Nr. 75 BEILAGE

Netter Vorwärts

lobl

18. November 1934

Achtspitzenkreuz und Hakenkreuz

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Immer häufiger beruft sich in letzter Aehnlich ging es mit Semgallen   in Livland.  | an. Die Bauern boten Unterwerfung an, Zum großen Teil waren die Errungen­Zeit das, was heute Deutschland   knutet ,, Da", sagt jener ordensfreundliche Histo- aber der Hochmeister ließ sich auf nichts schaften der Kolonisation des dreizehnten und knebelt, auf das erhabene Vorbild der riker ,,, der Orden der wehrhaften Be- ein ,,, setzte", wie ein Chronist berichtet, und vierzehnten Jahrhunderts verloren Deutschordensritter. In Nürn- wohner dieser Landschaft nicht Herr zu ,, mit den Seinen an die Bauern und erlegte und vertan ein schmähliches, doch nicht berg betont der Nas- ,, Führer" den Ordens- werden vermochte, machte er ihnen durch ihrer fast alle, an die 10.000. Die vor- unverdientes Ende! charakter des Nationalsozialismus, in unaufhörliches Rauben, Plündern, Bren- nehmsten Aufwiegler und Stifter des Auf- Wenn der Deutschritterorden gleich­Dresden spricht der Heß die 300 ältesten nen, Morden, durch Vernichten der Saaten, ruhrs wurden alle mit greulicher Marter zu wohl mit einer Legende umkleidet ward, Partei- Unteroffiziere als Ordensbrüder" Töten des Viehs das Weiterleben im Lande Tode gepeinigt". Dämmert es allmählich, deren Wirkung auf den Spießbürger die an, in Marienburg   erklärt der Rosen- unmöglich; sie wanderten zu den befreun- aus welch tieferen Quellen die Sympathie Nazis heute ausschlachten möchten, so hat berg, der nationalsozialistische Staat deten Litauern aus. Jahrzehnte hindurch der Hakenkreuzler für die Deutschritter niemand diese Legende unbarmherziger lasse sich von den Grundsätzen der ließ der Orden nun das Land in volltsän- fließt? zerfetzt, als ein Mann, der über dem Ver­Deutschordensritter leiten, und das Organ diger Verödung, die dort errichteten Bur- Diese ,, nordischen" und ,, arischen" dacht steht, von ,, marxistischer, liberalisti­der Hitler- Jugend   ,, Wille und Macht" for- gen brach er zum Teil ab." Edelinge aber, deren Orden auf die Dauer scher oder jüdischer Denkart" angefressen dert klipp und klar ,,, daß die Fundamente Denn wie diesen edlen Vorbildern unse- nichts war als eine Versorgungsanstalt für zu sein: Max Oehler, als er sein Buch des Ordensstaates heute wieder die Funda- rer Nazis keine Hinterlist, keine Täu- die jüngeren Söhne des Adels, pflegten schrieb: Oberleutnant im Deutschordens­mente unserer eigenen Reichsidee darzu- schung, keine Fälschung, kein Vertrags- nicht nur ihre zinsenden und fronenden Infanterie- Regiment Nr. 152 in Marien­stellen haben". Recht so! Der preußische bruch Gewissensbisse schaffte, falls sie Bauern bis aufs Blut zu schinden, sondern burg  , in seiner ,, Geschichte des Deutschen  Friedrich Wilhelm I.  , der gekrönte nur ihr Ziel erreichten, so wetteiferten sie vergaßen auch ganz und gar ihrer hehren Ritter- Ordens". Er enthüllt die wahren Korporal und amusische Barbar, auf dem mit den spanischen Eroberern Amerikas   Aufgabe ,,, Helden" statt ,, Händler" zu Triebkräfte des Ordens, nicht um sie zu sie lange genug herumgeritten sind, ist für in der Grausamkeit der Unterwerfungs- sein. Der Papst hatte ihnen 1263 die Er- brandmarken, sondern um sich als Anhän­diese ,, Erneuerer Deutschlands  " noch viel methoden. Mit Mord, Brand, Raub und laubnis erteilt, Handel zu treiben, aber ger einer zügellosen Machtpolitik stolz zu zu modern; nicht ins achtzehnte, in s viehischer Wildheit wüteten sie; daß sie nicht um des Gewinnes willen". Da man ihnen zu bekennen. Von den Ritterorden dreizehnte Jahrhundert müssen 1263 bei Kretenen nicht nur die waffen- hieran wenig Gefallen fand, fälschte man im allgemeinen sagt er: ,, Weder das Inter­sie zurück, um historische Muster für das

eigene Treiben vorzuzeigen.

Was zieht die braunen Bonzen an dem Deutschen Orden an? Zunächst sicher eine Art Indianerromantik à la Karl May  , der Adolfs Lieblingsschriftsteller ist: deut­ sche   Treue gegen heidnische Tücke, auf deutscher   Wacht in den Urwäldern Preu­Bens, und hei! das waren deutsche Hiebe! Ebenso spielt die ,, östliche Orientierung" trotz allem Liebäugeln mit Polen   eine Rolle: Nach Ostland will der Göbbels  reiten! Ferner dürsten die kümmerlichen Episodenfiguren der Hitler, Göring  usw. usw. nach dem Maß geschichtlicher Gestalten, das die Hermann von Salza  , Hermann Balk   und Winrich von Knip­ rode   immerhin hatten. Vor allem aber neiden sie, arme Schächer, denen alles miẞ­lingt, den Deutschrittern den Erfolg, der ihre Politik eine ganze Weile begleitete.

Hervorging der Deutsche Ritterorden aus einem in Palästina während der Kreuz­züge gegründeten Verein zur Pflege er­krankter Pilger, der den französischen  Orden der Templer   und Johanniter nach­gebildet war. In seiner Gliederung ein mönchisch- feudal- militärisches Institut, eine Gemeinschaft von Adligen, die das Schwert führten und das Gelübde der Ehe­losigkeit abgelegt hatten, vereinte der Orden die Vorzüge eines stehenden Heeres mit denen der damals allein möglichen ritterschaftlichen Gefechtstaktik: er stellte ein Ritterheer dar, das nicht erst ständlich und langwierig aufgeboten wer­den mußte, sondern jederzeit bereit war. Daß eine solche Truppe wertvolle Waffen­hilfe leisten könne, erkannte der polnische Herzog Konrad von Masovien, der 1226 die Deutschritter herbeirief und ihnen als Entgelt für Abwehr der Heiden das Kul­

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etwas enger ziehen müssen.

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mer Land und alle künftigen Eroberungen Schacht:, Unsere Gläubiger werden eben den Riemen als Fürstentum des römischen Reichs zu­sicherte. Die Herren mit dem achtspitzigen schwarzen Kreuz auf weißem

Mantel

war

esse des Ganzen noch einer einzelnen Un­ternehmung, weder die Eroberung der hei­ligen Stätten noch die Gewinnung von Ungläubigen für das Christentum waren bestimmend für ihr Handeln, sondern ein­zig Bereicherung und Befestigung ihrer Machtstellung; oft genug haben sie im Verfolg ihrer Sonderziele dem Gesamt­interesse direkt entgegengearbeitet, ja, man wird nicht darüber im Zweifel sein können, daß sie keinen Augenblick gezau­dert hätten, die Partei der Gegner zu nehmen, falls sie sich davon nur materielle Vorteile von Dauer hätten versprechen können". Als politische Ziele des Deutsch­ritterordens führt er an ,,, alles Erreich­bare an sich zu reißen, mochte es gehören, wem es wollte", und seine Methoden nennt er ,, brutal- asiatisch". ,, Die Mittel, deren sich der Deutsche Orden bediente, schla­gen allem christlichen Wesen ins Gesicht: Betrug, Urkundenfälschung, Bestechung, Verrat, Raub, Mord, Gewalttat jeden Schlages, die ganze Skala verbrecherischer Handlungen bezeichnet den Weg des Ordens; es läßt sich schwer etwas denken, wovor er zurückgeschreckt wäre, wenn es seinen Vorteil galt."

Erblicken die Nazis dieses ungeschmei­chelte Porträt, so glauben sie in den Spie­gel zu schauen, und jedem wird klar, wor­in die Vorliebe der braunen Barbaren für den Deutschen Orden wurzelt: ausgespro­chenste Wahlverwandtschaft ist es. ,, Be­trug, Urkundenfälschung, Bestechung, Verrat, Raub, Mord, Gewalttat jeden Schlags" machten nach Oehler das Wesen des Deutschritterordens aus. Und was sagt Rosenberg vom national­sozialistischen Staat? Er lasse sich von den Grundsätzen der Deutschordensritter leiten. Stimmt! Karl Max.

Deutsche   Volksführer

streng mondän

Die Neue Linie" ist eine reichsdeutsche Damenzeitschrift, in der große und kleine

