Geßlerhnt, SdiandpSahl. Folter« kümmern, gefesselte Leidien Unter dem Terror Der erzwungene Hitlerguß. Ein Angestellter eines industriellen Werkes in Köln-Deutz grüßte seine Kollegen mit dem Gruß:„Guten Tag!" Die Nationalsozialisten im Werk forderten von ihm den Hitlergruß. Der Angestellte verweigerte ihn, er wurde deshalb fristlos entlassen. Er klagte vor dem Arbeitsgericht Der Vertreter der beklagten Firma wandte gegen die Klage ein:„Wer sich bewußt außerhalb der Volksgemeinschaft stelle, könne nicht verlangen, von ihr ernährt zu werden.4* Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an, die Klage des Entlassenen wurde abgewiesen. Wer nicht Nationalsozialist ist oder nationalsozialistische Gesinnung heuchelt hat im Drit ten Reich kein Lebensrechtl „Ich kann mich nicht begeistern!" Der „Burgstädter Anzeiger" berichtet: Sämtliche Arbeiter des Baues auf dem ehemaligen Webereigebäude hatten sich am Freitag an der Arbeitsstätte versammelt um der Rede des Führers zu lauschen. Beim Singen des Horst- �Vessel-Liedes stand ein Arbeiter nicht mit auf. Als man ihn nach dem Grund fragte, sagte er: „Ich kann mich für diese Idee nicht begeistern und mich kann niemand davon überzeugen!" Er wurde festgenommen und in das Konzentrationslager nach Colditz übergeführt Der Schandpfahl. In dem Dorf Dreißlghuben bei Relchenbacb im Eulengebirge wurde auf üera Platz vor der katholischen Schule ein Schandpfahl errichtet. An Ihn sollen alle Vaterlandsverräter und Saboteure des nationalen Wiederaufbaues gebrandmarkt werden. Jagd auf katholische Priester* Der katholische Priester Brodesser wurde vom Dort- tnunder Sondergerichf zu fünf Monaten Ge- iängnis verurteilt Er hatte verrohten groß- ■uäuligen Hitleriungen einige Wahrheiten ge- Sa?t Der katholische Pfarrer S t e n d c r aus Nordhausen wurde zu einem Monat Festungshaft verurteilt Seine Predigt war nicht genügend gleichgeschaltet gewesen. Drei katholische Geistliche in München wurden wegen„Verbreitung von deutschfeindlichen" Greuelnachrichten verhaftet Man ahnt. daß sie das Konzentrationslager Dachau nicht testlos gelobt haben. Sie wollten Christen bleiben. Gegen die beiden Pastoren Voigt in Finkenkrfig bei Berlin Und O h s e in Boitzenburg in Mecklenburg sind Verfahren mit dem Ziel der Entlassung vom Amt eingeleitet worden. Die beiden Pa- storen wollten Christen bleiben.— Das war 'hr Verbrechen. Keine persönliche Bereicherung? In einer Kundgebung des dentschen Metallarbeitervcr- bandes Wiesbaden sprach der nationalsozialistische Verbandsbezirksleiter;„Es darf kel- ne Persönliche Bereicherung geben, solange es noch einem deut schen Volksgenossen schlecht geht." Bei H i n d e n b u r g, der ein Rittergut In Ostpreußen geschenkt erhalten hat, bei G ö r i n g, der sich mit einem Gut in Bayern bereicherte, und bei Kube, dem ebenfalls ein Landgut auf Kosten der Allgemeinheit geschenkt wurde, ist das selbstverständlich eine ganz andere Sache. Persönliche Bereicherung liegt nur dann vor, wenn Arbeiter höhere Löhne verlangen. Professoren,— stramm stehen! Die Studentenschaft der Universität Breslau wendet sich gegen Professor Eugen Rosenstock , der zu Gastvorlesungen an die Harvard-Uni versität in Cambridge in den Vereinigten Staa ten eingeladen worden ist. Professor Rosenstock ist der Verfasser des Buches:„Europäische