So die„Königsberger Hrrtung'sche Zeitung". Wenn wir die Notiz unverkürzt mittheilen, so geschieht das nicht, weil wir der Frage: ob in Quednau sozialdemokralische Broschüren g-funoen worden sind oder nicht, irgend welche juristische Bedeutung bei- legten— zuristisch wäre ein solcher Fnnd ebenso irrelevant, als der beiläufig sehr wahrscheinliche Fund von Gesangbüchern, Bibeln und Katechismen— wir hielten es aber für zweckmäßig, ein so gewichtiges kulturhistorisches Zeugniß in seiner ganzen AuS- dehnung zu geben. Mögen sich unsere Feinde nun die Zähne zerbrechen an der harten Nuß: daß wo sozialdemokratische Broschüren vertheilt wurden, kein Krawall ausbrach, hingegen wo daS„so- zialdemokratische Gift" nicht hingedrungen ist und Pfaffen und KöntgStreue unbeschränkt herrschen, Exzesie stattgehabt haben. Und Sie Herr Stieber, merken Sie sich'S ein- für allemal: So- zialdemokraten machen keine Putsche; und lassen sich auch zu keinen Putschen gebrauchen. Recht schade,— nicht wahr, Herr Stieber? — Wir hören von neuen Landarbeiterkrawallen in Ost- preußen. Nach einem Bericht der„Königsberger Hartungschen Zeitung" hatten in Willkuhnen bei Waldau Tumulte statt; es „mußte Militär von Königsberg durch den Landrath requirirt werden und rückte am 22. d. eine Abtheilnng von 70 Cuirassiren nach dem Schauplatz der Unruhen". Mit dieser Kurmethode wird man freilich nicht weit kommen; durch Cuirassaden läßt sich daS Streben nach menschenwürdiger Existenz ebenso wenig unterdrücken als seinerzeit durch Dragonaden das Streben nach Gewissens- freiheit. Man gießt nur Oel ins Feuer und reizt, statt zu be- schwichtigen. —„Rothhäute". Wer erinnert sich nicht mehr des Staunens, das alle vernünftigen Leute erfaßte, als man eines Tages las, daß das bekannte Gespräch des„genialen" Bismarck mit dem ungarischen Romanfabrikanten Maurus Jokai , in welchem Bis- marck die Franzosen als„Rothhäute" bezeichnete, nicht eine Er- findung der„Berliner Wespen", sondern auf Thatsachen gegründet war? WaS der„Löwe" einst in einer schwachen Stunde gesagt, heult heute unter der Löwenhaut der Affenpinscher oder was sonst darunter stecken mag— kurz„unser" Braun, noch ein mal nachträglich in seiner„Spener'schen Zeitung" dem geduldigen Publikum vor, und die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" be- müht sich, das Geheul ihres Reptilienbruders als„gewichtige Stimme" gleichfalls im Druck zu verewigen. Da heulen sie im ChoruS: „—„Rothhäute!"— Diesen Ausdruck soll in Betreff deS wilden und blutdürstigen Charakters, welcher bei einer Nachbarnation zuweilen zu Tage tritt, der Kanzler des deutschen Reichs in einer vertraulichen Privat- Unterredung mit Jotai Möc, dem berühmten ungarischen Dichter, Publizisten und Politiker, gebraucht haben. Leider müssen wir uns im gegenwärtigen Augenblick die be- schämende Frage vorlegen, ob dieser Ausdruck nicht auf die wenigstens auf einen Theil derselben So weit hat eS also der„Kulturkampf" Deutscheu, oder Anwendung leidet." Wir gratuliren! schon gebracht! Kürzlich wehklagte die„Norddeutsche Allgemeine",— was wiederum unser Braun als„gewichtige Stimme" seinen Lesern zu Gemüth führte— daß Deutschland eine Mördergrube geworden sei. Der Braun bevölkert nun diese Mördergrube mit Rothhäuten! DaS macht sich ja herrlich! Wir unsrerseits haben absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn Bismarcks„Sauhirten" sich selbst mit ihrem ganzen kultur- kämpferischen Anhang als Rothhäute bezeichnen! Fern sei von uns, darüber nur weiter nachzugrübeln! Sogar wenn„unser Braun", Bismarck , Stieber, Stroußberg, Wagener, Lasker und alle sonstigen„Kulturkämpfer" Ernst machen und sich behufs bes- serer Ausbildung zu den Sioux-Jndianern nach Westamerika be- geben wollten, wir würden keinen aufhalten. Aber Braun will nicht auswandern. Er will beim großen Reptilientopf bleiben, und Stieber soll ihm beistehen, daß er in Gemüthlichkeit und Ruhe aus demselben schöpfen kann. Denn er schreibt mit beklommenem Herzen: „Der deutsche Bürgerstand ist, Gott sei Dank, tüchtig. Er weiß, was er will. Aber er muß auch wollen, was er weiß. Er muß sich tapfer jeiner Haut wehren, sonst wird er von seinen schwarzen und rothen Feinden niedergeworfen und von den falschen Freunden, welche mit diesen kokettiren, verrathen. Und wenn er dies Schicksal erleidet, dann ist dabei das Schlimmste, er verdient es nicht besser. Es geschieht ihm dann sein Recht. Weiter nichts. Deshalb soll er sich bei Zeit entschließen. Den Titel„Roth - haut" soll der Deutsche nicht auf sich sitzen lassen. Er soll, in Gemeinschaft mit seinen wahren Freunden sich gegen die„Rothhäute" wehren! Thut er dies nicht, so bleibt nur eine bange Wahl, nämlich die zwischen dem Absolutismus der Hierarchie und dem Terrorismus der Kommunisten, es sei denn, daß wir uns vorher der Polizei in die Arme würfen mit dem Nothschrei: „Rette uns!"" Unbezahlbar! Also wenn der„deutsche Bürgerstand„nieder- geworfen" wird, geschieht ihm Recht! Aber es soll ihm nicht „Recht geschehen", und deshalb soll er sich schnellstens seinem „wahren Freunde", Herrn Stieber, in die Arme werfen! Armer „Bürgerstand"! Herr Stieber wirdS ihm übrigens gern beschwören, daß er und nur er(„iui, toujours lui!") der„wahre Freund" deS Bürger- standes ist! Heißr'S voch schon in den„Enthüllungen zum Köl- nischen Kommunistenprozeß": „DaS antike Rom hat seinen sterbenden Fechter, das moderne Preußen hat seinen schwörenden Stieber!"(Hr. Stieber ist näm- lich stark im Schwören, stärker als im Verschwören. Siehe Cölner Communistenprozeß.) — Der HundStagShitze verdanken wir folgende Cultur- blüthe, die uns in einem schwäbischen„Amtsblatt für Stadt und Land", dem„Göppinger Wochenblatt" vom 21. d. Mts. ausstößt: „Kein Einziger ist vorhanden, der alle die Fähigkeiten und Eigen- schaften, welche den großen Staatsmann und Diplomaten auS- machen, zugleich in außerordentlich großer Stärke besitzt; kein Einziger, bei dem eine solche geistige Vollständigkeit und Eben- Mäßigkeit existirt. Bismarck '« Geist ist der Größe und Form seine» Gehirns, seiner Schädelhülle entsprechend. Letztere ist groß, hoch, breit und lang, ausgedehnt in gleicher Stärke nach allen Richtungen, in seltener, vielleicht noch nie dagewesener Harmonie. Daher ist dieser Mann ein Unicum(ein nur einmal vorhandenes Ding) an Geist und Kraft— daher ist er unersetzlich und für längere Zeit auch noch unentbehrlich." Und ein simpler Böttcher- geselle mit einem simplen Papierpsiopfen hat dieses„Unicum" auf Wochen aus Rand und Band gebracht! Kullmann mit seinem Papierpfropfen scheint sonach noch ein größeres und wnnderthäri- geres Unicum zu sein, als der„Unersetzliche", dessen„noch nie dagewesene Harmonie" wir Hrn. Dr. Max Hirsch für seine tief- sinnigen Hrrmoniestudien empiehlen. Vielleicht entdeckt er am reichskanzlerischen Schädel die Quadratur des ökonomischen circu- lus vitiosus(schlimmen Cirkels, auS dem kein Auswez. Französisch oerels vicieux).