Notschrei der Buchdrucker
Sie verdingen sich für freie Verpflegung
und Taschengeld.
Wenn es im neuen Deutschland nicht auf
wärts geht, sind bekanntlich die Kritikaster, Miesmacher und die Emigranten schuld. Es ist
aber nicht anzunehmen, daß Cöbbels etwa auch
die Presse der Deutschen Arbeitsfront zu den berufsmäßigen Hetzern zählt. Das Mitteilungsblatt der Reichsbetriebsgemeinschaft( früher Korrespondent des Deutschen Arbeiterverbandes des graphischen Gewerbes) sieht sich veranlaßt, im Mai 1934, also zu einer Zeit, da die Arbeitsschlacht schon längst gewonnen" war, einen Vorstoß für das graphische Gewerbe zu unternehmen. Im graphischen Gewerbe blieb die Arbeitslosigkeit, wie es in einer Eingabe der Verbandsleitung an den Reichsarbeitsminister heißt ,,, auf der gleichen Höhe stehen".
In der Ausgabe des„ Korrespondent" vom 9. Juni 1934 werden Arbeitslosenziffern bekanntgegeben, die sogar ein Ansteigen erkennen lassen.
1933
Arbeitslose Mitglieder männl. weibl. zusammen 43.477 33.979 9.498 53.583
Juni
Juli
38.249
15.334
August
41.456
12.021
53.477
September
42.745
14.148
•
Oktober
40.883. 13.459
November
"
Dezember 1934
.
40.938
37.364 10.843 10.701
56.893 54.342 48.207 51.639
13.224
April
43.676
56.900
In diesen Zahlen sind die vier Fachschaften der Buchdrucker, Buchbinder, Lithogra phen und Steindrucker, sowie Hilfsarbeiter zusammengefaßt und es zeigt sich, daß auch in diesem Gewerbe, das doch von der Hitlerschen ,, Binnenkonjunktur" Nutzen haben müßte, die Arbeitslosennot gegenüber dem zweiten Halbjahr 1933 noch gewachsen ist. Der ,, Korrespon dent " bringt auch Einzelbeispiele, welch verzweifelte Lohndruck- Angebote die arbeitslosen Buchdrucker bereits machen. Ein Schriftsetzer schreibt im Bewerbungsbrief:
Gesuch.
Im nachstehenden bittet Unterzeichneter ergebenst um Uebertragung einer Arbeitsstelle als
Hand- oder Maschinensetzer
Einige Buchbinderkenntnisse vorhanden. Zuschriften an
lerbewegung, ist die Grundlage eines um und neu zu bauenden Verlages gerettet." So wuchert aus der Erwerbslosennot im Inzwischen ist dieser Wunsch erfüllt, nachdem graphischen Gewerbe und nach Zerstörung der sich die bisherigen Träger des Ullsteinverlags Gewerkschaft der hemmungslose Lohndruck. restlos zurückgezogen haben. Es wird deu Was hat Adolf Hitler in einem Jahr aus einer Buchdruckern nicht helfen können und es zeigt Berufsgruppe gemacht, die vorher über eine die ganze Verlogenheit, mit der die Presse der Elite- Gewerkschaft verfügte! So sieht Arbeitsfront das soziale Problem behandelt, es in einem gelernten und qualifizierten Beruf wenn man den Buchdruckern die weitere mit der„, Ehre des Arbeiters" aus, auf die sich Uebersteigerung der Uniformierung des Verdas neue Regime so viel zugute tut. lagswesens als Ausweg aus ihrer Arbeitsnot empfiehlt.
Nicht minder lehrreich, als die Tatsache des unverminderten Fortbestehens der ArbeitsSchließlich wird als letztes Mittel eine Hetze losigkeit und des erhöhten Lohndrucks aber gegen die ausländischen Zeitungen vorgeschlasind die Mittelchen, mit denen heute die faschi- gen, um so die Arbeitsplätze für die deutschen
stische Ersatz- Gewerkschaft diesem Massenelend zu begegnen versucht.
