: Wir erhielten auch so viel Correspondenzen, ins­besondere aus Berlin , daß wir sie im Original nicht alle aufnehmen konnten; deshalb diese Verarbeitung. Im Uebrigen ist dies Ver­fahren in alle anderen Zeitungsredaktionen ebenfalls eingeführt. 3. B. die Bismarck 'sche Norddeutsche Allgem. Zeitung, deren Mit­redakteur zu sein ich einige Zeit die sehr zweifelhafte Ehre hatte, ließ, wenigstens früher, ihre auswärtigen Correspondenzen sämmtlich in Berlin machen.

Es werden hierauf drei weitere Briefe Hepners an den Ausschuß vom März 1870, geschrieben in Abwesenheit Liebknecht's und Bebel's, verlesen. Hepner bekennt sich als Verfasser derselben. Präsident: Sie weisen in diesen Briefen den Ausschuß auf die Nothwendigkeit hin, nach Rochlip Agitatoren zu senden und Sie erkundigen sich über die Möglichkeit des Abdrucks eines Arbeiterliedes zum Zwecke der Agitation.

Hepner: Die Rochlißer hatten sich fälschlich an mich gewendet, der ich nichts von dergleichen Sachen verstand und in Betreff des Gedichts ,, Bet' und arbeit" mußte ich mir, da Liebknecht und Bebel verreist waren, Raths erholen.

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Zwei kleine Büchlein, ein Verzeichniß für Bücher und Schriften, welche zum Verkauf gezogen worden sind, und ein Portoverzeichniß, ergeben, daß z. B. ,, Castelar's Rede wider die Monarchie" in wahr­scheinlich sehr großer Auflage gedruckt worden ist. Dann sind noch Das Arbeiterlied aufgeführt: Das Normalstatut für Vereine Der Staat und das Genossenschafts­Dießgen's zweiter Vortrag wesen von Hirsch Unsere Ziele von Bebel . Bebel : Die erstaufgeführte Rede Castelar's habe ich noch als Vorstand des Verbands deutscher Arbeitervereine verbreitet. Die Schrift ist 1868 erschienen und hatte eine Auflage von vielleicht 3000 oder 5000 Stück. Uebrigens verweise ich auf die Thatsache, daß diese Rede unbeanstandet seiner Zeit durch alle größeren Zeitungen Deutschlands veröffentlicht worden ist. Als Expedient des Volksstaat habe ich natürlich auch Schriften für die Partei verbreitet. Abdrucke aus dem Volksstaat behielt ich bald hier, andere Sachen wurden von Braunschweig aus vertrieben. Sämmtliche aufgeführte Schriften sind ja hier zur Verlesung gekommen,

Liebknecht : Von der Existenz der vorliegenden Büchelchen habe ich bisher nichts gewußt. Der Schriftenvertrieb war mir nicht unbekannt. Der Staatsanwalt Hoffmann regt hierauf die Verlesung einiger Posten aus dem Kassenbuche des Ausschusses an, will aber auf die Verlesung verzichten, nachdem Advokat Freytag( Leipzig ) gesagt: Ich halte die Kennt­niß von den verfügbaren Geldmitteln für sehr wesentlich, wenn es sich um die Beurtheilung einer Revolutionspartei handelt. Die Vertheidigung beharrt auf der Verlesung. Dieselbe ergibt, daß die Geldmittel sehr gering waren und daß die Partei sogar noch Schulden hatte.