— Briefstieberei. Herr Stieber, der sich in Kissingen so ent- setzlich blamirt hat, sucht sein geschwundenes Prestige ans einem andern Gebiet, wo er besser zu Hau? und das ungefährlicher ist, wiederzugewinnen. „Wenn sogar die„Post" sich nicht scheut, der bayerischen Post etwas Verdächtiges nachzusagen, so dürfen wir uns. schreibt die„Germania ", wenigstens wohl eine objective Beschreibung zweier BriefcouvertS gestatten, die uns zugestellt sind. DaS eine trägt die Adresse der Gemahlin unseres MilredakteurS Herrn C. I. Cremer, und ist laut dem amtlichen Attest bei Ent- nähme aus dem Eisenbahnbriefkasten verletzt worden; die eine Ecke des CouvertS, bis zur Mitte der beiden Seiten hin, ist fast vollständig abgerissen, so daß zum Verschluß drei Papier - streifen nothwendig waren. Das andere Schreiben ist an Frhrn. Felix von Los, den Präsidenten deS Mainzer Katholikenvereins, gerichtet gewesen; daS Couvert ist an der oberen Langseite fast vollständig und an der linken Breitseite zum Theil zerrissen und ebenfalls mit drei Streifen verklebt, von denen einer folgende Aufschrift trägt:„Beim Oeffnen der Briefpackete vom Eisenbahn - postburean zufällig(geöffnet) zerrissen und sofort amtlich verschlossen." Das in Klammern wiedergegebene Wort ist im Original mit der Feder durchstrichen.„Zerrissen" ist allerdings nicht gleich mit„geöffnet"." So die„Germania". Natürlich ist'S purer„Zufall", daß dre Briefe geöffnet wurden. Purer„Zufall" war'S natürlich auch, daß, wie durch richterliches Urtheil konstatirt, Briefe an uns. die Redaktion deS„Volksstaat" geöffnet wurden. Der pure„Zufall" heißt mit seinem anderen Namen Stieber. — In Zwötzen , bei Gera , ist das Kind eines Ritterguts- besitzers, ein vier Jahre alter Knabe, plötzlich verschwunden und es ist keine Spur von ihm zu entdecken. Trotzdem nun doch das deutsche„Denkervolk" auS der bekannten Affaire mit der Anna Böckler etwas gelernt haben könnte, werden schon wieder die Zigeuner für das verschwundene Kind verantwortlich gemacht, ohne daß man dafür einen anderen Anhaltepunkl hat, als den ge wöhnlichen Altweiberglauben, daß die Zigeuner die Entführung von Kindern betreiben. Wir wissen den Schmerz der ihres Kiw des beraubten Eltern zu würdigen; aber man sollte sich doch er inner«, daß nach dem Verschwinden der Anna Böckler, deren Leichnam schließlich in der Scheune auf dem Hofe ihres Vaters gesunden wurde, die Zigeuner überall in ganz Deutschland un- schuldig verfolgt und verdächtigt, und daß zwei Zigeunerweiber, die nicht„eingestehen" wollten, von einem rohen Junker blutig geprügelt worden sind. Nun wird der„Deutschen allg. Zeitung" aus Gera über daS Verschwinden des Kindes berichtet, wobei es heißt:„Die ganze Gegend ist in fieberhafter Aufregung und die armen Eltern sind der Verzweiflung nahe. Man erzählt, daß die Zigeunerbande, welche am 17. d. MtS. in Zwötzen rastete, 28 Köpfe stark gewesen sei. Ein Mitglied der Truppe habe vom Gutsherrn Hafer verlangt, der habe aber, weil der Vorrath vor der Ernte knapp sei, demselben Klee und ein Geldgeschenk gegeben. Die Zigeuner sollen unzufrieden darüber gewesen sein, daß sie keinen Hafer erhielten. Die Frau des Gutsherrn