Zwischen Revolution und Gewalt

suchen.

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Von Karl Böchel. 9dozio alb

einfach

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wußte, regelmäßig zur Politik des größeren Uebels wurde. Und es wirkt nicht ernsthaf­ter, wenn War aus meiner Feststellung, daß die Reichswehr an der Seite der SA gefochten hätte, nun mich für ein

Tragödie

einer Mutter

Wer die Revolution gegen den Faschismus ven Voraussetzungen der sozialen Umwäl- ten Reichs, ist die Voraussetzung der Her-» Bündnis mit der Armee« reklamiert, das nicht nur auf dem Papier, sondern als Tat zung die Sprengung der gesellschaftlichen stellung von Maschinengewehren, mit denen nichts anderes als die Unterwerfung unter die will, muß die Gewalt wollen. Der Faschismus Verhältnisse durch die gigantische Ueber- man das Proletariat niederschießt, die Frage Militärdiktatur gewesen wäre. weicht nur der bereits angewendeten oder un- steigerung der Produktionsmittel am aus- ist aber, wie man die Arbeit in eine revo- Ich kann politische Lebensfragen auch mittelbar drohenden stärkeren Gewalt. Bejaht gereiftesten waren, nicht nur die Revolution lutionäre Gewalt verwandeln kann? Auf nicht mit einem Witz aus dem Anekdotensack man diesen Fundamentalsatz der Revolution verloren, sondern auch das letzte Restchen diese konkrete Frage gibt War diese Ant- des Königs August von Sachsen beantworten. -wie beispielsweise das Prager Manifest demokratischer Freiheit? Ach, wenn wir nur wort: Aber wenn man sich schon in die Gesellschaft dann muß man als erstes eine revolutionäre im Kampf gegen die Maschinengewehre ver->> Wir müssen die Mystik der Straße durch eines königlichen Clowns begibt, dann müßte Ideologie entwickeln, aus der die revolutionäre sagt hätten! Aber im Kampf um die Men- die Aktion der Arbeit ersetzen, das passive man auch wissen, daß das geflügelte Wort Streiken durch die Uebernahme der Bereitschaft der Klasse entspringt, und man schen, um die Hirne und Herzen sind wir un­Produktion. Die Produktion ist zur un- von den merkwürdigen Republikanern sich muß die wirksamste Methode der Gewalt terlegen, wir, mit der herrlichsten Idee der mittelbaren politischen Waffe richtete gegen jene unverbesserlichen Bürger, Welt, gegenüber plumpen Demagogen, die nur geworden, die nicht mehr in der Form des die selbst noch in Unterhosen vor Zeptern, Aber das ist die Tragik des Reformismus, deshalb auf der Skala des Gefühls so gut zu Generalstreiks, sondern nur noch in akti­Krummstäben und Epauletten stillstanden daß er zwar die von Hitler geschaffene Tat- spielen vermochten, weil sie sich in unser veren Formen zur Geltung kommt.<< Das Ei des Kolumbus? Weder passive und die heute noch die Träger dieser Mu­sache des totalen Gewaltstaates anerkennen eigenes revolutionäres Gewand hüllen konn­Resistenz noch Generalstreik, weder Aufstand seumsutensilien als die Bundesgenossen im muß, aber die» Grenzen der Gewalt« ideolo- ten. noch Bürgerkrieg, sondern Kampfe gegen den Faschismus betrachten. gisch nicht zu überschreiten vermag, nämlich Und nun stehen wir vor zwei Beispielen Uebernahme der Produktion? Und wer noch da, wo die Gewalt überhaupt erst beginnt. gewaltigster Kämpfe, die jeden von uns bis daran zweifelt, daß die Uebernahme der Pro­Und so wird seine ganze revolutionäre Kon- ins Mark aufwühlten, nun haben wir Wallisch, duktion ohne gewaltsame Auseinandersetzung zeption schief, unwahr, konsequenzlos. und seine Schicksalsgenossen mit fassungslo­mit der kapitalistischen Staatsmacht so ein­Revolutionäre Bereitschaft der Klasse sem Schmerz in den Tod gehen sehen, haben fach sei, den beruhigt War mit dem Hinweis, Betzt eine intensive Erziehung zur revolu- atemlos die Erhebung verfolgt und die daß die Straße also doch wieder Mystik Im Gefängnis erhängt haben den unbän­tionären Ideologie voraus. Man schafft keine Niederlage miterlitten, daneben ein Kampffeld für» gewisse militä­Anfang November brachte die Zwickauer revolutionäre, Haß des Weltproletariats gegen sondern eine defa iti- digen rische Aktionen« bleibe. Lokalpresse in einer Zeile des Polizeiberich­und ha­stische Ideologie, wenn man, wie Schiff es diese Barbarei mitempfunden Da wir der Meinung sind, daß bei der Dis- tes die Nachricht, daß sich eine Frau von macht, die gewaltigen, aufrüttelnden Erhe- ben gespürt, welche Kraft von diesen>> subjek­bungen der österreichischen und spanischen tiven Faktoren« auszugehen imstande ist, da kussion über ein so tragweites Thema wie das außerhalb< im Zwickauer Polizeigefängnis Arbeiter als>> kleinbürgerliche Schablone von hören wir, daß das die Ideologie des» klein- der Gewalt alle Halbheiten von gefährlicher entleibt habe. Der trockenen Notiz liegt fol­Irreführung sein können, so wollen wir an gender Tatbestand zugrunde: der geretteten Ehre« erklärt und die deutsche bürgerlichen Romantismus« sei. Und Kapitulation als nachahmenswertes Beispiel braucht sich nur mit aller Konsequenz vor- Wars Stelle den Schleier lüften. Seine» Aktion zustellen, was von der jetzigen sozialistischen vom Produktionsprozeß her< kann nichts an- lizeigefängnis von Zwickau ihr Leben endete, Die großen Aufstände in Oesterreich und Bewegung Europas noch da wäre, wenn nach deres sein als die Besetzung der Be- war die Gattin des ehemaligen Reichsbanner­Spanien wirken ideologisch stark nach zwei der widerstandslosen Niederlage der großen triebe, die schon einmal wegen der Iso- sekretärs des Bezirkes Zwickau - Plauen , Kurt liertheit des Vorgehens zu einer Weck. Vor anderthalb Jahren war Kurt Seiten: als stärkste Manifestation revolutio- deutschen Arbeiterklasse nun auch das rote Weck genötigt, sein Leben durch die Flucht nären Willens mit kaum abzuschätzender Wien und das revolutionäre Spanien gekuscht Katastrophe des Proletariats geführt hat. Wir meinen die berühmte Aktion der ita- zu retten, er ging ins Exil. Seine Frau, He­Ausstrahlung auf die sozialistische Ideologie hätten, um die Wirkung dieser Imponderabi­lienischen Arbeiter im September 1920, als lene Weck, folgte ihm und ertrug mit ihm der Weltarbeiterklasse und damit auf lien festzustellen. 500.000 Metallarbeiter die Betriebe besetzten tapfer das harte Schicksal. Eines aber ver­und die Staatsmacht viel zu ohnmächtig war, wand sie nicht, die Sehnsucht nach dem ein­um einen militärischen Gegenstoß zu führen. zigen Kinde, dem jungen Sohn, der drüben im Das war jene Zeit, wo die revolutionäre Welle Konzentrationslager saẞ. durch alle Länder ging und die Macht in Ita­ lien und anderswo tatsächlich auf der Straße lag. Da gab es keine schwarze oder braune Miliz, keine Gestapo , keine faschistischen Ge­werkschaften, keine totale Diktatur. Und doch ist diese gewiß große Aktion nach drei Wochen zusammengebrochen. Warum? Man lese, was Silone darüber sagt. Weil man vor der Hauptaktion zurückscheute, um die

