nnmöglich erscheinen. Der Monopolkapitalismus hat die alten hormen des Wirtschaftsliberalismus längst gesprengt und damit den demokratischen Mutterboden des Bürgerturas zerschlagen. Demokratie ist der Bourgeoisie ein fremder und gefährlicher Begriff gewoiden. Das sozialistische Proletariat Deutschlands hat darum und nach diesen Erfahrungen den Glauben an die bürgerliche Demokratie verloren. Es strebt zu neuem Land mit neuen Parolen. Und wie sind die Perspektiven? Der Zusammenbruch des Faschismus wjrd in nicht zu ferner Zeit unabwendbar sein,«weil er ohne sozialistische Mittel und Wege aus dem kapitalistischen Weltbankrott und seinen Widersprüchen nicht herauskommt. Flüchtet sich die braune Barbarei in eine monarchistische Restauration, so wird selbst ein Hohen- zollernthron das Ende der hakenkreuzJeri- schen Selbstherrschaft sein, denn das Hakenkreuz würde die Herrschaft mit Thron, Generälen, Junkern und Großkapitalisten teilen müssen, und dieser Konkurrenzkampf geht ohne Buhlen um die Volksgunsl nicht ab. Solche Gegensätze aber haben bisher noch immer neue Volksrechte, neue politische Bewegungsmöglichkelten geboren. Wenn das Proletariat aus der Traufe der Despotie nicht in den Regen eines neuen Halbabsolutismus geraten will, muß es jede neue Halb- freiheit benützen, um die ganze zu erobern. Niemand nimmt dem Proletariat den Kampf um den Sozialismus ab, und selbst bescheidene Ansätze zu neuen Wirtschaftsformen sind nach den bisherigen politischen Proben des deutschen Bürgertums ohne diktatorische Eingriffe nicht durchzusetzen. Das ist im Laufe seines Regimes auch Herrn Brüning klar- geworden. Gibt es jedoch keine bürgerliche Re/1- dlerung der braunen Barbarei, führt die Entwicklung zum offenen Kampfe der unterdrückten Massen gegen den braunen Cäsarismus, siegen sie in einer kommenden Revolution, so wird diese klare, sozialistische Parolen haben, die eine Rückkehr nach Weimar nicht gestatten. Denn eine sozialistische Revolution müßte mehr nachholen, als 1518 verpaßt wurde, müßte die wirtschaftliche Uebermacht des Kraut- und Schlotjunkertums"beseitigen, um sich zu behaupten, müßte Verwaltung. Wehrsystem, Justiz, Polizei etc. völlig und sozialistisch umgestalten, um die sozialistische Demokratie vorzubereiten und aus der politischen Gleichberechtigung auch die wirtschaftliche erstehen zu lassen. Glaubt jemand, daß dies ohne diktatorische Eingriffe möglich ist? Mag man das nun periodische Diktatur des Proletariats, außenparlamentarische Maßnahmen, revolutionäre Demokratie oder sonstwie nennen— die Rückeroberung der staatsbürgerlichen Freiheit von ehedem kann dem sozialistischen Proletariat Deutschlands angesichts der revolutionären Aufgaben, vor denen die Massen stehen, als Kampfparole nicht mehr genügen- An diesen Tatsachen läßt sich nicht rütteln. Anders liegt es für J e n e Länder, die sich der politischen Menschenrechte noch erfreuen. Hier hat der Kampf für Demokratie noch seinen historischen Sinn, so lange die Chance besteht und der Glaube gerechtfertigt ist, mit parlamentarischen Mitteln und einer parlamentarisch kontrollierten Staatsführung die Krisennot zu lindern, neue Kriegsgefahren zu bannen und das Bürgertum auf den Weg zum Staatskapitalismus, der Vorstufe sozialistischer Wirtschaft, zu drängen. Und das denkfähige Bürgertum in diesen Ländern sollte— von den Geboten der Menschlichkeit ganz abgesehen— aus dem Dilemma des deutschen Bürgers lernen, der heute zwischen zwei Feuern steht: der bestialischen braunen Barbarei und der wachsenden, blutigen Rache- und Vergeltungswut unterdrückter Massen, die 1918 die unblutigste, menschlichste Umwälzung vollzogen und denen der Faschismus jeglichen Glauben an Menschlichkeit und Menschenrechte verhöhnt, gemordet, zerprügelt hat. B, Br. Epppesser Der für den Arbeiter-Turn- und Sportbund eingesetzte„Treuhänder" Wiebols, Leipzig, verlangt jetzt von den aufgelösten Vereinen die Bezahlung der Bundesbeiträge für das zweite Vierteljahr: Er macht die früheren Funktionäre für die Bezahlung verantwortlich. Dieser Herr nennt sich„Rechts"anwalt Nach seinen eigenen Mitteilungen hat er bereits 14.000 Mark von den aufgelösten Vereinen erpreßt. Das W eltgewissen Die 11. Internationale gegen die braune Bestialität— für die sozialistische Revolution.