Kenntniß der Zustände zeugt, kann das Resultat seiner eidlichen Vernehmung und die Niederlage Bismarcks auch in diesem Punkte nicht zweiselhaft sein. N-benbei hat das Berliner Kammergericht aber immer noch zu entscheiden, ob der Geheimerath A-gidi durch die ZwangSmaßregeln, die bei hundert Gelegenheiten gegen demokratische und sozial-republikanische Zeituugsredakleure angewandt sind, zur Ablegung seines Zeugnisie» gezwungen werden soll. Der NeichStagSabgeordnete Eugen Richter , der sonst immer iiber die preußischen Preßgriindungen so wohl unterrichtet war, hat sich be- kanntlich vor seiner Zeugenvernehmung durch die Erklärung, er wisse von den Preßgründungen im Elsaß nichts, als was in den Zeitungen stehe, gedrückt. Nachdem sich Eugen Richter auch bei der Abstimmung über den Reptiliensond, gegen den er so oft zu Felde gezogen ist, drückte, kann man sich auch über seine neue Charakter- lostgkeit nicht wundern." ES wäre prächtig, wenn der«Zeugenzwang" gegen den BiS- marck'schen Ober-Sauhirten angewandt würde! Wa« den edlen Richter betrifft, so erwartet man nun selbst in der Fortschrittspartei Seinen baldigen Eintritt in den lang erstrebten Posten im Mini» terium. Es ist die« bekanntlich dasselbe Individuum, welches im Reichstage lachte, als Liebknecht des Massenelend« in Preußen er- wähnte. Bei den letzten Debatten im Abgeordueteuhause gerirte er sich schon vollständig als RegierungSmann. glieder nehmen wir unseren früheren Antrag zurück und er- klären unS mit der Abhaltung in Bcannschweig ernverstanden. I. A.: Der Vertrauensmann. Correjpondenzen. — Ja Brünn wird auf Mord und Brand gestaatSrettelt. Nach fünftägigerDauer de« Strike« waren bereit« über sechszig Arbeiter theil»„abgeschoben", theil« wegen„Aufreizung" dem Strafgericht überliefert, unter letzteren auch eine ISjährige Arbeitcriu. Dem österreichischen Staate ergeht e« ähnlich wie unserem deutschen Reichskanzler: er zittert vor Frauenzimmern! Da« Verfahren der Behörden ist um so skandalöser, al» selbst die BourgeoiSpresse zu- gestehen muß, 1) daß die bisherigen Löhne nicht ausreichend waren, der Strike also berechtigt ist, und 2) daß die Arbeiter mit größter Mäßigung auftreten. Doch— da« ist eS ja gerade: Staat und Gesellschaft sind deshalb nur in um so größerer Gefahr! — Vom Parteigenossen L. Eckstein geht un« folgende Erklärung zu: Da mau sich auf mich berufen hat, um die Anklage auf Unterschlagung gegen Oehme zu stützen, so erkläre ich hiermit, daß diese Anklage vollständig unbegründet ist, und daß da« an- geblich der Genossenschaftsbuchdruckerei Hinterzogeue Geld im Ge- schäft vorhanden war und jeden Moment erhoben werden konnte. Die Münchener Behörden wollten aber nicht. E« sollte «ben ein Sozialdemokrat moralisch todtgeschlagcn werdeo. De üben bei Dresden , den 2S. Juni. L. Eckstein. — Auf erhobene» Einspruch verhandelte da» Berliner Kammergerickt am 26. Juni in dem Prozesse wider die Lei- terinnen de« Berliner Arbeiter-Frauen- und Mädchen- Verein« wegen Uebertretung de« VereinSgesetze«. Mit einigen Modifikationen wurde da» Urtheil der ersten Instanz bestätigt, wonach die beiden Präsidentinnen und die Schriftführeriu zu je 66, resp. 30 Mark verurtheilt sind. Eine Frau Müller wurde freigesprochen. Daß diese sozialistisch gesinnten Frauen durch das richterliche Veto der Arbeiterbewegung nicht verloren gehen, braucht Wohl kaum erst erwähnt zu werden. — In dem Prozeß P e tz o l d und K ay s e r zu D r e«d e n wurde Dien«- tag