Das Reldi wird ausgeplündert Kleine Geschenke für Fritz Thyssen Eine Hypothek der»Allianz« und des Reichs wirtschaftsministers Schmitt Man würde Herrn Thyssen, diese Inkarnation des kapitalistischen Beute­machers, unterschätzen, glaubte man, daß er bloß aufs Große geht; seine Verbindung mit den politischen Beutemachern hat ihn nicht nur befähigt, das Reich aus seiner Herrschaftsstellung in der Montan­industrie herauszuwerfen und die über 100 Millionen Reichsgelder dem schwer- industriellen Privatkapital einzuverleiben, er nützt sie auch zu kleinen Geschäften gehörig aus. Dafür ein Beispiel, das man nicht im Drang größerer Ereignisse ver­loren gehen lassen soll. Einer der skandalösesten Bankrotte im Bereich der deutschen Schwerindustrie war der Zusammenbruch der Kohlengewerk­schaften Ewald und König Ludwig, wobei sich eine Gesamtschuldenlast von rund 95 Millionen Mark ergeben hatte. Die Gewerkschaften waren bankrott, das Kapital verloren. Aber die Inhaber der Kuxe waren Schwerindustrielle, also mächtige Herren, und unter ihnen war Thyssen. Die Gläubiger soweit es nicht ausländische Banken waren wa­ren hauptsächlich die Berliner Groß­banken, an ihrer Spitze die von der Golddiskont-, also von der Reichsbank abhängige Deutsche Bank und die dem Reich gehörende Dresdner- und Commerz­bank. Es war also zu erwarten, daß die unvermeidliche Samerung die Schwer- industriellen möglichst schonen und den Banken die größeren Opfer auferlegen werde. Die Erwartung trog nicht. Die Ge­werkschaft sollte in eine Aktiengesell­schaft mit 16 Millionen Kapital umgegrün­det werden. 6 Millionen sollten die Ge­werkschaften erhalten, obwohl ihrKapi­tal" restlos verloren war, und 10 Millionen die Gläubiger. Ausdrücklich erklärten die Banken, daß das nämlich das Geschenk von 6 Millionen an die bankrotten Besitzer das Aeußerste wäre, das noch zu ver­treten sei. Aber der Vorschlag stieß In den Ge- werkenversammlungen auf Opposition, und tonangebend war die Gruppe Thyssen. Das war noch vor der politischen Machtergreifung Hitlers und vor der wirt­schaftlichen Machtergreifung Thyssens . Seitdem hat sich, wie manches andere im Dritten Reich , auch der Sanierungsplan geändert. Er ist, wie kaum noch gesagt zu werden braucht, nach dem mächtigen Befehl und dem privaten Interesse des Thyssen diktiert und die Banken mußten kapitulieren. Die neue Aktiengesellschaft wird mit 21 Millionen Kapital ausgestattet, statt mit 16. Davon erhalten die Gewerken 14 Millionen, also die Zweidrittelmehrheit, während in dem ersten Vorschlag das Verhältnis gerade umgekehrt �ar. Die Banken müssen die Aktien gegen Auf­rechnung der Forderungen in gleicher Höhe zu pari übernehmen; was das heißen wird, werden wir gleich sehen. Die rest­lichen Bankkredite müssen auf sechs Jahre zu dem unterdurchschnittlichen Zinsfuß von 4 Prozent gestundet werden; eine Million sogar für dieselbe Zeit zinslos. Aber damit nicht genug! Die Bank­rotteure bekommen nicht nur ihr Kapital wieder, sondern auch die absolute Ver­fügungsgewalt, die M a j o r i t ä t s h e r r- schaff über das Unternehmen und damit zugleich über die Dutzende von weiteren Millionen, die die Banken darin stehen lassen müssen. Herr Thyssen kann wirk­lich zufrieden sein. Wirklich? Aber da kennt ihr den Thyssen, diesen totalen Kapitalisten und totalen Nationalsozialisten, noch immer nicht! Die Gewerken bekommen und erst an diesem Meistergaunerstreich er­kenn ich meinen Thyssen zu ihren Aktien als Gratiszugabe denn