Deutsche En Sie sammeln sidi ui Das Hitlerregirnent in Deutschland hat nicht nur tausende unserer Funktionäre und Mitglieder in die Konzentrationslager gesperrt, sondern auch viele Sozialisten und Republikaner über die Landesgrenzen getrieben und sie gezwungen, die Gastfreundschaft fremder Länder in Anspruch zu nehmen. Das Los dieser Emigranten ist alles andere als leicht Wohl sind sie der ständigen Bedrohung ihres Lebens und ihrer Freiheit entronnen, aber sie kommen über die Grenze ohne Barmittel und oft ohne jeden Ausweis, sie stehen plötzlich in einem fremden Land, losgelöst aus dem gewohnten Kreis politischer und persönlicher Beziehungen, und sie finden zunächst für eine aktive politische Arbeit keine Möglichkeiten. Solange die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ohne jede Vertretung im Ausland war, fehlte den Emirgantengruppen in den verschiedenen Ländern so gut wie jede Verbindung untereinander und jede Möglichkeit einer einheitlichen politischen Ausrichtung. Mit dem Erscheinen des„Neuen Vorwärts" ist die Voraussetzung geschaffen, nun alle Emigrantengruppen über die politischen Absichten und Ziele der deutschen Sozialdemokratie im Kampf gegen den Faschismus zu unterrichten und den einzelnen Gruppen eine Stelle zu bieten, an die sie von ihrer Arbeit berichten können. Die deutsche Emigration ist auf fast alle Länder verteilt, die Deutschland angrenzen. Ein Teil unserer Parteigenossen und Reichsbannerkameraden ist zunächst In das einzige Gebiet des deutschen Reichs abgewandert, das noch nicht der Hitlerherrschaft ausgeliefert ist, ins S a a r g e b i e t. Die saarländischen Genossen tun alles, um die flüchtigen Genossen zu unterstützen, aber die Kleinheit des Gebiets und die Schwierigkeiten, die unserer Bewegung aus der besonderen Lage des Saargebiets erwachsen, setzen dieser Hilfsaktion enge Grenzen. Politisch gewinnt das Saargebiet jetzt dadurch eine besondere Bedeutung, daß von Saarbrücken aus die neue Tageszeitung, die„Deutsche Freiheit" als Kampforgan gegen den Faschismus erscheint Eine große Zahl von Emigranten hat sich Frankreich und insbesondere Paris als Zufluchtsort ausgewählt Die französische Regierung gewährt weitgehendes Asylrecht und die französischen Arbeiterorganisationen und
i Igraiiten id wollen kämpfen. andere linksstehende Gruppen bieten alle ihnen mögliche materielle und finanzielle Unterstützung. Leider sind auch in Frankreich die Möglichkeiten, den Emigranten eine Erwerbsarbeit zu schaffen, nur gering. In Paris erscheint seit einigen Wochen eine Zeitschrift die unter dem Titel„Die Freiheit" den Kampf gegen den deutschen Faschismus führt Unter, den Ländern, die die größte Zahl von Emigranten aufzuweisen haben, ist vor allem auch die Tschechoslowakei zu nennen. Hier befanden sich in den deutschsprachigen Gebieten zahlreiche Genossen und Genossinnen aus allen Teilen Deutschlands . Die deutsche sozialdemokratische Partei hat kürzlich gemeinsam mit den Gewerkschaften einen Aufruf erlassen, in dem sie die deutschsprachige Bevölkerung der Tschechoslowakei auffordert den Opfern des Faschismus zu helfen. Gemeinsam mit den tschechischen Genossen machen die deutschen Genossen alle Anstrengungen, um das Los der Reichsdeutschen zu erleichtern. Die Tschechoslowakei leidet aber ebenfalls schwer unter der Wirtschaftskrise, und Arbeitsmöglichkeiten für Emigranten sind deshalb auch hier so gut wie nicht gegeben. Das Ziel zahlreicher Flüchtlinge aus Deutsch land ist ferner die Schweiz , die in früheren Jahrzehnten politischen Flüchtlingen weltgehendes Asylrecht gewährt hat Auch heute finden sie in der Schweiz Aufnahme, sie müssen sich jedoch sehr strengen Bestimmungen unterwerfen. So ist jede politische Tätigkeit untersagt und auch die Annahme jeder Form von Erwerbsarbeit verboten. Besonders anerkennenswert ist die Solidarität der Schweizer Arbeiter. die die Unterstützung der Flüchtlinge durch die Erhebung besonderer Beiträge finanzieren. Eine große Gruppe deutscher Emigranten befindet sich schließlich In Holland . Auch dort leisten die sozialdemokratischen Organisationen weitgehende Hilfe und die sozialdemokratischen Emigranten arbeiten jetzt gemeinsam mit den holländischen Genossen an dem Aufbau einer antifaschistischen Propaganda. In ähnlicher Weise arbeiten auch die deutschen Emigranten gemeinsam mit der sozialdemokratischen Parteileitung in Dänemark . Soviel als erste UebersichL Sie soll in den nächsten Nummern des„Neuen Vorwärts" durch Eigenberichte aus den verschiedenen Ländern laufend ergänzt werden.
