Aeitage zu Mr. 77 des„MoNsßaat"Antwort an de« Bekenner des TheismnS.Bon A. Douai.Der Bekenner des TheiSmuS im Sprechsaal der„Concordia",welcher meine Herausforderung angenommen hat, bringt seine ersteEntgegnung in den Nummern 13—19 dieses Jahrgangs.Wollte ich dieser Entgegnung Satz für Satz folge», wie eSeine genaue Widerlegung verlangt, so würde dies bei der Längederselben ein Büchlein erfordern, so daß weder der„Bolttstaat"den Raum dazu gewähren könnte, noch seine Leser die von Nummerzu Nummer gespannte Aufmerksamkeit und Erinnerung an dasVorhergegangene aufbieten könnten, um zu verstehen, worum eSsich überall handelt. Ich muß mich streng auf daS Nothwendigsteder Berhaudlung beschränken, damit sie für Diejenigen vollkommenklar werde, welche gelehrten Tiefieleien in größerer Ausdehnungnicht folgen können und doch da» größte Interesse an dem Ver-ständniß unserer wichtigen— der allerwichtigsten Streitfrage haben,die eS überhaupt geben kann.Ich hatte in meinem„ABC des Wissen«":c. behauptet, daß,wenn es einen Gott gebe, dieser dafür gesorgt habe, daß wir vonihm nichts wissen können, also nicht wolle, daß wir uns um ihnim mindeste» kümmern sollen, sondern vielmehr leben sollten, al»wenn eS keinen gebe. Dies ist, waS der Gegner bestreitet.Machen wir uns zuvörderst klar, was mein Satz bedeutet.Ich hatte 1. keineswegs behauptet, es gebe keinen Gott. Im Gegen-theil hatte ich am Schluß meiner letzten Einsendung(Nr. 149 des„Volks-staat" v. vor. I.) ausdrücklich erklärt, daß an dem Vorhandensein eine«Absoluten oder Unbedingten, oder Unendlichen, welche« allem End-lichen zugrundeliege, vernünftigerweise ein Zweifel nicht obwaltenkönne. Ich hatte dagegen 2. erklärt, daß das, wa« gewöhnlichGott genannt werde, also ein mehr oder weniger menschenähnlichgedachtes Wesen, welches Schöpser des All», Weltenlenker, einliebender Vater aller Wesen sei, welches unsere Gebete erhöre, sichuns offenbare, seinen Willea uns zum Gesetz mache, und in dessenNamen man uns schwere Bürden auferlege, allerdings im Wider-spruch mit allen unseren festgestellten Erkenntnissen sei. Ich hatte3. auseinandergesetzt, daß Alle», was man aus dem Vorhanden-ein eines Absoluten folgern wolle, unS in unauflösliche Wider-prüche verwickele, weil unser Erkenntnißvermögen so eingerichtet-i, daß wir nicht« UeberstnnlicheS erkennen können. 4. Darau«hatte ich gefolgert, daß der angebliche Einrichter unseres Erkennt-nißvermögens nicht gewollt haben könne, daß wir un« um ihnkümmern sollten. Denn bei seiner vorausgesetzten Allmacht hätteer sich uns offenbaren können; bei seiner vorausgesetzten Weisheitund Baterliebe hätte er unserer Sehnsucht nach ihm eine Offen-barung gewähren müssen. Solch eine allen Menschen zugänglicheOffenbarung gebe e« aber schlechterdings nicht.Mein Gegner bestreitet die Sätze 1 und 3, soviel ich sehenkann, gar nicht, wohl aber die Sätze 2 und 4, und versucht denGegenbeweis. Im Wesentlichen ist eS nur ein Argument, dessener sich hierzu bedient, und welches er von Kant entlehnt,«eil ichselbst mich(allerdings bloS nebenher) auf diesen„besonnensten allerPhilosophen" berufen hatte.Ich kann nicht umhin, die ganze Stelle au« Kaut'S„Kritikder reinen Vernunft", welche der Gegner anführt, ebenfalls hier-her zu setzen und meine Widerlegung au dieselbe zn knüpfen, nichtnur weil sie den Hauptgedankenganz de« Gegner« enthält, sonder»weil dieser durchblicken läßt, ich hätte nicht ehrlich gehandelt, wennich meinen Lesern den Glauben beibringe, Kant sei ei» Atheist in«einem Sinne gewesen. Da ich von Kant nur nebenbei sprach,und da größte Kürze bei meiner AuSeinandersetzuug geböte» war,so hatte ich allerdings nicht für nöthig gehalten, merue Leser wissenzu lassen, daß dieser kritische Veruichter aller Beweise für GottesDasein de» GotteSbegriff zur Hiuterthür wieder hereingelassen hat,wie e« vor hundert Jahre» ganz natürlich war. Ich bitte dieLeser, ja recht aufmerksam und wiederholt zu lesen, wa« Kantsagt:„Wenn die menschliche Natur zum höchsten Gute zu strebenbestimmt ist, so muß auch da» Maß ihrer Erkenntnißvermögen,vornehmlich ihr Verhältniß unter einander, al« zu diesem Zweckeschicklich angenommen werden. Nun beweiset aber die Kritik derreinen spekulativen Vernunft die größte Unzulänglichkeit derselben,um die wichtigsten Aufgaben, die ihr vorgelegt werden, dem Zweckeangemessen auszulösen, ob sie zwar die natürlichen und nicht zuübersehenden Winke eben derselben Vernunft, ingleichen die großenSchritte, die sie thun kann, nicht verkennt, um sich diesem großenZiele, das ihr auSgesteckt ist, zu nähern, aber doch ohne e» je-malS für sich selbst sogar mit Beihülfe der größten Naturkenntnißzu erreichen. Also scheint die Natur hier unS nur stiefmütter-lich mit einem zu unserem Zwecke benöthigten Vermögen versorgtzu haben.„Gesetzt nun, sie wäre hierin unserem Wunsche willfährig ge-wesen, und hätte unS diese Einsichtsfähigkeit oder Erleuchtung er-th-ilt, die wir gerne besitzen möchten, oder in deren Besitz einigewohl gar wähnen sich wirklich zu bestnden, was würde allem An-sehen nach wohl die Folge davon sein? Wofern nicht zugleichunsere ganze Natur umgeändert wäre, so würden die Neigungen,die doch allemal daS erste Wort haben, zuerst ihre Bcfriediguugund, mit vernünftiger Ueberlegung verbunden, ihre größtmöglicheund dauernde Beftiedigung unter dem Namen der Glückselig-keit verlangen; da« moralische Gesetz würde nachher sprechen, umjene in ihren geziemenden Schranken zu halten und sogar sie alleinSgesammt einem höhereu, auf keine Neigung Rücksicht nehmendenZwecke zu unterwerfen. Aber statt deS Streit«, den jetzt die mora-tische Gesinnung mit den Neigungen zu führen hat, in welchemnach einigen Niederlagen doch allmälig moralische Stärke der Seelezu erwerben ist, würde« Gott und Ewigkjeit mit ihrer furcht-baren Majestät uu« unablässig vor Augen liegen(denn wa« wirvollkommen beweisen können, gilt in Ansehung der Gewißheit unssoviel, al« wovon wir un« durch den Augenschein verstchem). DieUebertretung de« Gesetze» würde fteilich vermieden, da« Gebotenegethan werden; weil aber die Gesinnung, aus welcher Handlungen geschehen solle», durch kein Gebot mit eingeflößt werdenkann, der Stachel der Thätigkeit hier aber sogleich bei der Handund äußerlich ist, die Vernunft also sich nicht allererst empor-arbeiten darf, um Kraft zum Widerstande gegen Neigungen durchlebendige Darstellung der Würde de» Gesetze» zu sammeln» sowürden die mehrstcn gesetzmäßigen Handlungen au« Furcht, nurwenige au« Hoffnung, und gar keine au« Pflicht geschehen, einmoralischer Werth der Handlungen aber, worauf doch allein derWerth der Person, und selbst der der Welt in den Augen derhöchsten Weisheit ankommt, würde gar nicht existireu. Da« verhalte» der Menschen, so lange ihre Natur, wie sie jetzt ist, bliebe,würde also in einen bloßen Mechanismus verwandelt werden, wowie im Marionettenspiel alles gut gestikuliren, aber in denFiguren doch kein Leben anzutreffen sein würde. Nun, da eS mitun« ganz ander» beschaffen ist, da wir mit aller Anstrengungunserer Vernunft»ur eine sehr dunkle und zweideutige Aussichtin die Zukunft haben, der Weltregierer un« sein Dasein und seineHerrlichkeit nur muthmaßen, nicht erblicken, oder klar beweisenläßt, dagegen daS moralische Gesetz in un», ohne un» etwa» mitSicherheit zu verheißen oder zu drohen, von un» uneigennützigeAchtung fordert, übrigen« aber, wenn diese Achtung thätig undherrschend geworden, allererst alsdann und nur dadurchAussichten in's Reich deS Uebersinnlichen, aber auch nur mitschwachen Blicken erlaubt: so kann«ahrhaft sittliche, dem Gesetzeunmittelbar geweihte Gesinnung stattfinden, und daS vernünftigeGeschöpf deS AntheilS am höchsten Gute würdig werden, daS demmoralischen Werthe seiner Person, und nicht bloS seinen Hand-luvgen angemessen ist. Also möchte eS auch hier wohl damit feineRichtigkeit haben, was uns daS Studium der Natur und desMenschen sonst hinreichend lehrt, daß die unerforschliche Weisheit,durch die wir existiren, nicht minder verehrungswürdig ist indem, was sie un« versagte, al» in dem, waS sie un« zuTheil werden ließ."Soweit Kant. Man sieht, daß dieser durch seine sittliche Be-geisterung und kritische Schärfe bedeutendste und wirkungsreichstealler Philosophen nicht auf Seiten meine» Gegner» steht, sondernauf der meinigen. Denn der verblaßte Schatten eines Gottes,den er noch auftecht erhält, hat mit dem gewöhnlichen Gottes-begriffe so wenig gemein, daß wir ihn ohne Heuchelei ebenfallsbekennen könnten. Dieser Gott der Philosophen ist ebensogut al»der meiuige der Todfeind aller Offenbarung. Er mag, er darfsich und seinen Willen den Menschen nicht offenbaren, um ihresittliche Freiheit nicht zu zerstören, um sie nicht zu„Marionetten",ihre Handlungsweise nicht zu einem„Mechanismus" zu machenund alles moralischen Werthe»(der bei Kant mit„Werth derWelt" gleichbedeutet) zu berauben. Wenn der Kant'sche Gott nichteinmal eine natürliche Offenbarung gestatten kann, die durch mensch-liche Vernunft entstünde, ohne unsere Freiheit, also unfern ganzenmoralsschen Werth zu zerstören: wie viel weniger kann er emeübernatürliche durch einen Gottessohn und sei» geschriebene» Evan-gelium gestatten, welche durch Priester ausgelegt, und deren Wohl-that durch Glauben von vornherein erkaust werden muß! Wiekann ein gläubiger Christ, welcher ja doch mein Gegner sein will,diese Kant'sche Stelle für sich in'» Feld führen wollen I AuSStellen wie diese ergiebt sich, daß Kant, wenn er später in seiner„Kritik der praktischen Vernunft",(um die Anklage de» Atheismusvon sich abzuwehren, die seinem folgerechtesten Schüler Fichte sonachtheilig wurde) den GotteSbegriff für nothwendig erklärt, umeinen Stifter einer sittlichen Weltordnung und eine Stütze fürunsere Sittlichkeit zu habe»,— daß Kant nicht über den Gesicht«-krei« seiner Zeitgenossen hinaus konnte.Denn Kant irrt in Obigem, wenn er im Interesse der mensch-lichen Willensfreiheit e« weise eingerichtet findet, daß Gott un«seines Daseins und Willen« nicht gewiß gemacht habe. Denndarau« würde mit unerbittticher Nothwendigkeit folgen, daß erauch da« Entstehe» jeder angeblich geoffenbarteu Religion hätteverhüten müssen. Diese legt ja der