war im Garten bei der Wäsche beschäftigt und hatte zwei ihrer Kinder, darunter daS S3,! Jahre alte Söhnchen, bei sich. Der Kleine war aber vor das Thor gegangen, um sich die schwarzen Gesichter anzusehen Plötzlich will man einen gellen Pfiff gehört haben und kurze Zeit daraus soll daS Kind vermißt worden fein. Bekanntlich wurde noch in derselben Nacht den Z geunern nachgesetzt. Man holte sie ein— allein sie hätten sich tchon bei Zwötzen gelheilt gehabt und wären bei DürreneberSdoif nur noch 14 Köpfe stark gewesen. Von den übrigen 14 Peisonen sollen nur einzelne wieder ange- troffen worden sein. Wir wollen nickt die Vermuthung aus- sprechen, daß die Zigeuner das Schlick'sche Kind geraubt hätten; wir haben nur berichtet, was der Staatsanwalt verkündet und was man sich sonst in Zwötzen erzählt. Aber Gera und Umgegend ist jetzt wiederholt von Zigeuaerbandcn heimgesucht worden. Abgesehen davon, daß unter diesen schwarzen Gesellen hier arge Raufereien stallfanden, an denen selbst die Frauen, Ge- liebten und Kinder theilnahmen, ist doch so viel erwiesen, daß diese Nomaden für die Vorstädte und ganz besonders für die ein- zeln stehenden Häuser eine schwere Last, eine fortwährende Besorg- niß sind. Denn diese Leute gehen, sobald sie merken, daß keine männliche Person im Hause ist, nicht eher fort, als bis ihre oft frechen Forderungen, vre sie unter Umständen noch steigern, erfüllt werden. Merken sie aber, daß männliche Hülfe herbeieilt, so ent- fernen sie sich eiligst. Wer diese nomadistrenden Völkchen beobachtet, dem stoßen gewiß folgende Fragen auf: 1) Verdienen die Zigeuner wirklich so viel, daß sie davon leben können? 2) Wohin gehen die Zigeunerkinder in die Schule? 3) Ist es recht, diese Leute im Gebiete des deutschen Reiches zu dulden, wenn man die Cultur- bestrebungen unseres Volkes im Auge Hab?" Daß Herr Biedermann sich zum Colportenr solch nichtssagen- der Muthmaßungen hergibt, ist uns begreiflich, daß aber ein Staatsanwalt auf die Zigeuner eine Razzia veranstaltet, ohne daß andere Verdachtsgründe vorliegen, als die aus Schauerromanen und Kaffeestubenklatsch stammende großmütterliche Tradition vom „Kinderraub" der Zigeuner— das erinnert bedenklich an die Zeit der Hexenprozesse. Die armen Teufel von Zigeunern, die betteln gehen und oft zum Diebstahl gezwungen sind, um ihren Hunger stillen zu können, werden kein großes Verlangen tragen, fremde Kinder großzuziehen; ihre eigenen werden ihnen nicht wenig zu schaffen machen.„WaS man sich sonst erzählt," bedeutet gar nichts, denn Jedermann weiß, wie sehr in solchen Fällen ins Blaue hinein gelogen und übertrieben wird. Auffallend ist es, daß der Geraer Freund des Herrn Bieder- mann die Gelegenheit gleich zu einer solch heftigen Denunziation gegen die Zigeuner benutzt und sie sogar auS dem deutschen Reiche verjagt haben will!„Wenn man die Culturbestrebungen unseres Volkes im Auge hat," Sie Geraer Biedermann,„deS Volkes", nämlich, und nicht die„Culturbestrebungen" der Herren Bismarck , Stieber, Biedermann und Consorten, so dürfte man hier zu dem Schlüsse kommen, daß die„Culturbestrebungen" unserer Reichs- Biedermänner d a aufhören, wo die Polizei anfängt! — Der Berliner„Volkszeitung" wird auS Sommerfeld unterm 23. Juli geschrieben: „Die Sozialdemokraten haben entschieden Pech in der Lausitz. Nachdem erst ganz kürzlich eine sozialistische Volksversammlir