das Zu­gabeverbot gilt in diesen Sphären nicht noch Genußscheine in der Höhe von 8.4 Millionen Mark. Damit hat es folgende Bewandtnis. Von dem Reingewinn der nächsten fünf Jahre werden jährlich 1.7 Mill. Mark in einen Tilgungsfonds gelegt. Mit diesen Beträgen werden die Genußscheine in Aktien von gleichem Nennwert umgewandelt. Mit anderen Worten: nach 5 Jahren haben die Gewerken statt ihres jetzigen Aktienkapi­tals von 14 Millionen, eines von 22.4 Mill.: voraussichtlich wird der Gewinn der näch­sten Jahre über diese Summe nicht hin­ausgehen, so daß der gesamte Ge­winnfür die Gewerken usur- p i e r t bleibt; die Banken werden für ihre Aktien voraussichtlich nichts erhalten; ihr Papier ist für die nächste Zeit dividenden­los, und das haben sie zu pari übernehmen müssen! Sollte aber nach fünf Jahren Ge­winn- und Dividendenaussicht bestehen, dann sind die Banken verpflichtet, ihre Aktien zu pari den Gewerken anzubieten! Dafür haben sie es auch übernommen, für das trotz allem nur zum Schein sanierte, von vornherein überkapitalisierte und überschuldete Unternehmen für die kom­menden schwierigen Zeiten einen zu­sätzlichen Ueberbrückungs- k r e d i t zur Verfügung zu stellen. Und jetzt kommt die Pointe, nein, gleich zwei! Für die gesamte Umwand­lung der beiden Gewerkschaften hat das Reich Steuerfreiheit gewährt, wodurch ein Millionenbetrag(natürlich für den Thyssen und seine Kumpane) erspart und das ganze saubere Geschäft erst mög­lich geworden ist. Und die zweite Pointe: Der neue Sanierungsplan ist im engsten Einvernehmen mit der Reichs­bank zustandegekommen. Verwaltung. frühere Opposition und Banken haben Herrn Staatsrat Fritz Thyssen gebeten, den Vorsitz im Aufsichtsrat der neuen Gesell­schaft zu übernehmen. Herr Staatsrat haben angenommen... Die Methode ist dieselbe wie beim Raub von Gelsenkirchen . Das Reich oder die dem Reich direkt oder indirekt' ge­hörenden Banken werden zugunsten klei­ner, aber politisch mächtig gewordener Kapitalisten beraubt. Und die berufenen Wahrer der Reichsinteressen, wie In die­sem Fall der ehrbare Schacht, stehen den Einbrechern Schmiere! Und dann stellt sich der Hitler hm und spricht von Korruption und Säuberung. * Daß aber der Thyssen zwar der her­vorragendste und erfolgreichste, aber keineswegs der einzige Repräsentant von immer mehr um sich greifenden Methoden privatkapitalistischer Bereicherung auf Kosten des Gemeinnutzes ist, zeigt ein anderes Beispiel. Kurz bevor die DD-Bank(Deutsche Bank und Diskontogesellschaft) zu­sammenbrach, hatte die Diskontgesellschaft ein riesiges neues Direktionsgebäude in Berlin fertig gebaut. Es stand die letzten drei Jahre leer und kostete im Jahre mehrere hunderttausend Mark Unter­haltungskosten und Abgaben. Dieses un­verwendbare Gebäude ist jetzt gekauft worden. Wer hats in dieser Krise dazu? Das Reich! Das Reich braucht das Ge­bäude dringend, um in demgewaltigen Komplex bisher zerstreut liegende Mini- sterialbüros unterbringen" zu können. Denn wir leben ja in der Zeit der Verwal­tungsvereinfachung. Zwar sind gerade erst durch die Beseitigung des preußischen Landtages und des Staatsrates zwei große Gebäude frei geworden, die sich sehr gut für solche Zwecke eignen, aber was tuts: wo ein Wille der Profitierer, da ist ein Weg für Normalisierer... Wie dunkel das Geschäft an sich ist, geht am besten daraus hervor, daß man sich scheut, den Kaufpreis genau anzu­geben. Man erfährt nur. daß es sich um einen Be­trag von weniger als 10 Prozent des Kapi­tals der Bank handelt, das 144 Millionen beträgt. Er wird also knapp unter 14 Mill. liegen eine horrende Summe für ein praktisch auf viele Jahre hinaus unver­käufliches Gebäude! Aber wieder nicht genug: Vom Kapi­tal der Deutschen Bank besitzt das Tochterinstitut der Reichsbank, die Gold­diskontbank, 45 Millionen. Das Reich be­zahlt den Preis der Deutschen Bank, in deren Aktien, die es von der Golddiskont­bank erwirbt. In dieser Höhe wird also der Anteil der öffentlichen Hand an der DD.