Berlin : Maschinenbau , Schlosserei, Schmiede, Telegraphen Mnd Wagenbau, Kupferschmiederei. Lohn gegenüber den Lebens- 'Mittelpreisen viel zu gering. Arbeitszeit: Größtentheils 10 St Frauen- und Kinderarbeit in vollster Ausdehnung, 11 12 Stund. Lehrlinge erhalten in keiner Weise genügende Ausbildung Schulen ausreichend, wenn nicht gut, aber unentgeltlich; Sonntags- 'Fortbildungsschulen. Unzureichende Wohnungen und zum Preis von 80 120 Thlr. pro Jahr; für ledige Personen 3 4 Thlr. pro Monat. Bremerhasen: Schiffsbau , Maschinenbau und Kesselrepara- 'turen. Lohn: 23 Gr. bis 1 Thlr. 3 Gr. täglich. Arbeitszeit: <10 Stunden, 7 12 und von IVs ö'/j Uhr. 8 Stunden lieber« arbeit 1 Tag, Frauen- und Kinderarbeit nicht betrieben. KehrlingSwesen: Genügend. Genügend Wohnungen vorhanden zu 6030 Thlr.; für Ledige pro Woche mit voller Kost circa 4 Thlr. Chemnitz : Locomotiv-, Dampf- und Werkzeug-Maschinenbau, Keffelschmiedereien, Gießereien und Manufactur, Drathziehereiea. L«hn: 5 Thlr. wöchentlich. Arbeitszeit: 10'/- Stunden, Frauen- und Kinderarbeit stark betrieben bei 12 und 13 Stunden, ja oft Voch länger. L-hrliugSwesen: Durch Theilung der Arbeit ganz ungenügende Ausbildung; Kinder durch Ueberarbeit häufig von der Schule abgehalten. Gesunde Wohnungen nicht vorhanden, Preis 60 80 Thlr.; Ledige bei luftigen Dachkammern billig, sonst 4 Thlr. monatlich. Crimmitschau : Gießerei, Schlofferei, Maschinenfabriken, l?ohn: 16 Pf. bis 2 Gr. die Stunde. Arbeitszeit: 11 Stunden, sfrauen- und Kinderarbeit stark betrieben, Frauen 13, Kinder 5 bis 8 Stunden. Lehrlingswesen schlecht, Volksschulen gut, Fach- Schulen für Lehrlinge nicht vorhanden. Gesunde Wohnungen 1440 Thlr.; für Ledige in allen Fällen gut. Frankfurt : Klempnerei, Bau- und Maschinenschlofferei. Üohn: 9 12 fl. wöchentlich. Arbeitszeit: 10 11 Stunden, Kinderarbeit nicht betrieben, Frauenarbeit dagegen stark. Sehr- iingSwesen sehr mangelhaft, dagegen Volks- und Fachschulen vor- saüden, Schulwesen gut. Wohnungen wenig und übertrieben Heuer; desgl. für Ledige. Harburg a. E.: Eisengießereien, Maschinenbau , Gummi- nbrikation. Lohn: 20 25 Gr. pro Tag. Arbeitszeit: 10 V- St., grauen und Kinder über 14 Jahre nur in den Gummifabriken be- idäftigt. Fortbildungsschulen vorhanden, überhaupt durch Schul- tvang ein gutes Lehrlingswesen. Wohnungsnoth, eine kleine Vohnung 50 80 Thlr.; für Ledige pro Woche 20 Gr. I Leipzig: Landwirthschaftliche Maschinen, Bauarbeit, Näh baschinenfabrikation, Buchhandel, Buchdruckerei, Buchhändlerei, eigarrenfabrikation. Lohn: 5 Thlr. wöchentlich. Arbeitszeit: Oll, Bergmanns Fabrik theilweise 12 Stunden; Frauen- und riuderarbeit stark betrieben, sogar in der Mittagsstunde benutzt. chrlingswcsen im zerrütteten Zustand durch Arbeitstheilung:c.; Ichulen in ziemlich gutem Zustande. Wohnungen sehr rar, leller- oder Dachwohnungen 7090, sonst 100130 Thlr.; für idige pro Woche 15 17'/- Gr., auch vielfach 1 Thlr. Mannheim : Nähmaschinen, Einrichtungen für chemische Fa diken und landwirthschaftlicher Maschinenbau. Lohn 1 fl. 24 kr. is 1 fl. 45 kr. täglich. Arbeitszeit: 10 Stunden, von 7 bis Uhr AbendS; Frauenarbeit wird stark betrieben, Kinder in den !apetensabriken. Lehrlinge werden schamlos ausgebeutet, müssen rbeitern Concurrenz machen. Schulen ziemlich annehmbar. Sohnungen vorhanden, eine kleine Wohnung 100 fl. pro Jahr; idige 4 fl. 30 kr. pro Monat. München : Locomotiv- und