nicht mehr erwähnt zn werden, daß von dem despotischen Drucke, welchen die Regenten ausübten, von den Greueln des Krieges der Schulmeister dem Kinds ebensowenig etwas erzählt, wie von dem «Männerstolz vor Königsthronen". Lobhudelei nach oben, die sich bis auf die bekannte Stute von Sadowa erstreckt, Knechtssinn nach unten, das ist der Kern der Treue und Vaterlandsliebe, welche der preußische Schulmeister aussäet. Sagen wir besser aussäen muß, denn würde sein Gewissen gegen eine solche Volkserziehung sich" empören, dann würde„gehorsam dem Winke" das lebendige Maschinenwerk„das Rädchen zermalmen, dessen eigenes Nichtwollen sich entgegen stemmen wollte dem Wollen des Ganzen." Würde unser Schulmeister ein wenig seine fünf Sinne zusammen genommen haben, dann hätte er Mollkcs Ausspruch bedingungslos unter- schrieben. Denn was verleiht der Schule ihre großen Erfolge im Weinberge der Monarchie, wenn nicht der„Geist des Gehorsams", der die Armee der Schulmeister„in so herrlicher Zucht" hält, daß Wissen und Forschen erliegen müssen bei dem Eifer, Treue, Vater landsliebe und damit knechtischen Gehorsam zu erwecken? Wir hätten unseren Schulmeister in seinen Schweiswedeleien um ein fettes Amt oder einen Orden nicht gestört, wenn seine Auslassungen — in Form eines Vertrages— nicht durch den Abdruck in zwei größeren Schulzeitungen ohne jede Bemerkung erkennen ließen, daß seine Auffassung vom Berufe des Lehrers keine vereinzelte ist. — Bekanntlich ist das C o n t r a k t b r u ch- G e s e tz in der abgelaufenen Session des Reichstags nicht zur Berathung ge langt und sind aus diesem Grunde die gegen sowie für Erlaß des Gesetzes eingereichten Petitionen nach der Geschäftsordnung des Reichstags als erledigt zu betrachten. Neuerdings haben nun die selbständigen Schuhmacher einen Congreß in Berlin abgehalten und auf demselben beschlossen, bei dem Reichstage für die Ein- führung von Arbeitscontrolbüchcrn zu petitioniren. Dasselbe wird berichtet von dem Congreß der Tischler- Arbeitgeber, der dieser Tage in Dresden tagte; und es ist mehr als wahrscheinlich, daß seitens der Arbeitgeber bis zur nächsten ReichstagSsession eine lebhafte Agitation für Erlaß des ContraktbruchgesetzeS wird entfaltet wer- den. Nun, auch die Arbeiter werden und dürfen nicht müßig den Knebelungsversuchen zusehen, auch sie werden ihre Stimme erheben, und zwar um so energischer erheben, als der Reichstag und mit ihm Bismarck gewillt zu sein scheinen, dem Kleingewerbestande, von dem der Erlaß des ContractbruchgesetzeS fast ausschließlich ge- wünscht wird, die verlangte Conzession zu machen. Die Gewerk- schasten, da sie numerisch die Majorität bilden, haben vor allem die Aufgabe, ungesäumt in die Agitation gegen daS Contraktbruch- gesetz einzutreten. Haben die Arbeitgeber ein Interesse, mit Hilfe der Polizei die alte Fuchtel des Zunftzwanges über dem Arbeiter zu schwingen, nun, so hat der Arbeiter daS gegentheilige Interesse. Interesse also gegen Interesse! Wir wollen sehen, welche Stimme bei den gesetzgebenden Faktoren schwerer wiegt. — Unser Müuchencr Parteiorgan, der„Zeitgeist", feiert sein erstes Jubiläum mit folgender Ansprache: »Der„Zeitgeist" hat am l. Juni d. I. das erste Jahr seines Lebens zurückgelegt. „Sein Entstehen verdankt er der Erkenntniß, daß der Arbeiter- stand und das Proletariat überhaupt keine Vertretung durch Preß- vrgane vor der öffentlichen Meinung findet, wenn es sich dieselbe nicht mit eigener Kraft schaffen kann. Diese Erkenntniß hatte Platz gegriffen unter einer Anzahl