Es wird eine Eingabe an den Reichsarbeitsminister gemacht, die folgenden kennzeichnenden Vermerk trägt:
,, Betr. Verhinderte Besserung der Arbeitsmarktlage im graphischen Gewerbe durch erhöhte Anschaffung und Benutzung von Vervielfältigungsapparaten bei behördlichen Dienststellen."
Dann folgt eine langatmige Darlegung, man möge alle Dienststellen anweisen, ihre bisher auf Vervielfältigungsapparaten hergestellten Schreiben und Formulare dem Buchdruckgewerbe in Auftrag geben. Es werden einzelne Magistrate denunziert, die sich in letzter Zeit ebenfalls wieder Abziehapparate angeschafft haben sollen. Ob die graphischen Fachschaften wirklich glauben, daß die Vervielfältigungsapparate der Grund zum Erliegen der Buchdruckereien sind?
Auch der Deutsche Buchdruckerverein hat an die Reichsstellen eine ähnliche Eingabe gerichtet. Er fordert:
,, Aufhebung der Sparmaßnahmen betr. Drucksachenverbrauch. Wiederauffüllung der Etats für Drucksachenbeschaffung. Aufhebung der Gefängnisdruckereien."
Alle Vorschläge laufen darauf hinaus, daß Staatsaufträge erteilt werden, selbst wenn die etatsmäßige Deckung bei den öffentlichen Auftraggebern fehlt. Hinsichtlich der Privatwirtschaft ist nur eine Forderung enthalten:
Buchdrucker zu retten. Die Redaktion des ..Korrespondent" weiß nicht, warum heute in Deutschland so emsig nach ausländischen Zeitungen gefragt wird und schreibt naiv:
354.
daß sie am liebsten in dieser Stellung gestorben wären. Sie brüteten hinter grünen Tischen lebensfremde Programme aus und dachten nicht daran, daß außerhalb ihrer Funkhäuser es auch noch Hörer gab, die für ihre 2 RM Rundfunkgebühr das Recht hatten, menschenähnliche Sendungen zu fordern. Flüsternde Niggertöne, großmäulige Juden, hirnverpackte Asphaltliteraten, dazu ein verkalktér Geheimrat und ein marxistischer Programmredner, Musik, die einen normalen Menschen zum Brechen reizte, hundertprozentiger Kitsch das kam aus dem Lautsprecher des alten Rundfunks heraus."
-
-
Und im gleichen Stile geht es weiter: ,, Fette Pfründen läste zu verlassen kavaliere
zu vornehm, ihre Pajüdische Portokassenverführte kleine Mädchen aus glitschige Hörberichte von pompösen Karnevalsredouten
dem Volke
-
Schwätzer
Schieber Dreck."
und
jüdische
-
Gift und
dreckige Bemerkungen feiste Bürger Nachdem die ,, Blätter für nationalsozialistische Kultur" ihrem Namen in dieser Weise alle Ehre gemacht haben, können sie endlich zum Thema kommen und ihren gespannten Lesern auch in den Schweizer Blättchen verkünden, worin sich der neue vom alten werden keine Geheimnisse weltumstürzender Funk unterscheidet. Was kommt dabei zutage? Die Breslauer braunen Funkbonzen sind Art mitgeteilt. Sie dienen nur der politischen Sensationssucht einiger sich volksfremd füh- nicht alle ,, in den weichen Sesseln ihrer Funklender Elemente, die nur der Zufall die deut- häuser" sitzen geblieben, sondern ein Teil von sche Sprache erlernen ließ.... Die gra- ihnen ist zur Abwechslung in SA- Uniform auf phische Arbeiterschaft wird deshalb ein Tour gegangen, damit jeder Hörer seine brauwachsames Auge haben müssen, um auch auf nen Tonangeber einmal ,, von Angesicht zu AnOder wie es in der diesem Wege für die Erhaltung der Arbeits- gesicht kennen lerne". etwas gehobeneren Sprache der Monatshefte plätze zu kämpfen." heißt:
Der Reichssender Breslau hat es als einziger deutscher Sender unternommen, mit der ,, Stunde der Nation ein Trupp SA " repräsentativ die SA im gesamten deutschen Rundfunk herauszustellen. Damit wurde der ganzen Welt das Wesen der SA Adolf Hit lers einmal wirklich aufgezeigt."
