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933.
Redaktion und Verlag: Karlsbad, Haus„ Graphia" Fernsprecher Nr. 1081.
Herausgeber : Ernst Sattler, Karlsbad. Verantwortlicher Redakteur : Wenzel Horn, Karlsbad.
Druck:„ Graphia", Karlsbad.
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Neuer
Vorwärts
Sozialdemokratisches Wochenblatt
SONNTAG
6. August 1933
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24.
Hitler und der Bolschewismus
Aus durchsichtigen Gründen lanciert das Hitlerregime die Meldung in die Welt, daß in Deutschland eine riesige unterirdische Arbeit der Kommunisten begonnen hätte. Man spricht von tausenden geheimen Versammlungen und Millionen Flugblättern. Alle NSDAP- Organisationen wurden eingesetzt, um die Bewegung zu ersticken. In Wirklichkeit ist es die gewaltig zunehmende Ablehnung des Hitlerregimes im ganzen Volk einschließlich der eigenen Anhänger, die in Berlin eine gesteigerte Nervosität hervorruft. Um das Bürgertum bei der Stange zu halten und um im Ausland Stimmung für sich zu machen, schwenkt Hitler den bolschewistischen Popanz. Ein Teil der Auslandspresse ist schon auf dieses Manöver hereingefallen.
In Deutschland herrscht der Bolsche-] Manche könnten vielleicht meinen, es sei nationalen Gedanken und nicht einmal, als etwa Hitler ihnen di se Freiheit gegeben? wismus des Kapitals. Alles, was uns der nationale Gedanke, der hier gegen Ganzes genommen, das Privateigentum. Hat er sie ihnen nicht vielmehr genommen? deutschen Sozialdemokraten am russischen den internationalen Geist zum EntscheidungsWas er gegen den Bolschewismus verteiIn Deutschland ist heute alles, was vordem Bolschewismus wert schien, bekämpft zu wer- kampi antrete. Aber das ist sicherlich falsch. den, steht in höchster Blüte. Wie in Rußland, Denn was immer man dem Bolschewismus digt ist einzig und allein das Privateigen- wert war, gegen den Bolschewismus vertei gibt es auch in Deutschland keine frei gewählte vorwerfen darf, antinational und antimilitari- tum der besitzenden Klassen. Und digt zu werden, restlos bolschewisiert. Das ist Volksvertretung mehr, keine politische Gleich- stisch ist er ganz gewiß nicht! hier erst liegt der wirkliche Unterschied zwi- das Werk der Nationalsozialisten. Sie haben berechtigung, keine unparteiische Justiz, keine schen den beiden Systemen. Während der Bol- dem deutschen Volk nichts von den BedrängRede-, keine Presse-, keine VersammlungsOder liegt der Unterschied etwa darin, daß der schewismus in Rußland die privilegierte Stel- nissen erspart, die es unter der schlimmsten freiheit. Die menschliche Einzelper- Nationalsozialismus im Gegensatz zum Bolsche- lung der vormals herrschenden Klassen und bolschewistischen Schreckensherrschaft hätte son, ihre Freiheit und ihr Leben wismus das Privateigentum respektiert? diese selbst vernichtet hat, sieht die Hitler- erleiden können. Sie haben auf diese Weise für eine Schlacht gewonnen. gelten nichts. Blutiger Terror regiert. Er Auch das kann es nicht sein. Hat nicht der Na- regierung ihre Aufgabe darin, Junker und Groß- die Kapital enkla regiert so gründlich, daß an seinen Leistungen tionalsozialismus Häuser, Maschinen, Grund- bürger in die Herrschaft zurückzuführen, aus Aber nicht allein gegen den Bolschewismus gemessen, alles, was sich deutsche Spießbür- stücke, nebst allem, was dazu gehört, rück - der sie die deutsche Arbeiterklasse verdrängt und die KPD., sondern gegen die ganze Arbeiterklasse und gegen den großen Gedanken des ger über wirkliche oder angebliche Schandtaten sichtslos ihren Besitzern weggenommen, ohne hatte. sich im mindesten um das bürgerliche Recht demokratischen Sozialismus. des Max Hölz oder des Bela Khun erzählten, Der Bolschewismus hat die Herrschaft der| zu kümmern? Nein, auch in der grundsätz- Großgrundbesitzer und der Kapitalisten in harmlos erscheint. Als der Kapp- Putsch in den letzten Zügen In allen seinen Methoden ist das Hitler- lichen Stellung zum Privateigentum kann der Rußland vernichtet. Wer macht ihm einen Vor- lag, erfand der Generalstab dieser Putsch- ReUnterschied nicht liegen. regiment mehr als bolschewistisch. Um so wurf daraus? Nicht die Arbeiter, sondern nur gierung als letzte Lüge die Nachricht von einer grotesker erscheint sein Anspruch, Deutschland Was verteidigt also Hitler gegen den Bol- die Kapitalisten und die Großgrundbesitzer der bclschewistischen Armee, die vom Norden Berund die Welt gegen den Bolschewismus zu schewismus? Nicht das Menschenrecht der übrigen Welt. Was ihm die Arbeiter vorwer- lins her nach dem Stadtzentrum marschieren verteidigen. Was ist denn das eigent- freien Persönlichkeit, nicht die tausendjährigen fen, ist etwas ganz anderes, nämlich, sollte. Die Putschisten hofften mit lich, was da verteldigt werden hohen Güter der Kultur, nicht die Rede-, die daß er ihnen nicht die Freiheit gegeben Angstparole das Bürgertum noch einmal samPresse-, die Vereinigungsfreiheit, nicht den hat, die er ihnen versprochen hatte. Aber hat meln und ihre Herrschaft verlängern zu kön
soll?
