Neuer Vorwärts
Sozialdemokratisches Wochenblakk
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Nr. 105
SONNTAG, 16. Juni 1935
Die Katastrophe von Danzig
Zusammenbruch der nationalsozialistischen Politik
Entsetzliches Elend die Folge
Folge
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Eine schreckliche Katastrophe haben noch nicht wagen. Kein Wunder, daß die der Völkerbund hätte die Pflicht, diese| Danzig . Und das empfindet man noch die Nazis in Danzig herbeigeführt! Es war verzweifelte Bevölkerung, die die finanzielle Wahlen, bei denen die von ihm garantierte dumpf- in Deutschland . schon schlimm genug, daß die elenden Miẞwirtschaft der Nazis genau kennt und Verfassung tausendfach verletzt worden Es ist sehr merkwürdig! Eigentlich Stümper, die Hitler unter den Augen des weiß, daß die Währungsabwertung nicht ist, zu annullieren, und es wäre eine Auf- müßte es glänzend gehen. Vom>> KapitalVölkerbundes zu unumschränkten Gebie- einmal vorübergehende Erleichterung brin- gabe der sozialdemokratischen Regierungen mangel< ist keine Rede mehr; Milliarden tern der unglücklichen Stadt gemacht hat, gen kann, mit nur allzu gerechtfertigtem Dänemarks , Schwedens und Norwegens , werden ausgegeben für die Rüstungen, für nichts anderes wußten als ihrer elenden Mißtrauen erfüllt geblieben ist und fort- ihn an diese Pflichten zu erinnern. Kein Verlegungen ganzer Industrien vom Westen Finanzmiẞwirtschaft mit der Ver- fuhr, ihr Geld abzuheben und es in Sach- Zweifel, daß freie Wahlen das so- und Mitteldeutschland , für Subventionen schlechterung der Währung um werte oder fremde Währung umzusetzen. fortige Ende der Naziherrschaft bedeuten an die Agrarier und Industriellen, für In42.37 Prozent die Krone aufzusetzen. Aber Die Nazis wußten sich nicht mehr zu würden, daß die Danziger Wähler heute vestitionen in den Ersatzindustrien. Der dann haben sie aus Ignoranz und Demago- helfen, und am 4. Juni wurden sämtliche darauf brennen, sich von dieser verbreche- Finanzminister hat keine Schwierigkeiten, gie einen solchen Unfug angerichtet, daß Banken und Sparkassen geschlossen rischen und unfähigen Despotie zu be- Schatzwechsel und Schatzanweisungen in die Falschmünzerei zum offenen Bankrott gesteigert worden ist.
Die Abwertung, nach der 170 neue Danziger Gulden so viel gelten wie 100 Gulden der bisherigen Währung, kam über die Bevölkerung in der Nacht ihrer Ahnungslosigkeit vom 1. auf den 2. Mai die richtige nationalsozialistische Maifeier! Natürlich war
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der offene Bankrott war ein- freien.
getreten. Seitdem ist nur eine ge- Ein nationales Verbrechen wisse Milderung insofern erfolgt, als die dringendsten Abhebungen zur Auszahlung der Löhne und Gehälter ermöglicht
sperrt.
Die Nazis haben aber nicht nur wirt
naler Selbständigkeit auf das
Riesenbeträgen unterzubringen. Die» Geldfülle« ist immer größer... Aber die Stimmung in den Wirtschaftskreisen wird immer bedenklicher und die Vorgänge in schaftliches Verderben über Danzig ge- dem kleinen Danzig haben als ein psywerden sollen. Die Sparkassengelder und bracht, sondern auch die Reste natio- chologischer Chock gewirkt. Bankeinlagen bleiben aber zunächst ge- äußerste gefährdet. Die Kerle haben die Vertrauenskrise in Abwertung so ausgeführt, daß jetzt der Deutschland die erste Wirkung die, daß alle aus Angst Die Opposition soll helfen! Gulden gleich dem polnischen Zloty ist. vor der unvermeidlichen Preissteigerung Am 4. Juni erfolgte die ZahlungseinDer Senatspräsident, ein Pg. Grei- Sie haben ohne jede Not die Währungssich mit Waren einzudecken ser, und die übrigen Bonzen halten gleichheit mit Polen de facto verwirklicht stellung in Danzig . Die deutsche Presse suchten. Der Ausverkauf begann. Die dumme