-Bank vermindert, reprivatisiert Ein etwaiger Rdst des Kaufpreises wird der DD.-Bank in 5 Prozent Reichsschatz- anweisungen gezahlt, um die dringend verbesserungswürdige Liqu dität zu stei­gern! Dabei wird wieder nicht der An- rechnungspreis der Aktien angegeben' Die Aktien stehen gegenwärtig auf zirka 48 Prozent Die Golddiskontbank hat sie seinerzeit bei der Bankensanierung über pari übernommen. Wir sind fest über­zeugt daß das Reich einen unangemesse­nen hohen Preis dafür zahlen wird, daß die Bank zu einem erheblichen Teil reprivatisiert wird. Es ist schon eine ganz skandalöse Wirtschaft, die der kapitali­stische Klüngel mit seiner politiSthen Macht treibt Und nun zum Abschluß noch eine pikante Kleinigkeit. Die berüchtigten La- husen hatten kurz vor dem Krach für die Nordwolle" ein Verwaltungsgebäude mit einem Kostenaufwand von nicht weniger als 12 Mill. Mark errichtet. Das Haus ist seit der Konkurseröffnung in Zwangsver­waltung der VersicherungsgesellschaftAllianz", die darauf eine Hypothekenforderung von 4.8 Mill. hat Das an sich unverkäufliche Gebäude soll im Dezember zur Zwangs­versteigerung kommen, und es würde der Allianz nichts übrig bleiben, als es zu er­steigern. Nun wird bekannt daß der bremische Staat als Treuhän- derfürdasReichein Gebot bis etwa in Höhe der Hypothek abgeben wird! Das Reich, man muß es immer wieder wiederholen, hats ja dazu. Einziehen soll in das Riesengebäude! die Präsidial­stelle des Landesfinanzamtes Unterweser, sowie die Finanzämter Ost und West (Erinnert man sich des nationalsozialisti­schen Geschreis über dieLuxusbauten" der Finanzämter?) Ferner die Preußische Staatsbank , die Staatliche Feuerversiche­rung und der Gemeinnützige Grundkredit­verein. Man sieht mit einiger Mühe ge­lingt es den vereinigten Anstrengungen von Reich und Staat sogar, Mieter zu fin­den. Aber das ist ja Nebensache. Haupt­sache ist, daß mit öffentlichem Geld die faul gewordene Hypothek der.Allianz" abgelöst wird. Als Generaldirektor der Allianz hat Herr Schmitt die Hypothek gegeben und sie war uneinbringlich. Herr Schmitt ist seitdem Wirtschaftsminister und die Hypothek ist erstklassig geworden. Dr. Richard Kern. Das Budi vom Staatsstreidi Max Klinger :Volk In Ketten" Im Graphia-Verlag in Karlsbad erscheint soeben Max Klingers BuchVolk in Ket­ten". Dieses Buch gehört nicht zur Emi­grantenliteratur. Es ist in Deutsch­ land geschrieben. Ueber die abenteuer­liche Geschichte seiner Entstehung ließe sich vielleicht noch zweites Buch schrei­ben, das nicht weniger spannend wäre als das erste. Doch soll diese Vorbemerkung keineswegs eine Entschuldigung sein. Das Buch braucht keine. Trotz der ungewöhn­lichen Schwierigkeiten unter denen es zu­stande kam, ist es äußerst sorgfältig ge­schrieben. Man spürt, daß man es hier keineswegs mit einem Literaten zu tun hat, der sich auf Kosten anderer ins Licht stellt, sondern mit einem politischen Publizisten, der sich seiner Verantwortung bewußt ist und dessen