—- Die Sozialisten aller Länder lehnen Erleichterungen für Deutschland ab „Eine Revision der Verträge müs- sen wir einem Hitlerdeutschland verweigern." Der engl. Delegierte Dal ton. Aus Paris wird uns berichtet: Die Verhandlungen des Kongresses der II. Internationale sind zur Stunde, da diese Zeilen geschrieben werden, noch nicht abgeschlossen, aber man darf nach dem jetzigen Verlaufe der Debatten bereits sagen, daß sich diese sozialistische Konferenz von den früheren durch den Willen zu un verschleierter Kritik unterscheidet Im Mittelpunkt stehen die Lehren des letzten Jahres, die Fragen veränderter Taktik. Alle Redner setzten sich scharf mit dem neudeutschen Hunnen- tum auseinander. Vandervelde spricht von den „tollen Hunden Europas " die man außerhalb des für Menschen geltenden Rechtes stellen solle. D a 1 1 o n, der Sprecher der englischen Partei, stellte fest: Die Verachtung, die das ganze Hitlerregime in ganz England finde, sei unvorstellbar groß. Auch er forderte, wie andere, Boykott der deut schen Waren. Die geheimen Rüstungen Deutschlands gehörten vor den Völkerbund. Es war vorauszusehen, daß die Frage D e- raokratie oder Diktatur unter neuen Gesichtspunkten behandelt werden mußte, auch In diesem Falle setzten sich die meisten Redner für neue Formulierungen ein. Friedrich Adler betonte den Wert der Demokratie, aber in den Ländern wo sie unterlegen ist, müsse das Proletariat zu revolutionären Mitten greifen. Die Revolution gegen das Hitlertum in Deutschland könne nur eine sozialistische Revolution sein, nicht eine Wiederherstellung von Weimar . Otto Weis setzte sich mit der an der deutschen Sozialdemokratie geübten Kritik auseinander: Wir sagen selbst, daß von uns Fehler gemacht worden sind, aber man müsse auch feststellen, daß im Kampfe des demokratischen Deutschlands gegen die Härten, des Versallier- Vertrages ganz Europa und auch die International« versagt habe. Wels schloß mit einem wuchtigen Bekenntnis zu dem heroischen Kampfe, den die besten unserer Anhänger In Hitlerdeutschland gegenwärtig zn durchleiden haben. Der rechte FHigel des französischen Sozialismus, der mehr Berücksichtigung nationaler Stimmungen fordert, hatte keinen leichten Stand. Die überwiegende Mehrheit des Kongresses war für stärkere Betonung der internationalen Interessen aller Völker, und stellte sich damit auf den Boden der Ausführungen Leon Blums . Da der Kampf gegen den Faschismus die Zusammenfassung aller sozialistischen und proletarischen Kräfte verlangt, beschäftigte sich die Debatte mehrfach mit der wirren Taktik der Kommunisten. Alle Redner waren sich darin einig, daß die kommunistische Spaltermethoden eine Begünstigung der faschistischen Bewegung sind und bleiben. Gerade darum muß immer wieder versucht werden, zu einer wahren proletarischen Einheitsfront gegen den Faschismus zu gelangen. Pietro N e n n i berührte einen Punkt, den auch jeder ehrliche kommunistische Arbeiter als peinlich empfindet, als er ausrief: Ist es möglich, daß man in Moskau , wo man Freundschaftsverträge mit dem Polen Pilsudskis und dem Italien Mussolinis, keine Freundschaltsverträge mit dem sozialistischen Proletariat sebiießen will? Gleichzeitig stellte der italienische Genosse den Antrag, die Sozialistische Arbeiter-Internationale solle die Kommunistische Internatio nale zu einer Konferenz zwecks Besprechung der Möglichkeiten einer gemeinsamen Aktion einladen. Auch Leon Blum unterstützte diesen Antrag und wünschte eine baldige Vereinigung zwischen der II. und III. Internationale. Die Zwischenrufe von verschiedenen Bänken ließen keinen Zweifel darüber, daß man solchen schönen Wunsch leider heute