empfiehlt.

den

Sozialismus selbst

aber auch

man

Wenn uns War nun den Vorwurf als Zerstörung demokratischer Illusio- macht, daß wir alles» aus der Sphäre des nen und damit als Absperrung des Wegs zur Ueberbaues zu begreifen versuchten«, so ant­Rückkehr in die formale Demokratie. Wer worten wir ihm mit Engels, daß das» in letz­das Rad der Geschichte in die Formaldemo- ter Instanz entscheidende Moment der Pro­kratie zurückdrehen will, wird die revolutio- duktion und Reproduktion wirklichen Lebens<< nierende Wirkung dieser Aufstände nicht als nie zu der» absurden Phrase gemacht werden Gewinn buchen, aber dann soll er auch nicht dürfe, daß das ökonomische Moment das ein­behaupten, daß er zum Sturz Hitlers die Re- zig bestimmende sei.<< Gerade weil wir mar­xistisch und nicht schablonenhaft denken, Was Genosse Stampfer gegen die Kommu- weigern wir uns, die ungeheure Sphäre des nisten sagt, die uns vorwerfen, daß wir kapi- Gefühls und Willens so unterzubewerten oder tuliert hätten, könnte noch viel schärfer er- gar zu ignorieren, wie das die psychologische Staatsmacht zu kämpfen, auf der Straße, gänzt werden: Die Sozialdemokratie als Par- Wissenschaft analog mit dem weiten Feld des tei der friedlichen Entwicklung trug in ent- Instinkts und Unterbewußtseins, scheidenden Teilen gar nicht die Vorausset- Zone der größte Teil unseres Lebens motori­zung des revolutionären Kampfes in sich, siert und gesteuert wird, bis vor kurzem ge­war also als Ganzes auf die Katastrophe tan hat. nicht vorbereitet die KPD hatte 14 Jahre

volution wolle.