Reden, sprechen von den Opfern, ein Ziel, das die Polen von jeher ins mußte befehlsgemäß nachweisen, daß es ganz ausnahmsweise Vorgänge eingeschränkten Verkaufszwang und ver- keit, den Gürtel enger zu schnallen. Ja, tungen sind sehr befriedigt. Das handle, an denen böse Spekulanten, aber die nationalsozialistische boten jede Preissteigerung. Die Lager wur-» bis zur Wirbelsäule<, höhnt ein Organ des polnischen Finanzministeriums keineswegs den schnell geräumt. Die Waren waren zum polnisches Blatt, und kürzer lassen sich die sagt, es sei» von positiver und schöpferi- Finanz- und Wirtschaftpolitik die Schuld großen Teil ausländischer Herkunft und Folgen nationalsozialistischer Wirtschafts- scher Bedeutung, daß die Danziger Wirt- trügen. Aber an den deutschen Börnoch gar nicht in der fremden Währung politik wirklich nicht beschreiben. Die er- schaft auf den Nenner der polnischen wirt- sen bricht eine wilde Sachwertbezahlt. Die Händler wurden so schreckten Diktatoren scheinen nur schaftlichen Gegebenheiten gebracht wird«, hausse aus. Sie ist nach der Darsteleines großen Teils ihres Be- Hoffnung zu haben das Parla- und das Regierungsorgan» Gazeta Polska lung der gleichgeschalteten Presse selbst triebskapitals beraubt. Die Ver- ment, dem sie, nachdem sie Unglück an- erklärt, auch die letzten Barrieren, die keineswegs auf die Spekulation der Börsensorgung stockte, und der dumme Preis- gerichtet haben, jetzt ein Sparprogramm sollen, müssen noch fallen, damit die nor- Kaufandrang der Provinzkundschaft. Das der Verteidigung des Deutschtums dienen krise zurückzuführen, sondern auf den kommissar, den die Nazis eingesetzt hat- vorlegen wollen. ten, begann zu begreifen, was er angerichmale Entwicklung des wirtschaftlichen Zu- Geschäft, heißt es z. B. in dem Börsenbetet hatte. Nach einigen Tagen erlaubte er sammenlebens nicht gehemmt wird«. Ge- richt der» Frankfurter Zeitung << eine Preissteigerung von 20 nügt das? Die Danziger Nazis haben wirk- 5. Juni, wurde» so lebhaft, daß das Tempo Mitwirkung der eben noch vergewaltig- lich gründliche Arbeit gemacht. Thr» So- der Bewegung auf Rendite, Exportabgabe bis 25 Prozent. Die Preise kümmerten ten und terrorisierten Oppostion der sich aber nicht um die Verfügungen; der zialismus« erweist sich als betrügeri- usw. überhaupt keine Rücksicht zu nehmen Sozialdemokraten und des Zentrums. sche Expropriation der Armen, ihr schien und zeitweilig geradezu unbeschwarze der Völker bund Nationalismus endet im Landesver- haglich wurde. Vor Uebertreiweiter, noch eine Spur von Energie hätte, könnte rat. Aber die Danziger Nazis sind die bungen kann man nicht genug er dem frevlen Spiel rasch ein Ende Beauftragten Hitlers , sein Wille machen. Es ist kein Zweifel, daß in Danzig schieht, er ist der Verantwortliche. Ueber die Nazimajorität nur auf ihn und über die Zukunft seiner Schwindel und Terror beruht; Diktatur berichtet die Geschichte von
Nazis dekretierten den Geschäftsleuten die jeder bringen muß, und die Notwendig Auge gefaßt hatten. Die polnischen Zei- sich um auch
Handel funktionierte allein
und Mitte Mai wurden dann die Preise ganz freigegeben. Sie stiegen rapid, zumeist um 70 Prozent. Selbst die Post hat ihre Gebühren erhöht. Die Löhne aber und das ist der Gipfel nationalsozialistischer Gemeinheit sollen unverändert bleiben!
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Was das bedeutet, kann man erst richtig würdigen, wenn man weiß, daß die Löhne in Danzig in den letzten Jahren beständig abgebaut worden sind. Der
eine Verminderung der Reallöhne infolge der Preissteigerung um über
die Hälfte kommen.
eine
Verlegen, ratlos und eingeschüchtert bitten die bankrotten Bonzen um die
Freilich,
wenn
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ge
warnen«.