Dampfmaschinenbau, Gelb- und isengießereien. Lohn: 1 fl. 43 kr. täglich. Arbeitszeit: D Stunden; Frauen- und Kinderarbeit nicht betrieben. ihrlinge in schamloser Weise ausgebeutet, den Arbeitern zu 1 fl. »d noch mehr pro Tag in Anrechnung gebracht. Schulwesen gut. - Große Wohnungen genügend 300 fl. aufwärts, kleine kaum Ifzutreiben 80200 fl.; Ledige 43 kr. bis 1 fl. pro Woche. Nürnberg : Eisenbahnwagen-, Brücken-, Mühlen- und Ma- ioenbau, Eisen-, Messing, und Glockengießereien, Lösch-, Pumpen- d GaSapparate, Metall- und Feingoldschlägereien, Reißzeug- »rikation, Drathzieherei. Lohn: 6 fl. bis 10 fl. 30 kr. beitSzeit: 10 Stunden, bei Meistern 10 11 Stunden; Frauen- >d Kinderarbeit stark betrieben, Kinder schützen vor Mißbrauch «e Gesetze, durchschnittlich 11 Stunden. LehrlingSwesen 'lecht, Volksschulen gut, Fachschulen mangelhast, wegen zu langer rbeitszeit schlecht besucht. Wohnungen vor der Stadt gesund, derselben dumpf und finster, kleine Wohnungen 100 fl.; Ledige kr. bis 1 fl. pro Woche. Pforzheim : Bijouteriewerkzeugfabrikation. Lohn: 9 fl. pro loche. Arbeitszeit: 10 Stunden, Frauen- und Kinderarbeit lid nicht betrieben. LehrlingSwesen mangelhaft, Volks- und ewerdeschule verhältnißmäßig zu andern Orten besser. Zwei Immer und eine Küche 160 180 fl. wenigstens; für Ledige eine Wunke 4 st., sonst 8 fl. monatlich. Regensburg : Metallarbeiter, Schuhmacher, Schneider, Ichler, Maurer. Lohn: 1 st. 18 kr. täglich. Arbeitszeit: ' Stunden, bei Frauen- und Kinderarbeit starke Ausbeutung, ! Stunden Ende der Woche mit 13 dividirt, ergiebt pro Tag kr. LehrlingSwesen traurig, in Fabriken als Laufburschen, l Meistern als HauSmagd; Schulen cxistiren al« BerdumwungS- stalten, Fachschulen dürften besser sein. Wohnungen so ziemlich, 'Ufte Wohnungen 4044 fl.; Ledige 42 kr. pro Woche. Reichenbach: Werkzeug- und Wagenbau. Lohn: 4 5 Thlr. ° Woche. Arbeitszeit: 11 Stunden, Frauen und Kinderarbeit *' betrieben, 1314 Stunden. LehrlingSwesen mangelhaft, �ulen im Allgemeinen gut beschaffen, Fachschulen fehlen. hnungen nicht vorhanden, Preis sehr hoch, deSgl. für Ledige. Spandau : Waffenfabrikation, Schlossereien, Drehereien und flereicn. Lohn: 1 Thlr. 5 Gr. täglich. ArbeitSzeft: 10 St., !den königl. Fabriken Frauenarbeit stark betrieben, 10 Stunden. "ehrlingswesen bei Meistern zufriedenstellend, in Fabriken scha- »enäßig; Schulen für Arme schlecht, Fachschulen keine. hnungen mizureichend, ungesund, zum Prei« von 30 80 Thlr.; L-dige 1 Thlr. 20 Gr. monatlich. Stollberg : Eisen- und Manufacwrbranche. Lohn: 3 bis thlr. wöchentlich, Nachfrage wegen der schlechten Löhne. deitSzeit: 12 Stunden, Hausindustrie noch länger, Frauen- und «der arbeit stark betrieben. LehrlingSwesen ungenügend, Schulen �ehr beschränkter Weise, Volksschule durch Realschule beeinflußt, Mchulen keine. Wohnungen sehr ungenügend fast schlecht, fa 25 35 Thlr.; für Ledige monatlich 2 Thlr. .Gerdau: Vigognespinnerei, Maschinenbau- und Tuchfabri khu. Lohn: 4 Thlr. wöchentlich. Arbeitszeit: 11 Stunden, «erei 12 Stunden, Frauen- und Kinderarbeit stark betrieben, «der bei Controlle auf Oberböden oder unter leeren Wollsäcken veckt. LehrlingSwesen läßt viel zu wünschen übrig. Schule ' durchschnittlich 4 Stunden, die übrige Zeit müssen die Kinder arbeiten; wann lernen? Wohnungen vorhanden, nur theuer, 3040 Thlr.; für Ledige ausreichend. Wolfenbllttel: Kupferschmiedereien und