Juden sind Parias Aus der deutschen Arbeitsfront ausgeschlossen. Der Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens hatte seine Mitglieder aufgefordert, sich den neuen berufsständischen Organisationen anzuschließen. Dieser Versuch einer Loyalitätskundgebung ist jetzt mit folgenden offziö- sen Fußtritt beantwortet worden: In unterrichteten Kreisen wird darauf hingewiesen, daß jüdische Arbeitnehmer von allen Organisationen der Nationalsozialisten, also auch von den Verbänden der deutschen Arbeitsfront ein für allemal ausgeschlossen bleiben. Im Zusammenhang damit wird der Gedanke erörtert, sämtliche jüdischen Arbeitnehmer beider Geschlechter und aller Berufsgruppen zusammen mit den übrigen jüdischen Mitgliedern der verschiedenen Berufe in einen Gesamtverband der jüdischen Beschäftigten zusam- zufassen, dem, wie weiter offiziös erklärt wird, im wesentlichen wohl nur gesellschaftliche Bedeutung zukommen würde, und der an die deutsche Arbeitsfront nicht angegliedert werden könnte. Für den Antisemitismus aller Länder und aller Zeiten ist es typisch, daß er nur die armen und schwachen Juden mißhandelt, vor den reichen und mächtigen aber koscht. Die elenden Burschen, die jetzt die jüdischen Arbeitnehmer aus der Gemeinschaft ihrer Klassengenossen hinausgestoßen, werden es nicht wagen, gegen jüdische Kapitalisten in gleicher Weise zu verfahren. Sie wissen, daß sie dadurch den Zorn der Kapitalisten der ganzen Welt auf sich herabbeschwören würden und davor haben sie die größte Angst. Eine Möglichkeit, sich durch Arbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, gibt es in Deutschland für Juden kaum noch. Das Kapital, ohne Unterschied der Religion und Rasse, bleibt unbehelligt So ergibt sich als groteske Konsequenz der deut schen Antisemitenherrschaft, daß die Juden in Deutschland hur ausbeuten dürfen, aber nicht arbeiten!
Hitler hilft Lahusen Eine Haud wäscht die andere. Die größten Betrüger und die gewissenlosesten Zerstörer der deutschen Wirtschaft sind die Gebrüder Lahusen in Bremen . Mehr als 200 Millionen Mark sind von ihnen vergeudet worden. Zehntausende deutscher - Arbeiter haben sie um Lohn und Brot gebracht. Ihre schamlosen Betrügereien gaben den Anstoß zur Zurückziehung ausländischer Kapitalien aus Deutsc' hnd und damit zu der schweren Kredit' ri»e des Jahres 1931, von deren Folgen sich Deutschland bis auf den heutigen Tag noch nicht erholt hat Nur ein Verdienst haben diese Betrüger Sie waren die Geldgeber von Adolf Hitler . Sie finanzierten die Nazibswcguhg, und sie spekulierten nicht falsch, als sie hofften, daß Adolf Hitler nach seiner Machtergreifung sich ihnen dankbar erweisen würde. Monatelang haben die Nazis über Korruption geschrien. Allen drohten sie mit dem Galgen, Nur nicht — den Lahusen. Ueber ihre Verbrechen durfte nichts geschrieben werden. Jetzt aber kommt es noch besser. Hiner der Verteidiger der Lahusen ist der Rechtsanwalt Dr. Lütgebrune, ein Intimus von Adolf Hitler , gleichzeitig Kommissar im preußischen Justizministerium. Er hat jetzt bei der Bremer Strafkammer einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens auf Grund des Gesetzes über Straffreiheit vom 20. Dezember 1932 gestellt, weil die Anklagehandlungen aus Anlaß wirtschaftspolitischer Kämpfe begangen seien! Der größte Bankrotteur und Verbrecher Deutschlands soll also auf Antrag der Nazis amnestiert werden. Wo bleibt hier das Geschrei über Korruption? Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen. Eigennutz darf über Gemeinnutz triumphieren. Ich befehle Intoleranz. Auf dem Gautreffen der Nazis am letzten Sonntag in Erfurt sprach der Reichsstatthalter für Thüringen , Sauk- k e 1. Er verkündete die Autorität des Nationalsozialismus in Thüringen , „Ich befehle nunmehr Intoleranz gegenüber allen anderen. Es darf in Zukunft
