!Eedage des Tleuea V�omäcts Tic. 3 Geist für Tertianer Diditung im Dritten Reich „Aber, Sie wollen doch nicht ganz Deutschland in bezug auf die zu lesenden Bücher als Tertianer und Konfirmandinnen behandelt wissen?... Wohin immer mehr drängte sich unsere schöngeistige Literatur? Schließlich hätte jedes geschriebene Buch den Regierungen abgeliefert werden müssen, damit der Provinzialschulrat sein endgültiges Urteil gäbe— vielleicht in dem Sinne, daß er sich die ganze Welt als ein Seminar gedacht hätte. Dann wäre nur das in unsere Hände gekommen, was ein Seminarist lesen darf." (Detlev von Liliencron in Hummelsbüttel ".) „Breide Herrlich soll, so hat Herr Hitler verheißen, im Dritetn Reich die nationale Kunst und Dichtung auferstehen und die„internationale Asphaltliteratur" vernichten. Also kamen die besten Namen und Werke deutscher Dichtung— Ausländer wurden geschont— auf den Scheiterhaufen. Das besorgten geistverlassene Braunhemden, man brauchte dabei keinen van der Lübbe zu bemühen. Die Bahn für gesinnungstüchtigen Dilletantismus ist frei, und er tobt sich bereits so aus, daß jüngst einer der nationalsozialistischen Zionswäch- ter seine Stimme dagegen erheben mußte: derselbe Mann, der u. a. durch einen Kitschroman berüchtigt wurde, in dem er sein sattsam bekannt gewordenes Nestbild vom Vogelmännchen und Vogelweibchen als vorbildlich für die deutsche Ehe erklärte. Der Prodagandaminister? Jawohl, Herr Goebbels selbst In einer Rede, die durch deutsche Blätter ging, donnerte er gegen Filme,„die mit der nationalen Erhebung Geschäfte machen": man müsse die Heldendichterei Berufenen überlassen. Die seit dem 5. März erschienenen nationalen Kitschfilme machten nämlich schlechte Geschäfte. Wenn in Filmen wie den„Schwarzen Sturmfahnen", einem Bauernfilm, immer wieder nur Hitlers Bild als Apotheose und Pointe über den Sturm- falinen auftaucht— wer hält diesen Kampf gegen die Kinobesucher auf die Dauer aus? Die Kinos nicht! Die Kassenrapporte waren entsetzlich, die„nationalen Befreiungswerke" lockten den Pleitegeier über die Filmhäuser. Darum Goebbels Notschrei. Eine deutsche Filmbank wurde gegründet; sie steht unter nationalsozialistischem Protektorat und will mit der„ver- judeten Asphaltproduktion" gute Geschäfte machen, um den nationalen Kitschfilm zu finanzieren. Und so wird man denn nach den bisherigen Ankündigungen in den deut- Der Meisterdieb Ein neudeutsches Märchen. Von Robert. Wieder einmal, wie alljährlich im Mai, versammelten sich die großen Diebe der Erde. damit der Würdigste unter ihnen den Preis der Hölle empfange. Woher sie Termin und Ort des Stelldicheins kennen, das weiß der Teufel. Tatsache ist, daß alle großen Diebe darum wissen und durch geheime Botschaften orientiert werden. Ringsum dämmerten Maienblüten, Jahrgang 1933, in verschwenderischer Uepplgkeit durch das Abenddunkel, als Mephisto wie aus dem Boden gewachsen vor seiner stattlichen Meisterschar auftauchte. Ein rascher Blick auf die Gesichter genügte ihm— und schon sonderte er die großen Gauner von den kleineren. „Gehe jeglicher wieder an seinen Ratz und diene der Hölle!"— entließ er den großen Haufen der Einbrecher und Geldschrankknak- ker, der Raubmörder und Fassadenkletterer. Nur drei blieben auf dem Plan.„Euch, meine lieben Burschen, seh ich's an den Gesichtern an, daß Ihr mir Großes zu berichten habt Wer vor Euch maßt sich an, den großen Jahrespreis der Hölle verdient zu haben?" Syrock Beelzebub und musterte die Drei. Da trat der Erste vor, neigte sich, schlug den Mantel zurück und ließ diamantene Fülle im Mondlicht blitzen:„Siehe, Fürst der Hölle, diese Monstranz holte ich während des Gottesdienstes in einer von Tausenden erfüllten Kirche vom Altar." Grinsend und mit triumphierendem Siegerlächeln ging er auf seinen Ratz zurück. sehen Kinos bald verruchte jüdische Geschäftsfilme— verfertigt von Juden wie Neufels, Rabinowitsch, Eis, Katscher etc.