Arbeiter, welche nicht erst seit heute oder gestern die Vorhut in dem Heere der Münchener Arbeiterbewegung bilden. Dieselben verließen sich auf die Einsicht, den selbsturtheilenden Verstand ihrer ArbcitSgenossen in München ; sie waren überzeugt, daß deren Gesammtheit oder zum mindesten ein erheblicher'Bruchtheil dieser Gesammtheit ein Unternehmen nicht fallen lassen werde, welches allein die Rechte des arbeitenden Volkes öffentlich vertreten, die unklaren Freunde und Mitarbeiter über ihr Wohl und Wehe auftlären, den offenen Feinden die Stirne bieten und die heimlichen entlarven kann; ein Unternehmen, das das arbeitende Volt zu einmüthigem Streben und Kämpfen für eine bessere Zukunft sammeln konnte und das einer der Bau- steine zu werden bestimmt war, aus denen das Fundament zu dem mächtigen Gebäude des freien VolkSstaateS zusammengefügt wird. „Und in diesem Vertrauen auf das GroS der Arbeiterbataillone hatten sich die Männer der Vorhut nicht getäuscht! Freilich kämpfte der neugeborene„Zeitgeist" lange Zeit hindurch mit dem ganzen Elend einer kaum für den nächsten Tag gesicherten, einer zuweilen fast unmöglichen Existenz; war ja doch das Verständniß für die Wichtigkeit deS Unternommenen zuerst nur auf einen für feine Schwierigkeit und Kostspieligkeit viel zu engen Kreis beschränkt, und kämpfte doch mit den gefährlichen Waffen des TodtschweigenS oder der Lüge die traurige Sippe der feindlichen Preßorgane, von den knechtseligen„Neuesten Nachrichten" und dem gesinnungslosen «Landboten » bis zu dem sogenannten„demokratischen" Organe, w geschlossener Phalanx gegen den neuerstandenen, zu ernstem Kampfe entschlossenen Vertreter deS arbeitenden Volkes. „Doch der„Zeitgeist" eroberte sich, ohne Ermatten unterstützt von seinen wackeren Schöpfern, von Woche zu Woche mehr Arbeiter- herzen und Arbeiterköpfe; er verachtete— und wird sie immer verachten— seine Feinde, die Leute und die Organe, welche im Dienste der Volksausbeuter und Unterdrücker jeden freien Luftzug v°n den Häuptern des Volkes fernzuhalten bezahlt werden— er fürchtete sie keinen Augenblick und zögerte niemals, wo eS galt, im Volksinteresse den Kampf mit ihnen und mit der ganzen volks- feindlichen Welt aufzunehmen. „Und so kann der„Zeitgeist" denn heute mit Beftiedizung auf das vergangene Jahr zurückblicken. Er hat gelebt und gekämpft und er wird leben und kämpfen allezeit, ohne Furcht vor frühem Untergang; denn heute folgt seiner Fahne eine nach Tausenden Zählende Schaar muthiger, stegessicherer Gesinnungsgenossen, die shn aus festen Arbeiterschultern tragen und ihm zum unzerstörbaren Bruderbunde die starken Arbeiterhände gereicht haben. „Darum freudig vorwärts, Ihr Proletarier, schaart Euch zu Haus um die morgenrothen Banner, die das geistesstrebende und streitende Proletariat furchtlos im Sturm eines massenmörderischen Militarismus und feines kapitalgepanzerten Trabantenthums flat Urn läßt. »Der„Zeitgeist" muß seinen Heerbann im nächsten Jahre um das Doppelte und Dreifache wachsen sehen. Die Arbeiterbataillone Müsse» sich ohne Unterlaß mächtiger und mächtiger zusammenballen dne die von Berg zu Thal rollende Lawine. „Herbei ihr Proletarierschaaren, hier weht Eure Fahne, hier wird gebaut an Eurer Zukunft!"— Noch ein anderes unserer Parteiorgane, die unter ebenso schwierigen Verhältnissen und mehrere Monate später gegründete »Süddeutsche Volkszeitung"(in Stuttgart ), macht die erfreuliche Mittheilung, daß seine Existenz gesichert. Die Zahl der Abon- «enten beträgt schon 1S00 und ist in raschem Steigen.