nur einen politischen Glauben in Thüringen geben, den Glauben und die Idee des Nationalsozialismus. Jeder wird mit dem Stempel des Verrats belegt, der es wagt, die Richtigkeit des Nationalismus und des Sozialismus im Zweifel zu ziehen." Das ist vor allem auch eine Drohung gegen die Gerüchte in den eigenen Reihen, denn auch erklärte Sauckel , man solle nicht zweifeln, wenn es langsam gehe. „Es ist viel leichter den Nationalismus zu verwirklichen als den Sozialismu s." Hitler , der am Nachmittag sprach, entwickelte das Erziehungsprogramra seines Reichsstatthalters zur„-- -" noch weiter. Er kündigt an, daß man den Massen, die glaubten, sie könnten sich nicht mehr umstellen, die Kinder nehmen würde, um sie zu dem zu erziehen, was für das deutsche Volk notwendig sei: zur Intoleranz und zum allein seligmachenden Glauben am Nationalsozialismus. Und das alles im Namen der„Erneuerung der Nation". Die fingierten Flugzeuge Ein neuer Göring -Schwindel. Am 23. Juni wurde amtlich gemeldet, daß über Berlin ausländische Flugzeuge unbekannten Typs erschienen seien, die über dem Regierungsviertel und dem Osten Flugblätter mit einem die Reichsregierung beschimpfenden Text abgeworfen hätten. Die ausländischen Flugzeuge hätten unerkannt entkommen können. Man muß beschämend zugestehen, daß man bisher die Intelligenz der im Schwindeln so außerordentlich erfahrenen regierenden Männer Deutschlands wesentlich überschätzt hat. Nur in der Wilhelmstraßc hat man die Flugzeuge beobachtet, die übrigen vier Millionen Einwohner Berlins haben davon weder etwas gehört, noch gesehen. Selbst ausländische Journalisten, die sich um diese Zeit im Regierungsviertel aufgehalten haben, haben von fremden Flugzeugen nichts feststellen können. Auch ihre Versuche, im Osten Berlins irgend jemanden zu entdecken, der ein Flugzeug oder ein Flugblatt gesehen hat, sind völlig ergebnislos geblieben. Die amtlichen
Stellen verschweigen deshalb auch, von wo die Flugzeuge gekommen und wohin sie geflogen sind. Müßten sie doch bei jeder positiven Angabe mit einer Berichtigung des betreffenden Staates rechnen. Das Abwerfen von Flugblättern aus größerer Höhe ist zudem ein so schwieriges Unterfangen, daß schon viele Zentner von Flugblättern dazu gehören, um auch nur wenige an die Stellen gelangen zu lassen, für die sie bestimmt sind. Die Juden und die Radfahrer Wie uns aus Berlin berichtet wird, sind dort verschiedenen Arbeitern die Fahrräder und Motorräder von SA. weggenommen worden mit der Begründung, die Räder könnten zu staatsgefährlichen Zwecken mißbraucht werden. Der Prolet, der mit seiner„Mühle" bisher die Straßenbahn sparte, mag laufen. SA - bestimmt, wer radfahren darf. Sie habens schon immer gesagt, daß an allen Uebeln die Juden und die Radfahrer schuld sind. Die verrücktesten Witze werden bei den Hitlerianern zur Staatspraxis. Bald wird man melden, daß die Kinderroller konfisziert werden, denn auch auf ihnen kann man verbotene Flugblätter befördern. GleidigesdiaUeter Journalismus. Nach der Unterdrückung der gesamten sozialdemokratischen Presse, wodurch mit einem Schlage 15.000 Existenzen vernichtet wurden, und nach der Umwandlung der gesaraten bürgerlichen Presse in Hakenkreuzblätter folgt die Gleichschaltung der Journalistenorganisationen. Zuerst kam der Reichs verband der deutschen Presse an die Reihe, dem der sozialdemokratische Minister Karl Severing zu dem prachtvoUen Hause an der Tiergartenstraße im Berliner Westen verholfen hat. Jetzt hat man auch den Verein Berliner Presse, eine vollkommen unpolitische, rein gesellschaftlich-humanitäre Vereinigung von mehreren hundert, großenteils auch schon bejahrten Ber liner Schriftstellern und Redakteuren im Sinne von Goebbels umgemodelt Zum Vorsitzenden mußte— wie schon vorher im Bezirksverband Berlin des Reichsverbandes der deutschen
