Der Chef der Gesfapa Eine Skizze« kein Charakterbild Der Name Diels   war vor der Hifierdfcta- tur in der deutschem Oeffentlichkeit unbekannt. Heute bedeutet Diels   so viel wie Geheime Staatspolizei  (Gestapa), bedeutet Kolumbla- haus, ein Wort, das in Deutschland   nur ge­flüstert wird. Nie hat Diels   eine nationalsozialistische Wahlrede gehalten, nie zählte er zu den Grö­ßen der Partei, als sie unter Hitlers   Führung die Weimarer Republik   berannte. Er stand sichtbar jenseits der Barikade. Der demokra­tische Staatssekretär Abegg hatte ihn, der das demokratische Parteibuch in der Tasche hatte, im Jahre 1930 als seinen Vertrauens­mann in die politische Polizei des preußischen Innenministeriums geholt. Im Demokratischen Klub in der Viktoriastraße lernten die Berliner  Demokraten den jungen, schlanken, gut ange­logenen Assessor kennen und freuten sich über den Zuwachs an Macht, den ihnen diese Berufung zu bringen schien. Man lud ihn ein, dahin und dorthin, und da er gute Manieren, ein bescheidenes Wesen, ein eigenes Auto und als Frau eine Tochter der Röhren-Mannes­mann hatte, fand Abegg für die glückliche Auswahl, die er da getroffen hatte, bei seinen Parteifreunden volle Anerkennung. Es dauerte nicht lange, so mußte Diels auch schon allein mit Parlamentariern, Redakteuren und Parteifreunden verhandeln, denn auf keinen andern Beamten der politischen Polizei glaubte Abegg sich mehr verlassen zu können als auf diesen fleißigen, gewandten Partei­freund. Langsam, ganz langsam machte Diels sich breit Nicht daß er sich mit spitzen Ellen­bogen durchgedrängt und sich Feinde gemacht hätte, um möglichst schnell Karriere zu ma­chen Diels hatte keine Ellenbogen. Wie ein Aal schlängelte er sich überall durch und ge­dieh dabei. Von früh bis abends war er im Ministerium anzutreffen, immer versprach er zu helfen, den Kommunisten wie den National­sozialisten, und wenn die Hilfe dann ausblieb, waren eben Mächtigere seinen Intentionen nicht gefolgt. Nie versäumte er, dorarttge Andeu­tungen ins Gespräch einzuflechten. Diels   war ein Wundermenn. Niemandem im Preußischen Landtag konnte entgehen, daß zwischen dem demokratischen Staatssekretär Abegg und seine« Leiter der Polizelabtetlung, dem Ministerlaidirektor Klausener, einem fana­tischen Zentrumsmann und Vorsitzenden der Katholischen Aktion, das denkbar schlechteste Verhältnis herrschte. Die Ministerialbürokratie war in zwei Lager gespalten und man konnte sicher sein, von Abegg über jeden Ministerial- beamten stets das entgegengesetzte Urteil zu erhalten wie von Klausener und umgekehrt Nur Diels   machte eine Ausnahme. Auf ihn schworen beide. Klausener behandelte ihn als seinen besten Vertrauensmann und ließ sich davon auch nicht abbringen, als Aheggs Vertrauen zu Diels   von Tag zu Tag wuchs. Als Zentrumsabgeordnete ihren Partei­freund Klausener vertraulich warnteh, lachte der Polizeigewaltige und versicherte ihnen un­ter dem Siegel der strengsten Verschwiegen­heit, daß er täglich mit Diels   unter vier Augen lange Gespräche habe und gerade dadurch stets wisse, was der Staatssekretär in seiner Zentrumsfeindlichkeit plane. Der 20. Juli 1932 riß jäh den Vorhang von dieser Idylle. Ueber Nacht war durch den Staatsstreich Papens Abegg jeder staatlichen Macht entkleidet. Ein konservativ-reaktionäres Regime setzte ein, der Essener Oberbürger­meister Bracht wurde Vogt im Preußischen Innenministerium und dieSäuberung" der Behörden von Republikanern begann. Abegg wurde entthront, Klausener versetzt. Und Diels  , beider Freund? Er wurde der engste Mitarbeiter von Bracht. Mit ihm beriet der neue Mann, wie sich bald zeigte, die Durchführung des Ausnahmezustan­des. Wer im Ministerium des Innern vorsprach und Bracht nicht erreichte, ging, wie früher. wenn er Abegg nicht erreicht hatte, zu Diels  , der nach wie vor gut unterrichtet war, denn nlemaad hatte auch so gute Beziehungen zur Reichswehr   wie dieser jüngste Beamte der politischen Abteilung. Und die Reichswehr  war der Träger des Ausnahmezustandes. Sie hatte Bracht gesagt, daß er sich auf Diels  verlassen könne. Das offene Haus, das der reiche Schwie­gersohn der Schwerindustrie geführt hatte, begann sich bezahlt zu machen. Schleicher hatte durch Diels   stets erfahren, was seine Gegenspieler in Preußen planten, denn beim Glase Wein machte Diels   aus seinem Herzen erst recht kein Geheimnis. Warum soll man auch den Freunden des Hauses nicht mit Ver­trauen entgegenkommen? Bei einer Zigarre läßt sich harmlos erzählen, wie Abegg mit Torgier verhandelt habe, um die Kom­munisten gegen gewisse polizeiliche Zuge­ständnisse zu einer parlamentarischen Unter­stützung des Kabinetts Braun zu bewegen... Die Reichswehrmajore gingen immer zufrieden nach Hause und die Bendlerstraße war von der Unent- behrlicfakeit ihres Diels genau so Uber­zeugt wie Abegg und Klausener, bei denen sich Diels   am nächsten Morgen wie immer einfand und gut dosierte Mitteilungen aus dem Reichswehrministerium überbrachte. Als die Regierung Braun-Hirtsiefer an den Leipziger   Staatsgerichtshof appellierte und die angebliche Unterredung Abegg-Torgler-Diels die Hauptstütze der Klagebeantwortung des Reiches bildete, hatte die Lüge längst ihre Schuldigkeit getan. Bracht saß in dem Mini­stersessel und nach Diels Meinung konnten nur Schwachsinnige glauben, daß eine Wider­legung das Rad der Geschichte zurückdrehen würde. Bracht kämpfte einen verzweifelten Kampf gegen die Nazis und scheute die Feindschaft mit Papen nicht, als er sich für Schleicher entschied. Jede Phase dieser Entwicklung hat Diels   als die rechte Hand Brachts miterlebt und beein­flußt Ais Bwdrt unter Schleicher seinen polltischen Höhepunkt erreichte und seine poli­tische Polizei die Querverbindung Papen- Hitler-Baron Schröder zu überwachen hatte, war es Diels  , auf den sich der rücksichtslos brutale Bracht verließ. Er hätte nicht einen Augenböck gezögert zuzupacken, wenn Diels  es geraten hätte. Als sich daher Ende Januar 1933 der Kampf zwischen Schleicher und Papen   aufs äußerste zuspitzte, schmunzelte mancher der Wissenden bei dem Gedanken, daß der Sieg Papens auch den Sturz von Diels   bedeuten würde. Und gar wenn die Nazis ans Ruder kommen würden... Nie würden die ihm vergessen, daß er die Röhmbriefe der Linken in die Hand gespielt hatte 1 Schleicher stürzte, Hitler   kam und Göring  zog ins Preußische Polizeiministerium ein. Seine erste Regierungshandlung war die Bil­dung eines Geheimen Staatspolizeiamtes mit unerhörten Vollmachten, nicht zur Bekämp­fung, sondern zur Vernichtung der politischen Gegner. Zum Leiter dieser großen neuen Be­hörde aber wurde ernannt der Oberregie- mngsrat Dr. Diels  . Severing verraten, Abegg verraten, Klau­sener verraten, Papen verraten, Bracht verraten, Schleicher verraten! Göring   wußte, warum er siöh diesen Mann auswählte. Zu dem Amt, das Diels heute hat, muß man durch einen solchen Sumpf von Ver­rat gewatet sein, um ihm gerecht zu werden. Augenblicklich scheint Diels   wieder zu schwanken. Aber es scheint nur so! Längst hat er den Anschluß an Hitler   gefunden, um bei einem Sturz Görings nicht mit in den Strudel gerissen zu werden. An weitere Veränderun­gen In der nächsten Zelt glaubt er nicht.Sie werden eines Tages auch noch um einen Kopf kürzer werden", hat ihm wutschnaubend erst vor kurzem ein Deutschnationaler zugerufen und ihm seine Verräterei vorgehalten, als ihm Diels   auf Grund von Spitzelberichten vorwarf, er versuch« die Deutschnationale Partei wie­der aufzubauen. Diels blieb liebenswürdig und da das Gespräch keine Zeugen hatte, ant­wortete er verbindlich:W arumsoll ge­rade ich einen Kopf kürzer wer­den? Der große Tayllerand ist genau so im Bett gestorben wie der kleine Fouchö." Ii ingekehrtes Sarajevo  Diktaturländer bewaffnen Attentäter Das Attentat von Sarajevo, dem im Juni 1914 der österreichische Thronfolger Erz­herzog Ferdinand zum Opfer fiel, gab das Signal zum Weltkrieg. Mit der Behauptung, daß die Verschwörer auf serbischem Gebiet ausgerüstet worden seien, begann die Habs- hurgermonarchie ihren Angriff. Wer hat bemerkt, daß ein neuerMord von Sarajevo  " nur mit umgekehrten Vorzeichen gerade noch um Haaresbreite vor wenigen Wochen an Europa   vorbeigegangen Ist? Mit umgekehrten Vorzeichen, denn das Opfer sollte diesmal der König der Serben sein und die Verschwörer saßen auf österreichi­schem Boden, nämlich in Wien  ! In Belgrad   sind am 28. März d. J. drei sogenannte kroatische Terrori­sten hingerichtet worden. Ihre Namen lauten Oreb, Begovlö und P o d g o r e 1 e c. Sie hatten im Dezember 1933 ein Attentat gegen den König Alexander von Serbien vorbereitet, Che Gerichtsverhandlung hatte ein Ergebnis, üas sich genau so liest wie das österreichische Memorandum von 1914 über den Mord von Sarajevo  , nur mit der Umkehrung, daß damals die Mörder des Habsburgers von Serbien  unterstützt worden sein sollten, während Jetzt "n Hintergrund des mißlungenen Attentates uicht allein Oesterreich, sondern die ge­samterevisionistische" Gruppe der Diktaturstaaten erscheint: Ita- ' i e n mit seinen Anhängseln Oesterreich  und Ungarn   sowie Deutschland  . Die lerroristische OrganisationUstaSa  ", der die Verurteilten angehörten, hatte ihren Haupt­sitz I n W i e n. Ihre Führer Dr. Artucowicz, Wladimir Singer und W. Petschnfker sind am März im Zusammenhang mit dem Belgrader  Prozeß verhaftet worden. Von Wien   Jedoch liefen die Fäden welter. Oreb, Begovld und Podigorelec sagten im Prozeß Einzelheiten aus, die ein seltsames Bild enthüllten. DieUstaSa  " besttzt Zweigstellen und Mitglieder In Ungarn  , Oesterreich und Italien  . Sie sammelt ihre Mitglieder in Lagern, von denen dasjenige in Borgotaro und Vichctto die bekanntesten sind und der Unterweisung der Terro­risten im Bombenwerfen u. a. die­nen. Oreb gestand, daß er lange Zelt in den Lagern weilte und gewisse italienische Städte berelate. Nach seinen Aussagen nahm an der Ausarbeitung der Pläne für das Königsattentat VI. Singer teil. Dieser Singer saß in Klagenfurt   und organisierte von hier aus Anfälle gegen Jugo­ slawien  . Es wurde festgestellt, daß die Terro­risten magyarische Pässe besaßen. Sie drangen sowohl von Ungarn  , als auch von Oesterreich und Italien   nach Jugo­ slawien   ein und sie waren es, die die bekann­ten Attentate auf jugoslawische Schnell­züge vorbereiteten und verübten. Ihre weite­ren Objekte waren Brücken, Gendar­meriestationen und das Leben führen­der Persönlichkeiten.(Wegen solcher Brücken­attentäter wurden z. B. am 27. März ein ge­wisser Dimltrü, Grantschitsch und ein Manov Gavrilo Janowitsch hingerichtet,) Der Königs­mord sollte den Höhepunkt dieser Tätigkeit bilden. Sie waren es, die die Unruhen in der Lyka organisierten und der in Wien   ver­haftete Artukovid, ein ehemaliger Advokat in Gospid, wirkte dabei von Zadar   aus mit. Die dt ei zum Tode Verurteilten bekannten, daß sie ihre Druckschriften In Deutschland   drucken ließen und hi diesen Druckschriften wird offen von Attentaten gesprochen. Bei den Ver­hafteten in Wien   fand man umfangreiches belastendes Material. Für den Kundigen sagt das genug. Jugo­ slawien   ist ein wichtiges Glied der mit Frank­ reich   verbündeten Kleinen Entente  , und so finden die Attentäter gegen sein Fürsten­haus in allen Staaten der revisionistischen Diktatur Unterschlupf. Besonders pikant liest sich dabei für den Deutschen  , daß diese Ter­roristen ihr Druckmaterial ausgerechnet in Hitlerdeutschland herstellen ließen und es offenbar auch ungestört tun konnten, während die gesamte Gestapo  , SA   und SS dauernd hinter marxistischen   Gehehn- druckereien herjagen! Das Attentat gegen Alexander mißlang, weil der Verurteilte Oreb versagte. Hätte er bessere Nerven gehabt, wer weiß, wo wir heue ständen! Vielleicht genau da, wo Europa  nach der Ermordung des Erzherzogs Ferdinand stand. Der Funke ist diesmal nicht ins Pulver­faß geschlagen, aber das gibt keinen Anlaß zur Beruhigung; das Pulverfaß ist ge­blieben und Funken schwirren genug in der geladenen