den 21. d., in der geheimen Hauptverhandlung, welche vor ü Uhr Morgen« bis Nacht« 10»/- Uhr dauerte, folgende« Urtheil gefällt. Petzold ist wegen MajcstätSbeleidigung, Beleidigung de« Fürsten Bismarck, de» preußischen Iufiizminister», de» preußischen Richtcrfiande«, de« Staatsanwalt« zu Halle, der hiesigen königl. Polizeidirection zu einer Gefängnißstrase von IV> Iahren verurtheilt, von der 2 Monate al« durch die UntersuchungShaftverbüßt abge- rechnet, und die 3 noch zu verbüßenden Monate hineingerechnet werden. Kayser ist wegen Beihülfe zu zweimaliger BiSmarckbelei- digung und Beleidigung de« Staatsanwalts zu Halle mit drei Monat 14 Tagen, in die noch 4 zu verbüßende Wochen Ge- fäugniß wegen Beleidigung de« OsfizierstaudeS hcreingerechnet werden, bestraft. Petzold wurde serner verurtheilt, die Hälfte, Kayser ein Viertel der Kosten zu tragen, während ei» Viertel auf die Staatskasse übertragen wurde. Gewerksgenossenschaftliches. Gewerkschaft der Schuhmacher. Mttkhei« a. d. R., 26. Juni. Das hiesige BerkehrSlokal für Schuhmacher befindet sich bei Ww. Ernst Dinsing im Kohlenkamp. Reife-llnterstützung wird ausgezahlt bei Jean Zinkhan, Bach- straße 46, Hinterhaus. Allgemeiner deutscher Schiffszimmerer- Verein. Kumbnrg. Auf der in diesen Tagen stattgehabten General- Versammlung sind die Anschuldigungen, welche von den ehemaligen Mügliedern der Control-Commisston Brandt, Leo und Kruse gegen den VereinSoorstand erhoben waren, eingehend geprüft«or- den. Es hat sich dabei herausgestellt, daß von Brandt, Leo und Kruse Zahlen veröss-ntlicht wurden, welche mit dem letzten Rech- vuugSjahre gar nicht« zu thun hatten, sondern sich auf frühere Verwaltungsjahre bezogen. Selbstverständlich wurde dadurch da» Verfahren der genannten drei Herren schon von vornherein al» ein unverantwortliche« klargestellt. Statt der behaupteten 903 M. 60 Pf. sind nur 190 Mark für sämmtliche Verwaltungssachen während der Zeit, in welcher H. Groß al« Vorsitzender fungirte, | verausgabt worden. Die« allen Genossen zur Notiz. Im Austrage der Generalversammlung: A. Kaht. Gewerkschaft der Tischler. Nerki «, 26. Juni. Es wird hiermit zur Kenntniß gebracht, baß den Collegen in Osnabrück von ihren Arbeitgebern ein neuer Accordtarif für Bau- und Möbel-Arbeit vorgelegt worden ist, worin so erhebliche Abzüge stattfinden, daß eS nach dortigen Berichten nicht möglich ist, dabei da» trockene Brod zu verdienen. Da sich nun die dortigen Collegen die« nicht gefallen lassen können und wollen, und e« ohne harten Kamps nicht abgehen Wird, so fordere ich hiermit dringend auf, den Zuzug von OS- üabrück ganz entschieren fern zu halten. W. Schmitz, Vorsitzender. GewerkSgenosscnschast der Manufaktur-, Fabrik- und Hand- arbeitcr beiderlei Geschlechts.(Sitz Weimar ). Augsburg . Angesichts der für Braunschweig als Ort zur Ab- Haltung der Generalversammlung stimmenden Mehrheit der Mit- Weicheubach, 27. Juni. Nachdem das Camphausen'sch: Sparsystem zur Hebung der Industrie im preußischen Abgeordnetenhaase von verschiedenen Seiten offene und stille Misbilligunz erfahren, hätten wir nicht vermuthet, daß dasselbe seine Wurzeln bi» zu uns ausbreiten würde, uud zwar hauptsächlich, weil unsere Fabrikauteu sehr human, sehr liebreich:c sind. Sie geben viel und gern: bei öffeutlichen Sammlungen für Unglücksfälle, sie geben viel zu Christ- bescheerungen für Arme und Dürftige, sie gebe» zur Unterstützung für arme Confirmanden, wenn auch böse Zungen bei Diesem oder Jenem