Erscheint in LeipzigMittwoch, Freitag, Sonntag.Bestellungen nehmen an allePostanstalten u. Buchhand-lungen desJn-u.Auslandes.Filial- Expeditionenfür die Vereinigten Staaten:F. A. Sorge,Vor 101 Hodolren, N. J.Peter Haß,B. W. Corner Third andooatea str. Philadelphia.Abonnementspreisfür ganz DeutschlandIM. 61) Pf. pro Quartal.Monats-AbouneinentSwerden bei allen deutschenPostanstalten auf den Ltenu. 3ten Monat und auf denZtcn Monat besonders an-genommen; im Kgr. Sachsenu. Hrzgth. Sachs.-Altenburgauch auf den ltcn Monat desQuartals a 51Ps.Organ der Sozialistischen Arveiterdartei Deutschlands.Inserate, die Abhaltung von Partei-, Vereins- und Volksversammlungen, sowie die Filial-Expeditionen und sonstige Partei-Angelegenheiten betreffend, werden mit 10 Pf.,— Privat- und Vergnüaunas-Anzeigen mit 25 Pf. die dreigespaltene Petit-Zeile berechnet.ZTr. 69.Sonntag, 20. Juni.1875.Die Enquete über die Arbeitsverhältmfse,welche von der R-ichSregierung in Szene gesetzt worden ist, hatkeinen anderen Zweck, als Material zu neuen Unterdrückungsmaß'regeln zu liefern, und insbesondere die Durchsetzung des Con�traktbruchgcsetzeS zu ermöglichen. Wer die maßgebenden P-vfönen kennt, mußte das von vornherein erwarten. Jetzt ist jederZweifel durch die vor Kurzem veröffentlichten amtlichen Frage-bogen beseitigt worden. Die Fragen lauten:A. Lehrlingsverhältnisse.I. 1) Ist eS üblich, den Lehrvertrag schriftlich zu schließenoder erfolgt der Regel nach nur eine mündliche Vereinbarung imAnhalt an gewohnheitsmäßige Grundsätze, und sind mit letztererHebung besondere Nachtheile verknüpft?II. 2) Welche Dauer ist für die Kündigungsfrist im Lehvverhältniffe üblich? 3) Empfehlen sich Bestimmungen, um demunüberlegten Eingehen und Auslösen von LehrlingSverträgen enbgegenzuwirken? insbesondere durch Einführung einer kurzen Probe-�eit, von deren Ablauf die bindende Kraft deS Lehrvertrags bedingtist? durch Einführung bestimmter Kündigungsfristen, von kürzererDauer in den ersten, von längerer Dauer in den späteren Jahrender Lehrzeit?III. 4) Empfiehlt e» sich, die Lösung der Lehrverhältniffezum Zwecke deS UebcrgangeS in einen anderen Beruf(Gewerbe-ordnung§ 122) zu erschweren, insbesondere durch die Verpflich-tung zur Zahlung eines Reugeldes? durch die Verpflichtung zurEinhaltung von Kündigungsfristen?IV. 5) Pflegt Beginn, Unterbrechung und Ende der täg-liten Arbeitszeit durch da» Ermeffen deS Arbeitgebers bestimmtoder aber durch den Lehrvertrag oder gewohnheitsmäßig geordnetzu feiu, und knüpfen fich hieran für die Lehrlinge besondere Ge-fahren einer Uebcrlastung mit Arbeit oder einer gesundheitSwidri-gen BeschäfiigungSweisc? 6) In welcher Weise pflegt die Bcr-Wendung der Abende und der Sonntage geregelt zu sein? inSbe-sondere: Findet der Besuch der FortbildungS- Schulen an denAbenden und Sonntagen auf Seiten der Arbeitgeber Erschwerun-gen? Eventuell, genügen zur Beseitigung dieser Erschwerungen diebestehenden Borschriften? 