Revolutionen". Die nationalsozialistischen Studenten erklären, daß sie Rosenstock ablehnen. Abgesehen von seinen wissenschaftlichen Qualitäten, sei Professor Rosenstock durch seine politische Vergangenheit für die nationalsozialistischen Studenten unbrauchbar geworden. Er erscheine deshalb nicht geeignet, Deutschland im Ausland zu vertreten. Der Professor der Rechte in Marburg , M a n i g k, hatte in seinen Vorlesungen Aeußerungen gebraucht, die den nationalsozialistischen Studenten nicht gefielen. Die Studenten veranstalteten mit dem Professor im Kolleg ein regelrechtes Verhör und da ihnen seine Antworten nicht gefielen. verließen sie das Kolleg. Sie demonstrierten auf dem Marktplatz und vor der Wohnung des Professors und verlangten seine Entfernung von der Universität Der Standartenführer der SA in Marburg unterstützte beim Rektor der Universität diese Forderung, Der Kapp-Orden. Dem Fahrsteiger Karl Hoffmann in Essen wurde das Schlageterschild mit Schwertern verliehen. Hoffmann hatte in den Jahren 1919 bis 1923 dem Essener Selbst- MAX KLINGER: yotkikHäUk DEUTSCHLANDS WEG INS CHAOS Dies Buch Ist die erste umfassende Darstellung der Entstehung des„Dritten Reiches ". Es schildert anf knappem Raum— 104 Seiten—: Hitlers Weg zur Herrschaft Das System Görmg(I.— 27. Februar). Reichstagsbrand und Absprung(27. 2.— S. 3.) Die„nationale Erhebung"(6.— 21. 3.). Das Gesicht des braunen Schreckens. Deutschland — eine Despotie! 1■!<' Die Diktatur richtet sich ein. Der Schlag gegen die Arbeiterschaft. Die Außenpolitik der Despotie. Die Atempause. Die Alleinherrschaft Zuchtbaus Deutschland. So formt sich ans den 12 Kapiteln dieses Buches das Bild des großen„Zuchthanses Deutschland", das die Schrift von Klinger in seiner ganzen Entsetzlichkeit enthüllt Das Buch erscheint in dieser Woche,— Preis in der CSR. Kö 12.— � Oesterreich, ö. Sch. 3.10 II Polen , Zloty 3.10 H Schweiz Fr. 1.85 H Frankreich Frcs. 9.— H Hol land hfl. 0.90 H Dänemark Kr. 2.50 H England Pfund 0/2/2 n Belgien Frcs. 13.— H Rumänien Lei 70.— U USA . Dollar—.55. schütz angehört und hat im Kapp-Putsch an der Seite der Kappisten gekämpft Dem Verdienste die Krone! Ihre Spitzel Der Schweizer Bundesrat hat den deutschen_ Staatsangehörigen Josef Schlenker von Tingen(Baden) aus der Schweiz ausgewiesen. Er war im Auftrag der Geheimen Staatspolizei wiederholt zu Spitze 1 z w e c k en in die Schweiz gekommen. Er sollte dort Verbindungsstellen zur deutschen Geheimen Staatspolizei organisieren. Die Judenschnfiffeiel In den„Chemnitzer Neuesten Nachrichten" Nr. 270 befindet sich folgende Erklärung; ,Jn eigener Sache! Von interessierter Seite wird das Geröcht verbreitet die Inhaber unserer Firma seien jüdischer Abstammung. Um dieser irrigen Auffassung ein für allemal entgegenzutreten, veröffentlichen wir folgende Tatsachen. Das Haus Scholvin ist kein jüdisches Unternehmen. Der eine Teilhaber der Firma ist seit Jahrzehnten in Chem nitz als selbständiger Kaufmann tätig und ansässig. Er kann seine christliche Abstammung bis In das 15. Jahrhundert nachweisen. Der andere Teilhaber entstammt einer alteingesessenen christlichen Dresdner BOrgerfamilie. Die Geschäftsleitung der Firma, sowie das gesamte Personal sind deutsch . Die Firma Scholvin kann für sich das Recht in Anspruch nehmen, auf nationalem nnd