noch als schöne Illusion betrachten müsse. Der elsässische Abgeordnete Grumbach verwies auf den Straßburger Streik bei dem die Kommunisten ihr altes Doppelspiel gegen die Sozialdemokraten spielten. Genosse Aufhäuser äußerte ebenfalls seine Zweifel bezüglich eines Entgegenkommens irgend einer kommunistischen Instanz. Die Einheit der Front werde sich durch die Notwendigkeiten des Kampfes herausbilden müssen. Der Verlauf der Debatte bewies vor allem den unbrechbaren Kampfeswillen der Sozialdemokraten aller Länder. Ein Willenszentrum zur Ueberwindung des Faschismus ist entstanden. Rückblicke auf das letzte Jahr zeigen auch, daß der internationale Faschismus nicht nur Erfolge.- sondern auch schwere M I ß- erfolge und Rückschläge zu buchen hat. Unsere spanischen Genossen eroberten die demokratische Republik und hielten sie bisher gegen alle konterrevolutionären Putschversuche. Unsere finnischen Genossen haben den Faschismus zurückgeschlagen und in ganz West- und Nordwest-Europa gibt es keine Diktatur und wird es auch keine geben, wie Dalton mit Recht betonte. Der Pariser sozialistische Kongreß wird dem internationalen Kampfe gegen Bestialität und reaktionäres Cäsarentum neue Impulse, neue Antriebe geben, und wird mit seinem kämpferischen Appell lauten Widerhall in den Herzen aller sozialistischen Proletarier, aller freiheitlichen Menschen der Welt finden. Herzlldi willkommen! Fremdenwerbung im Dritten Reich „Germany wants to see you!"(Deutsch land wünscht sie zu sehen), so liest mans im Ausland auf bunten, einladenden Plakaten; und Im III. Reich geschieht alles, um Fremden den Aufenthalt Im Land des braunen Schreckens zu versüßen. Da kommts mit einem Male nicht mehr auf die Rasse— nur noch auf die Kasse an, und auch jüdisches Geld stinkt nicht, man muß es nur haben. Ein Jude aus der Tschechoslo wakei fragte beim Leipziger Messeamt an, ob er zur Herbstmesse gefahrlos nach Deutschland reisen könne. Die Antwort(sie liegt uns im Original vor) ist: eine einzige Geste der Zärtlichkeit! „Wir werden Sie herzlich willkommen heißen... Es spielt durchaus keine Rolle, daß Sie Jude sind... In Leipzig ist jeder Ausländer, ganz gleich welchen Glaubens, welcher Rasse und welcher Nation er auch sei, willkommen... Können Ihnen auf das bestimmteste versichern, daß Sie den Schutz der sämtlichen deut schen Behörden genießen werden... Dabei ist gleichzeitig die Bevölkerung darauf hingewiesen worden, daß jeder Ausländer ohne Unterschied der Nation, des Glaubens und der Rasse hier zuvorkom- willkommen und auf das mendste zu behandeln ist." Denn die neudeutsche Ehre gebietet, daß in Deutschland nur deutsche Volksgenossen mißhandelt werden dürfen. Aber manchmal geschieht es versehentlich, daß Ausländer mit Einheimischen verwechselt werden— solche Fälle landen dann gewöhnlich vor den zuständigen Konsulaten und enden mit einer„Genugtuung" der deutschen Regierung. Der amerikanische Arzt Mr. Daniel M u I v i 1 h i 1 1 z. B., der es vor einigen Tagen verabsäumte, den rechten Arm emporzu recken, als während einer Aufnahme zum Horst-Wesel-Film eine SA- Kolonne durchs Brandenburger Tor zu Berlin marschierte, wurde von einem Braunhemd heftig ins Gesicht geschlagen. Das amerikanische Konsulat ließ daraufhin ziemlich deutlich durchblicken, daß solche Spässe üble Folgen für den deut schen Fremdenverkehr haben könnten. Man werde in Washington dazu übergehen müssen, Deutschlaudreisende zu warnen. Sofort beeilte sich die Hitler-Regierung, den schlagfertigen SA-Mann festnehmen und ihn der ordentlichen Polizei übergeben zu lassen. Vor dem III. Reich nabnten die Nazis weit geringere Konzessionen an Ausländer„feige Kriecherei" und„undeutsche Katzbuckelei". Uebrigens haben es die braunen Prügelhelden nicht Teichf. das muß man sagen. Sie haben ja nicht nur die Erlaubnis, sondern den höheren Befehl erhalten, Leute, die den Hitlergruß auf der Straße verweigern-„an Ort und Stelle zu bestrafen"— das heißt zu mißhandeln. Sollen