7) Ist die Heranziehung der Lehrlingezu häuslichen Dienstverrichtungen üblich? insbesondere der Art,daß die gewerbliche Ausbildung der Lehrlinge gefährdet wird?und zur Fernhaltung dieser Gefahr die bestehenden Vorschriftennicht ausreichen?V. 8) Ist die Entrichtung eines Lehrgeldes— für die ganzeDauer oder für einen Theil der Lehrzeit— üblich, oder pflegtLehrlingen— sei eS vom Antritt der Lehre, sei eS von einemspäteren Zeitpunkte ab— ein Loh» gezahlt zu werden?VI. S) Pflegt die Dauer der Lehrzeit in jedem einzelnen Falleverabredet zu werden, oder ist sie gewohnheitsmäßig bestimmt?10) Ja welcher Weise pflegt da» Ende der Lehrzeit und derUebergang in den Gesellen stand bekundet zu werden? insbesondere». wird dem Lehrling nach Schluß der Lehrzeit üblicher Weiseein Zeugniß ertheilt? b. würde eine Bestimmung, welche den Abschluß der Lehrzeit an ein solches Zeugniß bindet, durchführbarund nützlich fein?VII. 11) Wird der eigenmächtige Austritt der Lehrlingeaus ihrem Lehrverhältniffe vorzugsweise im Ansänge oder in demsdäteren Theilc der Lehrzeit wahrgenommen? 12) Welche Mittelempfehlen sich, um dem entgegenzutreten? Insbesondere: a. Istes möglich und räthlich, den Wiedereintritt in da» aufgegebeneLehrverhältniß zu erzwingen? b. Empfiehlt eS sich, dem Arbeit-geber Anspruch auf eine Entschädigung zu gewähren? und zwardemjenigen gegenüber, welcher NamenS deS Lehrling» den Lehrver-trag abgeschlossen hat? demjenigen gegenüber, welcher, von demVerhalten deS Lehrling« unterrichtet, ihn in Arbeit nimmt oderdarin behält? c. Läßt sich eine solche Entschädigung unter Berück-firf-tigung de» Zeit, für welche der Lehrling noch gebunden war,auf bestimmte Sätze feststellen?Till. 13) Wird überhaupt zwischen Lehrlingen und Geselleneine feste Grenze noch gezogen, oder bestimmen sich Stellung, Be-schäftigung und Löhnung dieser Arbeitnehmer wesentlich nach derthatsächlichen Leistungsfähigkeit der Einzelnen? 14) Bedürfen imletzteren Falle die jüngeren AlterSklaffen einer Vorsorge nach denvorher angedeuteten Richtungen, und sind auch im ersteren Falleeinzelne oder alle der etwa für nöthig erachteten Anordnungenauf gewiffe AlterSklaffen der Lehrlinge zu beschränken?B. Gesellenverhältnisse.I. 16) Pflegt bei der Annahme eine» Gesellen eine Kün-diguugSfrist ausdrücklich verabredet zu werden, oder erfolgt dieAnnahme im Anhalt an gewohnheitsmäßige Kündigungsfristen?16) Ist die Wahrnehmung häufig, daß die Gesellen an eine län-gere Kündigungsfrist gebunden sind als ihre Arbeitgeber? 17) Istdie gesetzliche Kündigungsfrist(G.-O.§ 110) überwiegend mitBortheilen oder Nachthcilen verknüpft?II. 18) Findet sich die Einrichtung häufig, daß der Arbeit-geber einen Theil deS fälligen Lohne? bis zum Ende deS Arbeits-vertrage» zurückhält, und welche Nachtheile oder Bortheile sind miteiner derartigen Einrichtung verknüpft?III. 19) Ist es üblich, den abgehenden Gesellen über dieDauer oder über den Werth ihrer Arbeit Zeugnisse zu er-theilen, und wird durch dieselben da» Fortkommen der Gesellenerleichtert?IV. 20) Giebt eS Innungen, welchen beizutreten auch GesellenbaS Recht haben, und erscheinen derartige Einrichiungea ersah-lungsgemäß geeignet, die Beziehungen zwischen den Gesellen undihren Arbeitgebern zu fördern? 21) Ist eS angänglich, den Arbeit-gebern und ihren Gesellen in derartigen Verbänden völlig gleicheRechte zu gewähren?V. 22) Welche Mittel empfehlen sich, um dem eigcnmäch-tigen Austritt ans der A beit bei Gesellen entgegen zu wirken?Insbesondere: a. Empfiehlt eS sich, dem Arbeitgeber Anspruchauf eine Entschädigung Demjenigen gegenüber zu gewähren, wel-cher einen Gesellen, von dessen eigenmächtigem Austritt auS demfrüheren Arbeitsverhältnisse e» unterrichtet ist, in Arbeit nimmtoder darin behält? b. Läßt sich eine Entschädigung, unter Be-rücksichtigung der Zeit, für welche der Geselle noch gebunden war,auf bestimmte Sätze feststellen?C. Fabrikarbeiterverhältnisse.I. 23) Pflegt bei Armahme von Fabrikarbeitern eine Kün-digunsfrist oder aber beiderseitig daS Recht zur sofortigen Auflösungdes Arbeitsverhältnisses auSbedungen zu werden? 24) Ist die ge-fetzliche Kündigungsfrist(Gew.-O. ZZ 110, 127) überwiegend mitBortheilen oder Nachtheilen verknüpft?II. 26) In welchen Zeitabschnitten pflegt die AuSlohnong derArbeiter zu erfolgen? Findet sich die Einrichtung häufig, daß derArbeitgeber einen Theil deS fälligen Lohnes bis zum Ende deSArbeitsoertrages zurückhält, und welche Nachtheile oder Vortheilesind mit einer derartigen Einrichtung verknüpft?III. 26) Ist die Aufstellung von Fabrikordnungen üblich undpflegt die Abfassung und Abänderung derselben von dem Arbeit-geber allein oder unter Mitwirkung von Arbeitern zu erfolgen?27) Enthalten die Fabrikordnungen häufig Bestimmungen, welchefür den Arbeitgeber günstigere Arbeitsbedingungen als für denArbeitnehmer begründen? 23) Empfiehlt eS sich, den Erlaß vonFabrikordnungea in diesen ober anderen Punkten unter gesetzlicheBeschränkungen zu stellen?IV. 29) Empfiehlt eS sich, im Falle de» eigenmächtigen AuS-tritt? eines Fabrikarbeiters aus der Arbeit, dem Arbeitgeber einenAnspruch auf Entschädigung gegenüber Demjenigen zu gewähren,welcher, von dem Verhalten de» Arbeiter» unterrichtet, ihn in Arbeitnimmt oder darin behält?Politische Uebersicht.— Vollzug der Gefängnißstrafe. Am 14. d. kam impreußischen Abgeordnetenhaus die schon erwähnte InterpellationWindthorst'S zur Verhandlung. Die Interpellation lautete:„Hmer Bezugnahme auf die allgemein bekannten Verhandlungenim deutschen Reichstage und im Hause der Abgeordneten über dieVollziehung der Gefängnißstrafe erlaube ich mir die gehorsamsteAnfrage an die königliche StaatSrcgicrung zu richten: ob undwelche Anordnungen in Beziehung auf den Vollzug der Gefäng-nißstrafe nach Erlaß de» deutscheu Strafgesetzbuche«, insbesonderein Beziehung auf die Beschäftigung und Selbstbeköstigung der Ge'angenen erlassen worden sind.Abg. Windthorst(Meppen) verweist zunächst auf die imR-ichSlage und hier schon über denselben Punkt stattgehabten Ver-Handlungen. Es handelt sich statt Versprechen für die Zukunftvielmehr darum, jetzt sofort den Gefangenen eine menschenwürdigeBehandlung zu gewähren. Seit der letzten Interpellation überdenselben Gegenstand sind mir eine große Menge von Zuschriftendarüber zugegangen, au« denen ich ersehe, daß da« Gesängniß-wesen in der ganzen Monarchie sehr im Argen liegt, namentlichaber in der Provinz Posen. Da» wird bei dem Gesetzentwurfüber die Strafvollstreckung zu berücksichtigen sein. Eine Aenderungdieser Verhältniffe dürste freilich Millionen kosten, allein da« Opfermuß gebracht werden. Wa« die Behandlung der politischen Ge-fangenen betrifft, so geht die Beschränkung, der dieselben unter-liegen, zu weit. Man läßt die Redakteure sogar in Mußestundenkeine Zeitungen lesen, man nöthigt sie zur Zwangsarbeit, und na-mentlich wird über die Beschränkung deS Rechtes der Selbstbc-köstigung viel geklagt. Es kommen wegen de» Genusses vonSpeisen, die ihnen nicht zusagen, viele Leute krank auS dem Ge-sängmsse. Der Verlust der Freiheit ist für Leute von der Stel-lung der oben Bezeichneten wahrlich schon au und für sich einestrenge Strafe, man darf nun dieselben nicht auch noch den Ver-blechern gleich behandeln. Daß eine solche Unterscheidung eintretenmuß, geht aus den Verhandlungen des Reichstages über da«Strafgesetzbuch hervor, bei dessen richtiger Auslegung eine