aufgelöst und der Sprecher verhaftet wurde, geschah genau daffa am 19. d. Dieselben entsenden jetzt den RelchstazSabzeordnck Liebknecht, welcher die Scharte auswetzen soll. Es wird ihm 1 indessen, selbst wenn er dem gleichen polizeilichen Mißgeschick e« gehen sollte, auch nicht gelingen. Nicht bloS die Sommerfeltt sondern die Arbeiter fast überall in der Lausitz, sind seit J� und Tag Gewerkvereinler und die thatsächlichen Vortheile, welk ihnen zumal in Bezug auf daS Kassenwesen von den Gewerkck einen geboten werden, sind so groß gegenüber den Worten ls Sozialisten, daß alle AgitalionS-Arbeit der letzteren in der Latf so lange vergeblich sein wird, als sie nicht mit den Hirfch-DunckS fchen Gewerkoereinen konkurriren, v. h. den Arbeitern wirklich d* bieten können, was ihnen Roth thut." Zunächst wollen wir dem Correfpondentea der„Volkszeita« die Mittheilung machen, daß unsre Parteigenossen in der Nied Lausitz nicht im Entferntesten daran gedacht haben, den Reich tagsabgeordneten Liebknecht einzuladen, damit er„die Scharte a« wetzen soll." Fürs Erste existirt eine Scharte gar nicht; sodat möge sich der Herr Correspondent der„Volkszeitung" gerade t Sommerfeld, wo sich erst kürzlich eine Mitgliedschaft unsrer Pal! gebildet hat, ein Beispiel nehmen, daß jeder Sozialdemokrat! jedem Ort und zu jeder Zeit im Stande ist, nicht nur sogenan< „Scharten" auszuwetzen, sondern auch die Nichtigkeit der„Ht monie"-Lehre nachzuweisen. Ferner möge man doch ja nicht all sehr auf die„thatsächlichen Vortheile" pochen, welche„zumal in i zug aus daS Kassenwesen von den Gewerkvereinen geboten werde« Thatsache ist, daß trotz der„thatsächlichen Bortheile" unter b Gewerkvereinlern die Ueberzeugung immer mehr Platz greift, di die Lehre von der„Harmonie zwischen Kapital und Arbeit" t' reine Schwindel ist. — Gleiche Brüder, gleiche Kappen! denken, der„Vol! zeitung" zufolge, die„Kathedersozialisten" und„Manchestermännö Auf dem nächsten„volkswirthschaftlichen Congreß", der Mij August in Crefeld stattfindet, soll„eine Ausgleichung angebafl werden", und auf dem Oktoberkongreß der Kathedersozialiften« solenner Commers den neuen Bund der wiedervereinigteu Brift besiegeln. Viel Vergnügen, und ein gutes„Katerfrühstück"! — Es gibt auch noch Richter in Bayern . Der Premi! leutnant Schropp in Freysing, welcher bekanntlich seine M gebenen„süddeutsche Creaturen", blauweiße Hunde" beschim und mißhandelt hatte, wurde am 2ß.-d. vom Militärbezirksgeri! zu— einer Woche Stubenarrest verurtheilt.„Dw R-st Schweigen", sagt Hamlet.(„Zeitgeist".)! Man schreibt uns aus Berlin , d. d. 27. Juli: Folgende Beschwerde, deren Ausarbeitung durch Krankheit f Verfassers verspätet ward, ist unter heutigem Datum einem köm Polizeipräsidium zugesandt worden: Berlin , den 27. Juli 1874.! Beschwerde wegen gesetzwidriger Auflösung einer Versammln« Der Polizeibeamte, welcher die am Montag, den 13. Juli l.! bei Carius, Prinzenstraße 72, tagende Versammlung der sozil demokratischen Arbeiterpartei zu überwachen hatte, und dessen St» und Name ein kgl. Polizeipräsivium leicht erfahren kann, hat« Versammlung, entgegen dem Sinn und Wortlaut des Gesek vom 11. Mai 1850, aufgelöst. Nach tz 5 dieses Gesetzes sind die Abgeordneten der Polh behörden zur Auflösung von Versammlungen befugt, wenn Bescheinigung über die erfolgte Anmeldung nicht vorgelegt w!