christlichem Boden zu stehen. Scholvin& Co., G. m. b. H., deutschchristliches Modenhaus. Chemnitz , Königsstraße, Ecke Bröckenstraße, im November 1933." Der Hetze erlegen. Der Direktor der Biele felder gewerblichen Berufsschule, Brinkmann, hat sich mit F r a n und Kind mit Leuchtgas vergiftet. Er ist der Hetze seiner nationalsozialistischen Kollegen erlegen, die ihn mit niedrigen Verdächtigungen und Korruptionsbeschuldigungen bekämpften. Auf der Flucht erschossen. Das Wolff-Büro meldet aus Essen :„Der aus der Zeit des kom munistischen Aufstandes im Jahre 1920 berüchtigte kommunistische Führer der„Roten Ar mee " und Polizeibeamtenmörder, der Bergmann Theodor Ebers aus Essen, wurde ara Freitag auf der Flucht erschossen.",— Der Arbeiter K o n r a d aus Flensburg wurde beim Flugblattvcrteilen„auf der Flucht erschossen." Gefoltert und gemordet. Der frühere Vorsitzende der kommunistischen Gemeinderatsfraktion in Frankfurt , Conrad Lang, ist an den Folgen der Folterungen, die an ihm im Konzentrationslager verübt worden sind, gestorben.— Im Filzteich in Schneeberg im Erz gebirge wurden 3 mit Stricken zusammengebundene und mit Steinen beschwerte Leichen gefunden. Einer der Toten war der frühere kommunistische Unterbezirkssekretär H o o h, der vorher Tag für Tag furchtbar mißhandelt worden war. macht, manchmal zwangen die braunen Fol- 'rknechte die Häftlinge auch, sich gegensel- zu prügeln. Die Anklage wurde erhoben, das Ge- zklit stützte sich im wesentlichen auf die „Protokolle" der Voruntersuchung. ' c h t e r: Sie haben gehört, was Ihnen zur Last gelegt wjrd. Was haben Sie dazu zu sagen? üu�endllcher Angeklagte: Es ist nicht wahr, ich habe die Flugschritten nicht verteilt... �'ehter: Es hat gar keinen Zweck, wenn �>e uns hier beschwindeln. Sie haben ja La der Voruntersuchung alles gestanden. Angeklagter: Bei der Voruntersuchung sind wir geschlagen.... '.nhter(schreiend): Werden Sie nicht noch frech! Wir ziehen sonst ganz andere Saiten aaf- Verstanden? Angeklagter(schwelgt verschüchtert): 1 Gericht verhängte Insgesamt mehr als 00 Jahre Gefängnis, 9 Jahre und 9 Monate uchthaus. Nur zwei Angeklagte wurden frti- nsprochen. Die Mutter eines jungen Ange- atten brach bei der Urtellsverkündigung reiend zusammen und wurde hinausgetragen. Ans der gleichgeschalteten Presse: z Oer dentschen Jugend wieder ein Vaterland " eeben, das sie mit heißem Herzen lieben, s.r"fas sie freudig Ihr Bestes geben, auf das rjT, sto'r sein kann, ist unsere heiligste •mcht L Hering mit Schlagsahne Was ist zukunftsträchtig und revolutionär? Regierungsrat Wllfrid Bade vom braunen Propagandamlrlisterium hat eine Rede Ober die„Kulturpolitischen Aufgaben der deutschen Presse" gehatten(und herausgebracht bei Junker und Dünnhaupt, Berlin ). In dieser Rede wird vom Feuilleton der gleichgeschalteten Presse vor allem.