Maschinenfabriken. Lohn: 5 Thlr. wöchentlich. Arbeitszeit: 10 Stunden, 66 Uhr, 2 Stunden Mittagspause; Frauen- und Kinderarbeit stark betrieben, 11 11'/- Stunden, Kinder kürzer. Lehrlingswesen: LutterS u. PeterS Maschinenfabrik 40 Metallarbeiter und 20 Lehrlinge; Volks- schulen hivreichend, Fachschulen keine. Wohnungen genügend vorhanden, Preis 25 30 Thlr.; für Ledige desgleichen. Die erst angeführten Löhne betteffen die Metallarbeiter und sind hiermit alle Fach- und OrtSvereinc derselben, sowie alle in dieses Fach einschlagenden Branchen aufgefordert, zur Vervollstän- digung dieser statistischen Tabellen beizuttagen und ihre Adressen an die unterzeichnete Verwaltung einzusenden, von welcher denselben bereitwilligst Formulare zur Ausfüllung unentgeltlich zugesendet werden, ebenso möge man alle etwaigen Vorkommnisse und Maß- regelungen:c. von irgend welcher Seite zu deren Kenntniß bringen. Indem der Ausschuß die Hoffnung hegt, daß alle Gewerksgenoffen im neuen Jahre die größte Thätigkeit entfalten und unsere Reihen zu verstärken suchen werden, sei zugleich an alle Metallarbeiter die Aufforderung gerichtet, mit dem alten Jahre alle und jede Trägheit zurückzulassen, mit frischer Begeisterung bei Beginn des neuen Jahre» mit einzutteten in die Organisation, ein neues geistiges Leben zu beginnen, um eine Stellung zu erringen, welche eine menschenwürdige genannt werden kann. Arbeiter, aufgewacht zum neuen Jahr! dieses sei unser Neu- jahrSruf und der Sieg wird unser sein. Mit collegialischem Gruß und Handschlag Für die Borortsverwaltung: Rich. C. I. Wolf, Langestraße 9, ll. Allgemeiner deutscher Schiffszimmererverein. Kamvurg, 14. Januar. Mitte Dezember v. I. wurde von den SchiffSzimmerern in Wilhelmshaven wegen der rapid gestie- genen Lebensmittelpreise bei der Direktion um eine geringe Lohn- erhöhung nachgesucht. Die Antwort war, daß eS keinen Pfennig gebe. Dagegen hatte der Herr Direktor schon ein förmliches Pro- gramm entworfen, wie den Arbeitern zu helfen fei. Man höre: 1) Consumvcreine, geleitet vom Ober- Werft- Direktor. 2) Er- Werbung von von der Regierung erbauten Wohnungen durch jährliche Ratenzahlungen. 3) Ermäßigung der Miethen bei Werftwohnunzen. 4) Jnvalidenkassc, von der Werft-Direktion geleitet. 5) Kranken- lasse. 6) PenstonSkasse. 7) Ermäßigung der EisenVahnfahrpreifc. 8) Freier Schulunterricht für Kinder. 9) Frauen- und Kinder- arbeit auf der Werft. 10) Klein-Kinder-Bewahranstalt. 11) Er­mäßigung der Steuern. 12) Sorge für Lustbarkeilen. Es wird ein SpeisehauS gebaut, worin fämmtliche Werftarbeiter mit ihren Frauen und Kindern essen können. Sonntags werden darin Conccrte und Bälle gegeben und Kegel geschoben. Mit all diesen für die Arbeiter scheinbar günstigen Einrichtungen beabsichtigt man dem Arbeiter den letzten Rest persönlicher Freiheit zu rauben. Und das haben die Arbeiter begriffen, denn in einer am 14. Januar I. in dem Thim'schen Etablissement zu Wilhelmshaven abge- haltenen Versammlung wurden die Anerbietungen einstimmig zu- rückgewiesen. Ferner wurde zum Beschluß erhoben, daß innerhalb 8 Tagen alle in den Verein einzutreten hätten, die demselben bis dahin ferngestanden. Auf der K. K. Werft sind der Bevollmäch- tigte Gläfener und mehrere andere Mitglieder des Vereins ge- maßregelt worden durch Entlassavg aus der Arbeit und Aufkündigung der Wohnung. Es wurde ein Comits von 4 Mann gewählt, um wegen der