tmserem Tun bewußt: Die einfachen Soldaten der Bewegung von heute werden die Offiziere der Revolution von morgen sein— das sei unsere Ehre, das sei unsere Verantwortung! Noch müssen wir es erst lernen, zu der Größe unserer Aufgabe aufzublicken, ohne zu erschrecken. Wahrlich, diese Aufgabe ist ungeheuer: Ein ganzes Volk aus den Fesseln einer Despotie zu be freien, aus der Dumpfheit einer enttäuschten Sehnsucht zur Erkenntnis seiner Ziele emporzureißen, aus dem nationalistischen Irrwahn zu einem selbstbewußten, aber disziplinierten Glied der Völkerfamilie zu machen, aus der Kulturschande des Nationalsozialismus auf die freie Höhe sozialistischer Kulturgemeinschaft zu heben, aus der Knebelung des Geistes und des Willens zur verantwortungsbewußten Freiheft sozialistischer Gesellschaftsträger zu führen— dies ist unsere gigantische Aufgabe. Niemand kann sagen, wie lange der Kampf dauern und welche Formen er noch annehmen wird. Es kann ein langwieriger Kleinkrieg werden, aber plötzlich kann auch eine Lage entstehen, die dem Entscheidungskampf günstig ist Bereiten wir uns auf beides vor! Am meisten aber üben wir uns in Geduld, in Zähigkeit und in Ausdauer. Ehe schwerste Zeit der Prüfung kommt vielleicht noch, wenn Jahr um Jahr vergeht, ohne daß die Befreiungsstunde schlägt— niemand kann es wissen. Aber mancher schon ist Jahrelanger seelischer Bedrückung und der suggestiven Gewalt der allgegenwärtigen und allumfassenden Propaganda erlegen, der brutaler Mißhandlung standgehalten hat Genossen, dies sind unsere Aufgaben. Groß und fordernd stehen sie vor uns. Seien wir stark nicht nur im Hassen, sondern auch im Glauben, nicht nur in der Selbstkritik, sondern auch im Selbstvertrauen. Einsame sind wir, aber schon verbindet uns unser Glaube zu einem unsichtbaren Heer. Geächtete und Verfemte sind wir, aber uns trägt das Bewußtsein einer besseren Welt Noch ist dichte Nacht um uns, in unseren Herzen aber leuchtet das Licht eines neuen Tages. Judentum wirkt strafversdhärfend Die dem Relchsfastlzminister Dr. Frank sehr nahestehende Juristische Wochenschrifr fordert unter der(Jeher schrift Jaden im Straf- recht", daß im deutschen Strafrecht die Juden mit anderem Uaße gemessen werden sollen alt die Arier, da die Juden zweimal so viel Verbrechen begehen wie die Arier. Die Strafe für Iddltehe Verbrecher müsse härter seht alt die für rächt indische. Für dleWahrheit! Der»Nene Torwarts« und seine Leser Wir haben am 26. November den anonymen Brief eines nationalsozialistischen Schimpfhelden veröffentlicht, weil er beson ders gut die den Nationalsozialisten eigene Geisleshaltang zeigte. Als Antwort auf diesen B.iei veröffentächen wir das folgende Schreiben, das uns aus London zagegangen ist: Ich als Engländer, der nicht perfekt die deutsche Sprache beherrscht, doch ihre Zeitung regelmäßig liest, weil es eine Notwendigkeit ist zu wissen, was in Deutschland Jetzt vorgeht, möchte Sie bitten, diesen Brief, genau wie Sie den Brief in ihrer Ausgabe vom 26. November unter der Ueberschrift„Blick in die Nariseele" veröffentlicht haben, zu veröffentlichen, Ich lese Ihre Zeifmig und Tausende hi England lesen Ihre Zeitung, und sind ihnen dankbar dafür, daß Sie so schreiben, wie Sie es tun. Der Einsender, der sich unterzeichnet„Einer für Alle" muß doch ein Lump sein(ich gebrauche seine Sprache) wenn er so schreibt. Er soll doch einmal seine eigene Kultur-Zeitung den„Stürmer" lesen, die in Nürnberg von den Geisteskranken Julius Streicher herausgegeben wird, dann wird er sehen, ob „solcher Dreck" wie er so schön schreibt, nicht bei den Nazis in Nürnberg „angeboren" ist. Natürlich glauben wir die„faustdicken Lügen Ihrer