Freiheit einen veroichteodeuZwang auf. Der Offenbarungsgläubige glaubt viel eher dem,wa» ihm die Priester lehren, al« dem Zeugniß seiner Sinne undErfahrung; er glaubt gar Manche«,„eben weil e« unsinnig, jaunmöglich" ist. Und au» diesem Zwange kommt er niemals her-au«; denn so lauge er dem geoffenbarten Willen Gotte« entgegenhandelt, lähmt der Alpdruck der Furcht vor der für unauSblelblichgehaltenen ewigen Strafe das Entsteh» der Liebe zum Guten au«eigener Werthschätzung. Sobald er aber einmal„die Vernunftganz gefangen genommen hat unter dem Gehorsam Christi", undim vermeintlichen Besitze„der Freiheit der Kinder Gotte» ist",handelt nicht mehr er selbst, sondern Gott durch den heiligen Geistin ihm. Deshalb kommt ja der wahrhaft Gläubige nie zu demBewußtsein eigenen Verdienste», wenn er gut handelt, und eigenerSchuld, wenn er böse handelt. In jenem Falle hat Gott, indiesem der Teufel durch ihn gehandelt, der ohnehin durch dieErbsünde von der Geburt auf von ihm Besitz genommen hat.In jenem Falle ist sein Freisein von Sünde Werk der göttlichenGnade, welche auch sein Erkenntnißvermögen soweit verbessert, daßer sich«un für wirklich frei hält; in diesem Falle ist sein Ge-bundensein an die Sünde Werk de» vorausbestimmten Fluches vonAdam her. Sein Hinundherschwankcn zwischen Gott und Teufelhat bloS den Zweck, in ihm die Todesangst vor ewiger Verdamm-niß und die Sehnsucht nach ewiger Seligkeit zu erwecken.Kant hätte von Gott und seinem Willen überhaupt gar nichtreden, geschweige denn dessen Weisheit vertheidigen dürfen. ZurStrafe dafür, daß er'« dennoch thut, verwickelt er sich in den un-auslöslichen Widerspruch, die Möglichkeit einer Offenbarung aner-kennen zu müssen, welche da« Wesen der Freiheit aufhebt, obschonsie ihm soviel werth ist. Er vergißt, daß e« für unser endliche«Erkenntnißvermögen eine unverzeihliche(wenn auch noch so wohl-gemeinte) Anmaßung ist, Gotte«, de» schlechthin Unerkennbaren,Willen und Weisheit rechtfertigen zu wollen, gleich als hätte er inseinem Rathe gesessen, eine Anmaßung, welche sich noch immer durchVerfallen in unlösliche Widersprüche gerächt hat.Und hier müssen wir zum dritten Male unserem Gegner bc-merklich machen, daß da»„ABC" nirgend» von einer bloßen„Un-gewißheit des Dasein» Gotte«" gesprochen hat, sondern überallnur von einer unbedingten Unmöglichkeit, da« Mindestevon Gott zu erkennen. Wir haben sogar ausdrücklich abge-lehnt, mit ihm über die„Ungewißheit de« Dasei«« Gotte«" zuverhandeln, welche» ein ganzer schiefer Ausdruck unsere» Stand-punkte» wäre. Trotzdem giebt der Gegner vor, der streitige Satzsei in unsere eigenen Worte gefaßt, und seine ganze Wider«legung richtet sich nur gegen etwa», wa« wir gar rncht behauptethaben, eben die„Ungewißheit de« Dasein« Gotte«." Wenn wirdiese behaupteten, so geständen wir ja von vornherein theilweisezu, wa« der Gegner haben will. Denn eS kann etwa« ungewiß,und doch wirklich sein; wer aber die Unmöglichkeit der Erkennt-niß von irgend etwa« behauptet(und ich habe dieselbe bezüglichGotte» sogar bewiesen), der läßt dieses Elwa» weder ungewiß, nochgewiß sei», sondern gesteht Niemandem ein Recht zu, davon etwaSal« begründet auSzusaaen. Wir haben diese Unmöglichkeit aufmehrfache Art(im„ABC") bewiesen, nämlich auS dem Entstehenaller unserer Begriffe, au« der Unmöglichkeit, da« Dasein eine«Etwa» ander« al» durch SinneSersahrung zu beweise», au« derWerthlostgkeit aller abstrakten Begriffe, soweit ihnen keine Ersah-rung zu Grunde liegt, und au« einer Menge von Widersprüchen, inwelche unS der Versuch stürzt, au» abstrakten Begriffen etwa» zufolgern. Hat der Gegner sich an einen einzigen dieser Beweis-gründe gewagt?