humaneHandhavung das Richtige zu leisten im Staude sein wird.Minister de» Innern Graf Eulenburg. Die Beschlüsse de»Reichstags in dieser Angelegenheit lauten dahin: den Herr» Reich»-kanzler aufzufordern, dem Reichstage den Entwurf eme« Gefäng-nißgefetzes, sowie eine« Gesetzes über die Strafvollstreckung bald-möglichst zugehen zu lassen. In derselben Sitzung, in welcherdieser Beschluß gefaßt wurde, sprach der Reichstag noch bei Ge-legenheit einer Petitton den Wunsch au», daß noch vor dem Zu-standekommen eines Gesetze» über die Strafvollstreckung der Boll-zug der Strafen im Sinne des§ 16 de« ReichSstrasgesetzbuche»sicher gestellt werde. Ich habe schon bei Gelegenheit einer früherenInterpellation hervorgehoben, daß ich mich in Folge jener Be-schlüsse mit dem Reichskanzleramte in Verbindung gesetzt und an-gefragt habe, ob und wann diese Frage dort in Angriff genom-men werden würde. Man hat mir geantwortet, daß die Vorar-betten dazu im Gange wären, daß e« aber zweiselhast sei, ob die«selben so schnell zu einem Abschluß gelangen würden, daß e« mög-lich wäre, die Vorlage bereits in der bevorstehenden Session anden Reichstag gelangen zu lassen. Auf diese Antwort hin habe ichnun mein Augenmerk aus den zweiten Theil der Beschlüsse desReichstages gerichtet und auf die von dem Herrn Interpellantenvorgebrachten Gesichtspunktenat eine Verfügung erlassen, deren wesentlicher Inhalt folgenderist: Ich habe darin gesagt, daß es wesentlich darauf ankäme, daßder diesbezügliche Circularerlaß vom November 1861, der die Ar-beitS- und die BeköstiguvgSfrage behandelt, aufgehoben werde.Die Anordnung de» Z 5 jene» CircularerlasseS, daß Personen nurdann zu Arbeiten angehalten werden sollen, wenn es in der Ge-fangenanstalt an Gelegenheit zu einer ihren Fähigkeiten ange-messenen Beschäftigung fehlt und wenn sie nicht zugleich im Standesind, für ihre Beköstigung selbst zu sorgen— diese Anordnunghat neuerdings mehrfach zu Beschwerden Anlaß gegeben. Da« be-mängelte Verfahren, heißt eS in meiner Verfügung, steht mit dem§ 16 de« ReichSstrasgesetzbuche» in Widerspruch, welcher die Her-anziehung zu zwangsweiser Arbeit nur davon abhängig macht, daßdie Betreffenden auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen an-gemessene Weise beschäftigt werden sollen. Ich ordne daher, unterAufhebung de» Z 5 de« CircularerlasseS an, daß fernerhin ledig-lich nach Vorschrift deS§ 16 des ReichSstrafgeseybucheS zu ver-fahren ist. Die Bestimmung darüber, ob die Selbstverpstegungzu gestatten ist, bleibt dem discrctionären Ermessen der königlichenRegierungen überlassen, sie sei aber überall da zu versagen, woeine Berurtheilung wegen Diebstahls k. vorliege, oder wo beiVerübung des betreffenden Vergehens eine besondere Rohheit z«Tage getreten sei.Abg. Windthorst(Meppen) beantragt Besprechung der Änter-pellation. Da hinreichende Unterstützung da ist, tritt da« Hau»in diese Besprechung ein. Abg. Windthorst führt auS, daßdiese Jnstruklioa den Intentionen deS Reichstage» nicht entspreche,da sie der Leidenschaft der Regierungspräsidenten kein Ziel fetze.Sosort nach Zusammentritt des Reichstags werde er die Angelegen-heit wieder zur Sprache bringen, er bedaure aber, daß e« wiederPreußen sei, welche» zur Besprechung diese» ThemaS Veranlas-sung gebe.Commissär deS JustizministerS Geheimer JustizrathStarke corrigirt s?) verschiedene Angaben des Vorredner« und gehtdann sehr ausführlich auf die Entstehungsgeschichte de«§ 16 undden