da» Sprüchwort anwenden:„Einem geschenkten Gaul steht man nicht in« Maul", sie geben zur Unterhaltung der Kleinkinder- bewahranstalt, uud außerdem macht dieser oder jener dieser Herren seinen Arbeitern mitunter einmal eine besondere Christbescheerung oder er giebt ihnen bei Anlaß eine« Familienfeste« einen Schmau», wofür sich dann diese im Lokalblatt groß und breit allergehorsamst bedanken. Wer nach solchen Borgängen sagen wollte, unsre Herren Fabrikanten seien nicht human, der würde freveln. Um so mehr wird e« ab:r gerechtfertigt erscheine», wenn man sich über den Einzug Camphausen« bei un« sehr wundert! Aber jede Sache hat zwei Seiten, und wir wollen auch nicht voreilig ungerecht sein, wollen sehen, ob das Sparsystem durch Lohnabzüge zur Hebung der Industrie nothweadig ist. Und da finde» wir zuerst, daß ein Fabrikant den alten Spulweibern, deren Nahrung Cichorie und Kartoffeln oder trockene« Brod ist, an 200 Zahlen(strähnen Garn) 1 Nzr., sage einen Neuzroschen abzog. FluzS schnellte die hiesige Industrie ein große« Stück in die Höhe! Em anderer zog auf 131 Ellen 105 Pf. ab, da schnellte sie schon wieder etwa« höher, und so ging e« verschiedenartig fort, so daß die Abzüge 10 bi« 13 und noch mehr Prozente betragen. Hierbei wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß sich bi» j-tzt nur erst die wenigsten unserer Herren Fabrikanten zur Höhe diese« Kulturkampfes er- hoben habe». Aber fast wären wir von der Haupssache abgekom- men, nämlich ob und wie durch die Lohnabzüge die Industrie ge- hoben wird, und da hatten wir Gelegenheit, folgende Meinung zu hören. Es hatte uämlich einer der H:rreu, und unsere« Wissen« der erste Schüler CamphausenS, seine Lohnabzüge damit zu entschul- digen gesucht, daß er keiue Aufträge habe, obgleich in seiner Fabrik die Arbeitszeit eine halbe Stunde ftüher beginnen mußte, und al« man ihn fragte, ob er durch Herstellung billigerer Waare mittelst der Lohnabzüge Aufträge erlangen und auch billigere Angebote machen werde, antwortete er:„Ich werde mich hüten". In diesen Worten liegt der Schlllssil zum ganzen Rathsel. Unsere Fabrikanten haben seit 1366 eine Periode gehabt, wie sie vor der Zeit nie dagewesen sein mag, woher hätten ste sonst so schnell und so gewaltig reich werden können? Uud da da« Geschäft jetzt nicht mehr so ungeheuer riesig geht, wollen sie sich durch Lohnabzüge einigermaßen entschädigen. Freilich, e« mag eine s chönc Sache sein, wenn in einem Comptoir so und so viele Arbeiter wöchentlich ab- liefern, und e« werden jedem 10 bi« 15 Ngr. abgezogen. Woher käme sonst dieser Lux«», dieser Ueberfluß, ja man kann sagen, die Verschwendung, die da einerseits herrscht, gegenüber der Noth, dem Mangel am Nöthigsten, diesen Klagen-e. andererseits!? Ja, wenn die« Herr Camphausen mit ansehen könnte, e« würde ihm da« Herz im Leibe lachen.— Wir aber werden, dem Grundsatz huldigend:„Ehre dem die Ehre gebührt", Diejenigen, welche sich in die Camphausen-Schule so gut hineingesunden, mit Namen in diesen Blättern zur öffentlichen Kenntniß bringen und auch die befreundete Presse um Aufnahme«suchen, damit sie möglichst zur allgemeinen Kenntniß kommen, vor Allem aber um Herrn von Camp- hausen die Möglichkeit zu sichern, sie recht bald mit stattlichen Orden zu decoriren. Weininge». ArbeiterdildungSverein. Wohl könnte mancher Parteigenosse denken, die hiesige Bewegung sei vcr- gangenen Herbst in Rauch und Flammen aufgegangen, da de Nachrichten von hier so spärlich