— neben Kitschfilmen der„nationalen Erhebung" sehen wie„S- A.-Mann Brand",„Hitlerjunge Quex " oder den Horst-Wesselfilm„Es geht ein Lied um die Welt". Wobei zugegeben werden soll, daß der letztere spannend und packend werden könnte, wenn man darin das Zuhältermilieu zeigte, in dem sich Horst Wessel bewegte, die Straßendirne, die er mit kommunistischen Bewerbern teilte und die allerhand verpfiff, was dem Hitlerjüngling schließlich zum Verderben wurde. Aber auf solche Zerstörung der Horst-Wessel-Legende wird man leider verzichten und dafür wiederum eins jener großen Lügenbilder aufmachen, an denen die Welt des Hakenkreuzes überreich ist. Auch der Funk läßt sich nicht lumpen— echte Dichtung ist daraus verbannt. Militärhörspiel und patriotische Unkunst triumphieren. Wobei auffällig und typisch ist, wie rasch die freiwilligen und unfreiwilligen Wächter der gleichgeschalteten Dichtung ihre deutsche Muttersprache verlernen. Otto Heinz Jahn , gegenwärtig Dramaturg des Deutschlandsenders, wagt in seinem Programm folgenden Schwulst: „Aus den vielen Vergehen der Kunst wird jetzt das einzige Geschehen der Kunst im Aufruf des deutschen Gewissens..." Wie soll man auch ein Programm klar darlegen, das auf völlige Vernichtung des Geistes und der künstlerischen Freiheit ausgeht und die Diktatur des blutigsten Dilletantismus über die Stätten der Kunst und Dichtung verhängtl Seit einigen Wochen wird das deutsche Theater gegängelt von einer so zusagen staatlichen„Dramaturgischen Zentralstelle", die den Bühnen nationalen Schmuß und Hakenkreuzmist aufzunötigen sucht. Gutgesinnte Nichtskönner und handwerkmäßige Verfertiger neudeutscher Heldendramen, über die noch vor Monaten jeder, ehrliche Dramaturg lachte, sollen durch solchen Druck endlich auf das Publikum losgelassen werden und Liliencrons Befürchtung wandelt sich zwanzig Jahre nach seinem Tode zur traurigen Wahrheit: das deutsche Publikum wird wie ein Volk von Tertianern und Konfirmandinnen behandelt. Verstaubte Dilletantenschubladen öffnen und die Theaterleute bekreuzigen Da nahte sich der Zweite und, frech wie er war, ohne Verbeugung und Einleitung, donnerte er im Bierbaß:„Mußt du nicht lachen, oh Mephisto? Wer hat die Kirche noch nicht bestohlen? Und dessen rühmt sich dieser Stümper! Da, seht mich an! Der afrikanische Sultan Habibima besaß den prächtigsten Thronsessel des schwarzen Erdteils, aus Elfenbein geschnitzt, diamantengeschmückt. Während er in diesem Wunderwerk schlief, stahl ich ihm das Ding unterm Arsch weg und schob ihm einen alten zerlöcherten Rohrstuhl, für den meine Base keinen Schilling gegeben hätte, unter den speckigen Hintern." „Gut, gut," lächelte der Teufel,„wacker, wacker, mein Sohn! Mir scheint, das mit dem Höllenpreis ist entschieden. Wer will dir die Krone der Gaunerei streitig machen?" „Ich!" rief der Dritte, und der kleine unscheinbare Wicht sprang mit beiden Beinen in den Kreis.„Was ist das schon; Monstranz, Thronsessel und andere leblose Nichtigkeiten zu ergattern? Davon, daß meine Bande vielen Millionen Arbeitern ihre Volkshäuser und Zeltungen raubte, will ich gar kein Wesens machen. Mit solchem Blech gibt sich der kleine Hinkende nicht ab. Ich stahl den Menschen das, was sie zu den Herren der Erde gemacht, das, wovon unsereiner zu wenig hat— nämlich Geist, Ideale, Ideen. Niemand wird es grimmiger bejubeln, als du, ob Herrscher der Unterwelt! Ich stahl einer großen, mächtigen internationalen Bewegung den Namen ihrer Idee und machte ein Firmenschild, ein Reklaraeplakat für uns daraus.