Die Buchdrucker und Arbeiter im graphischen Gewerbe, die sich in ihrem früher geistig hochstehenden„ Korrespondent" heute dieses ungereimte Zeug vorsetzen lassen müssen, wissen nur zu gut, daß weder die Beseitigung einiger Abziehapparate, noch die Versorgung einiger Kämpfer der Hitlerbewegung in dem Die Welt wird Augen gemacht haben! Von Ullsteinbetrieb, noch ein Verbot des Lesens Breslau und von den Schlesischen Monatshefausländischer Zeitungen ihre Arbeitslosigkeit ten für nationalsozialistische Kultur scheint in beheben kann. Die wirkliche Verhinderung der Tat eine neue Kunstepoche auszugehen. einer Besserung des Arbeitsmarktes im graphischen Gewerbe ist das faschistische Regime, das mit der Zerschlagung des deutschen Geisteslebens die Druckereien lahmgelegt hat. Die Buchdrucker sind das Opfer jener kulturfeindlichen Diktatur geworden, die mit der Auf- in Deutsch- Krone. hebung des freien Wortes in Deutschland die Wahrheit gezwungen hat, außer Landes zu gehen.
Indem wir gegen den Faschismus kämpfen, werden wir der Wahrheit in Deutschland wiederum eine Heimstätte und damit dem Buchdrucker seinen Arbeitsplatz schaffen.
,, Die weitere Zusammenlegung von Zeitschriften und anderen Druckaufträgen in wenigen Betrieben ist sofort zu unterbinden." In hündischer Demut wagen die Verfasser der in Ihrem Betriebe. Als Entgelt bitte ich um Eingaben die wahren Gründe der„, VerhindeVerpflegung und etwas Taschengeld. Seit über zwei Jahren arbeitslos, möchte ich rung einer Besserung der Arbeitsmarktlage" Nationalsozialistische Kultur auf diese Weise dem Nichtstun ein Ende be- nicht zu nennen. Sie müßten darauf hinweisen, bereiten und wieder im Berufe tätig werden. daß es für Zeitungen und Bücher nur noch eine .. Gelernter Schriftsetzer, 26 Jahre alt, durch Parteimonopol privilegierte Meinungsevgl., 4 Semester Fachschulbildung, ledig, fabrik in Deutschland gibt. Reifezeugnis... Besuch der Setzmaschinenschule usw.
Im Klimschen Druckerei- Anzeiger sich folgendes Inserat:
Junger, zuverlässiger
Schweizerdegen,
findet
Es wirkt aber grotesk, wenn der„ Korrespondent" in seiner Not auch noch einen Artikel bringt ,, Was wird aus Ullstein?", darin berichtet, daß das Schicksal von 8000
Personen nebst Familien von der Weiterführung des Ullsteinbetriebes abhängig sein wird, Prinzipalssohn, 22 Jahre, Parteimit- um folgenden Ausweg vorzuschlagen:
glied, perf. in Satz und Druck, Bedienung von Schnellpresse, Heidelberger Druckautomat und Tiegel
wünscht sich bald gegen freie Kost und Logis zu verändern. Etwas Taschengeld erwünscht.
DAS
BERLINER BRIEF
Tat
mit unerhört interessantem sachen- Material, trotz Zensur und Diktatur
Aeusserungen führender Politiker
aller Länder zu den europäischen Problemen
Beiträge hervorragender Dichter
und Gelehrter
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Die in einem amtlichen schlesischen Naziverlag erscheinenden ,, Schlesischen Monatshefte Blätter für nationalsozialistische Kultur des
Bösartig! s
Herr Röhm hat in Deutsch - Krone eine SAParade abgenommen. Große Schlagzeile im Völkischen Beobachter: ,, Ehrung des Stabschefs
-
Herzlicher Empfang Ehrenvaterschaft für ein Mädchen und einen Knaben!" DaB dem herzlichen Empfang gleich Zwillinge ehrenhalber entsprungen sind, ist praktisch. Bisher haben sich Röhms Beziehungen zu kleinen Negerknaben als unfruchtbar erwiesen.