— Nein. Sind wir also nicht der Nothwendig-reit enthoben, aus seine Entgegnung einzugchen?— Gewiß. Wennwir eS thun, ist es nur unserer Leser halber. Der Verfasser de«„ABC" ist seine» Wissen« der Erste, der den wissenschaftlichenNachweis geliefert hat, und zwar in allgemein verständlicher Sprache,daß alle Versuche, da« Uebersinnliche zu erkennen, al« schädlich zuverurtheileo sind. Um e« durch ein Bild noch verständlicher zumachen: wenn eS erfahrungsgemäß feststeht, daß noch Niemandden„Schleier de« Bilde« zu SaiS" ungestraft zu lüften versuchthat, weil Wahnsinn als Strafe darauf folgt, so ist eS Thorheit,den Schleier lüften zu wollen, und Taschenspielerci, zu behaupten,man habe etwa« dahinter entdeckt, was blo» diejenigen wüßtenund fühlten, die eS ebenso gemacht. Ich wähle den AusdruckTaschenspielerei, weil der andere„Charlatanerie" einen Gegnerbeleidigen könnte, dem vielleicht noch zu helfen ist.DaS Bild vom Lüsten deS Schleier« hat folgende Bewandniß.Die Gläubigen behaupten(nach Evangelium Johanne« 7, 17),daß dem wahrhaft Gläubigen eine unmittelbare Gottesoffenbarungbeschieden sei, welche sie den„Beweis de» Geiste« und der Kraft"nennen. Zufolge dieser vermöchten sie zu erkennen, daß Gott dieLiebe sei, und verspürten eine sittliche Kraft in sich, welche andereMenschenkinder, nicht hätten, unv ein feste» Vertrauen darauf, daßihnen Alle» noch hell werden würde, wa» hienieden dunkel bleibenmüsse, eine Gewißheit ihrer Unsterblichkeit und de« Vorhandensein«einer moralischen Weltordnung, welche schließlich, und schon hie-nieden, gerecht da« Gute belohnt und da« Böse bestraft.Hierauf ist zu erwidern, daß man die» nicht beweisen kann, sowünschenSwerth e» wäre. Wir brauchen es nicht zu widerlegen,weil bekanntlich Derjenige de» Beweis zu führen hat, der etwa»behauptet, während der Gegner, der e» bezweifelt, keinen Gegen-beweis zu führen braucht. Die Erfahrung macht un« allerding«etwa« mißtrauisch gegen die Behauptung; denn die ausgesprochenenGläubigen von heutzutage führen den Beweis de«„Geiste» undder Kraft" keineswegs in ihrem Leben so, daß sie viele Nachahmererwecken könnten, und die stillen Gläubige» werden nicht bekannt.Wir loben un« dagegen beweisbare Wahrheiten, Gründe der Ver-nunft. Damit und davon kann man jeden Menschen überzeugen,wenn man sich nur die Mühe nimmt; da« stiftet Frieden aufErden, während der Glauben entzweit; da« thut auch NiemandesFreiheit Eintrag, während noch alle Tyrannei auf Erden imNamen de« Glauben» geübt, oder doch durch den Glauben unter-stützt worden ist; da« macht jede Heuchelei unmöglich, welche manunglücklicherweise vom Glauben so schwer unterscheiden kann. Wa»aber die moralische Weltordnung betrifft, so gebührt da« Verdienstder Entdeckung derselben nicht dem Christenthume, sondern moder-neu Forschungen— worüber später I Der Gegner erkennt übri-gen» an, daß„der Bewei« de« Geiste» und der Kraft hinfälligwäre, wenn vom rein intellektuellen Standpunkte au« ein zu-reichender Gegenbeweis gegen diese Wahrheit zu führen wäre."— Aber diese Behauptung»st einfach nicht wahr.