Lohnerhöhung und der Maßregelung mit dem Werst- direttor Werner in Verhandlung zu treten. Der Lohn soll 1 Thlr. 5 Gr. pro Tag betragen und die Eintheilung der Arbeiter in Klassen aufhören. An diesen Forderungen wollen die Wilhelms- havener Schiffszimmerer unter allen Umständen festhalten. ES wird deshalb hiermit bekannt gemacht, daß aller Zuzug von Wilhelmshaven fernzuhalten ist. Haltet Stand, wackere Collegen in Wilhelmshaven , wir stehen hinter Euch! G. Rümpel. W. Sohns. Gewerkschaft der Schuhmacher. Eine« unsrer thätigstcn und aufopferungsfähigsten Mitglieder in Mannheim befindet sich augenblicklich durch eine langwierige Krankheit in Roth und appellirt derselbe an seine Kampfgenossen, ihm in dieser bedrängten Lage durch Weniges zu unterstützen. Wir bringen dies den Mitgliedern der Gewerkschaft zur Kenntniß und ersuchen dieselben, durch einen Beittag und sei er noch so klein, die Roth deS Betreffenden zu lindern. Gaben wolle man senden an den Hauptkassirer A. Köllein, HützelSgasse 16. I. A. der Verwaltung: W. Bock. chotha. An die Mitglieder der Krankenkasse. Wir haben in Erfurt den ersten Todesfall in unsrer Kasse zu verzeichnen. Ob- gleick wir noch nicht die statutarisch festgesetzte Zahl von 1500 Mitgliedern erreicht, so haben wir uns doch mit Zustimmung deS AufsichtSrathS dahin geeinigt, der Wittwe des Verstorbenen, welcher eines der ältesten Mitglieder unsrer Gewerkschaft war, das BeerdigungSgeld von 18 Thlr. zu zahlen, sowie überhaupt bei jedem einttetendcn Todesfall. Es ist uns unbegreiflich, wie ein Theil der Beamten unsrer Gewerkschaft so gleichgültig mit der Ausfüllung der AbrechnungSformularc umgehen kann, ja zum Theil sind dieselben noch nicht eingesandt und eS wird uns daher eine genaue stattstische Zusammenstellung unmöglich gemacht. Die For- mulare sind doch wahrlich nicht zum Spaß gedruckt und versandt worden. Wir verlangen hiermit, daß die Mitgliedschaften nach Beschluß de« BerwattungSratheS unter 30 Mitgliedern vierteljähr- lich die über 30 Mitglieder allmonatlich ein Formular genau ausgefüllt an Unterzeichneten einzusenden haben. Nachlässige Be- amte werden veröffentlicht. Noch muß ich bitten, die Resultate der Urabstmimung einzusenden. Treten wir daS neue Jahr mit neuer Energie und Aufopferungsfähigkeit an und neue Erfolge und Siege für die Gewerkschaft werden unsre Anstrengungen lohnen. Mit Gruß Für die Verwaltung: W. Bock. Correspondenzen. Mülle» St. Aictas, 19. Januar. Die Wahlschlachi ist ge- schlagen und der Sieg hat sich trotz wüthender und verzwerfelter Gegenwehr dem Banner der Sozialdemokratie zugewendet. Mit Ernst die Kämpfer anregend, die Wankenden ermuthigeud, füllte werbend die Arbeiterpartei ihre Reiben, und die Gegner? Da kämpften sie eifrig neben einander, Fortschrittler, Liberale, Mucker, Bourgeois, achtundvierziger Berühmtheiten, Bier- und Schnaps- kämpser ic. K. ES war auch kein Wunder, daß von den Gegnern Alles in'S Feld geführt wurde, waS an Kräften vorhanden war, galt eS doch, diesmal der verhaßtenPetroleumspartei" eine Niederlage zu be­reiten. War eS nicht ganz natürlich, daß der Herr OrtSrichter Wücker mit dem Polizeidiener im Zettelttagen wetteiferte, ja viel- leicht gar nach einem Orden rang?