fere Haltung von Leuschner, der während der ganzen Tagung in Genf treu an der Seite sei­ner Klassengenossen stand und den Arbeiter­verrat der Nazis weder in der Frage der 40- Stunden-Woche noch bei ihrer Beschimpfung anderer Staaten und der ausländischen Arbei­tervertreter mitmachte. Bedarf es noch eines besseren Beweises für die Richtigkeit des Wortes von J o u h a u x, daß Ley kein Ar­beitervertreter, sondern nur ein Gefängnis­wärter sei? In Bayern hat man hunderte von Mitglie­der der Bayrischen Volkspartei verhaftet. Unter ihnen befinden sich nicht nur der ehemalige Staatsrat Fritz S c h ä f f e r, bis zur Machtergreifung Hitlers der einflußreichste Politiker Bayerns , sondern auch der greise Prälat Leicht, der seit anderthalb Jahrzehn­ten Führer der Bayrischen Volkspartei im Reichstage gewesen ist. Auch der Führer der Bayernwacht, Ritter von Lex, befindet sich unter den Inhaftierten. Vor der Verhaftung hat ihn nicht geschützt, daß er mehr als vier Jahre an der Front war, daß er selbst schwer kriegsverletzt ist, daß alle seine Brüder Im Kriege gefallen sind. Nicht einmal die Tat­sache, daß er als Sprecher der Bayrischen Volkspartei am 23. Mai die Zustimmung zu dem Ermächtigungsgesetz im Reichstag begründet hat, war Schutz für ihm! Achnlich ist es zahlreichen Stahlhelm- führern in Thüringen ergangen. Der erste Stahlhelmfcührcr Oberstleutnant a. D. Lindwurm wurde In Eisenach ins Polizei- gefängnis eingeliefert Der ehemalige Stahl- helmfflhrer, Major a. D. von Voigt mußte wegen Beschimpfung Seldtes sogar den Gang ins Zuchthaus Untermarsfeld antreten. In Bayern und in Württemberg hat man auch zahllose katholische Geistliche in­haftiert Feigheit, Angst Verfolgungen, Haß und ge­meinste Verbrecherinstinkte haben bei diesem Feldzug gegen politisch Andersdenkende zu-, sammengewirkt Aber noch immer gilt das Wort:Wer Wind säet, wird Sturm ernte n." Torgier und die Bulgaren Wie kommen sie zum Reidistagsbrand T Nachdem der plumpe Versuch, die So­zialdemokratie für den Reichstagsbrand mitverantwortlich zu machen, kläglich ge­scheitert ist, hält die Hitlerregierung desto hartnäckiger an der Behauptung fest, die­ser Brand, der ihr soviel genützt hat, sei ein Werk der kommunistischen Interna­tionale. Und da der Exkommunist und Stammgast nationalsozialistischer Ferien­heime Van der Lübbe nicht ausreicht jene Behauptung glaubwürdig erscheinen zu lassen, hat man den kommunistischen Reichstagsabgeordneten Ernst T o r g 1 e r als seinen angeblichen Komplicen in Haft genommen und später noch drei geheim­nisvolle Bulgaren , Dimitroff , Popoff und Taneff dazu. Von den Dreien, die sich als Flüchtlinge in Deutschland auf­hielten, wurde erzählt, daß sie wegen des großen Bombenattentats in der Kathedrale in Sofia i. J. 1925 zum Tode oder zu langjähriger Freiheitsstrafe verurteilt worden seien, Ueber den kommunistischen Reichs­tagsabgeordneten T o r g 1 e r ist in diesem Zusammenhang kaum noch etwas zu sa­gen. Er ist in Berlin eine wohlbekannte Persönlichkeit, und es gibt wohl unter denen, die ihn kennen, keinen einzigen, der an seiner Unschuld zweifelt Vom Morali­ schen ganz abgesehen Torgier ist in­telligent genug, um zu begreifen, daß der Reichstagsbrand geradezu ein Götter- geschenk für die Hitlerregie­rung werden mußte, und zweifellos hätte er jeden, der ihn mit einem so absurden Vorschlag gekommen wäre, als einen Lockspitzel Görings betrachtet und be­handelt. Im Gegensatz zu Torgier sind die drei verhafteten Bulgaren der Welt ziemlich unbekannt. Nach Feststellungen, die ein Sonderkorrespondent desManchester Guardian" in Deutschland getroffen hat, ist die Anklage gegen sie nicht weniger absurd. Das Geheimnis des Bombenatten­tats in der Kathedrale zu Sofia , das zahl­reichen Menschen das Leben kostete, ist bisher ebensowenig aufgeklärt wie das des Reichstagsbrandes. Von den drei Män­nern, die als angebliche Attentäter auf dem