Der Niedergang des deutschen   Sports

lichkeiten stark bemerkbar.

Ob man heute in Deutschland   Schwimm­Meetings zusieht oder Tenniskämpfen, man Zeuge von Fußballmatchs ist oder leichtathletischen Wettstreiten, ob man

interessiert, immer

Kolonien als Ablenkung

Diktates

von

Kürzlich wurde in Deutschland   der 50­jährige Gedenktag der deutschen   Kolonial­politik gefeiert. Nicht so geräuschvoll, denn die Tatsache, daß Deutschland   mit dem Ende verloren hat, in des Krieges alle Kolonien Das Totalitätsprinzip des Nationalsozialis-| SS  - Führer, ein und über den gesamten deut- stande kamen, dann fanden sie nicht mus hat auch vor dem Sportleben nicht halt schen Sport den Reichssportführer" Deutschland  , sondern im Ausland statt. Die stimmt die alten und neuen Kolonial- Patrioten gemacht. Das deutsche Sportleben ist„, re- von Tschammer- Osten. Mit einem Schlag deutschen   Sportler merkten das sehr deutlich noch heute recht wehmutsvoll. Immerhin, bot organisiert" worden. Das heißt darf nicht standen hunderttausende ohne jede Möglich- und versuchten durch, Eingaben an die höch- der Gedenktag wieder einmal Anlaß, Kolonial­sten Stellen darauf einzuwirken, daß man propaganda zu betreiben. länger Spiel bleiben, sondern muß Erziehung keit sportlicher Betätigung da. ,, Das neue Deutschland   des Nationalsozia­zum ernsten Kampf, zum Krieg werden. Den jüdischen Sportlern gestattete man von dieser Art sportlicher Entwicklung ab­Das ganze deutsche Sportleben ist zu einem gnädigst, eigene reinjüdische Vereine zu bil- gehe. Es fehlte nicht an Mahnungen und lismus", so schrieb der Hamburger Wirt­Wehrleben umgebaut worden. An die Stelle den, aber nicht sich mit arischen Sportlern Protesten. Aber alles half nichts, der Reichs- schaftsdienst ,,, das die Ungerechtigkeiten und der Sportfreiheit ist der Sportzwang, an die im Kampf zu messen. Die bekannteren und sportführer von Tschammer- Osten führte ein Absurditäten des Versailler innen heraus und nicht durch leeren Protest Stelle von Salidarität die Gehorsamspflicht charakterfesten jüdischen Sportler verzich- strenges Regiment. getreten. teten allerdings auf diese Gnade und wandten Erst die Verhandlungen im olympi- überwindet, steht grundsätzlich posi­Die nationalsozialistische Ideologie, die sich ins Ausland, wo sie mit Freuden aufge- schen Komitee machte den Herrschaften tiv zum kolonialen Gedanken, weil Leistung der deutschen  heute im deutschen   Sport ihren Ausdruck ge- nommen würden. Der deutsche Tennismeister ihre Lage klar. Amerika   stellte für seine es die historische funden hat, macht sich schon in den Aeußer- Prenn, der Deutschland   zu einem Tennis- Teilnahme an den olympischen Spielen im Kolonialpolitik achtet und Dienst im Ausland land erster Ordnung gemacht hatte, ging nach Jahre 1936 in Berlin   zur Bedingung, daß man unter deutscher   Flagge und Verwaltung aus England, der deutsche   Meisterboxer Selig unbedingt auch die jüdischen Sportler daran raum- und bevölkerungspolitischen Gründen ob nach Paris  , die Fecht- Weltmeisterin Helene teilhaben lasse und ihre sportliche Betäti- für notwendig hält... Der heutige Stand der von Mayer nach Amerika  . gung in den deutschen   Sportvereinen wieder Kolonialfrage hat eine gewisse Aehnlichkeit den Von den Arbeitersportlern wan­zulasse. An diese Bedingungen Amerikas  , die mit dem Zustand jener Zeiten, als die Politik Boxring belagert oder sich für Wassersport derten Tausende in die Konzentrationslager, von einigen anderen Ländern unterstützt wur- des Reiches eine direkte Betätigung auf dem zu müssen. Freilich hat man den Eindruck: wo ihnen die Sportbegeisterung mit Gummi- den, schloß sich ein Schriftwechsel an. Gebiete kolonialer Erschließung und Verwal­hier handelt es sich wenigr um den fried- knüppel ausgetrieben wurde. Die nicht reinarische Exzellenz von Lewald, tung glaubte ablehnen Aus­liegen die Hemmungen heute nahezu allein auf lichen Wettstreit körperlicher Gewandheit, Die Umstellung des deutschen   