�Pflege der völkischen Kultur" gefordert Der Roman müsse völkisch sein. Den guten Untcrhaltungsroman habe bisher leider nur die Nazipresse gepflegt. Göb- beis" Regierungsrat braucht ja nicht zu wissen, daß der Romanteil der sozialdemokratischen Presse selbst von den Gegnern des Sozialismus mehrfach als Pflegstätte literarischer Menschengestaltnng berühmt wurde. Er braucht auch nicht zu wissen, daß sich kürzlich erst die gleichgeschaltete„Litera rische Welt " über die schlechten Romane der nationalsozialistischen Presse beschwerte und in diesem Teile energische Besserung forderte. Schenken wir Göbbcls' Wilfrid das alles. Festgehalten aber muß die Definition werden, mit der er den staunenden Presseleuten des Dritten Reiches endlich sagt, was zukunftsträchtig und revolutionär ist: „Das deutsche Feuilleton wird vor allen Dingen in gleichem Maße zukunftsträchtig sein müssen wie traditionsgebunden und konservativ. Denn jeder konservative Gedanke ist ebenso wie ieder revolutionäre ein Todfeind der Reaktion. Gerade jenes konservativ- revolutionäre Moment, das die deutsche Kunst von jeher in ihren höchsten Epochen auszeichnete, von Grünewald über Rembrandt bis zu Franz Marc , von Luther über Schiller bis zu Binding und Jobst, wird das deutsche Feuilleton befähigen, zwischen Gestern und Morgen im Heute zu . vermitteln. Für den Fall, daß jetzt über die Aufgaben des deutschen Feuilletons immer noch keine Klarheit geschaffen ist und einige gleichgeschaltete Fcuiiletonisten pedantisch über einige Begriffe stolpern, sollen hier einige Erläuterungen gestiftet werden: Konservativ-revolutionär waren jene Blaublütigen des wilhelminischen Deutschlands , die am Dreiklassenwahlrecht festhielten; konservativ-revolutionär sind Hugenberg. Papen und Thyssen, sind Görings junkerliche Freunde, sind der Herr Oldenburg von Januschau , sind die alten Prinzen und Generale und das gesamte monarchistische Lager: ihre konservativen, traditionsgebundenen Gedanken sind ja bekannt als revolutionäre Todfeinde ieder Reaktion. Ja, wo ist und was ist nun aber Reaktion?! Das, lieber Leser, gibt's überhaupt nicht, das Ist eine reaktionäre marxistische Erfindung! Und nun auf, deutsche Fcuiiletonisten! Jetzt wißt fbr, was zukunftsträchtig und revolutionär Ist, denn der Mann, der in Göbbels4 Auftrage endlich das Revolutionäre des Hugen- berg-Thyssenschen Konservatismus lehrte, ist eine große Kanone im Ministerium für Volks- auiklärung. Hakenkreuz und DaTidstern Wie aus Berlin berichtet wird, ist in den dorfigen Wohlfahrtsämtern folgende a m t- Pche Bekanntmachung angeschlagen: „Um Fälschungen nach Möglichkeit auszuschließen, werden zur Unterscheidung der städtischen Eßkarten 80 verschiedene Zeichen verwendet. Unter diesen Zeichen befindet sich eine Figur, die dem lüdlschen Davidstern ähnlich sieht. Um zu vermeiden, daß die gesunden antisemitischen Empfindungen der Volksgenossen verletzt werden, wird in Zukunft eine andere Figur gewählt werden. Von einem Neudruck der bereits vorhandenen Karlen müssen wir jedoch mit Rücksicht auf die gespannte Finanzlage der Stadt Berlin absehen." Es ist gar nicht auszudenken, welches Unheil durch diese wohlweise Kundgebung des Berliner Nazi-Magistrats verhütet worden ist Die VVohifahrtsempfänger werden ihren Hunger viel weniger spüren, nachdem sie erfahren, mit weich rührender Sorgfalt die„gesunden antisemitischen Empfindungen der Volksgenossen" vor der Berührung mit dem David- stern beschützt werden. Im IVebelanjgr Der.Jieicftsanzeiger" verOH entlieht eine Verordnung des Reichskommissärs für die Milchwirtsc hott. Bei der Angabe des Datums kommt hier zum ersten Male die germanische Monatsbezeichnung Jiebelang'' für November in Anwendung.
Ausgabe
1 (10.12.1933) 26
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten