Das Maifest der Scharfmachee

Am Ziel ihrer Wünsche

und die sogenannte Arbeitsbereitschaft geregelt werden.

Es gibt heute kein zweites Land, in dem der Arbeiter so völlig jeder Sicherung der Lohn- und Arbeitsbe­dingungen entbehren muß, wie es ab

Gewerkschaften vernichtet Tarifwesen zerschlagen 1. Mai 1934 in Deutschland der Fall

-

Der 1. Mai 1934 wird für das deutsche ( sozialen Errungenschaften der Umwälzung wahrlich mit individueller Leistung des Scharfmachertum, das im Zentralverband von 1918 steht die deutscher Industrieller jahrzehntelang ge­gen den kollektiven Arbeitsvertrag ange­kämpft hat, zum Tag höchsten Triumphes

sein wird.

Das Gesetz zur Ordnung des allgemei­Arbeiters nichts zu tun. Der Unterneh- nen Lohnabbaues hat bereits in allen Tei­mer setzt den Lohn nicht für den len der deutschen Arbeiterschaft eine all­Anerkennung der Gewerkschaften als einzelnen Arbeiter, sondern gemeine Unruhe erzeugt. Ihre Spuren sind gleichberechtigte Vertragspartner für das Arbeitsstück fest. Soweit manchmal sogar in der gleichgeschalteten werden. Im Tarifvertrag hatten sich die und die Verankerung kollektiver Verein- der Betriebsführer von der Kannbestim- Gewerkschaftspresse zu erkennen. So be­organisierten Arbeiter und Angestellten barungen im Artikel 165 der Verfassung. mung Gebrauch macht und auch die Zeit- richtet Der Deutsche Nahrungsmittelar­ein Stück sozialer Autonomie erkämpft. Es ist der Wille des faschistischen Regi- löhne in der Betriebsordnung festlegt, sol- beiter" schon vor dem Inkrafttreten des Die staatliche Gesetzgebung konnte sich es die Entmachtung der deutschen Ar- len sie als Mindestlöhne rechtsverbindl'ch Gesetzes über Neue Tarifvereinbarungen darauf beschränken, allgemeine Normen beiterklasse am 1. Mai 1934 mit der rest- ein. Die Nazis zweifeln aber wohl selbst im Fleischergewerbe". für den Abschluß von Tarifen und Bindun-' osen Liquidierung aller sozialen Selbst- nicht daran, daß die so diktierten Mindest­gen für ihre Innehaltung zu geben. Der verwaltung durch die Aufhebung des Ta- löhne in der Praxis Höchstlöhne darstel­Inhalt des Tarifvertrages aber gestaltete rifvertrages zu besiegeln. sich aus dem freien Fluß der sozialen Ent­wicklung und dem Stand der sozialen

Kräfte in der Wirtschaft.

len.

Wie die nationalsozialistische Maifeier Die Treuhänder der Arbeit können für im ganzen eine Lüge ist, so auch die Be- gleichgeartete Betriebe Richtlinien zu den gründung, mit der die Zerschlagung des Betriebsordnungen erlassen, deren Inhalt Nach der Ueberwindung der Zünfte kollektiven Arbeitsvertrages in der Presse ganz im Belieben ihrer Verfasser liegt, so und der Einführung der Gewerbefreiheit der Arbeitsfront erklärt wird. daß mit den Treuhänderrichtlinien die sollte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Es muß in erster Linie alles das, was zweite Möglichkeit des Lohndiktats ge­einzelnen Unternehmer und Arbeiter per­noch vom alten liberalistisch- marxistischen geben ist. sönlich geregelt werden. Industrialisie­rung und Technik hatten indes das Zah­

den."

... allerdings ist es, wie

99.

es

scheint, zu­

nächst daran gedacht, die Regelung der Wöllersdorf und

Löhne im Prinzip den Betrieben selbst zu überlassen, wie es der früheren Vorstellung von der grundlegenden Bedeutung des Be­triebes in der Wirtschaft entspricht."

Diese frühere Vorstellung war

,, Wir haben schon aus der kurzen Erfah­rung aus allen Bezirken Deutschlands die gleiche Feststellung machen können, daß Betriebsführer oder Meister, die eine über­lange Arbeitszeit in ihrem Betriebe durch­führten, zugleich auch die niedrigsten Löhne bezahlten..."

übungsplatz liegt auch der Dresdner Flugpl tz, der jetzt durch den freiwiligen Ar­

Oranienburg beitsdienst vergrößert wird. Die bei die­

Hitler Schreit: Haltet den Dieb! Der> Völkische Beobachter< ergeht sich in heuchlerischer Entrüstung über die Zustände

ser Arbeit Beschäftigten erhalten als Ent'oh­nung neben ihrer Arbeitslosenunterstützung, ein warmes Mittagessen und außerdem monat­lich einen Bedarfsdeckungsschein in der Höhe

Das Blatt berichtet weiter von den Schmutzfinken", die es in der Volksge­meinschaft seines Gewerbes kennenge­lernt hat und kündigt für sämtliche Wirt­System übriggeblieben ist, weggeräumt wer- Schließlich kann der Treuhänder, wenn| schaftsgebiete Deutschlands Landestarif­es zwingend geboten erscheint, eine ordnungen an. Aehnliche Notschreie wer­lenverhältnis zwischen Arbeitgebern und Wenn jemals der Gegensatz zwischen Li- Tarifordnung erlassen. Er ist dabei nur den wohl bald auch aus den übrigen Be­Arbeitnehmern bald völlig verändert. Die beralismus und Marxismus besonders gehalten, sie vorher dem sogenannten rufen kommen. Dafür ist den deutschen soziale Struktur im kapitalistischen deutlich gemacht worden ist, dann in der Sachverständigenausschuß vorzulegen, in Arbeitern befohlen, am 1. Mai 1934 für die Deutschland hatte für Millionen von Ar- Frage des kollektiven Arbeitsvertrages, den wiederum nur Unternehmervertreter Ehre der Arbeit" begeistert zu demon­beitnehmern die Arbeitsbedingungen den die Marxisten eingeführt und berufen worden sind. Bei dem Inhalt der strieren. Aber diese kommandierten De­gleich gemacht. Die fortschreitende Ar­der ,, antiliberale" Faschismus wieder auf- Tarifordnung kann es sich um die Man- monstranten werden nicht für die Ehre beitsteilung und das zahlenmäßige An­schwellen der Belegschaften in den Groß- gehoben hat. Selbst die gleichgeschaltete telbestimmungen für die Entlohnung han- der Arbeit demonstrieren, sondern für den betrieben weckten in den Arbeitern und Frankfurter Zeitung " schreibt in ihrer deln, doch können auch die Löhne selbst Profit des Unternehmertums. Ausgabe vom 18. Januar 1934 über das Angestellten das Bewußtsein ihrer sozia­Versklavungsgesetz: len Schicksalsgemeinschaft und führten zur Bildung von Gewerkschaften zum Zwecke einer günstigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Mit dem ersten Schritt der kollektiven Beeinflussung der Arbeitsbedingungen war auch der erste Schritt zum kollektiven Vertragsabschluß getan. Die Forderungen der Arbeiter und Angestellten, auch hinsichtlich der Lohn­in Oesterreich. In fetten Schlagzeilen schreit von 25 Mark, den sie aber nur für den Ankauf höhe, werden von allen gestellt und für dürfen. er: Auslandshilfe für hungernde von Bedarfsgegenständen verwenden alle bewilligt. Die Voraussetzung für den kollektiven Kinder in Oesterreich . Epidemien Diese- auf solche Art und zu solchen Bedin­Abschluß von Tarifverträgen konnte nur die der überbetrieblichen Arbeiter sind be­schroff gegenüberstand. in den Konzentrationslagern des gungen in Arbeit stehenden in dem Bestehen tragfähiger Ver- Lohnregelung tragspartner, d. h. der Organisatio- Ganz nach dem liberalen ,, Herr- im- Hause- Dollfuß- Systems. Frauen und Kin- greiflicherweise nicht in der besten Stimmung. Standpunkt" soll künftig, wie das faschi - der dem Hungertod überlassen. Un- Am 21. März mußten sie sich, genau wie alle nen, gegeben sein. anderen Betriebe, die Uebertragung der stische Verbandsorgan der Lederarbeiter diesen Ueberschriften berichtet er: ter", schreibt ,, der Schwerpunkt der Ge- Die englische Gesellschaft zur Hitlerrede anhören. Als das Horst Wessel­Rettung verhungernder Kinder Lied ertönte, blieben einige Arbeiter auf ihren staltung der Arbeitsbedingungen in den hielt eine Versammlung ab, um die Berichte einzelnen Betrieb verlegt werden. Es von Lord Noel- Buxton, Mr. Riley und Miẞ Plätzen sitzen und unterließen es, in das, Heil klingt geradezu wie ein Hohn auf die ar­Anderson, die soeben aus Wien zurückge- Hitler" einzustimmen. Für einige besonders beitenden Menschen in Deutschland , wenn kehrt waren, entgegenzunehmen. eifrige SA - Leute, war das Grund genug, eini­Das Elend in Wien so berichten die Ge- ge alte Arbeiter, die einstens der SPD. das Verbandsblatt der Gastwirtsgehilfen nannten sei herzzerreißend. Frauen die bisherigen Tarifverträge ,, von angehörten, zu verprügeln. Ein 60 Jahre und Kinder von ehemaligen An­So fallen die Anfänge der deutschen Ge­gestellten der Gewerkschaften alter Mann wurde dabei zu Boden geschlagen Die werkschaftsbewegung in die Zeit vor dem geschäftstüchtigen Gewerkschaftssekretä­und Konsumvereine, von allen gefar- und mußte ins Spital überführt werden. Sozialistengesetz, das ihre Entwicklung ren verspottet und schreibt: lenen, verwundeten oder verhafteten Bür- gesamte Belegschaft legte daraufhin unterbrochen hatte; nach seiner Aufhe­gerkriegs opfern würden von der Re­gierung rücksichtslos dem Hunger­bung folgt der schnelle Aufstieg der Ge­tode überlassen. Niemand wage, ihnen werkschaftsbewegung und um die Mitte etwas zu geben. Ausländische Vereine müß­der 1890er Jahre werden die ersten prak­ten eingreifen. tischen Erfolge des Tarifgedankens sicht­bar, der sich in rascher Folge immer grö- Ist es Dummheit oder Bösartigkeit, die Bere Gebiete eroberte. Im Mittelpunkt der Zerschlagung des Tarifvertrages als Aus­

Die Entwicklung des Tarifgedankens in Deutschland zeigt eine unmittelbare Wechselwirkung zwischen dem poli­tischen Aufstieg der Arbeiterklasse und dem Fortschreiten des kollektiven Arbeitsvertrags.

DAS

PARISER TAGEBLATT

Chefredakteur:

GEORG BERNHARD

I bringt unter anderem

regelmässig

BERLINER BRIEF

mit unerhört interessantem Tat­sachen- Material, trotz Zensur und Diktatur

Aeusserungen führender Politiker

aller Länder zu den europäischen Problemen

Beiträge hervorragender Dichter

und Gelehrter

speziell der aus Deutschland Ver­bannten

Demnächst

Interessantes Preis- Ausschreiben:

14 JAHRE REPUBLIK Grosse Umfrage bei Gelehrten, Publi­zisten, Staatsmännern:

,, Die Zukunft der Welt"

Neuer hochaktueller Roman von

BALDER OLDEN : ROMAN EINES NAZI Endlich die verschiedenen

Sonder- Gebiete

Die moderne Frau

-

-

-

Reise und Ver­

kehr Sport Technik u. Wirtschaft Probenumern gratis- Bestelungen beim

ARISER TAGEBLATT" PARIS ( 3), 51, Rue Turbigo

die liberale Wirtschaftsauffassung vom freien Spiel der Kräfte,

,, Ganz anders heute. Der Gemeinschafts­geist im Fleischergewerbe und die Neuorga­nisation in der deutschen Arbeitsfront brin­gen es, mit sich, daß es fortan keine Tarif­parteien mehr gibt."

-

-

Was für ein Unterschied mit Deutsch­ land !"

-

-

sofort die Arbeit nieder und forderte des die sofortige Entfernuung SA- Mannes. Erst als diesem Verlangen Rechnung getragen worden war, wurde die Ar­beit wieder aufgenommen.

Adolf Hitler hat zur Zeit, als er noch ein

die er von der Schwerindustrie erhalten hat,

Das ist der Gipfel der Dreistigkeit! Die druck des Gemeinschaftsgeistes zu bezeich- Brutalitäten des Dollfuß und Fey sind Nach­nen? Für die deutschen Arbeiter war das ahmungen der braunen Brutalitäten in Deutsch - Auf den Spuren Ludwigs II. Wesentliche am kollektiven Arbeitsver- land. Was heute in Oesterreich ist, ist.n trag, daß der einzelne sein persönliches Deutschland vorexerziert worden! Keine simpler Parteiführer mit unsicheren Perspek­Recht, wie sein persönliches Wollen auf- Grausamkeit, die nicht dem deu- tiven war, einen erheblichen Teil der Gelder, schen Faschismus abgesehen gegeben und auf eine Vertretung der Ge­samtheit aller Organisationsmitglieder wäre! Das Elend der Opfer der braunen Be- in das Braune Haus in München verbaut. übertragen hat. Der Tarifvertag war die stien, der Frauen und Kinder ist in Deutsch - Er hat sich selbst dabei als dilletierender Ar­chitekt betätigt wie einst Wilhelm II. , der stärkste Verpflichtung des einzelnen Ar- land noch hundertmal schlimmer! Frauen werden in Deutschland als Geiseln beiters oder Angestellten gegenüber der auch die Schwäche hatte, den Fachleuten ins Gesamtheit seiner Kollegen. Der einzelne für ihre Männer im Konzentrationslager gehal- Handwerk zu pfuschen. trat mit seinen persönlichen Interessen ten, die braunen Menschenquäler haben nach zurück hinter Willen und Ziel der Gemein- dem Mord von vier kommunistischen Spitzen­schaft.

Das war marxistischer Gemein­schaftsgeist!

wenn er

Bei Adolf war es noch etwas anderes: er funktionären die Unmenschlichkelt besessen, hat nie etwas richtig gelernt. Er die Frauen der Ermordeten ohne wäre gerne Architekt geworden Kücksicht auf ihre Kinder ins Gefängnis zu nur das Zeug dazu gehabt hätte! Deshalb hat werfen! Zum Massenelend gesellen sich em- er sich von dem Architekten Troost das pörende Einzelfälle von geradezu viehischer Braune Haus hinsetzen lassen, damit es nun die Welt als Adolfs Werk bewundere. Grausamkeit!

Die niederträchtige Methode der Ablenkung

Die Neuregelung in Deutschland unter­scheidet drei Möglichkeiten: die Betriebs­ordnung, die Treuhänderrichtlinien und die Tarifordnung. Die Betriebsordnung von den eigenen Verbrechen erreicht seinen Seitdem er Diktator geworden ist, ist ihm wird vom Führer, d. h. h. vom Unter- Höhepunkt, wenn der> Völkische Beobachter< nehmer aus eigener Machtvollkommen- sich entrüstet, daß die Dollfuß - Regierung die heit getroffen; in ihr werden Zeit und Art Zustände

im

Konzentrationslager

das Braune Haus zu bescheiden, nicht mehr repräsentativ genug. Er läßt

jetzt den Königsplatz in München neu der Gewährung des Arbeitsentgelts be- Wöllersdorf für ideal erklärt. Hat nicht aufmachen. Zwei große Bauten werden nach stimmt. Es können aber auch in der Be- eben erst das Hitlerregime eine grandiose den Plänen des inzwischen verstorbenen Ar­triebsordnung Bestimmungen über die Sammlung über das Konzentrationsla- chitekten Troost hingesetzt, ein Führer Lohnhöhe getroffen werden. Es sollen ger Oranienburg in Buchform veröffent- haus und ein Verwaltungshaus für die NSDAP . Wer bezahlt? Als Antwort auch rechtsverbindliche Vorschriften über lichen lassen?

die Berechnung der Akkordarbeit enthal­

sind.

Die Hitler und Dollfuß sind einander wür. auf diese Frage genügt die Feststellung, daß ten sein. Es wirkt besonders komisch, dig! Die Bestialität triumphiert in Deutsch - in Hitlerdeutschland Staat und Partei eins wenn in der Begründung zu dem Gesetz land wie in Oesterreich , und das Leid der für die Lohnberechnung der Leistungs- Opfer schreit hier wie dort gen Himmel! grundsatz aufgestellt wird. Das Akkord­

system, ausgedacht vom Unternehmer- Ein Proteststreik

tum, das für jedes Stück, durch wessen

Hand es immer gehen mag, den gleichen Die Arbeits ,, Schlacht" am Dresdner Heller. Auf dem Dresdner ,, Heller", das ist der an Lohn festsetzt, also die absolute Gleich­

Adolf ahmt Ludwig II. ebenso nach wie Wilhelm II. Der letztere war etwas verrückt, bei dem ersteren hat es sich noch bei Leb­zeiten nicht mehr verschweigen lassen. Alle drei haben eines gemeinsam: das krampfhafte Bemühen, Andenken zu schaffen für die Zeit

heit der Lohnbedingungen herstellt, hat der Peripherie Dresdens gelegene Truppen- nach ihrer persönlichen Katastrophe.