©aiizlg Problerland für braune Inflation Enteignung der Sparer, kalter Lohnabbau Sdiacfats Zukunft Mit heiligen Eiden haben die National­sozialisten beschworen, daß sie niemals das Verbrechen der Inflation begehen wür­den. Am 1. Mai hat die nationalsozialisti­sche Regierung von Danzig beschlossen, den Goldgehalt des Danziger Gulden um 42.4 Prozent herabzusetzen. 100 Gulden der bisherigen Währung werden gleichgesetzt 170 Gulden der neuen. Bisher waren 100 Gulden gleich 81.10 Reichsmark, jetzt gel­ten sie nur noch 47.09 Reichsmark. Die so plötzlich vorgenommene Geld­verschlechterung bedeutet eine Begünsti­gung der kapitalistischen Exporteure und der agrarischen Schuldner. Sie bedeutet eine Enteignung der Sparer und einen fortschreitenden»k a 1 t e n Lohnabbau«. Denn trotz der üblichen offiziösen Beteuerungen, einen Preisanstieg verhindern zu wollen, ist ein solcher in Danzig ganz unvermeidbar. Denn abge­sehen von etwas Getreide, Zucker und einigen anderen Lebensmitteln ist Danzig auf die Einfuhr aller wichtigen anderen Rohstoffe oder' vieler Halb- und Fertig­fabrikate angewiesen und diese muß jetzt automatisch im Ausmaß der Abwertung teuerer werden. Lohnabbau und Sparkassen­beraubung ist also das Resultat der nationalsozialistischen Wirtschaftspoli­tik. Begreiflich, daß die Danziger Re­gierung mit der Ausführung der Geld- verschlcchterung gewartet hat, bis die Wahlen vorüber waren. Die Niederlage wäre sonst noch weit größer geworden. Die Danziger Regierung sucht natür­lich die Schuld von sich abzuwälzen.»Ge­wissenlose Elemente haben versucht, in den letzten Tagen steigende Guthaben bei den Banken und Sparkassen abzuheben, um sie in andere Währungen umzutauschen und somit spekulativ zu verwerten«, heißt es in dem amtlichen Aufruf. Die Danziger Nationalisten führen ein unumschränktes Terrorregime. Die Presse ist geknebelt, die politischen Gegner werden rücksichtslos vergewaltigt Aber siehe da! Gegen ein paar»Spekulanten« erweist sich das Ge­waltregime plötzlich als ohnmächtig, gegen sie versagt plötzlich die Staats­macht! In der Tat hat die nationalsoziali­stische Regierung keinen anderen Ausweg mehr gewußt, als die Münzfälschung und wir möchten jede Wette halten, daß die »Spekulanten«, die die Gifthaben recht­zeitig abgehoben haben, vor allem in jenen eingeweihten nationalsoziali­stischen Kreisen zu suchen sind, die die Regierungsabsichten kannten. In Wirklichkeit ist die Geldabwertung eine Folge sowohl der Danziger als der reichsdeutschen Politik. Als die National­sozialisten im Mai 1933 die Herrschaft in Danzig übernahmen, wurde ganz nach Ber­ liner Muster ein großes Arbeitsbe­schaffungsprogramm eingeleitet Es wurde natürüch mit Wechseln fi­nanziert und dadurch die objektiven Be­dingungen zur Inflation geschaffen. Da die Reserven Danzigs , das hauptsächlich vom Zwischenhandel lebt und dabei unter der steigenden Konkurrenz Gdingens lei­det, nur gering sind, mußten sich die Folgen dieser»Kreditausweitung« viel rascher einstellen, als z. B. in dem großen Deutschland . Dies wäre noch frü­her der Fall gewesen, hätten nicht die reichsdeutschen Subventio­nen eine Hilfe geboten. Es waren teils Barzahlungen, die auf zirka 30 Millionen Reichsmark geschätzt werden, teils be­standen sie darin, daß Deutschland noch 1934. für 24 Millionen Reichsmark Waren, vor allem Lebensmittel, zu hohen Preisen von Danzig kaufte. Schacht hat diese Sub­ventionen infolge der schlechten Devisen­lage seit August 1934 eingestellt und auch eine neue Anleihe abgelehnt. Damit war das Schicksal der Danziger Währung ent­schieden, um so mehr, da die deutsche De­visenzwangswirtschaft und ihre Hand­habung durch Schacht bewirkte, daß die Danziger Exporteure ihre Forderungen an Deutschland zuletzt nicht mehr rechtzeitig bezahlt bekamen. Schacht hat Danzig genan so wirtschaftlich preisgegeben, wie Hitler es mit seinem Polenbünd­nis politisch geopfert hat. Danzig hat