Zeitung", wie er so klug schreibt, jeder anständige Mensch auf Erde glaubt, was Sie schreiben, weil es wahr ist, aber ich will den Einsender verslcbern, daß kein Mensch im Ausiani die„faustdicken Lügen" des„Völkischen Beobachters" oder irgend eines anderen Liigenblattes des armen Dritten Reichs glaubt. Darüber sind wir uns klar, das soll er wissen. Wir Engländer, die wir im Leben mir.Ja i r Play"(wenn der Einsender das verstehen kann mit seinem Hühnergehirn) verteidigen, wir wollen wissen warum, wenn die Nazi-Regierung in Deutschland heute so beliebt ist und bevorzugt wird, warum sie nicht gestattet, daß z. B. eine sozialdemokratische Zeitung dort herausgegeben wird; warum die Wahrheit dort bestraft wird: warum Deutschland plötzlich Propaganda-Agenten ins Ausland beschäftigt, was nie der Fall war; warum die braunen Hemden es überhaupt notwendig haben, einen solchen Brief an den„Neuen Vorwärts" zu schreiben, wenn sie nicht wüßten, daß Sie, der .Jene Vorwärts" eine wahre Gefahr für das Dritte Reich sind, Es dauert nicht mehr lange, wir im Ausland wollen das Nazl-Dcutschlaiid nicht verstehen, werden es nie verstehen, denn wir haben kein Verständnis für Mörder und Räuber und Rassen-Idioten. Bei uns und in der ganzen Welt ist ein Mensch ein Mensch, sei er schwarz, oder was anderes, wir verdammen keine Rasse en gros — wir verdammen keine Partei, weil es eine Opposition ist, wir kämpfen„with f«lr w e a p o n s"(mit feinen Waffen) und wir wollen mit dem deutschen Volke wieder beireun- det werden, aber so lange die Nazi-Regierung diktiert, wird es nie möglich sein. Der Einsender„Einer für Alle" ist bestimmt erst seit einigen Wochen oder höchstens Monaten ein Nazi geworden. Wir Engländer haben viel mehr Respekt für Menschen, die wegen ihrer Ueberzeugung Im Ausland bitter zu kämpfen haben, die keinen Schutz weder Unterstützung auf Kosten eines Eintopfgerichtes haben, die Kämpfer geblieben sind und nicht vor Angst zu den Nazis schnell hinübergegangen sind, um ihre Stellung zu erhalten oder sonstige Vorzugsposten zu bekommen. Der„Nene Vorwärts" soll lange leben und sich Immer mehr verbreiten. Nur im„Neuen Vorwärts" liest man die Wahrheit über Deutschland — die Reaktion kommt letzt— der Ausgang wird plötzlich kommen ond die Wahrheit wird siegen. Veröffentlichen Sie diesen Brief bitte, die Nazi-Diktateure sollen es wissen, daß in England Ihre Zeitung Oberall in nngeheuerer Anzahl verbreitet wird, und entgegen der. Meinung des Einsenders„Einer für alle"— Jeder, der Ihre Zeitung liest, glaubt jedes Wort und nicht was die Nazi uns überzeugen wollen. Kein Kommunist, kein Jode, sondern a conservative Engiisman! Das ist ihr Staat! iWtf Dieses Bild veröffentlicht die In München erscheinende gleichgeschaltete Wochenschrift „Süddeutsche Sonntagspost" mit dem Text: Der nationalsozialistische Staat wird, um die Sicherheit Jedes deutschen Volksgenossen zu gewährleisten, künftig gefährliche Gewohnheitsverbrecher so lange hinter Schloß und Riegel halten, bis sie sich wirklich bekehrt haben. Daß der nationalsozialistische Staat hier endlich einmal als Gefängniswärter dargestellt wird ist Immerhin verdienstvoll und sollte dem Blatt eigentlich ein Verbot eintragen— Zuchthaus zur Rechten, Zwangsanstalt zur Linken und dazwischen der Staat— Monument von unserer Zeiten Schande! Hitlers Astrologen 2 X Offizien. Der Rcichsverband Dentscher Astrologen gibt in seinem Sternguckerblatt bekannt; Am Sonntag, dem 25. November, abends 8 Uhr, findet eine große Aufklärungsver- sammlung des Rcichsverbandes(Berlin W, Bülowstraße 75) über astrologische Fra- gen statt, dem eine Aasstellung astrologischer Literatur, interessanter Horoskope, Bilder und Hilfsmaterial um 4 Uhr nachmittags vorangebt. Während der Ausstellung kon- zertfert eine SA.