1

t

!

t

1

Nr. 73 BEILAGE

Neuer Vorwärts

4. November 1934

Offener Brief an Aha aus Beaunau

Olymp, im Oktober 1934. Ausland her eine Verbesserung, zumal durch Abteilung: Umsturzphilosophen. Slawenblut".

Testament, das

an­

Seite zu stellen

dieses

abscheuliche Das tausendjährige

Reich

Meister des Massenbluffs Das mit dem tausendjährigen Reich

ist

Glauben Sie mir, Mitredenwollen naiver Dilettanten über den Wert von Menschen und Rassen, diese Unterwerfung unter Autoritäten", welche von jedem besonneren Geiste mit kalter Verachtung abgelehnt werden( z. B. E. Dühring, R. Wagner  , Ebrard, Wahrmund, P. de Lagarde. Wer von ihnen ist in Fra  - 1 gen der Moral und Historie der unberech- nicht von heute und gestern, es spukt schon dort aufs tigste, ungerechfertigste?), diese bestän- bei den alten Juden, geht von digen absurden Fälschungen und Zurecht- Christentum über, wird im Laufe der Jahr­machungen der vagen Begriffe germa- hunderte immer wieder zur lockenden Vision nisch" ,,, semitisch  " ,,, arisch",, christlich", und findet immer wieder Massenanhang. ,, deutsch  "... das alles könnte mich auf die Dauer ernsthaft erzürnen. Denn das Bedürfnis hoffnungsarmer Schich­ten nach Erlösungsillusionen ist schlechthin grenzenlos. Alle Religionsstifter ebenso wie

Während wir hier oben im allgemeinen Endlich Ihre blindwütige Judenhetze! Im mit olympischer Seelenheiterkeit den tragi- Alten Ihre ,, deutschen schen Bierulk betrachten, mit dem Sie und Christen" als ,, jüdisches Machwerk" Ihre Spießgesellen ein großes Volk ins Ver- pöbeln, habe ich ,, Menschen, Dinge und dérben reißen, lief mir doch die Galle ins Reden in einem so großen Stil" gefunden, Blut, als ich vernahm, daß euer sogenanntes daß das griechische und indische Schrift­,, Drittes Reich  " sich erdreistet hat, mich zu tum ihm nichts an die meinem neunzigsten Geburtstag abermals in haben"; ich schwärmte geradezu: ,, Alle Anspruch zu nehmen. Ihr habt mein Grab Achtung vor dem Alten Testament  ! In ihm auf dem Friedhof zu Röcken geschändet, in- finde ich große Menschen, dem ihr einen Kranz mit Hakenkreuzschleife Landschaft und etwas vom Allerseltensten dort abgelagert habt, und Herr Rosenberg auf Erden, die unvergleichliche Naivität des Und ernsthaft erzürnt bin ich heute, daß ihr hat sich bei meiner Schwester eingefunden, starken Herzens; mehr noch, ich finde ein weiter die Stirn habt, mit meinen Ideen eure Ihrer beflissenen Be- Volk". Heinrich Heine  , den eure Barbarei Ideenlosigkeit zu ,, befruchten"., Was

die Ihnen bei einem

eine heroische

Fall Streicher- Steinruck

am

alle sozialen Scharlatanerien profitieren von

diesen wirklichkeitsfremden Erlösungsträu­

Erkenntnis folgenden Bewegungen den ir­rationalen Illusionsdrang zum Feinde haben.

suche in dem nach mir benannten Archiv in Scheiterhaufen schichtet, erschien mir als tiefsten", sagte ich einmal ,,, zwei Menschen men, während alle gesunden, der kritischen Weimar   leider meinen Degenstock geschenkt hat. Bei dieser Nachricht wurde mir heiß in den Schläfen, wie damals, als mein sehr ver­ehrter Kollege Spinoza   mir ein drunten erschienenes Buch zeigte ,,, Hitler, wie ihn keiner kennt", darin ein Bild aus dem Nietzsche- Archiv mit der Unterschrift: ,, Der Führer an der Büste des deutschen Philo­sophen, dessen Ideen zwei große Volksbe­wegungen befruchteten, die nationalsoziali­stische Deutschlands   und die faschistische Italiens  ".

der Frau,

Die Instinktverlassenheit tausendmal mehr die Gattin Kläffers Förster als die Schwester

-

die

des kleinen des Nietzsche war,

großen Philosophen nimmt mich nicht wunder. Aber wie, ihr, wirklich ihr wagt es, euch auf mich zu be­rufen? Ihr auf mich? Wahrhaftig, es zuckt mir in den Fäusten wenn du zum Nazi gehst, vergiẞ die Peitsche nicht! Wären Sie nicht ein so blutiger, ein im Wortsinn bluti­ger Analphabet, hätten Sie je statt Karl May   nur eine Zeile von mir gelesen, Sie wüßten, daß alles, was ihr tut und treibt, mir jede Art von Ekel bis zum Erbrechen erzeugen muß als das Gehabe ehrgeiziger, schwitzender Plebejer.

Im Zeichen des Hakenkreuzes stellt ihr etwas vorne an, was mir immer auf die Nerven fiel: Nationalitätswahnsinn! Ihr tut euch bei jeder Gelegenheit dick mit euren germanischen Altvordern", und ich wies darauf hin, daß ,, zwischen alten Germanen

das

und uns Deutschen   kaum eine Begriffs-, ge­schweige eine Blutsverwandtschaft besteht". Ihr gebärdet euch, als sei Deutsch  höchste, und ich empfand: Ich halte es nicht aus in Deutschland  , der Geist der Kleinheit und der Knechtschaft durchdringt alles bis in die kleinsten Stadt- und Dorfblätter her­ab und ebenso hinauf bis zum achtenswerten Künstler und Gelehrten nebst einer ge­dankenarmen Unverschämtheit gegen alle selbständigen Menschen und Völker".

redet im

Ihr

vom

marktschreierischsten Ton deutschen Gott und deutscher   Religion und deutscher   Frau und deutschem Wein und deutschem Schnaps, und ich stellte fest: Es gibt wirklich Menschen, welche eine Sache damit geehrt zu haben glauben, daß sie dieselbe deutsch   nennen. Es ist der Gipfel der nationalen Verdummung und Frechheit". Und werden nicht viele der un­heilvollen Ereignisse der beiden letzten Jahre

durch meine

Annagelung

erklärt: ,, Ein

Deutscher ist großer Dinge fähig, aber es 1st unwahrscheinlich, daß er sie tut, denn er gehorcht, wo er kann, wie dies

sich trägen Geiste wohltut".

einem an

!

Will man eine Serie dieser Traumver­irrungen anführen, so braucht man keines­wegs bis ins Mittelalter zurückzugehen. Die neuere Geschichte der Sektenbildung genügt. Erst vor einigen Jahren stampfte in Amerika  ein kleiner zwerghafter Neger eine Millio­nensekte aus dem Boden, der er kein anderes Heilsrezept predigte, als Sorglosigkeit, Hei­terkeit, sich nicht um den nächsten Tag sor­gen, getreu dem urchristlichen Wort:, Seht die Vögel unter dem Himmel an..." Diesem kleinen Neger, der immer von vier riesen­haften schwarzen Walküren flankiert war, strömte das Geld nur so zu; er predigte in luxuriösen Hallen, lebte wirklich sorglos und elegant, das Gericht machte ihm wegen Be­trugs den Prozeß, aber seine Anhänger blie­ben fest. Millionen Neger sahen in ihm den schwarzen Messias   und verübelten ihm bei­nahe, daß er sich nicht als solchen ausgab. Denn so oft auch die verschiedenen Erlöser ver­sagten, so oft haben sich doch durch alle Jahr­hunderte hindurch immer wieder Jünger und Massen gerade für die irrationalsten Ver­heißungen gefunden. skizzieren hier einige dieser lehrreichen, scheinmessianischen Wunschtraum- Bewegungen, die schon auf­geklärteren Zeitaltern entwuchsen.

Wir

Geschäftstüchtige Propheten.

Um die Mitte des neunzehnten Jahrhun­derts verlassen 16.000 Menschen den wohn­lichen Osten der Vereinigten Staaten   und wandern in den wilden Westen. Sie nennen sich Mormonen, glauben an ihren Pro­pheten Joseph Smith   und gründen die gro­Ben Mormonen  - Siedlungen im wilden We­sten, um sich dort auf Weltuntergang und tausendjähriges Reich vorzubereiten. Eine des > Stadt des Heils entsteht am Ufer Michigansees. Hier herrscht der Prophet John Dowie   und das bevorstehende tausend­jährige Reich wird gleich mit rationeller Bo­denspekulation verbunden. Denn Dowie ist ein guter Geschäftsmann, was ihn nicht hin­dert, sich den» dritten Elias des neuen Rei­ches« zu nennen. Aber dieses Zion City   wirft nur anfangs fette Dividenden ab, der Ban­krott läßt nicht lange auf sich warten und der Prophet Dowie landet wegen unehrlicher Manipulationen vorm Richter. Aber nichts vermag den Glauben der Jünger zu schüttern, und noch heute sind die Mormo nen von Zion City   davon überzeugt, daß der ein Abgesandter