-- Gewiß nicht. Auf Freitag den 9. Januar war von unserer Seite in der Pommerschen Wirthschast eine öffentliche Volksversammlung per Plakate einberufen worden; der Wirth hatte auch unseren Partei- genossen Herm. Gerth und Christ. EverSbach den Saal zugesagt. den er aber dennoch eines zu schlachtenden Mutterschweines wegen wieder absagte. Trotzdem hatten sich so viele Menschen in der Gaststube eingefunden, daß Niemand gut hin und her konntt. Nachdem mehrere Parteigenossen in Begleitung unsere» Freund Nauert aus Leipzig den Wirth nochmals vergeblich angeredet, ver- ließen viele das Lokal und begaben sich zu Herrn Gotthold Heyder, wo wir bei einem Töpfchen Bier recht gemüthlich einige Stunden verlebten. Hatten wir so einen Vorgeschmack von der Kampfsweise nuserer Gegner bekommen, so war un» doch die Hauptsache noch auf den Wahltag aufbewahrt. Wir hatten ein Wahlcomits ge- bildet und dem Gememdevorstand, der als Wahlvorsteher fungirte, angezeigt,daß die Mitglieder desselben abwechselnd der Wahl Handlung im Wahllokal beiwohnen würden." Schlag 10 Uhr waren die Parteigenossen Wilh. Fritsck, Joh. Herrmann und Un- terzeichneter auf den Posten; et hatten sich schon verschiedene Wähler im Wahllokale eingefunden und die beiden Ersteren hatten sich er tfernt, um einen Tisch herbeizuschaffen; da ttitt plötzlich der Orts- lichter Wücker ein und sagt ungefähr folgendes�Wir werden nun zur Constituirung deS Wahlvorstandes schreiten und da möchte ich die Herren bitten, daß sie sich entfernen!" bcttoffen schickten sich die Wähler zum Gehen an, während ich stehen blieb. Die Spannung war groß. Richter Wücker zu mir gewendet:Ich muß auch Sie ersuchen, sich zu entfernen!" dem folgte die richttge Antwort:Und ich werde bleiben, Herr Richter, die Wahlhandlung ist öffentlich." Richter Wücker:Da muß ich Sie abführen lassen" und nach einer kleinen Pausehaben Sie einen gesetzlichen Grund?" Antwort:Die Wahlhandlung ist öffentlich." Hierauf ergriff Herr Gemeindevorstand Meyer das Wort und erklärte die Wahlhandlung für eröffnet; ich placirte mich hierauf, nachdem mir der Herr Richter einen Stuhl verschafft, neben dem Protokollführer und blieb mit mehreren Parteigenossen, bis die Stimmzettel ver- siegelt waren. Der Kampf war ein heißer, der Sieg ein entfchei- dender: Liebknecht 270, Minckwitz 191. Zu erinnern ist noch, daß mehrere Stimmen des Letzteren das Resultat persönlichen Hasses waren, während andererseits aber auch anerkannt werden muß, daß eS Männer gab, die ttotzdem ihrer Ueberzeugung tteu geblieben sind, denen wir hiennit unsere vollste Achtung ausdrücken wollen. Mit sozialdemottatischem Gruß Aug. Wilh. Döhn. Käthen. Auf Verlangen mehrerer Arbeiter von hier, berief Parteimitglied AlSleben aus Neundorf zu Sonntag den 13. Jan. eine Volksoersammlung Hierselbst ein. Der Agitator Kamigann. der hier durch seine Geldschwindeleien, wie man munkeln hört, un haltbar geworden, hatte Tags zuvor einer Wahlagitation halber Kothen verlassen, aber wohl davon unterrichtet, daß wir erscheinen würden, hatte er seinen Freund und Hausknecht, den zu 1 Jahr 2 Monaten verurtheiltengroßen Märtyrer" Hoffmann au» Bernburg niit genügenden Instruktionen auf den Posten gestellt. Schon am Nachmittage mußte bei den meisten Spießgesellen diese» feigen und unwissenden Burschen daS Lagerbier seine Wirkung er- füllen. Nachdem Alslebeu die Versammlung eröffnet, erscholl, zur Wahl des Vorsitzenden aufgefordert, brüllend der Name Hoffmann; nachdem das Bureau vervollständigt, wurden Berichte aus dem Neuen Socialdemottat" vom vorigen Jahre, da» Vorgehen un- serer Parteigenossen in Braunschweig und Quedlinburg gegen Hörig, Hurlemann und Consorten vorgelesen und dabei bemerkt, daß sie erst vorige Woche imNeuen" gestanden hätten. 