Galgen endeten, war nur einer, Fried­man, ein Kommunist, und dieser war u n- schuldig. Von den drei in Berlin fest­genommenen Bulgaren haben aber sogar die bulgarischenBehörden selbst niemals behauptet, daß sie mit dem Atten­tat in der Kathedrale irgend etwas zu hm gehabt hätten. Dieser Zusammenhang ist erst von der Polizei Görings in Berlin e r- f u n d e n worden. Dimitroff hatte Bulga­ rien schon 1923, zwei Jahre vor dem At­tentat, verlassen. Er und seine beiden Landsleute haben mit dem Attentat von Sofia ebenso wie mit dem Reichstagsbrand nicht das allergeringste zu tun. Die Hitlerregierung hat den Reichstags­brand für ihren Absprung zum Staats­streich gebraucht. Wer hat ihr das Sprung­brett geliefert? Torgier nicht, der dazu viel zu klug ist, die drei Bulgaren nicht, die man erst nachträglich in die Sache hineingezogen und verleumderischer Weise mit dem Attentat von Sofia in Ver­bindung gebracht hat, um ihre Beteiligung an der Brandstiftimg im Reichstag als glaubhaft erscheinen zu lassen. Der hollän­dische Exkommunist aber, der im Som­mer in Hakenkreuzheimen Gastrollen gibt, mag noch so fleißig mit seinen Kohlenzfln- dem herumgelaufen sein, daß er als Be­auftragter der kommunistischen Interna­tionale gehandelt hat, glaubt kein Mensch! Die Verfolgung Torglers und der drei Bulgaren wegen angeblicher Brandstiftung ist eines der furchtbarsten Justizver­brechen, die die Geschichte kennt Aus Gründen des nationalsozialistischen Partei­egoismus werden vier Unschuldige in Haft gehalten und mit dem Tode bedroht. Wenn einmal die Geschichte der größten Schur­kenstreiche geschrieben wird, die die Welt­geschichte verzeichnet, wird man dieses nicht vergessen dürfen! Ein Schurke mißhandelt einen Ehrenmann Immer häufiger werden die Fälle, in denen die Nazis politische Gegner, die sie in das Kon­zentrationslager bringen, zunächst mora­lisch mißhandeln und einem aufgehetz­ten Lumpengesindel als Schaustück ausliefern. Den Fällen R e m m e 1 e und M a r u m in Karls­ ruhe und dem Fall Bolz in Stuttgart und vie­len anderen reiht sich nun der Fall L ü d e mann in Breslau an. Lüdemann, der in Berlin verhaftet wurde, wurde nach Breslau trans­portiert und dort dem Fememörder Hei­nes, jetzt Polizeipräsident von Breslau , aus­geliefert Daß Heines an einem wehrlosen Geg­ner kalte Rache nehmen würde, paßt zu der Natur dieses Mannes, der immer nur mutig war, wenn er einen wehrlosen Gegner vor sich hatte. Im Polizeipräsidium wurde Lüde­mann dafür von Heines in Gegenwart der Be­amten der Polizei und der höheren SA.-Führer auf das gemeinste beschimpft, dann durch das Oberpräsidium geschleppt, in dem er früher seines Amtes gewaltet hatte. Danach wurde Lüdemann, von SA -Männern begleitet, durch die belebtesten Straßen der Stadt geführt, wo der Zug natürlich erhebliches Aufsehen erregte. Der Bericht der nationalso­zialistischenSchlesischen Tageszei­tung-, dem wir dies alles entnehmen, erzählt weiter: Am Ring und auf der Schweidnitzer Straße stauten sich die Massen. Hunderte gin­gen nebenher und brachen in Verwün­schungen gegen Lüdemann aus. Vor dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal hatte die S t a n d a r- tenkapelle 11 Aufstellung genommen. Tau­sende hatten sich hier angesammelt Polizeiprä­sident Obergruppenführer Heines kommandierte Halt" und sprach noch einige Worte an die Menge, die dann das Horst-Wessel-Lled sang. Dann ging es weiter zum Konzentrationslager." Im Konzentrationslager wiederholte sich dieses Schauspiel. So nahm der Schurke Hei­nes Rache an dem Ehrenmann. Angst top den Toten Die lebenden Gegner, soweit sie wehrlos sind, kann man in Konzentrationslager sperren, aber was macht man mit den unbequemen großen Toten? Man kann ihre Bücher von Hun­nen verbrennen lassen, kann ihre Namen ver­femen, aber noch aus ihren Gräbern spricht ihr Geist für sie. Also, weg mit den Gräbern. In Mannheim haben braune Buben das