Sportes auf den man wegen seiner vortrefflichen der Seite der Politik. Bestünde die im deutschen   Olympia­Geschicklichkeit, Ausdauer, Kraft, sondern den Wehrsport machte sich bald dadurch be- landsbeziehungen Möglichkeit einer schnellen Kor­fast möchte man sagen merkbar, daß ganz plötzlich Sportarten for- Komitee notgedrungen belassen hatte, altpreußischen Drill. Est Es geht ciert wurden, die man im früheren Sportge- sichert den Amerikanern, daß den jüdischen rektur der völkerrechtlich widri immer furchtbar militärisch zu. Vor Beginn triebe sehr nebenher behandelt hatte. Ein Sportlern in Deutschland   nicht das Geringste werden politische Reden geschwungen, Haken- Reichsverband der Bogenschützen wur- in den Weg gelegt worden sei und daß sie kreuziahnen werden gezeigt, der Sturmführer de ins Leben gerufen, der Bund der Wurf- auch in die Olympia- Mannschaft ohne wei­schreit Heil Hitler   und dann beginnt die und Tontaubenschützen erhielt eine teres Aufnahme finden würden. Selbstver­Lage Deutschlands   der Erschließung ,, Uebung". Auch das Publikum sieht ganz an- staatliche Subvention von 120.000 Mark zum ständlich kümmerte sich in Deutschland   kein stiger denn je, weil die wirtschaftliche ders aus als früher. Sehr viele Uniformen Ausbau der Organisation und zum Anlegen Mensch um diese Erklärung. Die Amerikaner überseeischen Raumes. aus bevölke­gibt es zu sehen, in den Logen die„ Braunen" von Schießplätzen, in den leichtathletischen drängten immer wieder und warteten mit Bei­rungs- und handelspolitischen Gründen drin­und Schwarzen" mit vielen Orden, die Mann- Uebungen schenkte man dem Diskus spielen auf, die die deutschen   Erklärungen gend bedarf. schaftsführer stehen stramm vor dem anwe- und Stielwurf( lies: Handgranatenwer- Lügen straften. Um es nicht ganz zum Bruch Man muß daraus entnehmen, daß die Na­senden ,, Reichssportführer" oder seinem Ver- fen) erhöhte Aufmerksamkeit. Ganz beson- kommen zu lassen und um die Amerikaner zu tionalsozialisten sich bei der Propaganda für treter und warten, bis er das Zeichen zum ders aber nahm man sich des Luftsports beruhigen, wohnte nun am 3. Juni den inter­neue deutsche Kolonien genau der gleichen Beginn gibt. Dann spielt das Horst- Wessel  - an, der einen ungeahnten Aufschwung nahm. nationalen Wettkämpfen des Sportvereines und hundertmal widerlegten Argumente be­Lied, wobei alles Hände an die Hosennaht zu Subventionen regneten da von allen Seiten, Bar Kochba   und Hakoah in Berlin   ein Ver­legen hat. kaiserlichen Deutschland  . Diese Argumente von Staat, Ländern und Gemeinden. Nicht nur treter des Reichssportführers bel und wählte dienen wie kapitalistische Kreise im früheren Jeder weiß heute, ob dieser oder jener der Segelflugsport, sondern auch der Motor- drei jüdische Sportler, den sollen die Aufmerksamkeit des Volkes von den die Sprinter Schatt- Fehlschlägen der nationalsozialistischen Wirt­Sportheld in der Bewegung ist, ob er eine flugsport wurde derart bevorzugt und propa- springer Herzstein und die Sprinter Schatt­Charge besitzt, und darnach richtet sich seine giert, daß er in kurzer Zeit einen gewaltigen mann und Sternlieb für die Teilnahme an den Olympiade anbefohlene Popularität. Der Wettstreit der Teil des ganzen deutschen   Sportwesens aus- deutschen   Vorübungen zur einzelnen Sportler oder der Vereine ist zu- machte. Die Fliegerschulen waren dem kol- aus. Aber diese drei Konzesionsjuden werden rückgetreten, heute ist es ein Wettstreit der losalen Andrang kaum gewachsen, die Staf- dem ununterbrochenen Niedergang des deut­Stürme, der Standarten, der Gaue geworden. feln wuchsen nur so aus dem Boden, so daß schen Sports nicht aufhalten! Es ist der Geist Front des Geistes Der Parteibonze des bereffenden Gaues er- heute Deutschland   wohl das Land ist, das bei des Militarismus, der den gesunden Sportgeist hält Bericht, übt Kritik, erteilt Verweise und es weitem die meisten Sportflugzeuge besitzt. erschlägt. ist schon so weit gegangen, daß er bei der