Urteil, ob man ihm nun zu­stimmt oder nicht, auf alle Fälle ernstzu­nehmen ist Der Verzicht auf sensationellen Aufputz und feuilletonistische Schaufensterdekora­tion ist dem Buch nicht zum Schaden, son­dern zum Vorteil geworden. Knapp und anschaulich folgt es dem atemraubenden Tempo der deutschen Tragödie. Zug um Zug enthüllt es die Technik des national­sozialistischen Staatsstreichs von seiner Vorbereitung in der demokratischen Le­galität bis zur Zerstörung dieser Legalität und zum Ausbau des totalen Parteistaats. Man sieht, wie innerhalb der Demokratie die massenmäßige Machtgrundlage ge­schaffen wird, von der aus dann der zer­schmetternde Schlag gegen Recht und Verfassung geführt wird. Die Geschichte des Verzweiflungskampfes der Deutsch - nationalen, die von Hugenberg in tödliche Bundesgenossenschaft verstrickt, sich ver­gebens gegen die Schlingen deutscher Treue zu wehren versuchen, bildet ein Glanzstück dieses Buchs. Zum ersten Mal wird hier auch der Ver­such gemacht, die Stellung der Sozial­demokratischen Partei im Sturm der Ereignisse auf Grund genauer Kennt­nis der Dinge zusammenfassend darzu­stellen. Diese Darstellung bringt mancher­lei, was dem Außenstehenden neu sein wird. Sie kann freilich den noch ausstehen­den ausführlichen Bericht nicht ersetzen; sie muß ja Rücksicht darauf nehmen, daß die geheime Staatspolizei zu ihren auf­merksamsten Lesern gehören wird. Im­merhin läßt sie erkennen, daß es den Mei­nungskämpfen, die in der Partei ausgefoch- ten wurden an sachlicher Schärfe nicht ge­fehlt hat. Während die einen vorläufig auf jeden Kampf verzichten und sich auf das Abwarten einrichten wollten, forderten die anderen die sofortige Aufnahme des Kampfes und zu diesem Zweck Schaffung eines Stützpunktes außerhalb Deutschlands . Also Vertreter einer vorläu­fig Passivtaktik auf der einen, Aktivisten auf der anderen Seite. Max Klinger prä­sentiert sich mit seinem Buch als ein ent­schlossener Verfechter der aktivisfischen Politik, die dadurch zugleich eine ausge­zeichnete Rechtfertigung erhält. Denn die«. ses Buch ist eine T a 1 1 Die Dieoretlsdi-wissensdiaftlSdie MonaisdhriH der Partei, die »Sozlalistisdie Revolution" mußte ihren Titel ändern. Sie erscheint ab Heft 2 (November 1933) unter dem Titel Zeitsdirlft für Sozialismus46 Sie will führend mithelfen, die neuen Wege zum alten Ziel, zur sozialistischen Gesellschaft zu finden, die die faschistische Diktatur ablösen wird. Die 99Zeitsdirlft für Soziallsmus'6 soll die Voraussetzungen für den Sieg der sozialistischen Revolution schaffen. Sie dient der Klärung der Meinun­gen innerhalb der sozialistischen Front Die 99Zeiisdirift für Sozialismus66 soll die Grenzen der Bewegung abstecken und die neuen Kampfformen finden helfen. Sie will der ideologische Motor im neuen Kampfabschnitt des Sozialismus sein. Die 9,Zeitsd)rlft für Soziallsmus66 ist die Monatsschrift des verantwortungsbereiten Sozia­listen, der sich mit der politischen, kulturellen und öko­nomischen Entwicklung unserer Tage kritisch ausein­andersetzt Sie ist unentbehrlich für jeden, der sich in ,:; i, die Kampffront gegen die faschistische Reaktion ein­reihen will Zeitschrift für Sozialismus66 ist durch die Druck- u. VerlagsansfaltGraphia", Karls­ bad , Kantstraße, zu beziehen. Bezugspreis pro Einzelheft in der CSR. 4.; Oesterreich Sch..80; Schweiz Frs..70; Frankreich f. Fr. 3.50; Holland hfl. 0.35; USA . Dollar 0.20; Dänemark Kr..90; England Pfd. St 0/0' 10; Belgien Frcs. 5.; Polen ZI. 1..