die Abwertung auch erst nach ein­gehenden Besprechungen mit Berlin und im Einverständnis mit der deutschen Regierung vorgenommen, die also für den neuen Inflationsbetrug die volle Verantwortung trägt. Der Gulden ist durch die Abwertung dem polnischen Zloty gleich geworden. Da­durch wird der wirtschaftliche An­schluß an Polen erleichtert, während die Beziehungen zu Deutschland , das Dan­ zig die im verruchten System stets ge­währten wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung entzogen hat, außerordent­lich erschwert werden. Danzig wird so von Schacht und Hitler immer mehr in die Ab­hängigkeit von Polen gestoßen. Dabei ist es auch gar nicht sicher, ob die neue Pa­rität der Danziger Währung gehalten wer­den kann. Denn die Ursachen, die zur Ent­wertung geführt haben, dauern fort und die miserable Finanz- und Wirtschafts­politik der Danziger Regierung gefährdet die Währung immer aufs neue. In Berlin hat das Schicksal des Dan­ziger Guldens die Besorgnisse um die eigene Währung vermehrt, die durch die Attacke des Reichsbankdirek­tors D r e y s e gegen die Inflationisten hervorgerufen worden waren. Schon als Schacht die Wirtschaftsdik- daktur übernahm, wurde hier vorausge­sagt, daß es über kurz oder lang zu einem Konflikt kommen werde zwischen den An­hängern und Interessenten einer immer weiteren Arbeitsbeschaffung und Rü­stungsausgabensteigerung auf dem Weg der»Krediterweiterung« einerseits und Schacht andererseits, der eine bestimmte Grenze der inflatorischen Finanzierung nicht überschreiten möchte. Dieser Kon­flikt zwischen großen Teilen der Industrie, sowie einflußreichen Parteikreisen und Schacht ist jetzt offenkundig geworden. Auf einer kürzhch stattgefundenen G a u 1 e i t e r t a g u n g in München wurde sehr ernst auf die Stimmung der Bevölkerung hingewiesen, und im Hinblick darauf einstimmig die Notwendigkeit einer weiteren Ausdehnung der staatlichen Ar­beitsbeschaffung zum Ausdruck gebracht. Der Beschluß wurde bei Hitler selbst mit großem Nachdruck vertreten. Es ist dieser Beschluß, gegen den sich die im Auftrag Schachts gemachten Warnungen D r e y- s e s richteten, die aber nur die Opposition in nationalsozialistischen Kreisen gegen Schacht verstärkt haben. In dieser Situation versucht Schacht, wenigstens die deutschen Rüstungsanfor­derungen womöglich ohne Inanspruchnah­me inflationistischer Finanzierungsmetho­den zu befriedigen und sich so die Unter­stützung Hitlers und der Reichswehr zu erhalten. Auf die Arbeiter glaubt er dabei keine Rücksicht nehmen zu müssen. Hat ja eben der Dr. L e y in seiner Mai­ansprache erklärt, daß er erst im näch­sten Jahr verkünden werde, was aus den Studien über den»gerechten Lohn« her­auskommen wird. Das bedeutet in der Praxis, daß bis zum 1. Mai 1936 nicht nur keine Lohn­erhöhungen erfolgen, sondern daß der Lohnabbau festgesetzt werden wird. Aber mit den Unternehmern ge­rät Schacht immer mehr in Konflikt. Sie stehen seiner Forderung, eine Milliarde zur Subventionierung des Exports aufzubrin­gen, nach wie vor in feindlicher Ablehnung gegenüber. Die verschiedensten Pläne sind erörtert und wieder fallen gelassen wor­den. Die Heranziehung des Großhandels, der Banken und der Handwerker scheint ebenso wie eine allgemeine Erhöhung der Umsatzsteuer fallen gelassen zu sein. Ebenso hat man die Idee, auch die öffent­lichen Versorgungsbetriebe zu belasten, aufgeben müssen, denn eine so offenkun­dige neue Massenbelastung wie es die Er­höhung der Gas-, Wasser- und Elektrizi­tätstarife wäre, kann das Regime jetzt doch nicht gut wagen und eine neue An­spannung der bankrotten Kommunalfinan- zen ist erst recht unmöglich. Immerhin ist es bezeichnend, welche aberwitzigen Pläne von den Diktatoren erwogen"werden. Uebrig geblieben ist die Idee, die Industrie eine Abgabe auf ihren Inlands-Brutto- absatz zahlen zu lassen, der bei den ein­zelnen Industrien zwischen 2 und 6 Pro­zent betragen soll. Die