- Kapelle. Am 8. September sprach im Mitteldeutschen Rundfunk der Kriminalkommissar a. D. Pelz, Berlin , über Hellseherei und Sternguckerci. putzte die Zukunftsdeuter gewaltig herunter. und behauptete— die Marxisten seien es gewesen, die solchen Volksverführem und Volksausbeutcrn die Stange gehalten hätten. Die„Marxisten", die an allem schuld sind, auch am Hagelschlag und an Göbbels ' krummer Nase, brauchen sich nicht zu verteidigen: sie haben gegen den schwarzkünstlichen Unfug von Jeher Front gemacht Wie aber stehts mit der S A• K a p e 1 1 e, die den Stemgnckem eigenhändig aufspielt? Die SA ist unsres Wissens eine genau so offizielle Einrichtung wie der deutsche Rundfunk. Wo sitzen nun eigentlich die„Volksbetrüger und Volksausbcutef — im„Reichsverband dentscher Astrologen" oder in der Führung der SA. die ihre Mannen zum Sterngucken abkommandiert? Einstweilen aber— trotz Pelz?— bleibt es dabei: Deutschland ist ein Land, in dem der Marxismus verboten und die Astrologie erlaubt ist Fahrraddiebe an der Arbeit Der Jleichsanzeigcf vom 3. November veröffentlicht schon wieder eine Liste von 21 Personen, denen ihre Krafträder gestohlen worden sind. Die Diebe entziehen sich bis auf weiteres der verdienten Strafe— indem sie regieren". Neue Verdienst- moglidikeiten? Die Polizeiverwallung von Zitlaa teilt mit, daß in der Stadt.staatsfeindliche* Flugschriften verbreitet worden seien, und fügt hinzu: „Wer Angaben zur Ermittlung der Täter machen kann, wird ersucht, sich in der Polizeiwache zu melden. Strengste Verschwiegenheit und eine angemessene Belohnung wird zugesichert." Hitler schafft Broit Kein Grab für Dissidenten! Nach einem Beschluß des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde Ohligs dürfen auf dem evangelischen Friedhol in Ohligs keine Beerdigungen von Dissidenten vorgenommen werden. Dissidenten können auch keine Grabstellen mehr erwerben. neudeulsdie Obdub:„lüBin flulz aßhl oor dBin nulz!" Jugendrichter und Folterknecht Toruntersachung 1932 zm dem Gedächtnis sinngetreu unter Fortla�song von Einzeloeiten wicdergegtbeB. Aberhundert Füll« ▼erliefen so und ähnlich Im Zimmer des Jugendrichters, ein Schreibtisch seitlich ein Stuhl für den Angeschuldigten, daneben ein Tisch mit heiler Decke und asterngefüllter Bluraenvase. Jugendrichter vor einem Aktenbündel. Der Protokollant führt einen ISiährigen Burschen herein, blonder Schopf, trotzig verkniffene Lippen. Hakenkreuz am Rockenaufschlag. Richter(die Akten beiseiteschiebend): Na, Henze, wollen Sie nicht die Mütze abneh- nehmen? Henze(zieht langsära die Mütze herunter). Richter: Kommen Sie, setzen Sie sich mal da auf den Stuhl! Sie sind ja nicht das erstemal hier, aber(lauter) hoffentlich das letztemai Henze! So geht das mit Ihnen nicht weiter.(Blättert in einem Aktenstück, das der Protokollant vor ihm niedergelegt bat). Also wir war das damals? Sie trafen sich mit ihren Freunden bei Knaus. Wissen Sie, daß dieses Lokal recht verrufen ist? Henze; Ich habe' das damals nicht gewußt R I c h te rr'Abcr jetzt wissen Sie's? Henze: Ja Ich geh Ja auch nicht mehr hin. Richter: Das will Ich hoffen.