Nr. 82 BEILAGE

Neuer Vorwärts

6. Jänner 1935

Perspektiven des ,, unbekannten Hitlerdeutschen"

Die Geschichtskulisse, welche die be- wälzung, eines Zusammenbruches des bisherl-| schen Gebäude zusammenstürzen. Welt  - den gnädig sein! Je stärker der amteten Vordergrundakteure der deutschen   gen Weltgebäudes von gewaltigstem Umfange. revolution! Nicht mit den Radikalen, Dampfkessel( von den Feinden) geheizt wird, Politik Hitler  , Heẞ, Neurath  , Ribbentrop   Nur sind die Urheber nicht die russischen anarchischen Kräften, sondern mit den desto heftiger wird die Explosion sein. Und usw. im trauten Verein mit den Goy und Bolschewisten mit ihren anarchistischen Ideen, Kräften der deutschen   Volks- dann wehe dem Heizer!<< Rothermere augenblicklich aufziehen, ver- sondern die deutschen   Heerführer, seele, des deutschen   Geistes in>> Wehe dem Heizer!«<, das fürchten wir dient viel weniger Beachtung als das, was das deutsche Heer, die deutschen   Frauen und ihrer ganzen Klarheit, unter deutschen   auch, wenn wir es auch ganz anders mei­man sich hinter dieser Kulisse unter deut- Kinder, das deutsche   Volk insgesamt, das Führern, die voll und ganz auf dem nen als Herr Gellert. Denn der freut sich scher Geschichte und deutscher   Zukunft durch seine ungeheueren Kriegsleistungen im Grunde des deutschen   Volksempfindens ste- schon diebisch auf den Hexensabbat der vorstellt. Denn nur noch da, im intimen Entwerfen großer Schlachtpläne, in tapferen hen. Der letzte Kampf!" » deutschen Weltrevolution« und entwirft Kreise, tut sich der wahre Wunsch und Waffentaten und im Entbehren und Hungern Ohne ,, Führer" geht es natürlich nicht von ihr auf Grund seiner tiefsinnigen Spe­Wille de: Drahtzieher unverfälscht, weil die Feinde gezwungen hat, sich zu überan- und so hat sich denn im Volke ,, ein ganz kulationen das folgende, hier nur in den unkontrolliert kund, und wie der ungefähr strengen, sich zu erschöpfen, so daß nun ihr richtiger Masseninstinkt offenbart, der die Hauptzügen wiedergegebene aussieht, können wir einer mit großem Zusammenbruch folgt." schwache( Parteien-) Führung, die nicht» Zukunftsbild: Revolution und An­Apparat, u. a. durch Verlegerrundbriefe an Dieses böse Ende der ,, Morphiuminjek- imstande war, das Volk zu führen und ge- archie in ganz Europa   und den von ihm be­tausende Adressen( auch ich erhielt einen), tionen" gilt es bloß abzuwarten, dann wird gen seine Feinde zu schützen, abschüttelte, herrschten Ländern. In der Mitte Vertriebenen Broschüre entnehmen: Vor das ewige Gesetz der Geschichte wieder in alle schwachen Teile ausschied und den Deutschland  , geeint unter einem großen Katastrophen. Der deut- Kraft treten, daß jedes Volk und jedes starken Führern die Bahn ebnete." Nur starken deutschen   Führer, das

sche Aufstieg und die germanische Zeit" ( Berlin  , Kulturpolitischer Verlag). Ein wil­stes Sammelsurium von Aufsätzen, die ein Herr Wilhelm Gellert seit zirka fünf­zehn Jahren in allerhand nationalistischen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht hat, muß sie den Gewaltpolitikern an allen Stammtischen, in allen Redaktionen und Regimentsstäben ganz nach dem Munde geschrieben sein, denn sie hat sich bereits bis zum fünfundzwanzigsten Tausend em­porgeturnt und dieser breite Erfolg. eben gibt uns das Recht, aus ihr die tat­sächlich wirksamen, d. h. die in den Mas­senkaders des Regimes lebenden hitler­deutschen Geschichtsperspektiven von heu­

te abzulesen.