europäischen   Atmosphäre! Julius Civilis. schaffenen Siedlungen auf etwa 4000 ge­schätzt. In der Tat, der Generalfeldmaxschall hat sich die Neudeck-Landzulage" von knapp 5>000 preußische Morgen redlich ver­dient! Nachzutragen ist noch, daß in genau gleichem Maß, wie die Siedlungstätigkeit im ersten Jahr des Hitler  -Heils zurückgegangen ist, die Summe der ausgezahlten Osthilfedarlehen anstieg; und zwar nach dem letzten Ausweis der Bank für Indu- strieobligationen von 160 auf 340 Millionen Reichsmark. Hlndenburg hat sich um die Verhinde­rung der Siedlung verdienter gemacht als Irgend ein anderer Deutscher. Jetzt hat der ostpreußische Großgrundbesitz in Hitler  einen zweiten gleichwertigen Helfer. Schon heute läßt sich aus den uns zugehenden Mit­teilungen entnehmen, daß hn Jahr 1934 nicht einmal wenige hundert Siedler- steilen errichtet werden dürften! Und es ist nicht schwer vorauszusagen, daß am Ende desVierjahrcsplans für den deutschen Bauer", den Hitler am Tage nach seinem Machtantritt verkündet hatte, jede Spur von Siedlungs­tätigkeit ausgerottet sein wird. M. B. Die braunen Schildbürger In Braunschwedg hat sich eine äußerst ko­mische Affäre ereignet Sie Ist höchst charak­teristisch dafür, in welchem Lausejunge n- stll im barbarisierten Deutschland   der Hitler und Göring  Politik" gemacht wird. In Braunschweig   gibt es eine Jerusalem- s t ra B e, die seit geraumer Zeit den Zorn der rassegeeichten Antisemiten erregte. Es ginge nicht an, so erklärten die Geslnnungs- tüchtigen erregt,Juda mitten in Deutschland   triumphieren zu las­sen. Schließlich wurde der Jude verbrannt und die Straße mit dem anständigen Namen in Baidur von Schirach-Straße" um­getauft Bis vor drei Tagen. Seit dieser Zeit heißt sie wieder Jerusalemstraße. Es hat sich nämlich zur allgemeinen Heiterkeit herausgestellt daß die Strafte Ihren anrüchigen Namen zu Ehren des kernari sehen Abtes Jerusalem   er­halten hat.! Jüdischer Friedhof geschändet In Kettwig  v, d- Brücke wurden auf dem an einer Anhöhe liegenden Jüdischen   Friedhof in einer Nacht 30 Grabsteine umgestürzt Trotz der vom Vor­stand der jüdischen Gemeinde ausgesetzten Belohnung konnte man der Täter noch nicht habhaft werden. Der Sieg des Feudalismus Starker RUtkgang der Siedlungstätigkeit Kameraden! Die Vorarbeiten zu einem großzügigen Ansiedlungswerke sind Im Gange: die Ausführung wird un­verzüglich beginnen... Die heimkehren­den Krieger sind die ersten, diesen Dank des Landes zu empfangen. Auf billig er­worbenem Land mit billigem öfient- lichen Gelde werden für Landwirte, Gärtner und Handwerker Hunderttau­sende von Stellen errichtet. Das große Werk ist schon begonnen. Habt nur kurze Zelt Geduld!" Der dies sagte, ist heute Großgrundbesitzer von Neudeck. Die Sätze sind dem Aufruf des Generalfeldmarschalls von Hindenburg  , den er im November 1918 an die Armee erließ, ent­nommen- Das erwähnte Siedlungswerk sollte ein Drittel des ostelWschen Großgrundbesitzes aufteilen. Bisher ist nicht einmal ein Drittel dieses Drittels der Siedlung zugeführt. Und was überhaupt bisher für die Siedlung getan worden ist, geschah ausschließlich in den14 Jahren des Weimarer Systems". Selbst nach den eigenen Vorstellungen der Nazis gibt es kaum einen nationaleren und sozialeren Punkt in ihrem Programm als die Siedlung. Aber nun sind dieSiedlungsbol- schewisten" Brüning und Schleicher verjagt und Hitlers  Agrarspezialisten" erklären jetzt feierlich, daß kein Großgrundbesitz angetastet werden dürfe. Was im ersten Hitlerjahr auf diesem Ge­biete getan wurde, ist viel weniger als man selbst nach der Weiterzahlung der Osthilfe­gelder und nach dem im Sommer 1933 er­lassenen neuen Entschuldungsgesctz hätte er­warten können. Während nämlich die Gesamtzahl der im ganzen Reich geschaffenen Siedlerstellen im Jahre 1932 obwohl das Papen-Kabinett weiß Gott   nicht siedlungstreundllch war 8877 betrug, wird in der selbstverständlich gleichgeschaltetenSozialen Praxis" vom 8. März 1934 die Zahl der im Jahre 1933 ge.