Alfred Braun .„ Der Deutsche " vom 30. Mai 1934 schreibt:„ Am Montag wurde in Wannsee , in der Villa des ehemaligen Rundfunkansagers Alfred Braun , zur Zeit in Moabit , die Reichsschule der NSHago eingeweiht."
deutschen Südostens" brechen eine Lanze für Front des Geistes den neudeutschen Rundfunk. Da viel Gutes zugunsten dieses Reklameinstituts beim besten Neue bemerkenswerte Veröffentlichungen. Das Internationale ärztliche Willen nicht zu sagen ist, versuchen sie's zunächst mit einem echt deutschen Dreh: sie Bulletin", Zentralorgan der Internationalen gießen eine Schlammflut von Beschimpfungen Caslavske 15) enthielt in Nr. 6 eine AbhandVereinigung Sozialistischer Aerzte( Prag XII, über die Vorgänger der braunen Radioten aus, lung von Dr. Silva: Soziale Lage und Aerzte
in der Hoffnung, daß die Verdienste der Nach- schafft im neuen Deutschland . In der„ Neuen Weltbühne" Nr. 25 ,, Bleibt alles bei Ullstein beim Alten, ist folger sich vor diesem geschwärzten Hinterschreibt der frühere Ullsteinjournalist Heinz der Ruin besiegelt. Besinnt man sich in der grund etwas repräsentativer ausnehmen werden: Pol einen Nekrolog über die Ullsteinsche
Kochstraße und stellt an die Spitze des hochverantwortlichen Riesenbetriebes fachlich hervorragende Kämpfer der Hit
,, Die Funkbonzen des verflossenen Sy- Meinungsfabrik. stems", so heißt es da,., fühlten sich in den weichen Sesseln ihrer Funkhäuser so wohl,
Oranienburg
Erster authentischer Bericht eines aus dem Konzentrationslager Geflüchteten Von Gerhart Seger
Mitglied des Deutschen Reichstags der V., VI., VII. u. VIII. Wahlperiode Mit einem Geleitwort von
Die Schrift ist eine Anklage gegen das System der Gewalt, dem Zehntausende unschuldige Menschen in den Konzentrationslagern ausgesetz sind. Der Verfasser läßt seinem Berichte die Eidesformel vor deutschen Gerichten vorangehen:„ Ich schwöre, daß ich nach bestem Wissen und Gewissen die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde!" Er hat das Manuskript als Strafanzeige gegen die vollem Namen angeführten SA- Verbrecher dem deut#schen Reichsjustizminister, dem Oberreichsanwalt und dem Stabschef der SA gesandt. Die Antwort darauf war die sofortige Ueberführung der in Deutschland lebenden Frau mit dem neunzehn Monate alten Kindchen des Verfassers in das Konzentrationslager Roßlau, aus dem sie nach drei Monaten unter dem Druck der allgemeinen Empörung besonders in England befreit worden ist.
Preis in: Belgien 10.50 Frs./ Bulgarien 48.- Lewa/ Dänemark 2.10 Kr./ Frank reich 7.50 Frs. Großbritannien -.1.10 Pfund Sterling/ Jugoslawien 24.Dinar Niederlande 0.75 Gulden Oesterreich 2.60 Schilling Palästina-.100 1.90 Kronen P. Pfd./ Polen 2.60 Zloty Rumänien 55.- Lei Schweden Schweiz 1.55 Frs./ Tschechoslowakei 10.- Kč/ USA .-.50 Dollar. Bestellungen durch jede Buchhandlung oder direkt an Verlagsanstalt ..Graphia" Karlsbad ČSR.
Neuer Vorwärts
Horn;
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