Autoindustrie z. B. soll 4 Prozent, die Glasindustrie 5, die che­mische Industrie 6 Prozent zahlen. Für die Eisenindustrie ist auf Basis einer Abgabe von 4 Reichsmark pro Tonne Rohstahl eine Gesamtabgabe von 56 MUlionen Reichsmark, für die chemische Industrie von 180 Millionen Reichsmark, für die Me­tallindustrie von 20 MUlionen Reichsmark vorgesehen. Die Unternehmer erklären solche Belastungen für unmöglich, wenn sie die Lasten nicht dürch Preiserhöhungen auf die Konsumenten abwälzen können. Das aber hieße neue rasche Erhöhung des inländischen Preisniveaus, neue Mas­senbelastung, aber auch neue allgemeine Erschwerung des Exports. Trotz aller Widerstände der Unterneh­mern wird Schacht versuchen, seinen Plan durchzusetzen. Er ist in diesem Konflikt Vertreter der diktatorischen Staatsmacht, die die Rüstungsexpansion auf alle Fälle durchsetzen wül und sich die für die Roh­stoffeinfuhr nötigen Devisen durch Export- schleuderei, auch durch Ausverkauf und auf Kosten des kapitalistischen Profits verschaffen will. Aber auch wenn Schacht seinen Plan schließlich erzwingt, wird er zuletzt mit seinen Absichten scheitern. Denn einmal wird die Schleuderausfuhr auf verstärkten Widerstand des Auslan­des stoßen, aber dann und vor allem ist eine solche Verlustausfuhr, die auf die Dauer auch neue Kapitalbildung im Innern erschwert oder verhindert, nicht lange durchführbar. Denn sie hemmt die Neuan­lage von Kapital, also die Ausdehnung der Produktion, die für die vermehrten Rü­stungsanforderungen, für die Ausdehnung der Ersatzstofferzeugung usw. unentbehr­lich ist, widerspricht also dem militaristi­schen Bedürfnis, das sie gerade befriedigen will. Schachts Gegner suchen deshalb den Ausweg in der bisherigen Richtung: Krediterweiterung, Steige­rung der Inflationsmethoden, ohne aber zeigen zu können, wie das pri­märste und dringendste Bedürfnis, die Si­cherung dej Rohstoffeinfuhr für den Rü­stungsbedarf, gesichert werden kann ohne immer schärfere Einschränkung aller ande­ren Einfuhr, die aber wieder die Beschäf­tigungsmöglichkeit aller Nichtrüstungs- industrien und die Lebenshaltung des Vol­kes akut verschlechtern müßte. U n d s o wächst die Neigung für eine Devalvation oder Inflation als rettendes Kompromiß. Aber auch diese Rettungsmöglichkeit würde sich rasch als Illusion erweisen! Dr. Richard Kern. Wlrisdiafts- Wahnslnn Gleichzeitig mit einem Protest der Ver­ einigten Staaten gegen die Nichtbezahlung der Zinsen und Tilgungsraten für die Da- w e s- und Younganlelhe hat Senator Borah in Washington einen Gesetzentwurf vor­gelegt, der jede öffentliche oder private An­leihe an Nichtamerikaner verbietet. Der Ent­wurf wird mit dem Hinweis darauf begrün­det, daß Europa seine Schulden in Höhe von 11 Milliarden Dollar nicht erfüllt habe, und daß es jede finan­zielle Hilfe zum Wettrüsten und zur Vor­bereitung eines neuen Krieges ausnütze. Kein Land in Europa kann es mit Hitlerdeutsch- land in der Kunst, seine Gläubiger um ihre Forderungen zu prellen, und im Tempo des Aufrüstens aufnehmen. Europa hat also die finanzielle Abwendung der Vereinigten Staa­ ten von Europa Hitler und Schacht zu ver­danken. Eines der schwersten Probleme für die USA . sind seine großen unabsetzbaren Vor­räte von Rohbaumwolle. Zur Stützung der Baumwollpreise und der Farmer des Sü­dens hat die amerikanische Regierung riesige Beträge von Staatsgeldern aufwenden müs­sen. Die Steigerung der Ausfuhr könnte als Ventil wirken. Mit dem Abbau der übermäßi­gen Vorräte könnte zugleich der Abbau der staatlichen Stützungsaktionen erfolgen. Von der amerikanischen Baumwollproduktion wird mehr als die Hälfte exportiert. Trotzdem zieht es Roosevelt vor, die Farmer mit Staatsgel- dem vor dem Sturz der Preise zu bewahren, als die Baumwollexporteure noch mehr Geld als bisher an Schachts De viaentricks verlie­ren zu lassen. Er hat Herrn Schacht, der ihn um große Baumwollkredi- tc angegang en war, die