Mit der Peitsche, die ihm der» Führer« geschenkt hat! predigende Bushinesman

das ist Heinrich Heine  ", und

-

laẞt

Gottes war.

er­

Der andre Mormonen  - Prophet Joseph Smith   bluffte methaphysischer. Er wollte, einem Hügel bei von Engeln geleitet, in und

-

,, der letzte Deutsche, der ein europäisches| trennt, das ist ein verschiedener Sinn Aber was soll ich erst zu dem Rassen- Ereignis ist, und nicht bloß ein lokales, ein Grad der Reinlichkeit: Das gilt auch hier: Palmiro( Staat New York  ) eine neue Bibel blödsinn sagen, der neben dem nationalisti- nationales; ich formulierte: ,, Deutschland   Eurem Grad auf Goldplatten geschrie­von Reinlichkeit entsprechen gefunden haben schen Größenwahn das Kernstück Ihrer Un- hat nur einen Dichter hervorgebracht, außer Die Weisen von Zion" und Julius Strei- ben, in einer Kiste deponiert. Es fanden sich hellsbotschaft ist? Was ich dazu sagen soll? Goethe: Leute, die ihm ihr Vermögen für den Druck cher ,, Also sprach Zarathustra  " des Buches Mormone und für die Propa­Ich habe es gesagt: Wieviel Verlogenheit ohne Umschweife bekannte ich: Die Juden und seinen Verfasser ungeschoren! ganda des neuen Glaubens opferten. Als Was ich nach allem von Ihnen persönlich einige Jünger die Neugierde nicht mehr zäh­denke, Ausbeuter dessen, was ich die ,, pöbel- men konnten und durchaus einen Blick in die haften Grund- Instinkte der Deutschen  " Kiste tun wollten, war sie leer. Einige Stun­

und Sumpf gehört dazu, um im heutigen sind im unbedingten Sinne gescheut; einem Mischmasch- Europa  Rassenfragen aufzu- Juden zu begegnen, ist eine Wohltat, gesetzt, Werfen!" Und gar das Rassenprinzip" an- daß man unter Deutschen   lebt". zuwenden auf die Deutschen  , die

ich mit

Die Judenfresser aber

-

29

Wo ist heute der

Recht bezeichnet habe als ,, ein Volk der Tiefstand der europäischen   Kultur, ihr nannte? Hier sind drei meiner Aussprüche. den später jedoch glauben die drei Jünger ungeheuerlichsten Mischung und Zusammen- Sumpf? Bei den Antisemiten!" Allen Ern- Der erste: ,, Das moralische Urteilen und, bereits, die heilige Schrift gesehen zu haben und Smith bleibt der große Prophet. rilhrung von Rassen, vielleicht sogar mit stes erwog ich die Möglichkeit, nicht die Verurteilen ist die Lieblingsrache der geistig Der wiedergekehrte Helland. des vor- arischen Juden, sondern ,, die antisemitischen Schrei- Beschränkten an denen, die es weniger sind". Elements"! Hätten die Deutschen   aber ihre hälse des Landes zu verweisen". Ich kannte Der zweite:, Maxime: Mit keinem Menschen Zahlreich und erfolgreich sind jene Nar­,, reine Rasse" bewahrt, wäre es ihnen nur sie, diese Schreihälse umgehn, der an dem verlogenen Rassen- ren und Schwärmer, die in allen Ländern auf­zum Nachteil ausgeschlagen; siehe meinen Schwagers Förster. Einer von ihnen, schwindel Anteil hat". Und der dritte: ,, Pfui tauchen, sich als wiedergekehrte Heilan­

einem

Uebergewicht

vom Schlage meines

Aphorismus Bismarck ein Slawe": Theodor Fritsch  , der ,, Hammer"-Fritsch, über die, welche sich jetzt zudringlich der de ausgeben und Massen gläubiger Anhänger

Man sehe nur die Gesichter der Deutschen   belästigte mich zu Lebzeiten mit Zusendung antisemitischen Korrespondenzblätt­damit zu ver­

an: alles, was

männliches, überströmendes seines

Masse als ihre Heilande anbieten!" Wählen Sie sich davon einen aus oder noch besser, Bevölke- schonen, indem ich ihm am 29. März 1887 behalten Sie alle drei für sich! Bedientenseelenvolk, ging vom wörtlich schrieb: Friedrich Nietzsche  .

Blut in sich hatte, ging ins Ausland; über chens: ich bat ihn, mich

die erbärmliche

das

rung,

zurückbleibende

um sich sammeln. Zu diesen Heilanden ge­hörte auch die zweiundzwanzigjährige Büg­lerin Anna Lee, die 1760 verkündete, sie sei die> zweite Eine Verkörperung Christi<. Sekte hängt sich an ihre Fersen, Anna wird