-

Was zuvörderst staunen macht, ist die geradezu berückende Genialität der Albern­heit, mit welcher das von den Militärs ins Volk geworfene Schlagwort: Im Felde unbesiegt" zum Bürgen des Zukunft­sieges genommen wird. Wie vernünftige Menschen, legt Herr Gellert dar, sich zur verdienten Ruhe begeben, nachdem sie ihre Aufgabe geleistet haben, unvernünftige aber durch unaufhörliche Morphiumein­spritzungen ihre letzten Kräfte anstacheln, dann aber endgültig und für immer zu­sammenklappen, so haben im Weltkrieg sich die Völker benommen:

,, Das deutsche   Volk hat die Rolle des klu­gen Menschen, die feindlichen Mächte die

Rolle des nichtklugen Menschen gespielt. In diesem furchtbaren Ringen hat sich die eine unumstößliche Tatsache herausgestellt, daß

sich das

deutsche   Volk als das

stärkste Volk der Welt erwiesen hat,| stärker als jedes der feindlichen Völker, ja| stärker als z. B. Rußland, Frankreich   und England zusammengenommen. Erst der Hin­möglichen anderen Völker,

Zutritt

aller

und Hilfsmittel hat das unseren Ungunsten ent­

Hilfstruppen Ringen dann zu

schieden. Aber zu

gunsten des

wessen Gunsten?

Zu­

feindlichen Bündnisses! Ein

Bündnis aber ist ein wandelbarer Begriff; es kann jeden Augenblick sich auflösen. Löst sich diese Verbindung und stehen wir den ein­zelnen Gegnern gegenüber, dann tritt die Tatsache des deutschen   Sieges in die Erscheinung. Als das deutsche   Volk auf den Schlachtfeldern zu seinen Gunsten die Frage entschieden hatte, welches Volk das stärkste war, da legte es die Waffen nieder und begab sich heim, um sich dem Schlafe der Erschöpfung nach getaner Arbeit hinzu-| geben und Kräfte zu sammeln für den letzten geistigen Verzweiflungskampf um den Sieg. Barbarossa zog sich in den Kyffhäuser   zu­

rück, und die Raben

erfüllen mit

Triumphgekrächze die Luft."

gen den

ihrem

55

Der Nußknacker

B

V

& G

REICHS WE

Brüder

den Völkern Hilfe angedeihen läßt, die mit ihm blutsverwandt sind oder mit denen es in Freundschaft leben will. Bricht das hol­ländische Kolonialreich in den Revolu­tionsstürmen zusammen, dann zerbricht auch das Rückgrat der holländischen Selbständig­keit, und Holland   wird selbst wissen, wo es Hilfe, Freundschaft und Anschluß findet. Das Bekanntwerden der Deutschen   und Fla­men im persönlichen Verkehr während des Weltkrieges hat beiden Teilen erst wieder zum Bewußtsein gebracht, daß sie eines Stammes sind. Auch die Schweiz  wird sich in der Not auf die Stammutter Germania   besinnen müssen, namentlich der deutsche   Teil der Schweiz  . Hört die Finanz­kraft und politische Macht Englands auf, dann werden auch die nordischen Län­der gezwungen sein, ihren Blick nach Deutschland   zu richten. Auch die Frage der von den Polen  , Italienern und Tschechen geraubten deutschen   Gebiete Provinzen und die der baltischen wird ihre Regelung finden müssen, Deutschland   sich seine Selbständigkeit nach allen Seiten hin wieder erringt. Aehnlich wird vielleicht auch in Irland  , in den Burenrepubliken, in Aegypten  , Indien   usw. die Entwicklung vor sich gehen. Dann kann der politische Führer der Deutschen   ein Bauwerk errichten, wie es schöner keinem deutschen   Staatsmanne je zu errichten beschieden war. Dann werden künftige Geschlechter singen deutschen und sagen von der Weltrevolution, dem Beginn des germanischen Zeitalters.<<