Begriff»politischer Gefangener- ein. Er beschreibt dann dieArt der Beschäftigung und der Selbstbeköstigung in Plötzensee,das noch vor einigen Tagen von einer Anzahl von Abgeordnetenbesucht und besichtigt worden sei. Er sagt, daß diese Anstaltübrigens die einzige fei, in der Selbstbeköstigung nicht gestattetwerde, da von StaatSwegen eine sogenannte Mittelkost den-jenigen Gefangenen verabreicht werde, denen sie auf ärztliche Au-ordnung vorgeschrieben sei. E« werde dadurch ia ausreichenderWeise für Erhaltung der Gesundheit der Gefangenen gesorgt, unddie Zahl der Erkrankungen in der Anstalt belaufe sich denn auchauf nur 1,8 pCt., in allen anderen Strafanstalten sei der bekannteDurchschnittssatz von 4—6 pCt."Damit war die Sache erledigt. Resultat: im Wesentlichenbleibt Alle» beim Alten! Ob der Reichstag auch diese Ohrfeigeeinstecken wird?— Moderner ConstitutionaliSmu». In derselben Sitzungde» Abgeordnetenhauses richtete Windthorst eine zweite Jäter-pellation an da« Ministerium, betr. die Nlchtbestätigung de« Ober-bürgermeister» Kaufmann von Bonn. Ein skandalöserer Fallläßt sich nicht denken: Hr. Kaufmann hatte 24 Jahre lang da»Bürgermeisteramt zu allseitiger Zufriedenheit bekleidet; vor Kurzemwird er von Neuem gewählt und— die Regierung versagt dieBestätigung. Einziger, natürlich nicht ausgesprochener Grund:der Mann ist Katholik und ein Gegner der BlSmarckischeu Kirchen-Politik. Wohlan— Windthorst formulirte am Montag seineInterpellation. Minister Eulenburg rührte sich nicht. Der Kammer-Präsident fragt ihn hierauf, ob er zur Beantwortung der Jäter-pellation bereit sei. Nun erhebt sich Graf Eulenburg und erklärtmit dürren Worten:«die Regierung lehnt die Beantwor-tung dieser Juterpellation ab.- Dieser Faustschlag in»Gesicht de» Abgeordnetenhauses brachte einige„Bewegung- hervor;aber die bewegten Massen wurden bald wieder ruhig, und mansetzte die parlamentarische Comödie fort. Der Regierung aberdanken wir, daß sie da« Feigenblatt de» Absolutismus ungenirtvon sich geworfen hat.—(Nachträglich erfahren wir, daß die Na»tionallibcralen durch die Erklärung Eulenburg« zu„Heiterkeitveranlaßt wurden.„Heiterkeit" über einen empfangenen Fußtritt,da» ist ächt— nationalliberal.)— Kullmanniade. Der österreichische Bismarck- AttentäterWiesinger stand dieser Tage in Wien vor Gericht und legteda« kostbare Geständniß ab, daß er sich bloß deshalb zu einemMordversuch auf unseren Reichskanzler bereit erklärt habe, um dieJesuiten zu compromittire» und dem Hrn. Reichskanzler eineWaffe für den Culturtampf zu verschaffen. Der Mannwurde freigesprochen. Wie die Berliner Reptilien sich mit diesemUrtheil abfinden werden, wollen wir ruhig abwarten, erlanben un»aber einstweilen die Frage: hat da» Geständniß Wiesinger'S nichtDiejenigen moralisch gerechtfertigt, welche gleich un», die ver-muthung hegten und aussprachen, daß eS sich bei dem AttentatKullmann'S nur darum gehandelt habe,„dem Hrn. Reich»-kansier eine Waffe für den Culturkampf zu verschaffen"?—_Aremerhafen. Am 10. Juni stand Arthur Slauck vordem hiesigen Schöffengericht, um sich wegen Verletzung de» Z IIIdeS ReichSstrafges etzb uch« zu verantworten. Zum ersten Malewurde hier gegen einen Sozialdemokraten verhandelt, man kannsich daher den Aerger verschiedener Schreiberseelen denken, al« da»Resultat der 2Vzstündigen Sitzung„kostenlose Freisprechung- er-Ich habe demnach im vorigen Mo- gab. Der Staatsanwali hatte 20 Tage Gesängniß beantragt.