scharfen Feldzug gegen Max Hölz geführt, weil dieser einen seiner Gefangenendurch einen Schlag ins Gesicht mißhandelt hatte. Der„Vorwärts" schrieb damals,daß das Schlagen wehrloser Gefangenerdie größte Gemeinheit sei; er sagte, einMann, der zu so etwas fähig wäre, seikein Revolutionär, sondern nur ein tollgewordener Feldwebel.Das war wegen eines einzigen Schlags!Wieviel wehrlose Gefangene sind seitdemin Deutschland mit unzähligen Schlägenmißhandelt, ja zu Tode geschlagen worden! Im Verhältnis zu manchem SA.-Füh-rer war Max Hölz ein tadelloser Kavalier.Nein, man soll Deutschland nicht einZuchthaus nennen. Im Zuchthaus eines geordneten Staates sitzen die Verbrechergefangen und werden dort von ehrlichenLeuten bewacht. In Deutschland sitzen dieehrlichen Leute und werden von Verbrechern festgehalten. Wenn man das heutigeDeutschland ein Zuchthaus nennt, tut mandem Zuchthaus unrecht!Aniwort an Joseph Goebbels.Die Moral chinesischer Räuberbanden.Auf einer Kundgebung der nationalsozialistischen Partei in Hamburg am 16.Juni hielt Goebbels gegen die Pragersozialdemokratischen Emigranten eineBrandrede, in der er die in Deutschlandgebliebenen Führer der Sozialdemokratie,vor allem den Abgeordneten Loebe, für dieTätigkeit der Emigranten voll verantwortlich und als Geiseln haftbar machte.„Der Marxismus", erklärte er u. a.,„sendet seine Giftpfeile nur noch aus demVerborgenen; aber auch dieses Tun erfordert unsere ganze Wachsamkeit. Wir trauen nicht dem Spiel, das zur Zeit in derSPD. getrieben wird. Wir glauben nochnicht dem Abrücken von den Prager Emigranten. Eines aber sollen diese Herrenwissen:Wenn sie uns von Prag aus Schwierigkeiten machen, dann halten wir uns an die,die in Deutschland geblieben sind! Wir werden mit ihnen nach dem Sprichwort verfahren; Mitgegangen, mitgefangen, mltgehangen!Darüber müssen die Herren vom„Vorwärts" sich klar sein: wenn HerrLoebe mit der Miene eines falschen Biedermanns erklärt:„Ich kenne Euch nichtmehr, Ihr Brüder in Prag, Zürich und Paris!", so können wir darauf nur antworten;„Wir können sie nicht fassen, deshalbmüssen wir uns an Euch schadlos halten"!Am Tag nach dieser Rede hatte GenStampfer eine Unterredung mit demPrager Vertreter des Amsterdamer sozialdemokratischen Blattes„Het Volk", in derer sagte:„Die Rede, die Goebbels in Hamburggehalten hat, wundert keinen, der diesenMann kennt Der Propagandaministerdes Dritten Reiches propagiert Moral undMethoden jener chinesischenRäu-borbanden, die ihre Opfer ins Gebirge verschleppen, um an den Angehörigen Erpressungen zu verüben. Erwird aber damit kein Glück haben.Wir, die wir jetzt in Prag sind, warenbis vor ganz kurzem noch in Berlin. Wirhaben alle Schändlichkelten der nationalsozialistischen Verbrecherwirtschalt ausallernächster Nähe miterlebt. Wir habenDeutschland verlassen, nicht um uns inSicherheit zu bringen und der Ruhe zuptlegen, sondern um den Kampf aufzunehmen. Daran wird uns kein Goebbels hindern!Man sagt uns nun, daß wir durch unserHandeln unsere Freunde im Inland gefährdet;. Darauf antworten wir: Die Schuld anden furchtbaren Verbrechen, diein Deutschland In den letzten Monatenverübt worden sind, und an den neuen,die vorbereitet werden, tragen nicht wir,sondern die augenblicklichen Machthaber.Wenn Hitler und die Seinen jetzt iürdas, was w i r tun, Rache nehmen wollenan andern, die es nicht getan haben,so fehlt uns leider augenblicklich dieMacht, sie daran zu hindern. Wir könnennur erklären, daß sie sich durch ein solches Handeln außerhalb derMenschheit stellen und sich für spätere Zelten des Rechtes begeben, alsMenschen behandelt zu werden. Wollen sie also den Weg der Bestialität zuEnde gehen, so kann noch die Stunde kommen, in der sie das bitter bereuen werden."„Herr Goebbels", sagte der Vertretervon„Het Volk",„hat Sie auch beschuldigt, Sie wollten von Prag aus das Deutsche Reich in internationale Schwierigkeiten stürzen. Wie steht es mit dieserBehauptung?"— Gen. S t a m p 1 e r erwiderte:„Ich kann nur sagen, daß das eineBehauptung eben von Goebbels ist. HerrGoebbels ist nicht dumm genug, um nichtzu wissen, w e r e s w a r, der das ReichIn internationale Schwierigkelten stürzte.Vor ein paar Monaten noch hätte es keinMensch für möglich gehalten, was jetztgeschehen ist, daß nämlich eine deutscheRegierung es fertigbringen könnte, einenKonflikt mit dem kleinen Deotschöster-reich vom Zaun zu brechen und dabei dieganze Welt einschließlich Italiens gegensich zu vereinigen. Vor dem mächtigenFrankreich kriecht die Hitlerregierung, demkleinen Dentschösterreich zeigt sie dieFaust.Solange wir Einfluß auf die Außenpolitik hatten, konnte sich Deutschland ausdem Abgrund der Niederlage, in den esder Nationalismus gestürzt hatte, allmählich wieder erheben und überall in derWelt Freunde gewinnen. Seit Hitlerund Goebbels am Ruder sind, wirdDeutschland in der ganzen Weit wie einAussätziger behandelt.Nein, nicht w i r stürzen das Reich ininternationale Schwierigkeiten, wir wollenes aus den internationalen Schwierigkelten b e f r e i e n, in die es durch die maßlose Unfähigkeit der Hitlerregierung gera.ten ist. Wir glauben auch nicht, daß einKulturvolk wie das deutsche die Schandeder gegenwärtigen Zustände au! die Dauer ertragen kann. Das deutsche Volk wirdseine Ehre und seine Freiheit wieder her.stellen durch den Sturz des jetzigen Regimes, und wir wollen ihm dabei helfen!"Einfach aufhängen,Was aber„Stampferleben" und seinenneuen„Vorwärts" angeht: Da sollte man fürjeden Hetzartikel, der im Ausland losgelassenwird, einen der SPD-Funktionäre, die sich nochin Schutzhaft befinden, oder sonst greilbar sind,einfach aufhängen."Fränkische Tageszeitung in Nürnberg,Herausgeber Julius Streicher.lim die Neuorientierung derdeutschen Sozialdemokratie.Aus Berlin wird der„Internationalen Information" zeschricben:Das Ringen um die neue sozialdemokratische Kampfform in Deutschland hatin der Führung der deutschen Sozialdemokratie zu einem überaus ernsthaften Konflikt geführt. Der Konflikt erscheintäußerlich als ein Streit um die Frage, werdie deutsche Sozialdemokratie führensoll: der Parteivorstand in Pragoder eine andere Körperschaftin Berlin. Das könnte eine reineZweckmäßigkeitsfrage sein— aber inWahrheit verbirgt sich dahinter der Streitum die Frage, wie und auf welcherLinie die deutsche Sozialdemokratiekämpfen soll Es ist ein entscheidender Konflikt um das Wesen der deutschenSozialdemokratie ausgebrochen. DieFrage: Behauptung der alten Organisationoder Herausbildung einer neuen Kampf-form ist zugleich die Frage nach dergrundsätzlichen politischen Linie.Jede Möglichkeit der Beeinflussung desStaatswillens durch politische Parteien inverfassungsmäßig geregelter Form ist inDeutschland zerschlagen. Gegen die Despotie gibt es keine parlamentarische oderverfassungsmäßige Opposition, sondernnur die Revolution. Die Sozialdemokratische Partei hat bisher ihre historischgewordene Macht in der Form der legalen parlamentarischen Partei angewandt. Mit dem Sturze der Demokratieist diese Form der Machtäußerung und derpolitischen Aktivität unmöglich geworden.Dem Regime ohne wirkliches Parlamentund ohne Anerkennung von Staatsbürger-rechten gegenüber sich auf parlamentarische Opposition beschränken zu wollen,würde den Uebergang zu einer Systempartei bedeuten. Die neue Form derMachtäußerung der SozialdemokratischenPartei muß deshalb revolutionärsein. Daß die Sozialdemokratie in denScheinparlamenten nicht in der Rolle derunversöhnlichen Opposition auftreten kann,ergibt sich aus den Erfahrungen vom 17.Mai. Schon die Andeutung des Versuchseiner eigenen, nicht einmal unversöhnlichen Haltung im Reichstag hat terroristische Morddrohungen hervorgerufen. Alsdarnach die preußische Landtagsfraktionim Landtag eine zurückhaltende Erklärungabgab und gegen das preußische Ermächtigungsgesetz stimmte, wurde sie mit wilden Terrordrohungen überschüttet, eswurde ihr bedeutet, sie habe„zu schweigen und sich zu schämen".Es gibt keine Parlamente mehr inDeutschland: denn es wird nur noch solches Auftreten von Parlamentsfraktionengeduldet, das das faschistische Systemgestattet. Grundsätzliche Opposition undwahrhaftige Kritik sind verboten.Deshalb muß sich die neue Kampfformden veränderten Kampfbedingungen anpassen. Sie muß die Trägerin einer unbarmherzigen, wahrhaften und enthüllenden Kritik am Wesen des Regimes undseinen Taten sein. Sie muß die offiziellenLügen zerstören und der Wahrheit Bahnbrechen. Sie muß vom sozialistischenStandpunkt aus den reaktionären Charakter des Regimes, seine Verderblichkeit fürdas ganze Volk aufzeigen. Sie muß dieKräfte der Freiheit und des Rechts aufsneue wecken und fördern. Sie muß dasRegime geistig erschüttern und die Massenauf den Sturz des Regimes vorbereiten.Gegen diese völlige Umstellung aberhaben sich Widerstände aus der altenForm heraus erhoben. Daraus ist derKonflikt entstanden, der nun zum öffentlichen Ausbruch gekommen ist.Der Parteivorstand in Prag hat eineaktive unversöhnliche Propaganda gegendas Regime schnellstens in Gang bringenwollen. Aus Zweckmäßigkeitsüberlegungenwollte er diese Propaganda von außen herdirigieren. Gegen diese Absicht hat sichheftiger Widerstand aus dem alten Apparat heraus erhoben— aber auch aus denParlamentsfraktionen, die in der bisherigenFormierung der deutschen Sozialdemokratie stark führend gewirkt haben.Der Widerstand' kommt aus den verschiedensten Motiven. Nebeneinander stehen die Anschauungen, daß der alte Parteivorstand versagt und deshalb nicht mehrführend tätig sein könne, wie die Meinung,daß der Parteivorstand in Prag viel zusehr ins revolutionär-aktivistische abgeglitten sei. Seine politische Linie wird vonlinks und von rechts angegriffen.Gegen die Absicht klarer unversöhnlicher Propaganda wird ins Feld geführt,daß es zunächst gelte, zu erhalten, wasnoch von der sozialdemokratischen Parteida ist und das wenige von öffentlichenAuftreten, was das Regime noch duldet,nicht durch illegale Arbeit zerstören zulassen. Diese Ansicht geht bis zu der Erklärung, daß im Augenblick stillehaltendie revolutionärste Tätigkeit sei. Manmuß verstehen, daß den dauernd unter terroristischen Drohungen stehenden Funktionären das wenige von Ausdrucksmöglichkeit schon viel erscheint! Der Terror h a tgewirkt— er hat die Sorge um die Gefährdung von Tausenden von Sozialdemokraten stärker gemacht als den innerenZwang, dem System schonungslose Anklagen ins Gesicht zu schreien!Weiterer Widerstand erwächst aus derAnschauung, daß der Zeitpunkt der Eröffnung einer angriffsweisen Propaganda jetztschlecht gewählt sei.Schließlich wirkt der Gegensatz, deram 17. Mai zwischen der Mehrheit derReichstagsfraktion und weiten Parteikreisen sowie dem Parteivorstand hervorgetreten istEs sind die heterogensten Ansichtenund Motive, aber sie alle sind zusammen-geilossen in einer einzigen Einheitsfront,die auf einem einheitlichen Ressentimentberuht: gegen Prag! Das ist ein Funktionärressentiment. Wie weit es den Stimmungen der deutschen sozialdemokratischen Arbeiter entspricht, ist schwer zuüberblicken, aber zweifellos ist ein starkesallgemeines Ressentiment gegen eine Führung von außerhalb vorhanden.Dieses Ressentiment lenkt von dereigentlichen Problemstellung ab, es störtdie Klärung der Frage, welche Taktik diedeutsche Sozialdemokratie gegenüber demSystem einschlagen soll. Schon sind inbürgerlichen Kreisen Kräfte am Werke, dieaus dem Ressentiment gegen die Führungvon außen ein Sichabfinden der deutschenSozialdemokratie, eine Absicht der posfü-ven Opposition auf der Grundlage der Anerkennung des Systems herauslesen wollen! Ueber diese Dinge aber herrscht inder Front gegen Prag, die sich jetzt herausgebildet hat, nichts weniger als Einmütigkeit.Das