vom
Es ist die typische Aktienhausse aus Inflationsangst, das sichere Symptom, daß in den kapitalistischen
Wahrheitsbeweis gegen Hitler
Staatsoberhauptes verurteilt
Ein Presseprozeß wegen Hitlerbeleidigung in Polen Lohnindex, der im Jahre 1927 noch 110 In Rybnik in Polnisch- Oberschlesien fand cloque, der in den Junitagen 1934 Deutsch -| es nicht verstehen könne, daß für einen polbetrug, ist unter der nationalsozialistischen ein Presseprozeß gegen den Redakteur der land bereiste und seine Wahrnehmungen im nischen Insurgenten fünf aufrechte deutsche Regierung auf 70 heruntergebracht wor-» Katholischen Volkszeitung« Trunkhardt Pariser» Grigoire« veröffentlichte. Ferner wies Männer hingerichtet werden sollten und folden. Zu dieser Senkung soll jetzt, wenn es wegen Beleidigung Hitlers statt. Die Beleidi- der Angeklagte auf Grund des österrei- gerte aus den damals in der>> Frankfurter nach dem nationalsozialistischen Diktat gung wird in drei Artikeln erblickt, die Trunk- chischen Braunbuchs nach, daß von Zeitung« veröffentlichten Artikeln, daß der geht, hardt im August 1934 veröffentlichte. Der nationalsozialistischer Seite die Bluttaten am Fall Potempa nichts anderes gewesen, als die Prozeß erregte gewaltiges Aufsehen, er war 25. Juli 1934 in Oesterreich verübt und die Erziehung zur moralischen Anarchie. in Masse von den Vertretern der gleichge- dem Braunbuch beigefügten Photographien Damit war die Beweisaufnahme beendet. schalteten Presse aus Deutschland besucht. dokumentieren, daß die Sprengmaterialien der Der Staatsanwalt beschränkte sich auf eine Nach einem Bericht der>> Frankfurter Zei- Der angeklagte Redakteur Trunkhardt bot Putschisten aus den Beständen der deutschen kurze formale Anklagerede. Der Angeklagte tung betragen die Stundenlöhne zwischen den Wahrheitsbeweis für den Inhalt Reichswehr stammten. Der Angeklagte schil- müsse wegen Beleidigung eines fremder seiner Artikel an. Das Gericht ließ den Wahr- derte weiter an Hand des Weißẞbuches den 75 und 120 Danziger Pfennige, und Wert des Danziger Pfennigs ist gleich 0.47 heitsbeweis auf Grund von Büchern, Broschü- die Bartholomäusnacht des 30. Juni und ließ werden. Der Angeklagte verteidigte sich in die ren und Zeitungen zu. die lange Reihe der in diesen Tagen schuld- eineinhalbstündiger Rede, in der er für den Reichspfennig! Ebensowenig sollen Der Angeklagte brachte zunächst Stellen los Hingemordeten aufmarschieren. Von dem Schutz der Verfolgten Katholiken Sozialrenten und die Arbeitslosenunterstützungen erhöht aus der Broschüre des im Konzentrationslager holländischen Schriftsteller Jan Hochland Formell machte er geltend, daß der Amtswerden! Aus einem triftigen Grund: ihr Papenburg gewesenen Rabbiners Dr. brachte er einen erschütternden» Offenen antritt Hitlers als Staatsoberhaupt der polden ReichsjustizminiEntgelt würde dann sehr rasch den Lohn Abraham zur Verlesung, dann Stellen aus Brief an nischen Regierung noch nicht notifidem Buch des ehemaligen Reichstags- ster Gürtner über die Mißhandlungen ziert gewesen sei, als die in Frage kommender regulären Arbeiter erreichen! Seger» Oranien- in den Konzentrationslagern zur Verlesung, den Artikel in der> Katholischen VolkszeiDie Abwertung bedeutet bis jetzt Hal- abgeordneten bierung der Arbeitslöhne, der burg . Sodann legte er die in einer Schwei - legte deutsche Bücher, aus Oesterreich , der völlig unzureichenden Renten und Unter- zer Zeitung veröffentlichten photographischen Schweiz und der Tschechoslowakei über die stützungen, Beraubung der Sparer Aufnahmen der Empfangsbestätigungen über Untat von Potem pa mit dem Wortlaut durch des Telegramms> Meine Kameraden< und teilweise Expropriation der Händler Erhalt der vorgenannten Broschüre und Hausbesitzer, da die Nationalsozia- Reichskanzler Hitler und Minister Dr. Göb- wies nach, daß Hitler damals im Anschluß lers der polnischen Regierung notifiziert, und listen zunächst angesichts der gespannten bels vor. Der Angeklagte brachte weiter Ar- an das Todesurteil gegen die Mörder von Po-| wann d'Haute- tempa eine Rede hielt, worin er sagte, daß er worden ist. Situation eine Heraufsetzung der Mieten tikel des Schriftstellers
vor,
tung erschienen.
eintrat.
Das Gericht setzte das Urteil aus, um festzustellen, wann der Amtsantritt Hit
diese Tatsache öffentlich mitgeteilt