— Nach einer, offenbar dem Stempelamt entnommenen Notiz des offiziösen„Preußischen Volksblatts", hat sich die Abonnenten- zahl der Berliner „Volkszeitnng" in den letzten 4 Jahren von 33,600 auf 16,400, also um mehr als die Hälfte ver- mindert. Wir würden aus dieser Thatsache auf ein entsprechen- des Steigen der �Intelligenz des zeitungSlesenden Publikums schließen, 4venn wir nicht aus derselben Ouclle erführen, daß sich die Abon- ! nentenzahl der„Nmddeutfchen Allgemeinen Zeitung» von 5700 auf 7000 und der„Nationalzeitung" von 8000 auf 9600 ver- mehrt hat. Wie dem aber auch sei, jedenfalls ist festgestellt, daß derjenige Theil der Berliner Bevölkerung, aus welchem der Leser- kreis der„Volkszeitung fast ausschließlich rekrutirt wird, d. h. Ar- beiter und Klein-Gewerbtreibende dem Hirsch-Duncker-Bernstein'- schen Lutschbeutel entwachsen sind. Und das ist immerhin zu be- grüßen. — In England dauert der Kampf zwischen den Pächtern und LandlordS auf der einen uud den Landarbeitern auf der andern Seite mit steigender Erbitterung fort. Nach einer Aeußerung des Hrn. Acch sind die Arbeiter im Stand, noch ein ganzes Jahr auszuhalten; nicht minder zuversichtlich sind die Far- mer, die auch für die bevorstehende Ernte über hinlängliche Ar- beitskräfte� zu verfügen behaupten.— Die zahlreichen Strikes und Lockouts im Eisen- und Kohlen gewerke sind noch immer nicht zu Ende. Most ist eS jetzt endlich in Gnaden erlaubt worden, sich der Gesellschaft von Spitzbuben zu entziehen und eine besondere Zelle zu bewohnen. ES ist dies dies die sogenannte„Literatenzell-", in der vor ihm u. A. Lassalle und Guido Weiß das Verbrechen staats- und gesellschaftsfeindlicher Ansichten gebüßt haben. Ob er arbeiten, wir meinen sich literarisib beschäftigen darf, wissen wir nicht. Liebknecht, der vor 8 Jahren in der Stadtvoigtei intelligenz- staatliche Herberge fand, mußte drei volle Monate warten, ehe man ihm Schreibmaterial gestattete.— — Im Wiener„VolkSwille" lesen wir: „Dr. August Ladendorf leidet derzeit wieder unter den Folgen der langjährigen Zuchthausqnalen, die ihm die preußische Regierung angedeihen ließ. Sein Augenleiden hatte in der letzten Zeit einen bedenklichen Charakter angenommen und war die Gefahr einer Erblindung vorhanden. Noch ist die Sehkraft so geschwächt, daß der Arzt jede Thätigkeit und insbesondere daS Schreiben verbieten mußte. Wir bedauern das Unglück unseres verdienstvollen Freundes um so mehr, als derselbe derzeit verhindert ist, seine Arbeit über die soziale Bewegung zu vollenden."
GewerksZenossenschaMches� «llgemeincr deutscher Schiffs, Zimmerer- Verein. Kamvurg. ES ist nicht unwahrscheinlich, daß die Rheder, da der Strike in Brahe a. d. Weser fortdauert, die zur Reparatur bestimmten Schiffe nach anderen deutschen Häfen senden. Wir ermahnen daher die Mitglieder deS Vereins sowie solche Schiffs Zimmerer , die dem Verein noch nicht angehören, die Arbeit an diesen Schiffen nicht anzunehmen. Die Herren Rheder sowohl wie die Herren Werftinhaber aus Brahe müssen in andern Staaten Deusschlands nach Verhältniß mehr Lohn bezahlen, als die kleine Forderung von 5 Groschen mehr pro Tag, welche die Braher Schiffszimmerleute