89 so- genannte Rausschmeißer waren bereit« auf der Bühne postirt, der eine dieser Geselley, Anton mit Vornamen, drohte mir fortwährend mit bestialischen Blicken, ebenso standen 5 6 Mann im Begriff. auf mich, den Arbeiter Bormann aus Staßfurt und AlSleben au» Neundorf loszustürzen. Besagter Anton ließ sich sogar zu der Aeußerung fortreißen!diesen Hunden müßte man das Messer in die Kaldaunen jagen". Plötzlich sprang er, einem Tiger ähnlich. auf mich los, packte mich an der Gurgel und zwei Andere von hinten, um mich rückwärts die Treppe hinunter zu werfen. In- zwischen hatten drei Andere den AlSleben hinunter geworfen und wieder Andere hatten den Bormann gepackt, um ihn rücklings hinunterzuschmeißen. Mit ganzer Kraft stemmte ich mich gegen die Wand, wo ich natürlich genügend abgedrückt wurde. Um'/,9 Uhr schloß der pp. Hoffmann, der mit guter Absicht mich nicht zum Wort kommen ließ, und der selbst weder den Muth noch da» Zeug zum Referiren besaß, die Versammlung, die erst gegen 8 Uhr Upen Anfang genommen hatte. Nach Schluß der Versamm- lung spürte man fortwährend nach AlSleben, der aber bei seinem Schwager bereits in Sicherheit war. Uns schleppte man mit nach dem VereinSlokal und forderte wiederholt unfern Eintritt in den Allg. Deutschen Arbeiterverein. Man versuchte, unS den Stuhl von hinten zu entziehen und durch fortwährende Sticheleieu zu reizen. Hoffmann spielte seine Rolle al» Matador ziemlich un- geschickt. Endlich spürten wir etwa» Luft und gingen nach dem Hof, hier rieth uns eine Frau, nicht fortzugehen, da man uns zu verfolgen beabsichtige. Kaum einige Schritte auf der Sttaße, packte uns je ein Individuum unter dem Arm, uns nach einer dunklen Gasse an der Mauer mitziehend. Da uns aber der Wind hier zu rauh ging, drehten wir plötzlich um und gingen in eine Restauration, um ein Glas Bier zu trinken. Auch hier folgten uns diese Beiden, die nun vorgaben, un» in Schutz zu nehmen. Kaum daß wir ein Weilchen dort gesessen; wurde einer von ihnen zu laut und kurz darauf gerieth er mit den Gästen in Sttett. Der Wirth verbat sich den Skanval und al» er dennoch nicht hörte, warf er ihn hinaus; aber plötzlich wurde an'» Fenster ge worfen und der soeben Entfernte ttat wieder herein; dann auf un« deutend, sagte er: diese beiden Referenten werden Ihnen Alle» ausführlicher sagen können. Er hatte nämlich die Bemerkung fallen lassen, daß bei der Wahl in Kötheo Schwindeleien stattge- funden haben, sonst müßte Hasenclever Hierselbst über 3000 Stim- wen erhalten haben. Wir bissen aus diesen Köder nicht an. Plötz- lich geht die Thür« auf, und 1015 Mann stürzen, den Wirth mit Faustschlägen trattirend herein; die Gäste gingen theil« durch'» Fenster, therl» vertheidigten sie sich, so gut et ging. Wir gingen ebenfalls, den Wirrwarr benutzend und dieser Schutzwache über- drüssig, ruhig unseres Weges und machten Nachtquartier. Man kann hier wieder das Sprüchwort anwenden: Wer Andern eine Grube gräbt, fällt oftmals selbst hinein. W. Fischer. Staßfurt . Vom 25. December v. I. bis zum 9. Januar d. I. wurden vom hiesigen Centtal-Wahlcomitv Versammlungen anberaumt und abgehalten. Den 25. Dezember in Staßfurt ; hierzu hatten sich außer den Arbeitern StaßfurtS eine größere An-