—„Oder manmache uns einen, nur einen einzigen„wissenschaftlichen" Beweis-grund namhaft, der den christlichen Glaube» wirklich in'« Herztrifft."Hier sind mehrere solche„wissenschaftliche" Beweisgründe.Ersten« kann der Gegner un» nicht genau sagen, worin nuneigentlich der christliche Glaube besteht, und wenn er e» sage»wollte(denn er gesteht selbst, daß dieser Glaube sich„vielfach mitunächten Zuthaten versetzt findet"), so würde jeder andere christlichGläubige mehr oder weniger Andere» sagen, so daß e« einen uu-bestreitbar christlichen Glauben gar nicht zu geben scheint. Zweiten«gesteht der Gegner zu, daß die innere Gewißheit de« wahrenChristen über die Jnwohnung Gotte« in ihm und über die christ-liche Wahrheit von„allerding« sehr häufigen psychologischen Täu-schungen" zu unterscheiden sei— wa« wieder jeden Versuch einerWiderlegung unmöglich macht; denn gegen Windmühlenflügelkämpfen zu müssen, wenn man zufällig eine psychologische Täu-schung unter die Klinge zu bekommen sürchten muß, kann nichtverlangt werden.Dritten» soll man nach de« Gegner« Zeugniß die christlicheWahrheit„an ihren Früchten erkennen können." Wenn'« daraufankommt, so thut e« un» leid um da« Chrifienthum. Denn ab-gesehen von seiner grausenhaften Vergangenheit, wird Jeder, derungefähr gleichviel Lebenserfahrung unter Christen, Juden, Muha-medanern, Heiden und Ungläubigen gesammelt hat, wie z. B.Verfasser diese», die spezifischen Anhänger dieser fünf Richtungennach ihren sittlichen Früchten so wie oben geordnet beurtheilen,nur daß die Christen unten, und die Ungläubigen oben an kommen.Zur Entschädigung dafür mögen die wahrhaften Christen geheimeTugenden haben, welche der blöden Bergleichung entgehen— aberman kann e< ihnen eben nicht beweisen.Vierten« aber— und hier kommt der HauptbeweiS— machtdie Thatsache, daß der Mensch ein freie«— oder meinethalbenwillkürliche«— Wesen ist, jede Möglichkeit einer Offenbarung un-denkbar. Denn jede über seine Erkenntuiß hinauSreichende, d. h.ihm übernatürliche, also auch aus übernatürlichem Wege zukom-wende Erkenntniß würde seine Freiheit de« Erkennen« und Han-deln« aufheben. DaS ist e« ja eben, was Kant in der oben an-geführten Stelle beweist, und wozu wir noch hinzufügen können,daß selbst eine natürliche Offenbarung die Freiheit vernichtenwürde, längst vernichtet haben müßte. Sobald e« sich um Er-keuntniß de« Unendlichen handelt, so ist nicht mehr die Redevon Stückwerk, sondern vom All. Vom Unendlichen— nennenwir'« immerhin Gott!— kann man nicht ein Wenige«, sondernnur entweder Alle» oder Nicht« wissen. Im ersteren Falle istkein un« bekannte« Wesen, im letzteren sind wir Alle, die Christenalso auch. In ersterem Falle hört mit dem AlleS-Erkennen auchdie moralische Schwäche auf; denn die Erfahrung lehrt, daß e«gar kein mächtigere« Mittel giebt, die Sinnlichkeit zu bändigen,die Selbstsucht'zu bezähmen und den höchsten Enthusiasmus fürda« Gute zu entzünden, al« wachsende, klare Erkenntniß. ZurEhre der menschlichen Natur sei e» mir vergönnt mitzutheilen,daß ich in einer vierzigjährigen Thätigkeit al« Lehrer, besonder«unter verdorbenen Kindern, noch nie eine« gefunden habe, welche«nicht moralisch besser wurde mit dem Augenblicke, daß ihm diePforten der Erkenntniß geöffnet wurden. Da« pädagogischeZaubermittel der Erziehung Verwahrloster wie Unverdorbener be-steht in der sittlich reinen Frende de« Erkennen« von selbstgedachtenWahrheiten. Theologe» sind eben deswegen ganz zu Erziehern