(Liest in den Akten). Die Fürsorgerin berichtet daß Sie steh fetzt Qberhanpt von der Gesellschaft in die Sie geraten waren, fernhalten. Stimmt das? Henze(im Dienstton): Jawohl! Richter(auf das Hakenkreuz zeigend): Aber in der Hitlerjugend sind Sie noch? Henze(wie vorher): Jawohl! Richter: Na ja, das Ist ja Ihre Sache. Also bei Knaus faßten Sie den Plan, die bewußten Zettel an die Hauswände der Schillerstraße zu kleben? Henze: Ja, die andern sagten, da wäre nichts dabei, Zettel kleben doch aU& Richter; Sie wußten, daß aui den Klebezetteln schwere Beschimpfungen des Staates und der Reichsfarben standen? Henze; Jawohl! Richter: Sie wußten auch, daß solche Beschimpfungen strafbar sind? Henze; Das wußte ich damals nicht Richter(zum Protokollanten gewandt): Haben Sic das? Protokollant: Ja! Richter: Na was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, daß Sie da mitliefen und die Hauswände bepflasterten? Henze: Ich habe mir gedacht, die roten Bonzen in der Schfllerstraße... Richter(scharf): Das gehört nicht hierher. Geschimpft wird hier überhaupt nicht, verstanden? Henze(Hacken zusammenschlagend): Jawohl! Richter: Henze, überlegen Sie sich das mal. Das war doch eine rechte Dummheit von Ihnen, nicht? Sie sind doch ein erwachsener Mensch, Sie hätten doch wissen müssen, daß Sie sich setost und Ihrem Vater wiedermal Unannebmlichkelten machen würden. Können Sie sich denn nicht endlich zusammennehmen? Henze: Ja, jetzt denke ich auch, es war eine Dummheit, aber damals bin Ich eben mitgegangen. Ich habe mir nichts dabei gedacht Richter(zum Protokollanten); Haben Sie das)?(zu Henze) Sie meinen, das war nur ein Dummerjungenstreicfa. und weil die andern es halt machten, wollten Sie nicht zurückstehen? Henze: Die hätten mich sonst ausgelacht Richter: Na Ja, Henze, wenigstens geben Sie alles offen zu. Aber freilich— wenn Anklage erhoben wird... Henze(leiert den auswendig gelernten Satz): Ich verspreche, mich zu bessern. Richter: Das haben Sie schon mehr als einmal versprochen. Wenn Sie diesmal noch milde davonkommen— Sie haben eine Lehrstelle, Ich will Sie da nicht gerne rausreißen•—(mit erhobener Stimme) Das nächste Mal settt es Strafe, verstanden? Henze: Jawohl! (Protokollant verliest das Protokoll, der Jugendliche unterschreibt und verläßt dann das Zimmer.) Richter(halblaut aus dem Protokoll ablesend): Wußte ich damals nicht... Jetzt denke ich, es war eine Dummheit... hätten mich ausgelacht... Immer dasselbe! Schrecklich, diese Politisierung der Jugend! (Schreibt In die Akten:) An der Einsichtsfähigkeit Henzes ist zu zweifeln. Es kann Ihm geglaubt werden. daß er die Tat In jugendlichem Gcltungv trieb nnd Uebermut beging, ohne sich über die Tragwelte klar zu sein.*' Die StaatssnwaltschaÜ verzichtete auf die Anklage, dem Jugendlichen wurde„eine ernste Verwarnung erteilt."' ... und 1933. In Dresden wurden 91 SAP.-Mitglieder«e* gen illegaler Propagandarbeit In Haft• Z®* nommen. Unter den Verhafteten befanden sich zahlreiche Jugendliche. Belm Verhör, das der Dresdner SA.-Kaserne, dem ehemallgco Volkshans stattfand, wurden die jungen At' beiterbnrschen und-mädcheo— genau wfe ihre älteren Leidensgefährten— aufs unmenschlichste mißhandelt Vernehmung begann dam'4' daß der Kommissär sein Opfer zunächst ei"* mal brutal anschrie und beschimpfte. Nebe8 dem Jugendlichen, der verhört wurde, sta'*' ein SA-Mann. Fiel die Antwort nicht nach Wunsch aus, wurde das Geständnis verweigert, so versetzte der baumlange, starke Ker dem Angeschuldigten einen Fanstscblag htf Gesicht, daß der Kopf gegen eine daneben* stehende Betonsäule schlug. Zitternd und h®- nommen wagte ein Teil der mißhandelten Ken Menschen kaum noch zu sprechen das Geständnis auch nach dieser„ersten Br- mahnung'* aus. so ging der Peiniger zu SchlS* Zen mit dem Gummiknüppel und Fußtritten über, bis der Gefolterte am Ende alles flUV sagte, was man von ihm hören wollte HäufiZ wurden Mitgefangene hereingeholt und 20 Zeugen der schändlichen Mißhandlungen t*
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1 (10.12.1933) 26
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