beanspruchen, beträgt. Die Herren Rheder sowohl wie die Herren Boose denken duxch diesen Schwindel, welchen sie ausführen wollen, die Schiffszimmerleute in Deutschland mürbe zu machen. Aber die Herren täuschen sich; wir werden mit doppelter Kraft gegen sie ankämpfen, wir werden Alles aufbieten, unfern Brüdern an der Weser zum Siege zu verhelfen. Die Herren Boose zu Brahe müssen nicht glauben, daß sie den Arbeiter aushungern können. Unfre Opfer sind im Vergleich zu den Opfern, die diese Herren bringen müssen, nur geringe zu nennen. Wir sind gewohnt, unsre Taschen leer zu sehen, aber diese Herren dichten und trachten nur nach Reichthiimern, die während des Strikes freilich nicht in dem Maße anzuhäufen sind, wie wenn wir arbeiten. Zum Ueberfluß müssen die trotzigen Herren auch noch die Erfahrung machen, daß die Arbeiter anderer Länder mit uns gemeinsame Sache machen, da die gesuchten Arbeiter nicht eintreffen. Ja, ja, Ihr Ausbeuter, unter den Arbeitern beginnt es zu tagen; die Zeiten sind vorüber, wo sich Arbeiter zur Be- kämpfung ihrer Brüder von Euch verleiten ließen. Unsre Genossen in Brahe a. d. Weser stehen fest, eS ist des- halb der Zuzug nach dort auch ferner strengstens fernzuhalten. Der Vorort des Allgemeinen deutschen Schiffszimmerervereins. Allgemeiner deutscher Schneiderverein. Araunschiveig, 31. Max. Abrechnung pro 1. Quartal 1874. Kassenbestand 4. Quartal 1873: Thlr. 357 19 9. Einnahme: Zwickau 4. Quartal Thlr. 3 25, Elberfeld 4. Quartal Thlr. 1 20, von Stade für die Collezen in Gießen Thlr. 2 18, Konstanz 4. Quartal Thlr. 3 6, Gotha 4. Quartal Thlr. 2 24 9, von Gießen an die Hauptkasse wieder eingezahlt Thlr. 25, München Thlr. 9 6 6, Landshut Thlr. 6 19 5, Stade Thlr. 9 5 5, Halle-a. S. Thlr. 7 13 9, Gießen Thlr. 4 22, L-ipzig Thlr. 3 15 6, Baireuth Thlr. 7 16, Berlin Thlr. 4, Barmen 4. Quartal Thlr. 2 8 6, Braunschweig Thlr. 12 26, Augsburg Thlr. 10 22 7, Gotha Thlr. 2 19 6, von Nürnberg Thlr. 29 14 11, Constanz Thlr. 2 4. Summa Thlr. 502 3 1.— Ausgabe: Für Brief- und Packetporto aus Folio Nr. 50, 51 u. 52 Thlr. 9 19 8, für Schreibmaterial Thlr.— 11 6, für Agitationsreise an Ludolph (Eschwege , Kassel und Göttingen ) Thlr. 9, zum Strike nach Gießen Thlr. 25, Sterbefall in Braunschweig Thlr. 12, von den College « in Stade nach Gießen Thlr. 2 18, Unterstützung an Heerklotz wegen Maßregelung Thlr. 5, für die College » in Baireuth Thlr. 25, für 1500 Stück Quittungsbücher f. d. Kr.-Unt.-Bund Thlr. 35 5, für einen Stempel nach Lübeck Thlr. 1 10, für 5 Quittungsstempel a 12'/- Gr. Thlr. 2 2 6, für einen Stempel nach Erfurt Thlr. 1 10, desgl. nach Mühlhausen Thlr. 1 10, für Emballage Thlr.— 27, für ein Exemplar des„Volksstaat" 1. Quartal 1874 Thlr.— 19'/-, an die Genossenschaftsdruckerei in Leipzig für den Kr.-Unt.-Bund für 1000 St. Statuten und 1000 St. Krankenscheine Thlr. 17 20, für VerbandS-Statuten Thlr. 6 25 6. Summa Thlr. 155 27. Einnahme Thlr. 502 3 1. Ausgabe Thlr. 155 27. Bleibt Bestand für nächstes Quartal Thlr. 344 6 1. Bestand der Strikegelder von Stade Thlr. 15 11 5. Strike� gelder von Gießen Thlr. 3 11. Dem Verein haben sich angeschlossen: Lübeck , Bev. Lustermann Schüsselbuden Nr. 207; Mühlhausen , Bevollmächt. Karl Kaller, St. Nicolai 185 d; Erfurt , Bev. G. Schäfer, Schneidermeister, Kohlgrubc Nr. 3, Kassirer Rich. Zimmermann, Moritzgasse Nr. 2 Neugewählte Bevollmächtigte: für Barmen K. Fenel, Schafbrücken-