wenn

Man sage, von solchem Wahnsinn über­wältigt, nicht, daß Herr Gellert ein bedeu­tungsloser Niemand ist und daß hier ein übler Orgeldreher der Politik seine miß­tönige Walze abwerkelt dafür gröhlen allzu breite Massen, wie die Auflagenhöhe der Broschüre bezeugt, seine Weise im mit Chore mit, betrachten seinen Augen und seiner profunden Unwissen­heit den Geschichtsverlauf, glauben mit seinen Gründen,» das stärkste Volk der Welt zu sein, und berauschen sich an seinen Zukunftsvisionen. Damit aber verwandeln sich die aberwitzigen Phan­tastereien in den sehr realen Nährboden jener Kriegspsychose, die Zeit in Deutschland   so verderblich um sich friẞt, und werden die Wilhelm Gellert und Kon­sorten zu berufenen Exponenten der wirklichen Stimmung innerhalb des deutschen   Spießerheeres, indes die Herren von Neurath   und von Ribbentrop vor der erfreut lächelnden Welt die anmutige Ku­lisse der Versöhnlichkeit und Friedens­liebe entrollen.

zur

Alfred Kleinberg

Bildersprache

Wilhelm Kube   schreibt in der» Westfäli­schen Landeszeitung<:

> Die Sau suhlt im Mist, der Jude in dem,

Die Sau suhlt im Mist

-

- und der Kube

Nun ist es ja gewiß wahr, daß der Bar­barossa ,, Deutsches Volk  " heute in einem unselig tiefen Schlafe liegt und daß man das Gekrächze der Raben aus allen Reichs­sendern vernehmen kann; aber daß die gemeinsame Gegnerschaft" der Welt ge­preußisch- deutschen Lebewesen das Recht zu leben und sie haben die Kraft ,,, die letzte, geistig- was er Kultur nennt... diese stinkenden Co­Geist, diese gewaltige Kraft, die unsere die Pflicht zur Selbstbehauptung", daß politische Entscheidung" herbeizuführen, joten sollte man international an die Kette Waffen vier Jahre lang siegreich führte" ,, ein Volk immer die Führung, die erste weiteres ,, Nachgeben" gegen die Forderun- legen.< inzwischen aufgehört hätte, kann man beim Stellung in der Welt inne hat", und dieses gen des Feindes zu verweigern und ihm besten Willen nicht feststellen. Doch das Volk ist, wie der ,, deutsche   Endsieg" im ,, das Nein des ganzen Volkes" entgegen- wälzt sich in der Nazipresse. Es ist halt alles macht weniger als nichts. Herr Wilhelm Weltkrieg unleugbar bewies, kein anderes zurufen. Diese notwendige Krise des heuti- eins! Gellert und all die Zahllosen, die aus den als das deutsche  . Nur ein bißchen Geduld, gen Europa   wird zugleich die Erlösung fünf starken Auflagen seiner Broschüre wie sie Barbarossa im Kyffhäuser   auf- sein, und darum: die deutsche   Zukunft bestimmen, stellen in bringt, und die große Stunde ist da: umständlichen Untersuchungen von tiefst­gründiger Ignoranz den Verfall Rußlands  , Staatsmänner einen Kampf der Verzweiflung Deutschtums Frankreichs  , Englands, Italiens   usw. fest, gegen die innere Auflösung, gegen die Anar- außerhalb der alten Reichsgren- Schirach und Hindemith   als Autor in das In­um zu der herzerhebenden Schlußfolgerung chie, gegen die politische Zersetzung. Gegen zen

,, In den feindlichen Ländern führen die bis

Rosalindes Fehltritt

>> Lassen wir die Dinge ruhig heranreifen, In der Frankfurter Zeitung  << liest man: die Gedanken des gesamten >> Im dritten Saarbrückener   Symphoniekon­innerhalb und zert teilten sich die Solistin Rosalinde von zusammenklingen im Willen zur teresse des Publikums.< diese zerbröckelnden Staatsge- Selbstbehauptung gegen den Baldurs Schwesterchen Hand in Hand mit leben wir in der Zeit bäude gilt es den letzten gewal- feindlichen Vernichtungswillen. dem verfemten kulturbolschewistischen Unter­einer Weltrevolution, einer Weltum- tigen Stoß zu führen, daß die mor- Dann möge der Himmel den Fein- menschen

zu gelangen:

,, So betrachtet,

-

was soll nun Göring   dazu sagen!

ng