fließen, indeß wir sind nicht allen Schuld, denn als vorige« Jahr am 25. Juli Herr Bahlteich seinen 2V, stündigen ausgezeichneten Vortrag über„die Sozial- demokratie und die Stellung der deutschen Arbeiter- partei" hielt, brachte dieser unsere Bourgeoisie solchermaßen in Angst und Schrecken, daß ste e» sofort für nöthig fand, zunächst den Wirth, der seinen Saal hergegeben hatte, damit zu strafen, daß dem Militär der Besuch diese« Local« verboten wurde, obgleich wir unser BereioSlocal wo ander« hatten, und nur der Bildung?- verein, bestehend au« der Bourgeoisie dort sein Domicil aufgeschlagen hatte. Doch mit der Maßregelung de« Wirthe« noch nicht zu- frieden, fanden et diese Herren in ihrer Augstmeierei für gut, die Gründung eine» reichSsrcundlichen Verein« zu empfehlen mit dem Motiv, da« ich nur dem ungefähren Sinn nach wiedergeben kann. C« sei dringend nöthig, daß sich alle Reichsfreunde organisirten, da von der kleinen, aber gut organisirten und zähen sozialdemo- kratischen Partei da« Schlimmst- zu befürchten sei. Dieser Verein sollte Ansang« September konstitnirt werden, doch da kam der große Brand, und die reichsfreundliche Idee ging in Feuer und Flammen aus und ist nun wahrscheinlich mit der Asche und dem Schutt abgefahren worden. Die kleine zähe Partei der Reichsfeinde aber besteht heute noch, hat sogar seit Neujahr wieder ein feste« Lokal. Obwohl wir im Anfang de» neuen Jahr» nur noch acht Mit- glieder zählten, haben sich diese wieder ziemlich vermehrt. Auch eine Ge- werkschaft der Schuhmacher ist in Thätigkeit auf beruflichem Ge- biete getreten, auch die Tischler regen sich, einen Tischlervcrein zu gründen, um mehr Lohn erzielen zu können. Dieselben hielten am 24. Mai zu diesem Behufc eine Versammlung ab, wozu auch ich und noch zwei Freunde eingeladen waren. Nachdem der Vorstand organisirt war, eröffnete der Vorsitzende Brockmann, Tischler au « Pommern , die Versammlung und ertheilte zunächst Herrn Blume, Tischler au« Danzig , da« Wort. Dieser bedauerte, daß die Ver- sammluag nicht besser besacht sei, erklärte sodann, daß die hiesizea Tischlergehülfcn mit dem Lohn, den sie bi« jetzt erhielten, nicht auskommen könnten, da der höchste Satz 1 Fl. 30 Kr.— 2 Mk. 57 Pfz. betrüge. Er stellte solchem Verdienste die HauShaltungS- rechnung eine« Arbeiters gegenüber, woraus ersichtlich war, daß der- selbe noch 60 Pfg. pro Tag übrig behielt. Nach diesem Küchenzettel zu leben, ist allerdings em Kunststück! Die Anwesenden wurden zur Gründung eines Vereins und zu fester Ausdauer sodann aufgefordert. Die Hauptsach: seineö ganzen Vortrags aber war, daß er wiederholt versicherte, daß sie nich'.S mit der Sozialdemo- kratie gemein hätten und auch nichts damit zu thun haben wollten, überhaupt nicht nach diesem Prinzip verfahren wollten u. s. w. Wahrscheinlich geschah dies, um die im Nebenzimmer anwesenden Herrn Meister zu beschwichtigen. Nach Blume erhielt ich daS Wort. Ich bekannte mich zunächst offen als Sozialdemokrat und .suchte sodann nachzuweisen, wie der AcbeitSmarkt d. h. Anzebst und Nachfrage sich regeln, und wie namentlich die in den letzten Jahren bewirkte Steigerung der Arbeitslöhne nach den Rathschläqen des Herrn von Camphausen wieder abgethan werden sollte. Ich war eben daran, durch Zahlen nachzuweisen, was eine Familie von fünf Personen nach den heutigen Lebensmittelpreisen brauche, aber da fing auch der Staat an, in seinen Grundfesten zu wackeln' er mußte gerettet werden. Der