Presse— der ehemalige Hauptmann Willi Weiß vom„Völkischen Beobachter" gewählt werden. Durch eine Satzungsänderung wurde dem Vorstand das Recht gegeben„Feinde des nationalen Deutschland " aus der Mitgliederliste zu streichen, womit sie dann zugleich auch den Anspruch auf die satzungsmäßigen Pensionszuschüsse für ihre Hinterbliebenen verlieren. Auf der Tagesordnung hatte auch ein Antrag gestanden, daß Juden und Marxisten nicht mehr aufgenommen werden dürfen. In den Presseberichten über die Hauptversammlung ist von dem Schicksal dieses Antrages nichts zu lesen. Die Haupteinnahme des Vereins Ber liner Presse bildete nämlich seit Jahrzehnten der von ihm veranstaltete Berliner Presse b a 1 1. Offenbar möchte auch die neue Zeitung die reichen Juden auf künftigen Pressebällen nicht missen. WeißgarfHsten und Braunbäusler. Vor einigen Wochen sah man in gleichgeschalteten Bilderblättern die russischen Hakenkreuzler, die sich in Berlin unter hohem Naziprotektorat als„Weiße Garde" aus der Jugend der russischen Emigration gebildet haben. Und nun berichtet der„Daily Herald". daß bereits zweitausend dieser Weißgardisten in Jüterbog ausgebildet werden. Sie haben ihre eigenen Offiziere und ihren russischen Kommandanten. Sobald diese zweitausend ausgebildet sind, sollen andere zweitausend an die Reihe kommen. Als Zweck wird die„Kolonisierung" Osteuropas und Rußlands bezeichnet, welches Ziel Herr Hugenberg in seinem berühmten Memorandum auszuplaudern so indiskret gewesen ist Maul halten, Steuern zahlen! Im Fleischerladen einer Großstadt Mittel deutschlands räsoniert kaufendes Publikum über die steigende Teuerung. Eine Frau erwidert den Schimpfenden:„So habt- ihrs doch gewollt Ihr gebt ja zu, daß Ihr Hitler gewählt habt. Nun löffelt aus, was Ihr Euch eingebrockt!"— Einige Zeit darauf erschienen SA - Leute bei der Kühnen, bedrohten sie und erklärten:„Noch einmal so was und Sie verschwinden in Schutzhaft!" In der gleichen Stadt meuterten In einem Milchladen einige Kunden wegen der teueren Butter. Die Verkäuferin verteidigt sich: „Ich mache doch die Preise nicht! Ihr habt doch das Hakenkreuz gewählt— was kann ich dafür!" Am selben Nachmittag erscheint ein Nazimann in voller Kriegsbemalung, stellt die Geschäftsfrau zur Rede und verkündet ihr: „Wenn Sie noch einmal sowas sagen, wird ihr Laden zugemacht!" Maul halten, stramm stehen, Steuern zahlen! Wer muckst, verschwindet hinter Mauern! Große Zeit für Denunzianten und Lumpen. Büdiergllde in der Schweiz . Die„Gleichschaltung" in Deutschland hat auch die Büchergilde Gutenberg betroffen, die in der Schweiz eine ansehnliche Zahl von Mitgliedern besitzt Nun hat sich eine Genossenschaft Schweizerische Bücher- gilde Gutenberg in Zürich gebildet die den Betrieb für die schweizerischen Mitglieder im bisherigen Sinne, unabhängig von der nun in nationalsozialistischen Händen befindlichen Zentrale weiterführt
Gott und sein Werkzeug Adolf Hitler Der neue Staatskommissar für die evangelischen Landeskirchen Preußens hat folgendes angeordnet: 1. Für die Abwendung des bolschewistischen Chaos schulden wir Gott and seinem Werkzeug Adolf Hitler Dank. Nur das Bestehen der Nation ermöglicht das Bestehen einer Kirche. 2. Der heute bei mir versammelten, gestern ernannten Bevoümdchtigten der evangelischen Kirchenprovinzen und Landeskirchen in Preußen sind beauftragt, die Neubildung der aufgelösten gewählten kirchlichen Vertretungen im Hinblick auf das Ziel einer deutschen evangelischen Kirche durchzuführen. Gleichzeitig übertrage ich auf diese Bevollmächtigten sämtliche Befugnisse aller aus den gewählten kirchlichen Vertretungen hervorgegangenen Ausschüsse. 3. Hit sofortiger Wirkung beurlaube ich den Generalsuperlndententen der Karmark Dr. D. Dibelius. 4. Weitere Anordnungen folgen. Der Kommissär Jäger . Zeitungstarif bew. ra. P. D. ZI. 159i334/VII-1933.