Paul Löbe, der ehemalige Reichstagspräsident, in dessen Hände der Reichspräsldent Hindenburg den Eld abgelegt hat, die Verfassung zu achten und zu schützen, I sitzt in Schutzhaft . Nun hat sich Frau Löbe an Hindenburg um Hilfe gewendet und von ihm die Antwort erhalten, daß er die Verhaftung ihres Mannes außerordentlich bedaure. Sie möge versichert sein, daß er nach wie vor an der Lauterkeit Löbes keinerlei Zweifel hege. Er habe sich mit dem Reichskanz
ler in Verbindung gesetzt, um die Enthaftung ihres Mannes zu erwirken.
So welt der Brief, wie Ihn ein bürgerliches Blatt wiedergibt. Der Brief Ist bereits vor 14 Tagen geschrieben worden, aber die Tatsache, daß Paul Löbe nach wie vor in der Gefängniszelle sitzt, bewelst deutlich, daß die Hitler und Göring auf die Intervention des Reichspräsidenten einfach gepfiffen haben. Und diesen Gesellen haben Hindenburg senior und Hindenburg junior die Macht in die Hände gespielt.
Ein Rechtsstaat? Ein Räuberstaat, in dem selbst das höchste Oberhaupt des Staates nichts mehr zu sagen hat. Es fehlt nur noch, daß man für die Enthaftung unschuldiger Menschen Lösegeld nimmt.
Wir buchen auch diese Schande für den Tag der Abrechnung. BERT
Der Herrscher des Dritten Reichs
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Nach derselben Methode arbeitet auch jetzt die nationalsozialistische Propaganda. Sie tut so, als gäbe es auf der ganzen Welt keine andere Gefahr als die des Bolschewismus, und als hätte das dritte Reich keinen anderen Gegner als die kommunistische Partei. Sie spekuliert darauf, daß die enttäuschten Mittelklassen sich trotz alledem geduldig der Miẞwirtschaft Hitlers fügen werden, wenn keine andere Kraft der Ablösung zu sehen ist als die des Bolschewismus.
Durch die Behauptung, es gäbe zwischen ihm und dem Bolschewismus kein Drittes mehr, glaubt der Nationalsozialismus seine Herrschaft verewigen zu können. Um so notwendiger ist es, dieser Behauptung entgegenzutreten und sle zu widerlegen. Zwischen Nationalsozialismus und Bolschewismus gibt es ein Drittes, und das ist der demokratische Sozialismus, für den die große Mehrheit der Arbeiterklasse Europas mit leidenschaftlicher Ueberzeugung kämpft.
Die Vernichtung des Kapitalismus ist auch unser Ziel. Wir wollen sie, um durch sie die Freiheit des arbeitenden Volkes zu verwirklichen, die im bolschewistischen Rußland noch nicht erreicht ist und die mit den Methoden, die dem Bolschewismus und dem Nationalsozialismus gemeinsam sind, auch nicht erreicht werden kann.
Wir wissen genau, daß der Weg, der aus der Hölle des dritten Reichs in das Reich sozialistischer Freiheit führt, nicht mit Rosen und nicht mit Friedenspalmen bestreut ist. Es wird ein harter, blutiger Weg sein. Gewalt wird gegen Gewalt stehen. Menschenrechte wird es erst wieder geben dürfen, wenn es keine Bestien in Menschengestalt mehr geben wird, die sie schändlich mißbrauchen. Die Herrschaft der besitzenden Klassen, die der Faschismus in ihrer brutalsten Form wieder aufgerichtet hat, wird mit den brutalsten Mitteln zerschlagen werden müssen und so gründlich, daß keine Spur mehr von ihr übrig bleibt. Wenn aber dieses Werk getan ist, dann wird auch der Tag kommen, an dem die Gewaltherrschaft in jeder Form verschwindet und sich der Weg öffnet, der ins Freie führt