be­scheidene Denkmal Ludwig Franks zerstört desselben Mannes, der 1914 zu den ersten ge­hörte, die sich freiwillig für die Landesver­teidigung meldeten und der als einer der ersten fiel für dasselbe Volk, dessen entarteter Teil jetzt ausnationalen Gründen" das Denkmal dieses tapferen Frontkämpfers zerstört Welch eine ritterliche Kumpanei! Wem wundert es da noch, daß die Hitlerpartei jetzt im Münch­ner Stadtrat beschließen ließ, die Grabsteine für Kurt E i s n e r und Gustav Landauer zu entfernen und ihre Gräber fürerloschen" zu erklären! Die beiden waren erlesene Geister von Weltruf und wurden von reaktionärem Ge­sindel ermordet. Darum weg mit Gräbern, die so gegen Barbarei und Hunnentum künden! Grabschändung war den Braunen seit je ge­läufig alte Weiber und Feiglinge fürchten sich vor den Toten nun einmal noch mehr als vor den Lebenden. Diktator über Ullstein Der Nationalsozialist Dr Eduard Stadt- ler wurde mit der politischen Leitung sämt­licher Im Ullstein-Verlag erscheinenden Druck­schriften betraut. Der Apparat Ist tot* es lebe die Bewegung! Ein Genosse, der seit der Reichskon­ferenz im April dem Partetvorstand an­gehört und seit zwei Jahrzehnten auf dem linken Flügel der Partei steht, schreibt uns: Unter den Schlägen der Konterrevolu­tion ist das eiserne Gerippe der deutschen Arbeiterbewegung zerbrochen, ist ihr ge­waltiges organisatorisches Gefüge restlos zerstört worden. Die größte Armee der Sozialistischen Internationale hat eine un­geheure Niederlage erlitten und ist in Auflösung begriffen. Der größte Staat Europas , im Zentrum der alten kapitalisti­ schen Welt gelegen und mit den glänzend­sten Produktionsmitteln ausgerüstet, ist in die Hände einer faschistischen Diktatur gefallen, die das Brutalste darstellt, was die moderne Menschheit bis jetzt auf die­sem Gebiet erlebt hat. Sechzig Millionen Menschen leben in entsetzlichster Sklave­rei. Alles, was drei Generationen sozia­listischer Arbeiter in siebzig Jahren Kampf und Organisationsarbeit errungen haben, ist in drei Monaten zusammengeschlagen worden. Aus dem öffentlichen Leben ist jede Opposition verbannt, jede Handlung, die sich gegen das Regime auflehnt, ist mit Tod und Zuchthaus bedroht Das ist die Situation, vor der wir stehen. Und sie ist dunkel genug, daß jedem, der sozialistisch denkt und fühlt, der Atem stockt vor Sorge darüber, wel­ches Schicksal dem Weltsozialismus be­vorstehen mag, wenn hier, auf dem klas­sischen Boden der um ihre Freiheit kämpfenden Arbeiterbewegung, die eher­nen Würfel so zerschmetternd gegen den Sozialismus gefallen sind. Aber diese Situation ist doch nicht so dunkel, daß der um die Gesetze der ökonomischen Ent­wicklung wissende, marxistisch geschulte Sozialist nicht schon das Neue sehen könnte, das in dem politischen Chaos die­ser Tage um Auftrieb und Geltung ringt. Denn gerade diese fanatische Aus­schließlichkeit der nationalsozialistischen Herrschaft ist es, die den Kern des Zu­sammenbruchs und die Garantie ihres episodenhaften Ablaufs in sich birgt Diese auf ihrer Ausschließlichkeit wie auf einer Messerspitze balancierende Herrschaft wütet wie ein Amokläufer gegen jede an­dere Weltanschauung, ohne jedoch selbst ein eigenes Weltbild zu besitzen. Sie ver­steigt sich im Kampf um ihre Selbst­behauptung zu den bizarrsten Formen, verbrennt in wahrhaft kindischer Raserei Bücher, verjagt berühmte Gelehrte und Aerzte, proklamiert an Stelle der Ver­nunft das Gefühl, füttert das Gefühl mit sinnlosen Schlagworten, stürmt Gewerk­schaftshäuser und Kirchen, verhaftet Ar­beiterführer und Geistliche, macht einen Boxkampf zu einer göttlichen Entschei­dung zwischen Rasse und Rasse, stellt den Rundfunk ab, da die Entscheidung zu ihren Ungunsten fällt, spielt den Friedens­apostel in einem zur Komödie erniedrig­ten Parlament und macht den Clown auf Weltkonferenzen, drückt ihre bürgerlichen Bundesgenossen an die Wand und schließt