kamen, sahen und blieben. Mit Zähigkeit fähigen Männer der Samaiten, sondern ein anderes Privilegium und trieb nun und Tatkraft machten sie sich an die auch ihre Frauen und Kinder niedermetzel- lustig einträglichen Schacher mit Holz, Abendkleider mit und ohne Breitschwanzmän­Unterwerfung der benachbarten heidni- ten, kein Einzelfall. Ueber solches Getreide und Bernstein  ; der Orden wurde tel aufs wärmste empfohlen werden, in der schen Preußen und Litauer und gründeten Treiben vermeldet eine zeitgenössische nach und nach zu einer Kapitalmacht und einen mächtigen Staat, der in seinen besten rieselnde Spitzenfischüs, schnittige Autos und Reimchronik: nahm für bar Geld Söldner in seinen Rivierareisen eine große Rolle spielen. Das Zeiten von der Oder bis an den Finnischen  Dienst. Wie die bäuerlichen Hintersassen mondänste vom Mondänen also. Zu den ,, Din­Meerbusen und den Peipussee reichte. Zum der Deutschritter über die Zins- und Teil führten sie ihr Werk mit Hilfe fran­Fronlasten stöhnten, so erbitterte die Bür­zösischer und englischer Ritter durch, die, ger der Städte die Handelskonkurrenz des wie auch König Johann von Böhmen  , Das heißt: mit Wonne( wunneclich) raub­Ordens, und da seine Oberhoheit über den bewogen durch Aufrufe und Notschreie ten und brannten sie und am Verbeeren Osten niemals etwas anderes gewesen war ser der ,, Neuen Linie" reisen, wie man aus der des Papstes als Kreuzfahrer herbeieilten, des Landes hatten sie eine sadistische als eine in der Luft schwebende Fremd­

Sie stiften roub und brant Mit mancher schar vil wunneclich, Sie herten vrilich umme sich Das lant uf unde nider.

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fröhlich). Der sicher

herrschaft, verhaßt bei den einheimischen

gen, die man haben muß", gehören Orchideen in eigener Zucht, Abendblusen aus Lamé und Armspangen aus Silber oder Bronze, die sich an altgermanische Formen anlehnen. Die Le­

Zeitschrift erfährt, im Winter nach Valde­mosa oder Miramar, Menorca   oder Ibiza  , sie

aber da sich im Schutz der Ordensburgen Freude( vrilich deutsche Bürger niederließen und deutsche unparteiische Geschichtsschreiber Polens  , wie den deutschen   Untertanen, fehlte ihm wohnen in Meran   im Grand Hotel Bristol, in Bauern ansiedelten, nahm das baltisch- Caro, erzählt, daß die Deutschordens  - nach der furchtbaren Niederlage, die ihm

der

slawische Grenzland im Osten allmählich ritter im Kampfe mit den Polen  , wie übri­deutsches Gepräge an. Nur heißt es, die gens ihre Gegner auch, den, bestialischen Zivilisationstätigkeit Deutschritter Gewohnheiten" treu blieben, mit un­nicht überschätzen. Mit Recht spricht ein menschlicher Grausamkeit im Blute der dem Orden mehr als wohlgesinnter Histo- Männer,.Weiber, Kinder und Greise dem ,, systematischen waten und mit Schandtaten die Erde, mit es lodernden Flammen die Lüfte zu erfüllen":

riker

von

zu

die Polen   1410 bei Tannenberg   beibrach­ten, jeder Rückhalt im Lande. Alles wen­dete sich von den hochfahrenden und ge­walttätigen Burschen ab, selbst die eigenen Söldner. Schließlich wurden den Rittern von ihren Knechten die Vollbärte abge­schoren und sie mit Peitschen durch die

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Rom   im Hotel Atlantic  , in Lugano  , in Lau­ sanne  , in Ragusa   überall im ersten Hotel am Platze. Und was für Leute lassen sich für die ,, Neue Linie" photographieren? Wessen Por­träts erscheinen da? Nun, wie sichs gehört, die Bilder von Filmstars, Sportgrößen und

Generaldirektoren. In der letzten Nummer sah

Kreuzgänge der Marienburg   gejagt. Der man zum Beispiel Frau Erich Niemann, Gat­

Friede von Thorn 1466 war nur der logi- tin des Direktors der Mannesmann- Werke.

Verödungsverfahren", wie etwa gegen den Gau Sudauen   in der zwei- ,,, Als einmal der edle und ritterliche ten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts Johann von Böhmen   dreitausend Men­zur Anwendung kam: geflissentlich wurde schen vor den Augen der Ritter nicht ein blühendes Gebiet in eine Wildnis ver- niedermetzeln ließ und ihnen das Leben sche Abschluß eines unaufhaltsamen Ver- Aber merkwürdig! In ihrer Gesellschaft fan­falls: vom Gebiet des Ordens ging viel den sich noch andere Gesichter, Gesichter, die wandelt, Wälder und Moräste verdrängten schenkte, sahen diese erstaunt und wieder die Dörfer und Feldfluren, und wundert darein". Anno 1343 rief die est- Land östlich und westlich der Weichsel   un- z. B. ein SA- Mann an diesem Platze sicher noch um 1326 vermerkt der Chronist: ,, So nische Ritterschaft gegen einen nur zu mittelbar an Polen   über, der Rest wurde nicht zu finden erwartete. ist das Land Sudauen   bis auf den heutigen verständlichen Aufstand ihrer geplagten ein von Polen   unabhängiger Staat, der Anna- Sofie Rust, Gattin des Reichs­Tag wüst und menschenleer geblieben." Untertanen die Hilfe des Deutschordens   Hochmeister ein polnischer Lehnsmann. ministers für Volksbildung, mit ihrem zehn

ver­

Wer war es?