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**

aus dessen

Und nun die Formen der Gewalt! Wie

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» Die Frau von außerhalb«, die in dem Po­

Eines Tages wurde der junge Weck ent­lassen. Nun hielt es die Frau nicht mehr, sie mußte ihr Kind sehen, koste es, was es wolle. Allen Warnungen guter Freunde zum Trotz überschritt sie am 21. Oktober die Grenze. Am 22. Oktober war sie bereits ver­haftet. Am 31. Oktober hat sie sich im Po­lizeigefängnis in Zwickau erhängt.

Das ist der Tatbestand, der dem kurzen Polizeibericht zugrunde liegt. Warum die Frau, die nach Deutschland gegangen war,

bleibt

in den Kasernen, in den Waffenfabriken. Was hinterher kam, war der Faschismus. Ist dies die Konzeption Wars, dann ist es ihr Kind und nicht den Tod zu suchen, im der Rückfall in die schlimmsten Fehler der Gefängnis Selbstmord begangen hat, den unzähligen syndikalistischen KAP. seligen Angeden- bis auf weiteres eines von kens, ist es die mystische Hoffnung auf spon- grauenvollen Geheimnissen des Dritten Rei­tan entstehende Räte, die ohne den Rückhalt ches.

lang ihre Massen angeblich auf die große Auseinandersetzung einexerziert, war im ent- kommen wir aus diesem zur blutigen Tragik einer großen revolutionären Partei die Pro­scheidenden Augenblick an Zahl fast ebenso gewordenen Zwiespalt heraus: wo die Demo­duktion organisieren und leiten, und von denen stark wie die Sozialdemokratie und hat doch kratie erledigt ist, bleibt nur noch der ge­einer genügt, um im letzten Konfliktsfall, der gewaltsame nicht gekämpft. Die eine Partei ging einen waltsame Umsturz übrig wenn die braune Garde anrückt, ganze Pro­falschen Weg und kam erst in letzter ge- Umsturz aber ist unmöglich, wo eine feste, vinzen von Strom, Licht und Gas abzuschal­schichtlicher Stunde in Front die andere modern bewaffnete Armee uns gegenüber­ten. Aber da wir der Meinung sind, daß auch der Truppe? Und was überbetonte ihre revolutionäre Bereitschaft steht. Zersetzung die Besetzung der Betriebe unter Umständen und ging trotz dieser höheren Bereitschaft dann? Noch ehe ich Wars Artikel über die ein revolutionärer Faktor sein kann, wenn nicht in den Kampf. Nein, sie haben sich» neue< Form der Gewalt kannte, habe ich, an­auch nicht der entscheidende, so sollte eine knüpfend an die bisherigen revolutionären gegenseitig wirklich nichts vorzuwerfen. revolutionäre Partei, die die Eroberung der Macht mit allen Mitteln will, auch diesen Weg Wenn aber Stampfer in einem interessan- Waffen, Generalstreik und Aufstand, die Un­ten Paradoxon sagt, daß uns keiner etwas tersuchung folgender Fragen gefordert: ernsthaft untersuchen. Jedoch darüber müs­vorzuwerfen hätte, der uns nicht>> vorgestor- Wenn nun die Zersetzung der Truppe sen wir uns absolut klar sein, daß eine Be­Das Versagen die taktische Aufgabe der revolutionären triebsbesetzung ohne den sofortigen eines anderen entbindet uns nicht der Kritik Klasse geworden ist, enthebt uns das der Kampf um die ganze Macht eine blu­am eigenen Versagen. Und zudem stand hier Aufgabe des Aufstandes? Kann das Pro- tige Farce mit tausenden Einzelerschießungen das Problem genau umgekehrt: Es waren letariat darauf warten, bis>> das Heer sein wird. uns Menschen vorgestorben, deren selbst sich von den unpopulär gewordenen man scharf angegriffen hat. Man Machthabern distanziert und loslöst<<

ben« sel,

Ideologie

so ist das falsch.

Und nun noch eine persönliche Richtig­

könnte also mit weit größerem Recht wie Schiff es formuliert oder muß nicht stellung. Ich hatte in dem Artikel> Lehren

haben.

*

das

sagen: Keiner, der sein Leben nicht selbst der Anstoß zum Aufstand von der revo- der Niederlage behauptet, daß nicht einmal in die Schanze zu schlagen bereit war, hat lutionären Klasse selbst kommen? Ja, wie das>> Nützlichkeitsprinzip< die deutsche Kapi­ein Recht, denen einen Vorwurf zu machen, will man die Zersetzung der Truppe, ihren tulation rechtfertige, sowohl was die Opfer die ihr Leben um der Idee willen gewagt teilweisen Uebergang zur Revolution, ge- wie auch politische Resultat anlangt. schweige ihre Neutralität, feststellen, wenn Weder in Oesterreich noch in Spanien sind nicht im Kampf? Hat nicht die Erfahrung soviel Menschen gefallen, gefoltert, hinge­zu lebensunfähigen Wraks ge­Auch vom Standpunkt der> destilliert rei- gelehrt, daß die Verfassung der Truppe richtet und Und in nen Vernunft<, d. h. im marxistischen Sinn immer erst im Kampf sichtbar wurde? macht worden wie in Deutschland . daß der ausgedrückt, der ökonomischen Bedingtheit Wie verhalten wir uns im Kriegs-, wie im diesem Zusammenhang sagte ich, bewaffnete Widerstand gegen die SA die Mo­der geschichtlichen Entwicklung ist die Ge- Friedenszustand? ringschätzung der Massengefühle falsch. Ge- Diese wenigen Fragen zeigen schon die bilisierung der Reichswehr an der Seite der rade auf diesem Gebiete hat die deutsche So- ganze Kompliziertheit des Problems. Man SA nach sich gezogen hätte. Das objektive zialdemokratie eine furchtbare Lektion erhal- kann die>> Richtigkeit<< eines Aufstandes nicht Ergebnis unseres Kampfes wäre also wahr­ten. Denn diese revolutionären Willenskräfte, apodiktisch mit Ja oder Nein abtun.

Man scheinlich die Militärdiktatur

gewesen,

die

Schwertstreich in die Flucht zu schlagen. Daß Das unternimmt Fred War! Er sagt, wenn allein unsere Kampfhandlungen gegen

die

die in Wien und Linz , in Barzelona und Astu- soll die Waffen des Generalstreiks und Auf- aber im Volke längst nicht die politische und rien, so spontan aufstiegen, sind es ja gewe- stands kritisch auf ihre jetzige Form unter- psychologische Massenbasis gefunden hätte sen, die in Deutschland sowohl in der Revo- suchen, soll sie schärfen, wenn sie stumpf ge- wie die Hitlerdiktatur, die das» Wunder< fer­lution 1918 wie in der großen Schlacht gegen worden sind- oder soll uns eine neue brauch- tiggebracht hatte, den Riesen Marxismus ohne die Kapprebellen wie beim preußischen Staats- bare Waffe vorzeigen. streich 1932 wie in der ganzen Geschichte der Republik nicht genügend ausgebildet, ja, wo die Arbeiterklasse den von ihm entwickelten braune Armee uns in den Kampf gegen die sie erschienen, offen gehemmt wurden. Man Gedanken erfaßt habe, habe sie auch die Armee der Generale geführt und uns in nach entscheidende Gewalt von morgen entdeckt«. schärfstem Gegensatz zur Militärdiktatur ge­man Wir hören weiter, daß die Arbeit die bracht hätte, versteht sich doch am Rande. sie Wenn Schiff daraus ein Bekenntnis zur» Po­warf, erste Voraussetzung der Gewalt bilde, aber sei selbst eine Gewalt«. Das ist in verschie- litik des kleineren Uebels« macht, so vergiẞt wir denem Sinne richtig. Die Arbeit deutscher er dabei nur, daß die Politik des kleineren weitest Proletarier ist z. B. die Grundlage der Luft- Uebels immer dem Kampf ausgewi­der Gegner das genau

denke doch nur an die Justizschande

dem Sieg über den Kapp- Putsch , als

tausende Arbeiter

den Rebellen

und

ins Gefängnis

ihrem General

Pensionen bewilligte. Warum

denn in

haben

dem kapitalistisch am

entwickelten Staat Europas , wo die objekti- flotte, Tanks und Großkampfmittel des Drit-' chen ist und, da

Das Kölner Sondergericht verurteilte den sich in der Schlosser Paul Kellner, der übelsten Weise über das Arbeitsbeschaffungs­programm lustig gemacht" habe, zu andert­halb Jahren Gefängnis.

PROPAGANDAMINIST

B

» Der Gott , der Eisen wachsen ließ, Der wollte keine Knechte!<<