StaatSretter war nicht weit. Der Polizeidiener, der die Versammlung überwachte, hatte zwar an meinen Ausführunzeu, wie e« schien, nichts auSzusetz-n: Herr Blume aber unterbrach mich, al» ich da« Camphausensche R-zept erwähnte und verlangte„Wahrheit!" Ein Zeichen, daß derMa»n gar nicht? kannte. Da plötzlich stürzte mit wildem Grimme zur Thür herein der StaatSretter, und zwar in der Gestalt de« de« Lokal-Wirth-S, Herrn Christian Reiuer, vormal« Hau»- kaecht»Uns Stiefel» und Wagenputzer im Sächsischen H of dahier. Indem er de« Borsttzenden sehr scharf zusetzte, machte er einen Heidenlärm; ja ich glaube, er hätte sich lieber gleich auf mich gestürzt und seine HauSknechtSnawr spiele» lassen Da ich aber sah, daß e« nicht möglich sei, weiter zu sprechen, verließ ich mit folgender Bemerkung den Saal:„Da ich sehe, daß Herr Reiner nicht zur Ruhe kommen kann, so lange ich anw-send bin und da wir Sozialdemokraten nach unserem Prinzip zu friedliebend der Natur sind, will ich lieber gehen." Doch damit noch nicht zufrieden, wollte«einer un« auch noch durch den Polizeidiener au« dem Garten bringen lassen. Die» war allerdings nicht so leicht, und mußte der Polizist unverrichteter Sache«jeder abaeheu Wir tranken ruhig unser Bier au« und verfügten un» in unser BereinSlokal, wo wir eine Erkläruag abfaßten, um dem tapfer« Gastwirth und StaatSretter etwaige» Lügen zu vereiteln, da wir befürchteten, daß er, wie er schon einmal g-than hat, auSsprenaeu werde, er habe unS hinauSz-worf-n! Nun, d-S Lügen ist ja wohl- feil, doch di-s-Smal sollte eS nicht so billig werden. Anderen Tag» erschien der Thatbestand im Tageblatt und da« Ende vom Liebe war, daß die Tischler in unser Lokal zogen. Sie hatten also den Abscheu vor den Sozialdemokraten überwunden. Am 27 Mai wurde da eine zweite Versammlung abgehalten. Auch hier betonte Herr Blume wieder sehr stark, daß sie nicht» mit den Sozial- demokraten zu thun hätten;„wie wollen keinen Verein gründen sagte er, wo man nur den Vergnügungen nachgeht, und wo jeder Mistgab-lgeselle ausgeaommeu wird, sondern einen Verein, mit dessen Hülse die Lage der Tischler verbessert werden kann."<S; fordert- die Anwesenden deshalb zur Einigkeit auf, um so das große Werk der deutschen Einigung, welche durch den heiligen Krieg her- gestellt worden, und an dem auch er mitgeholfen und seine Brust den feindlichen Kugeln ausgesetzt habe. Er erläuterte dann noch den Entwurf der Statuten, machte Vorschläge hierzu, fügte bezüä- lich der Anerkennung derselben von Seiten de» Magistrats d»e Bemerkung bei, daß der Herr Oberbürgermeister, ein sehr kluger Mann, mit einer sehr liberalen Gesinnung, gewiß den Absichten, welchen in den Statuten Ausdruck gegeben werden sollte, gerne Vorschub leisten werde. Ich suchte indeß den einzelnen Mitgliedern die Sache klar zu legen, und forderte sie namentlich auf, doch lieber eine Mitgliedschaft der Holzarbeiter- Gewerkschaft zu gründen, wa« mir auch theilweise gelang, so daß ich ersucht wurd:, die Statuten her- b-izuschaff-n, wa« bereits geschehen ist. Wir haben alle Hoffnung die Organisation durchzubringen, denn selbst Blume gab in der letzten Versammlung die Erklärung ab, daß er sich sehr geirrt und uns vollkommen verkannt habe. Trotzdem nun Blume vorher erklärt hatte:„wir wollen nicht» mit den Sozialdemokraten zu thun haben," so hinderte di-s-S doch Herrn Zimmermeister Ernst Hofmann, Mitbesitzer der Dampfmühl- von Hosmaau & Hetzolt, in welcher Anstalt Tischlerei, GlaSmaler-i, Spinnerei zc getrieben wird, nicht, seine beiden besten Tischler sofort außer Ar-' beit zu schicken, weil sie Sozialdemokraten wären.