sie es ihren Opfern vielleicht an der Nasenspitze ansehen, ob es Ausländer sind? Oder sollen sie, bevor sie losschlagen, die Mütze ziehen und höflich fragen:„Verzeihn Sie, eh ich Ihnen das Nasenbein breche— sind Sie vielleicht ein Fremder?" Die Schönfärberei hat wenig Zweck. Die ausländischen Gäste haben ja Augen, zu sehen, und Ohren, zu hören. Sie merken sehr bald, was in Deutschland los ist. Ja, gelegentlich ereignet sich sogar der beschämende Fall, daß Reisende gegen die deutsche Schmach protestieren. In Nürn berg wurde vorige Woche ein 19jähriges Mädchen, das mit einem Juden gesehen worden war, auf's widerlichste gefoltert Braune Lümmels hingen ihr ein Schild um den Hals:„Ich habe mich mit einem Juden eingelassen", schleppten sie durch die Straßen und durch alle Kabaretts. Eine englische Touristengesellschaft die Zeuge dieser Scheußlichkeit wurde, richtete an die Nürnberger Stadtverwaltung einen empörten Brief: „... sie hielte es für ihre Pflicht, darauf hinzuweisen, daß solche Vorfälle unweigerlich den Abscheu aller fremden Besucher erregen müßten". Daraufhin unterblieb eine ähnliche Exekution, die bereits geplant war. Die braunen Herren schwindeln und heucheln vor dem Ausland nach Kräften — aber es nützt Ihnen nichts. Die ganze Welt sieht Deutschlands Schmach und wendet sich schaudernd von einem Lande ab, in dem Sadismus, Blutrausch und Irrsinn regieren. 99 Teuflische Freude" Weltekel vor Erpresserin oral. In der amtlichen Meldung über die Freilassung der Geiseln für Scheidemann konnte Herr Göring es nicht unterlassen. In verlogener Weise sich zu rühmen, daß seine vortrefflichen Maßnahmen Scheideraann zu einem Widerruf gezwungen hätten. Für diese Selbstzufriedenheit eines Erpressers hat die Welt wenig Sympathie. Das christliche Tageblatt„Der Amsterdammer", Organ der antirevolutionären Partei, also sicher keiner Sympathien für Marxisten verdächtig, schreibt dazu; .,. Soweit der amtliche Preußische Pressedienst. Ob sich das wirklich alles so verhält, können wir nicht kontrollieren. Aber es erscheine durchaus möglich und menschlich, daß Scheidemann — falls überhaupt seinen Artikel abgeschworen hätte, um seine Familie aus dem Gefängnis zu retten. Dagegen ist sicher, daß die Nazis mit einer geradezu teuflischen Freude(met een duivelsche vreugde) sich dieses Erfolges ihres Gefselsystems rühmen und es bei passender Gelegenheit wiederum anwenden wollen, Der ebensoweit rechtsstehende„Stauda a r d"(ragt, ob man denn mm Scheidemann wenigstens seine kleine Altersrente auszahlen würde. So naiv denkt man im Ausland noch teilweise über die„Rechtszustände" des Drit ten Reiches . „Deuts dier Sozialismus" Im„Berliner Tageblatt" schleimt sich der Naziredakteur Erich H a e u b e r über den Begriff„deutscher Sozialismus" aus, „Im Wirtschaftsleben Ist bereits klargestellt worden, daß der deutsche Sozialismus im schärfsten Kampf sowohl gegen jeden Liberalismus wie auch gegen leden Kollektivlsraus besteht: daß er nicht die Verwirklichung irgend einer raen- schcnbeglückendcn Doktrin erstrebt(!), sondern den deutschen Menschen will; und daß er deshalb die natürlichen Ungleichheiten und eine Ordnung in Stufen und Rängen anerkennt... Seine Ordnung gründet sich auf die freiwillige Unterordnung des einzelnen(?) und auf die Führung durch eine soziale Aristokratie(I)" Preisfrage: Wodurch unterscheidet sich diese Definition des„deutschen Sozialismus" von dem des absolutistischen Ständestaats des 17. und 18. Jahrhunderts? Und wie verblödet muß der „deutsche Mensch" sein, um in diesem hochtrabenden Gewäsch eines politischen Analphabeten auch nur eine Spur von „Sozialismus" zn entdecken? Das Schwein als Vorbild Der Reichsminister Walter Darri, berühmt durch seine Bücher Ober die Zucht der Menschen Im Dritten Reich , hat etn neues Bach verlaßt. Es trügt den Titel:„Das Schwein als Kriterium für nordische Völker und Semiten'
Ausgabe
1 (27.8.1933) 11
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