beklagenswerte Ergebnis ist, daßZwiespalt die Herausarbeitung einer kämpferischen Linie gegen das System der Despotie verhindert! Die Gefahr ist brennend,daß alte entscheidende Fehler wiederholtwerden, daß mehr Wert auf Konservierung von Institutionen gelegt wird als aufdie Hochspannung der Idee. Daß man wiezuvor außer acht läßt, daß gläubiges Massenvertrauen nicht durch bloßes Vorhandensein gewonnen wird, sondern durchTätigkeit. Daß man in der Politik überder reinen Vernunft der Zweckmäßigkeitdie ungeheuer wichtigen Gesinnungswertevergißt.Dies Ressentiment gegen die Führungvon außen aber hat zugleich die Auseinandersetzungen um die Taktik vergiftet.In der„Frankfurter Zeitung" vom 9. Junierschien ein Aufsatz„Politik aus demExil", der mit der Absicht der Diffamierung des im Ausland befindlichen Parteivo rstandes auch eine Denunziation verbindet. Es heißt darin;„Wenn aber die Abgeordneten darüber hinaus noch glauben, einen tatsidilichcn odergar moralischen Anspruch auf die Parteiiüh-rung zu haben, wenn sie glauben, die sozialdemokratischen Arbeiter und Funktionäre hätten die Neigung, sich von Prag aus durchHerrn Wels, Herrn Stampfer, HerrnVogel und die vielen anderen, deren Benennung wir uns sparen, dürfen(schon weilwir ihren Anteil an jener Forderung im einzelnen nicht kennen) vorschreiben zu lassen,was sie in Deutschland tun und denken sollen, dann befinden sich die Exilierten in einemso traurigen Irrtum über die wahre Lage, daßwir uns für verpflichtet halten, sie daraufaufmerksam zu machen."Dieser Aufsatz ist in den Tagen erschienen, in denen der in Berlin befindliche Teildes Parteivorstandes wie die preußischeLandtags- und Reichstagsfraktion ihre Beschlüsse gegen den Parteivorstand in Praggefaßt und veröffentlicht haben. Er warnicht eine Folge dieser Beschlüsse, sondernBegleitmusik zu dem Stoß gegen den Parteivorstand in Prag.Mit diesen journalistischen Methodenwird ein vorhandenes Ressentiment bis zuHaß und Hetze gesteigert! Das machtden Konflikt, dessen Lösung nun versuchtwerden muß, so überaus gefährlich!Neuwahl eines Part ei-Yorstandes In Berlin.Ueber eine Sitzung der in Berlin anwesenden Mitglieder des Parteivorstandesmit Vertretern aus den Bezirken und mitden Vorständen der sozialdemokratischenReichstagsfraktion und der preußischenLandtagsfraktion, die am Montag dem 14.Juni im Preußischen Landtag stattgefundenhat, berichtet das Conti-Büro, daß in dieserSitzung die Mitglieder des Parteivorstandes ihre Aemter zur Verfügung gestellthaben. Die Konferenz beschloß, die Führung der Parteigeschäfte den GenossenWestphal, Stelling, Rinner undKünstler zu übertragen, unter Hinzuziehung der Vorsitzenden der Reichstagsund Landtagsfraktionen, der GenossenLobe und S z i 1 1 a tDie Beschlüsse der Fraktionen über dasVerbleiben des Sitzes der Leitung derSPD. in Deutschland wurde durch die Annahme folgender Erklärung erneut bekräftigt:„Der neugewähtte Parteivorstand inBerlin hat allein die verantwortliche Führung der Partei. Solche Parteigenossen,die ins Ausland gegangen sind, könnenkeinerlei Erklärungen für die Partei abgeben. Für alle ihre Aeußerungen lehnt diePartei jede Verantwortung ausdrücklich ab."In einer weiteren Veröffentlichung desVDZ.-Bureaus über diese Sitzung heißt es,daß der neue Vorstand aus sechs Mitgliedern mit gleichen Rechten bestehe. Inder Sozialdemokratischen Partei herrschealso nicht das Führerprinzip, ja es ist nichteinmal ein Vorsitzender dieses neuen Gremiums bestimmt worden. Aufgabe diesesverkleinerten Parteivorstandes dürfte es,wie das VDZ.-Bureau weiter meldet, zunächst sein, zu versuchen, mit der Regierung Verhandlungen darüber anzubahnen,ob die in Schutzhaft befindlichen sozialdemokratischen Führer freigelassen unddas beschlagnahmte Parteivermögen freigegeben werden könne.Die Mitglieder des Parteivorstandes,die sich in Prag befinden, haben ihre Auffassung über ihr Verhalten zu den in