gleichzeitig Freundschaftsbündnisse mit dem Bolschewismus, betont die Priorität der national-sozialistischen " Revolution und läßt im selben Augenblick durch eine Umlagesteuer der Unternehmer ihre Parteikasse füllen, jagt aus einem Paradoxon ins andere und kennt nur einen Trieb, den der Vernichtung. Revolution gegen Bajonette Nur eines tut sie nicht, was allein ihrer Herrschaft entwicklungsgeschichtliche Da­seinsberechtigung geben könnte: sie tastet nicht die mit dem Stand der Gesellschaft in schärf. stem Widerspruch stehende kapitalistische Produktions­ordnung an. Sie ist ein Organ der Zerstörung, der Negation, des Ressentiments ihre Aktionsbasis ist da zu Ende, wo die ge­schichtliche Aufgabe jeder herrschenden Partei heutzutage beginnt, am Sozialis­mus, Und da in dem Land, das am furcht­barsten unter der kapitalistischen Welt­krise leidet, jede Regierungsformel auf diese Entscheidung gestellt ist, da die Massen selbst, die durch ihre Verzweif­lungspsychose das jetzige Regime an die Macht geschwemmt haben, mit ihrem Schwergewicht auf diese Entwicklung drücken, so muß die politische Basis des deutschen Faschismus immer mehr und mehr zusammenschmelzen bis zu dem Punkt, wo jedes Tausend verlorener Stimmen nur noch durch ein neues Ma­schinengewehr aufgewogen werden kann. Es hieße jedoch den Machtwillen der jetzigen Gewalthaber unterschätzen, wollte man in Zweifel setzen, daß sie alles tun werden, um diese Entwicklung zu meistern. Sie wefden die Gewalt bis zur letzten grausamsten Konsequenz an­wenden und sie werden was das Ge­fährlichere ist die Hirne und Herzen der heranwachsenden Generation in ihren Bann zu schlagen versuchen, wie das ihr Vorbild, der klügere Mussolini , nicht ganz ohne Erfolg versucht hat. Und hier liegt die große Aufgabe der deutschen Arbei­terbewegung; deren Appätat man zwar dem Erdboden gleichgemacht hat, deren sozialistisches Denken und Fühlen man jedoch nicht zerstören könnte. Es geht jetzt ifln die Seele der jüngeren Genera­tion es gehl später, wenn nur noch Bajonette gegen Menschen stehen, um die revolutionäre Austragung dieses Kampfes. Um die Führung Neu Spiel hebt an in Deutschland , eine von Grund auf neue Front formiert sich auf dem Feld der Niederlage, und ganz neue Methoden des Kampfes, grundver­schieden von denen der Vergangenheit, wachsen aus den harten Erfahrungen die­ser Niederlage. Zwar herrscht noch chaotisches Durcheinander im Lager des Proletariats, zwar ist von einem plan­mäßigen Aufmarsch noch nichts zu sehen, und die noch vorhandenen Kräfte des Widerstandes verbluten sich resultatlos in verzweifelten Einzelhandlungen, aber schon sammeln sich die Starken, die Jun­gen, die Zukunftsgläubigen und schauen aus nach einer Fahne. Alles hängt jetzt davon ab, wer die Führung übernimmt und wie diese Füh­rung aussieht Man spürt schon, daß der Kampf begonnen hat denn Einzelne wer­den mutiger, exponieren sich. Es ist eine seltsame Erscheinung, daß die Rebellion in jenen Kreisen zuerst sichtbar wird, die zu den Trägern der Konterrevolution ge­hörten, bei den SA.-Garden. Da sie sich sicherer fühlen als die von Gefängnis und Konzentrationslager bedrohten Arbei­ter. wagen sich einzelne proletarische und lumpenproletarische Schichten der SA. in der Oppostion weiter vor. Sie werden ausgeschieden und stumm gemacht sie ziehen ihre Uniform aus und versinken, aber im Proletariat gärt es weiter. Und so entsteht die Gefahr, daß Elemente, die gestern bolschewistisch waren, heute faschistisch wurden und morgen wieder bolschewistisch werden können, die Füh­rung an sich reißen und unsägliches Un­heil anrichten, weil sie objektiv die Ge­setze des Klassenkampfes nicht beherr­schen und subjektiv brüchige und käuf­liche Charaktere sind. Die Gefahr ist um so größer, weil jeder Kampf nunmehr illegal geführt werden muß, was das Auftauchen dunkler Existenzen außer­ordentlich erleichtert und weil der große