ftraße Nr. 6; für Elberfeld Julius Tilly bei Wödemann, Herzoge straße Nr. 17; Schwäbisch Gmünd Hermann Kanders bei Herr- Berthold und Alfred Block; für München Wedelin Hell, Unter anger Nr. 31, 3 Tr. Die Bevollmächtigten werden aufgefordert, den Mitgliedern Nachstehendes bekannt zu geben: Der Ausschuß hat als Ort der diesjährigen Generalversammlung Braanschweig ins Auge gefaßt. Die Mitglieder in Braunschweig sind von ganzem Herzen damit einverstanden. Sie haben sämmtlich sich dafür erklärt und woller sich alle Mühe geben, den D-legirten, die hoffentlich von jeder Mitgliedschaft eintreffen werden, einen billigen Unterhalt zu ver- schaffen. Die Controllkommission hat Halle a. S. in Vorschlag gebracht und zwar Mitte September; dem Ausschuß dünkt diese Zeit für die Delegirten zu kostspielig, indem da da« Geschäft schon wieder besser geht; der Ausschuß hat daher beschlossen, Mitte August in Vorschlag zu bringen. Die Bevollmächtigten werden iin Interesse der Sache aufgefordert, innerhalb 14 Tagen ihre Zustimmung oder Verwerfung zu den hier gemachten Vorschlägen klar und offen auszusprechen und welchen Ort sie zur General- Versammlung wünschen; einer von diesen beiden Orten müßte jedoch gewählt werden, weil sonst die Wünsche zu verschieden sein würden und der Ausschuß dann nicht in der Lage wäre, da» Richtige zu treffen. Bor allen Dingen ist aber nothwendig, daß eine jede Mitgliedschaft einen Delegirten sendet. Jeder Bevollmächtigte hat bis zur genannten Zeit die Resultate an Unterzeichneten einzusenden. Schwäbisch Gmünd hat die Abrechnung eingesandt, sie mußte aber wegen Nichtrichtigstellung zurückgesandt werden. Der OrtSkassirer Friedrich August Blumenberg(genannt Witt schieber) hat sich im Monat Januar d. Ä. mit der OrtSkasse des Allgemeinen deutschen SchneidervereinS im Betrage von 5 Thlr. 25 Gr. 3 Pf. an Steuern und 3 Thlr. an Extrageldcrn von Chemnitz heimlich entfernt, ohne dem Bevollmächtigten oder sonst einem Mitglied- Mittheilung zu machen. Da nun alle Nachfor- schungen sich fruchtlos erwiesen haben, so ergeht hiermit an alle Fach- und Parteigenossen, welche über Genannten nähere und be- stimmte Auskunft geben können, die Aufforderung, dieses bei dem Unterzeichneten unfrankirt zu thun. Friedrich August Blumenberg (genannt Wittschieber) ist dieserhalb ausgestoßen uud darf in keiner Mitgliedschaft wieder aufgenommen werden.— Alle arbeiterfteund- lichen Blätter werden ersucht, dieses in ihre Spalten aufzunehmen. Die Orte, welche ihre Abrechnungen noch nicht eingesandt haben, mögen dieses nicht länger unterlassen. Anträge in den Mitgliedschaften, welche für Bevollmächtigte oder Kassirer auf Be- freiung der Steuern hinzielen, gehören vor die Generalversamm- lung, es ist daher Niemand von den VercinSsteuern zu entbinden. Wegen Krankheit des Bevollmächtigten in Chemnitz , H. Weck, sind Briefe für diese Mitgliedschaft an Wilhelm Böhme zu senden. Mit Gruß an alle Collegen Der derzeitige Geschäftsführer: F. Mumme.