> kann; wenn in der Versammlung Anträge oder Vorschläge erö:� werden, die eine Aufforderung oder Anreizung zu strasbaren Ha« lungen enthalten; oder wenn in der Versammlung Bewaffnete! scheinen, die, der Aufforderung des Abgeordneten der Obriz« entgegen, nicht entfernt werden. Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Der überwachende Bea« löste die Versammlung auf mit der Erklärung, daß die Red» dieselben Tendenzen verfolgten, wie in dem geschlossenen Alst meinen deutschen Arbeiterverein, und daß er daher, seinen I struklionen gemäß, die Versammlung auflösen müßte. Es sind hier nur zwei Fälle möglich: Entweder hat der � amte eine dahingehende Instruktion wirklich erhalten oder nicht. Im ersteren Fall- hat der Vorgesetzte, welcher die Jnstruktis ertheilt hat, sich gegen§ 357 des Strafgesetzbuchs v:rganz< welcher also lautet: „Ein Amtsvorgesetzter, welcher seinen Untergebenen zu ei« trafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet oder zu verleit unrernimmt, oder eine solche strafbare Handlung seiner Unst gebenen wissentlich geschehen läßt, hat die aus diese jstrafbav Handlungen angedrohte Strafe verwirkt. „Dieselbe Bestimmung findet Anwendung auf einen Beamst welchem eine Aufsicht oder Controle über die AmtSgeschäfte ei«| andern Beamten übertragen ist, sofern die von diesem letzte« Beamten begangenen strafbaren Handlungen der zur Aufsicht o« Controle gehörenden Geschäfte betrisfl." Ooer der Beamte hatte diese Instruktion nicht, dann hat' elber gegen den Z 131 deS Strafgesetzbuchs verstoßen: „Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, wissend, daß sie dichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder verbreitet dadurch StaatSeinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit ächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bis zu 200 Thlr. o« mit Gefänzniß bis zu zwei Jahren bestraft." Strafbar ist der Beamte aber in jesem Falle, weil er,«' gegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes, die Versammlung aust löst und somit gegen den Z 339 des Strafgesetzbuchs verstoß hat:„Ein Beamter, welcher durch Mißbrauch seiner Amt gewalt oder durch Androhung eines bestimmten Mißbrauch?<>■ elben Jemand zu einer Handlung, Duldung oder Unterlasse widerrechtlich nölhizt, wird mit Gefänzniß bestraft." Es braucht hier wohl den, klaren und durch keine Jnterprö tion fortzuleugnendea Sinne des Gesetzes gegenüber nicht we« ausgeführt zu werden, daß die, durch die beschworene V« assung, Art. 27 und 29, garantirte Rede- und Versammlung reiheit vollständig illusorisch würde, wenn jeder subalterne Pol« beamte wegen ihm vielleicht selber nicht verständlicher„Tendenz« Versammlungen auflösen dürfte, ohne bestraft zu werden. Art-, der beschworenen Verfassung, welcher lautet: „Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich, StandeSvow rnden nicht statt", müßte dann die Ergänzung erhalten: Polizeibeamte können wegen Verletzung deS Vereinsrechts nicht Verantwortung gezogen werden und haben das Recht der Ce»! über jede Ansicht, Meinung und Tendenz." Ich ersuche daher im Auftrage der Versammlung ein kön' Polizeipräsidium, die geeigneten Schritte bei der Staatsan«- schaft zu thun, damit die vorgekommene Gesctzesverletzung best« werde; mir selber aber baldgefälliz Bescheid zu geben, damit dem!
Ausgabe
6 (31.7.1874) 88
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