vielmehr um einen

-

Aufstellung von Mannschaften sein Votum ab­

gegeben hat.

Die wehrsportliche Tätigkeit erschöpfte

ver­

Weit­

Curt Haas.

gen Bestimmungen des Versailler Diktats, so wären die praktischen Voraussetzungen einer kolonia­len Betätigung Deutschlands   gün­

schaftspolitik und den wachsenden inneren Schwierigkeiten ablenken.

Neue bemerkenswerte Veröffentlichungen. Im Aufruf". Streitschrift für Menschen­rechte, schreibt Gregor Bienstock: Keine Illusionen, bitte! Die Aera des Völ­kerbundes, der pazifistischen Träume, der demokratischen Diplomatie ist vorbei. Das Wort hat allerdings noch nicht ,, Ihre Majestät die Kanone", aber das diplomatische Spiel ist bereits weitgehend durch die strategischen Erwägungen der Generalstabschefs bestimmt. Epoche des„ bewaffneten Friedens". Ferner wird ein ungeheuerlicher Fall von Geisel verhaftungen aufgedeckt: neun Geiseln für einen kommunistischen Emigranten! In den Europäischen Heften Nr. 8. schreibt Heinrich Mann   über„ Revolutio­näre Demokratie".

sich jedoch in diesen angeführten Dingen nicht. Ein verlorener Schwurzeuge Alle aktiven Sportler, gleichgültig in welchem Der schwedische Nationalökonom Gustav Deutschland war einmal eines der größten Sportzweig sie sich betätigen, müssen heute Cassel gehörte bisher zu den Schwurzeugen Sportländer. Nicht nur der bürgerliche Sport unter Aufsicht der SA  - Inspekteure wehr- nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik. Er hat stand in der ganzen Welt in gutem Ruf, auch sportliche Uebungen klopfen". Da jetzt im Svenska Dagbladet die Einführung der Arbeitersport fand ungeheuren Anklang. wird die Fußballsektion des Bezirkes Bran- eines schwedischen Clearingverfahrens gegen Wir leben, mit anderen Worten, wieder in der Aus den Reihen der Arbeitersportler sind her- denburg an einem Abend zu einem Gelände- Deutschland gefordert. Jetzt ist es aus mit vorragende Vertreter des Sports hervorge- marsch befohlen, dort die Tennisgruppe des den nationalsozialistischen Lobsprüchen, jetzt oangen. Das hat unter Hitler   aufgehört. Die Gaues Sachsen zu einer großen„ Ziel- und heißt es: Vereine wurden zerschlagen, verboten, umge- Richtübung"„ eingeladen". Merkwürdig mutet formt. An die Spitze der neuen Vereine wur- es an, wenn man hört, daß die Schwimmab­den Parteibonzen gesetzt, aus Verbän- teilung des I. F. C. Nürnberg   zu einem Nacht­den Formationen gemacht. Auch die Schnellmarsch in die Fränkische Schweiz  bürgerlichen Vereine mußten daran glauben. kommandiert wurde. So geht es überall. Sie wurden gezwungen, ihre Juden und Mar­Die Folgen waren bald zu bemerken. Die Die Sammlung", Heft 10, bringt einen xisten auszuschiffen, darunter bedeutende internationale Sporttätigkeit Deutschlands Wer Schacht und Hitler   lobt, ist ein großer Aufsatz von Golo Mann  :„ Wallenstein   und die Sportler und Mäzene. Es folgte eine Eintei- nahm zusehends ab, das Ausland drückte sich Nationalökonom. Wer sich gegen sie wendet, deutsche Politik". lung in Gaue nach dem Schema der SA- Or- um jede Vereinbarung von sportlichen Wett- ist ein Trottel. Der Maßstab ist sehr einfach. ganisation, man setzte Inspekteure, S- A- oder kämpfen herum. Wenn schon tatsächlich inter  - Vielleicht hat Cassel nun auch noch eine jüdi­nationale Veranstaltungen mit Deutschland   zu- sche Großmutter?

DAS

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..Professor Cassel befindet sich hier auf Abwegen, die ihn außerhalb des Feldes der Wissenschaft führen. Ist Professor Cassel noch in engem Zusammenhang mit dem inter­Die„ Neue Weltbühne" Nr. 23 ver­nationalen Fortschritt der wissenschaftlichen öffentlicht einen Aufsatz von Waldemar Erkenntnis der Welt? Viele bezweifeln das." Grimm: Faulhaber. ( Berliner Tageblatt vom 1. Juni).

Oranienburg

Erster authentischer Bericht eines aus dem Konzentrationslager Geflüchteten Von Gerhart Seger  

Mitglied des Deutschen Reichstags der V., VI., VII. u. VIII. Wahlperiode

Mit einem Geleitwort von

Heinrich Mann  

Die Schrift ist eine Anklage gegen das System der Gewalt, dem Zehntausende unschuldige Menschen in den Konzentrationslagern aus­gesetz sind. Der Verfasser läßt seinem Berichte die Eidesformel vor deutschen   Gerichten vorangehen:„ Ich schwöre, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde!" Er hat das Manuskript als Strafan­zeige gegen die vollem Namen angeführten SA- Verbrecher dem deut­ schen   Reichsjustizminister, dem Oberreichsanwalt und dem Stabschef der SA gesandt. Die Antwort darauf war die sofortige Ueber­führung der in Deutschland   lebenden Frau mit dem neunzehn Monate in das Konzentrationslager Roßlau.  , alten Kindchen des Verfassers

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Neuer Vorwärts

Gozialdemokratisches Wochenblatt

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