„Sozialismus" stand darauf. Meine Bande stahl den Arbeitern die besten ihrer Lieder und ließ auf die Melodien blutige Hannentexte dichten, deren sich des sich. Schlageterdramen, die diesen Spion und Verräter seiner Kameraden als Nationalheiligen auf die Bretter stellen, prasseln über Bühnen, vor denen das Publikum fehlt. Ein großer Berliner Verlag, der sich noch vor Monaten solcher Geschäfte geschämt hätte, vertreibt ein Schmierenstück„Der braune Soldat", verfertigt von einem bisher mit Recht durchaus unbekannten Christian Hilker. In verlogener Schwarzweißmanier steht darin der Kommunist neben dem Nazi; der erstere ein Schwein, der letztere ein braunhemdiger edler Heldenjüngling. Theaterdirektoren werden von der„Zentralstelle" ersucht, sich mit solchem Mist einzudecken, wenn sie es mit Deutschlands neuen Herren nicht verderben wollen. Bei den meisten dürfte die Pleite angesichts solcher Miß handlung des Spielplans ohnehin nicht lange auf sich warten lassen. Bald werden hakenkreuzlerische Hei denromane, rieben denen die Bücher der seligen Marlitt geradezu gestalterisch und lebenswahr wirken, den Buchhandel über schwemmen. Von der Blutlyrik, wie sie sich bisher in Naziblättern austobte, nicht zu reden. Mit der deutschen Freiheit wanderte die Dichtung freier Geister— soweit es sich, wie gesagt, nicht um gewisse Ausländer handelt— auf den Scheiterhaufen, gesinnungstüchtiger Kitsch und neubyzantinischer Schund beherrschen das deutsche Feld. Dieser Tage fiel mir eine Zeichnung Goyas in die Hände: ein Esel sitzt vor einem aufgeschlagenen Buch, auf dessen Blättern sich Esel an Esel reiht Und mit Erschütterung erkannte ich das geistige Bild Hitlerdeutschlands: dem„Volk der Dichter und Denker" wird von staatswe gen eine Literatur aufoktroyiert, die von Eseln für Esel fabriziert ist. Bruno Brandy. Wer Ist illegal? Das Wort„illegal" stammt aus dem Sprachschatz der obrigkeit -staatlichen Polizei und heißt, aus dem Lateinischen ins Deutsche tibersetzt,„ungesetzlich". Leider ist es gelungen, dieses Wort auch in die Sprache der Sozialisten einzuschmuggeln. Man spricht von„illegaler Arbeit" und nennt sich wohl selber mit Stolz „illegal". Nun ist aber die Anwendung dieses Ausdrucks auf die gegenwärtige Arbeit Teufels Großmutter in ihren gemeinsten Stunden nicht zu schämen brauchte. Ich stahl dem Proletariat der Welt den 1. Mai und machte den Tag der nationalen Maskerade daraus; ich stahl den Friedensfreunden die Worte vom Mund und formte eine große Lüge zur Tarnung militärischer Rüstungen daraus. Ich stahl u „Halt ein!" fuhr der Teufel entsetzt dazwischen.„Wer sind sie, Herr?" und er konzentrierte sich nach rückwärts, starrte auf den Klumpfuß, auf das kleine, verkniffene Rattengesicht, auf die große, höckrige, mißgestaltete Nase und frug:„Herr, sind sie nicht der Propagandachef und Einpeitscher von—--" Jäh brach der Teufel ab, nahm den Schwanz über den Arm, spie aus, barg die zwei andern Gauner unter seinem Mantel. „Kommt, meine wackeren Jungens, mit dem will selbst der Teufel nichts zu tun haben." Und entschwand..... An einen deutschen Ar heiter jungen! Nicht weinen, mein Junge, es ist gescheh'n! Du kannst deinen Vater nicht wiederseh'n. Sie haben ihn auf der Flucht erschossen. Junge, einen unserer besten Genossen! Auf der Flucht erschossen! Junge! Du weißt! Sie haben dir schon gesagt, was das heißt! Zwei Kugeln von vorn, in die Stirn, in die Lunge. Sie haben Ihn hingerichtet, mein