*) Hofmanu war einer von den drei Meistern, welch- während der Staat«- retterei am 24. Mai im Nebenzimmer saßen, und dieser wackere Reich»- und Arbeiter-Freund soll, nebenbei bemerkt, im Dienste de« König « GambrinuS bereit» in sehr hohen Würden stehen Die Hetzjagd der Spießbürger ist hier eine viel schlimmere als die der Polizei und e« thut wirklich Roth, daß mehr Aufklärung unter die Arbeiter und Handwerker hier kommt, namentlich da j-tzt der ab» gebrannte Stadttheil wieder aufgebaut wird und gegenwärtig so gegen 1200—1500 Bauarbeiter aller Art hier arbeiten. Unter diesen gibt et nun auch eine gute Portion Belgier, Italiener und Franzosen , welche ihrer sozialen Stellung nach den Kuli« sehr nahe kommen. Sie wurden truppweise hierher gebracht und werden meisten» zur Backsteinfabrikation uud Erdarbeiten verwandt E« ist j-tzt zwar viel Arbeit, aber im Berhältniß zu den Leben«- Mitteln und Miethpreifen ist der Lohn nach ein sehr geringer, durchschnittlich im höchsten Anschlag 25 Sgr. täglich. So arbeitet Mancher, um nur irgend etwas Entsprechendes zu verdienen, im Akkord von 4—5 Uhr Morgen« bi» 8-9 Uhr Abend», und wer diese« ändern will und darüber spricht, da» ist ein böser Sozial- demokrat, der nicht haben will, daß sich die Herrn Meister zum Frühstück in» WirthShauS setzen, während sie doch zu ihren Arbei- t-rn in die Werkstatt gehören. Wann werden die Arbeiter endlich rechnen und die Ursachen de» ehrenen Lohngesetze« begreifen lernen!? Ich hoff- von jetzt ab, mehr über die hiesigen Verhältnisse berich- ten zu können, und hoffentlich immer Günstiger-« betreff» Fortgang« unserer Bewegung. I. G. Gütte. Augsvurg. Da unsere Gesinnungsgenossen vielfach Polizei- sicher S-lt« daran gehindert werden, die Kosten der Versammlungen durch die Anwesenden selbst, mittelst sogenannter Tellersammlung, aufzubringen, sehen wir un» veranlaßt, ein diesbezügliche« Er- kenntniß der Oeffentlichkeit zu übergeben. Der Unterzeichnete hielt bei Gelegenheit der letzten Reichstag «- wähl in dem nahen Fcicdberg eine Versammlung ab uud forderte am Schlüsse seiner Rede die Anwesenden auf, zur Deckung der Kosten, welche die Versammlung verursacht, freiwillig etwa« bei- zusteuern. Einige Wochen später brachte dem Unterzeichneten ei» GerichtSvollzieher-Gehilfe eine Strafoollziehung in« Hau»,„wegen unerlaubter G-ldsammlung". Unterzeichneter zahlte nicht«, und wandte sich beschwerend an das Landgericht Fried berg. Die ver- Handlung allda ergab die Bestätigung der Strafverfügung. Nu» ging'« an das Bezirksgericht Aichach . Auf den Rath eine» vor- tigen sehr humanen Rechtsanwalt« sandte Unterzeichneter seine Vertheidigung schriftlich an da« dortige Bezirksgericht und berief sich auf ein diesbezügliches oberrichterliche« Urtheil vom 4. Mai 1872(enthalten in den Sammlungen von Entscheidungen de« obersten Gerichtshöfe» in Gegenständen des Strafrechts-Prozesse« II. Band, 2. Heft, Seite 131), wonach ganz derselbe Fall für straffrei erklärt wurde. DaS Resultat war folgende« freisprechende Erkenntniß: „Im Namen Seiner Majestä' deS Königs von Bayern erkennt das kgl. Bezirksgericht Aichach in Sachen Beschuldigung ') Herr Hofmann suht jetzt auch in den Zntungen einige Älaserge- sellen bei hohem(!?) Lohn— wie gewöhnlich!—
Ausgabe
7 (2.7.1875) 74
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