Correjpondenzen«
Leipzig. (Eine Fortfchrittler-Versammlung.)„Im wunderschönen Monat Mai" versammelten sich am letztverssossenen Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, auf Einladung des Comitä'S zur Gründug eines„FortschrittSvereinS" für den 13. sächsischen Wahl- kreis, welches als Mitunterzeichner den famosen Dr. Götz-Lindenau hatte, ca. 100 Mann im Saale des„Eldorado"; es sollte allda der fortschrittliche Reichstagsabgeordnete für Reuß jüngere Linie, Albert Träger , an Stelle Dr. Heine'S über die Thätigkeit der letzt- verflossenen ReichstagSsession Bericht erstatten und einen Vortrag über Zweck und Ziel der deutschen Fortschrittspartei halten. Doch wie erstaunten die eingeladenen freisinnigen Wähler, als Hr. Götz bekannt machte, daß der„allverehrte" Dichter und Abgeordnete für Reuß jüngere Linie telegraphisch gemeldet habe, daß er durch Krankheit adge- halten sei, seinem Versprechen nachzukommen, und den Bericht biS Ende Juni oder Anfang Juli verschieben müsse. Hr. Götz über- nahm eS nun, den Anwesenden klar zu machen, wie wichtig es in jetziger Zeit sei, eine wirklich demokratische Partei zu gründen; eS sei leider ein schlimmes Zeichen gerade für Leipzig , daß eS an den wahrhaft demokratischen Bestrebungen so geringen Antheil nehme, eS fei betrübend, daß namentlich die Jugend der gebildeten Stände sich so ganz theilnahmloS und indifferent in öffentlichen Angelegen- heften zeige, es fehle eben an demokratischem Sauerteig. Zu Aus- gang der vierziger Jahre sei dies anders gewesen, damals gab es noch wirklich„demokratischen" Geist in der Mehrzahl des Volkes, und es sei für den„wirklichen" Demokraten durchaus nicht ermun- ternd, wenn man sehe, wie sich seit einigen Jahren Parteien gebildet hätten, welche ehemals der Regierung gegenüber sich oppo- sitionell verhielten, jetzt aber �heruntergekommen seien zu einer Partei der Reichsregierung und der Erfolganbeterei. Ja dieselbe Partei, die„nationalliberale", scheue selbst vor Denunziationen Andersdenkender nicht zurück, denn wer nicht unbedingt mit ins Bis- marck'sche Horn blase, würde gleich als Reichsfeind hingestellt; man dürfe nur daS„Leipziger Tageblatt " zur Hand nehmen und man werde dies bestätigt finden. Dann feien wieder die Sozialdemo- kraten und Ultramontanen, denen sich alle unzufriedenen und reichsfeindlichen Elemente, und solche, die ohne große Mühe und Arbeit nur genießen wollten, angeschlossen hätten, eS fei daher um so nothwendiger, in unserer Alles nivellirenden Zeit eine Partei zu gründen, die neben wirklich demokratischen Grundsätzen auf dem Boden deS Vaterlandes stehe; es sei nothwendig, daß in den Reichstag charaktervolle, konsequente Männer, die Bismarck gegen- über, der ja, er müsse dies /anerkennen, ein vollendeter Charakter sei, für BolkSrecht und Freiheit jederzeit und ohne Hintergedanken eintreten würden.— Bum, bum, dum! Immer heran, die Fodt- schrittler schaffen Charaktere! Um diesen Auseinandersetzungen vom soz.-dem. Standpunkte nur etwas hinzuzufügen, haften sich zum Wort g-meldetjLiebisch, Ramm und Hadlich. Ersterer bewegte sich mehr in allgemeinen Redensarten und bedauerte, daß Hr. Träger, der za das Programm der Eisenacher Partei mit Ausschluß des Punkt 10 anerkenne, nicht hier sei; er wünsche, daß sich die Fortschrittler den Sozialdemokraten anschließen möchten. Ramm erinnerte Herrn Götz daran, daß er heute von Anstand andern Parteien gegenüber gesprochen habe, bei der letzten ReichstagSwahl fei aber gerade er es gewesen, der in hervorragender Weise gegen ehrenwerthe Cha- raklcre der soz.-dem. Partei durchaus den Anstand verletzt habe, er erinnere an einen Wahlaufruf, der unzweifelhaft aus der Feder deS Hrn. Dr. Götz geflossen sei. Hier unterbrach der H:rr Vor- sitzende Götz den Redner, dies gehöre nicht zur Sache und ent- ziehe er ihm das Wort, überhaupt gestatte er'Niemand mehr, zum ersten Punkt der Tagesordnung zu sprechen. Hadlich erhielt daS Wort zur Geschäftsordnung und tadelte das Verfahren deS Vorsitzenden. Es sei durchaus nicht demokratisch, Jemand nicht sprechen zu lassen, von dem man vorher nicht wissen könne, welchen Stand- Punkt er zur Gründung dieses Fortschrittsvereins annähme. Herr Götz schrie aber:„Wir wissen schon, Sie sind Sozialdemokraten