Junge! Du siehst mich an so entsetzten Gesichts! Sei tapfer, mein Kind, ich erspare dir nichts! der Sozialdemokratie eine groteske Umkehrung aller Begriffe. Illegal sind nicht wir und unsere Bestrebungen. Illegal, wider Verfassung, Gesetz und alle menschlichen Begriffe von Recht und Gerechtigkeit, sind die Zustände, die heute in Deutschland herrschen, und Gesetzesbrecher, Rechtsbrecher sind nicht wir, sondern es sind die Leute, die diese Zustände herbeigeführt haben. Wenn wir mit allen Mitteln, die uns zweckmäßig erscheinen, diese ungesetzlichen, rechtswidrigen Zustände zu ändern bestrebt sind— sind w i r deshalb illegal? Nein, wir sind im Kampfe gegen die Illegalität der deutschen Zustände. Vorkämpfer einer neuen Legalität, die die ursprünglichsten Begriffe von Recht, Anstand und menschlicher Gesittung wieder zur Geltung bringen will. Sind wir etwa„illegal", wenn wir das Recht, über die deutschen Zustände unsere Meinung zu sagen und diese Meinung in Deutschland zu verbreiten, für uns in Anspruch nehmen? Nein, wir nehmen uns nur das Recht wieder, das man uns verbrecherischer Weise raubte, als man unsere Presse verbot mit der bewußt erlogenen Begründung, der Reichstagsbrandstifter habe im Einverenhmen mit uns gehandelt. Und soll es gar„illegal" sein, wenn wir das Eigentum der Arbeiterbewegung vor Räubern zu schützen, es seinen ursprünglichen Zwecken zu erhalten bestrebt sind? Seit wann handelt der Dieb„legal" und der Bestohlene„illegal"? Wollten wir uns selber als die„Illegalen", die„Ungesetzlichen" bezeichnen, so würden wir damit die Hitler, G ö r i n g und ihre Spießgesellen als die„Legalen", die„Gesetzlichen" anerkennen, die sie nicht sind und gar nicht einmal sein wollen. Erklären sie doch selbst die Vernichtung der bisherigen Legalität für ihre geschichtliche Aufgabe. Zur Schaffung eines neuen Zustandes der Gesetzlichkeit sind sie aber noch nicht gekommen, und alles was sie tun, ist verbrecherische Willkür. Lassen wir uns also nicht durch den gedankenlosen Gebrauch eines gefährlichen Wortes in eine falsche Stellung drängen! Alles was wir tun, beruht auf Gesetz und Recht und gilt dem Kampf für die Herstellung einer gerechten menschenwürdigen Rechtsordnung. Nicht wir sondern unsere Feinde sind illegal! Sie haben ihn wie einen Hund geschunden! Er hat den qualvollsten Tod gefunden! Als sie ihn holten, da hast du geschrien. Und als er dich streichelte, schlugen sie ihn. Er konnte kein Wort des Abschieds mehr sagen. Sie hatten ihm schon den Mund zerschlagen. Sie schlugen auf ihn drei Tage lang, Bis daß ihm die Haut auseinandersprang. Zittre nicht, Junge! Du mußt es erfahren! Ich will dir das Schrecklichste nicht ersparen! Sie setzten ihm das Gewehr auf die Brust. Aus blutendem Mund hat er singen gemußt. Ihre Mordbrennerlieder mußte er singen, Auf blutenden Füßen mußte er springen! Und säh'st du heute sein totes Gesicht, Du würdest schreien, du kennst ihn nicht! Geschunden, zertreten, zerrissen, zerschossen! Junge, einen unserer besten Genossen! Wir trauern nicht. Junge, das ist nicht gut! Jetzt nichts mehr fühlen als bennendc Wut! Und diese Glut darf nie mehr erkalten! Für den Tag, wo wir Abrechnung halten! Erhard Winzer. Sie wollen nidit Hitler heißen Fünf Familien in der Tschechoslowakei haben, wie tschechische Blätter berichten, in der letzten Zeit bei den zuständigen Behörden um die Erlaubnis ersucht, ihren bisherigen Namen Hitler ablegen zu ddrfen. Von diesen fünf Familien sind drei indisch, während die beiden anderen es nach ihrer eigenen Angabe nicht sind.
Ausgabe
1 (2.7.1933) 3
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