kalte Schulter gezeigt. Die Folge ist nun, daß die fehlende Ausfuhr von Roh-Baum- wolle durch Steigerung ihrer Verarbeitung in USA . selbst und durch vermehrte Ausfuhr von Textilwaren ersetzt werden soll. Die staatliche Kommission zur Prüfung des Baum­wollmarktes hat einen Plan ausgearbeitet, wonach die nichtexportierbaren Baumwoll­vorräte sehr billig an amerikanische Baum­wollfabriken zwecks Abwehr der vordringen­den japanischen Konkurrenz verkauft werden sollen. Die japanische Schleuderausfuhr soll also mit amerikanischer Dumpingausfuhr be­kämpft werden, die in ihrem Endergebnis selbstverständlich aber nicht nur den japani­schen, sondern auch den europäischen Textil- export treffen muß. Die. Lieferungen der Vereinigten Staaten nach Deutschland sind erheblich größer als die deutsche Einfuhr nach Amerika . Der Ueberschuß des amerikanischen Imports kann also nicht mit Waren, sondern müßte mit De­visen oder Krediten ausgeglichen werden. Devisen hat Hitlerdeutschland nicht, Waren­kredite kann es nicht bekommen, wenigstens nicht, solange die alten Schulden nicht be­zahlt sind. Die Folge ist, daß mehr noch als die deutsche Ausfuhr nach USA . die Einfuhr aus USA . zurückgeht Nach den Vierteljahrs­heften für Konjunkturforschung war In der Zeit vom letzten Vierteljahr 1933 bis zum letzten Vierteljahr 1934 die Ausfuhr nach Amerika um 38.7 Prozent also um mehr als ein Drittel, die Einfuhr aus Amerika aber um 57.4 Prozent also um mehr als die Hälfte ge­sunken, Nach dem Institut für Konjunktur­forschung war 1934 der Anteil der Vereinig­ ten Staaten an der deutschen Baumwollein­fuhr von 72 auf 55 Prozent zurückgegangen. Der Ausfall ist aus Brasilien und aus der Türkei gedeckt worden, die bis Mitte 1934 1 Prozent und Ende 1934 30 Prozent des Baumwollverbrauchs beliefert hatten, obwohl ihr Erzeugnis erheblich teurer Ist als das amerikanische. Die neuen Lieferungen konn­ten hier mit alten Forderungen bezahlt wer­den. Ein fauler Zahler fand Hilfe bei einem fast ebenso faulen. Schachts Devisenprellerei führt also nicht zur Verdrängung der Ausfuhr von Textilien, sondern auch zur Verteuerung der Einfuhr von Textilrohstoffen. Damit wird die Devisenanlage Deutschlands immer kata­strophaler und die Zahl der Länder, die sich der Gefahr aussetzen, Schachts Devisenprel­lerei zum Opfer zu fallen, immer kleiner. Der Volkszorn Die deutschen Zeitungen berichten: Nachdem in der Kasseler Altstadt bekannt­geworden war, daß sich der Besitzer eines Fleischergeschäftes in abfälliger Weise über die NSV geäußert und einen Blockwalter derNSV beleidigt habe und daß zwei andere Geschäftsleute in einer mit der Altstadt- sanierung zusammenhängenden Angelegen­heit unsoziales Verhalten an den Tag ge­legt hätten, bildeten rieh vor den Geschäf­ten der drei Personen größere Ansammlun­gen, die zu zerstreuen die Polizei große Mühe hatte. Um zu verhüten, daß es hier­bei zu Ausschreitungen kam, wurden die drei Geschäftsleute in Schutzhaft genom­men. Es handelt sich dabei um eine Art Ar- beitsbeschafung. Volkszom-Darsteller ist ein neuer Beruf in Deutschland , der sich, wie wir hören, durchaus bezahlt macht und außerdem ein Mindestmaß an Kenntnissen voraussetzt. »Gewaltige Kundgebung« In adit Wochen Die Pressestelle der NSDAP teilt mit: »Das diesjährige Gautreffen der NSDAP Westfalen-Nord vom 5. bis 7. Juli findet in Münster statt. An die verschiedenen Son- dertagungen wird sich eine gewaltige Kund­gebung auf dem Hindenburgplatz anschlie­ßen.« Da diese Propheten kraft ihre Befehlsge­walt im voraus wissen, wie»gewaltig« jewei­lige Kundgebungen zu werden haben, sollten sie die Stimmungsberichte eigentlich fürs ganze laufende Jahr bereithalten. Mit der Veröffentlichung kann ja anstandshalber ge­wartet werden, bis die Veranstaltungen statt­gefunden haben. FACHMANN zur Herstellung von Fieber-Thermometer ge­sucht. Angebote unter:»WK 344« an Rudolf Mosse , Prag I., Ovocny trh 19.