Nr. 108 BEILAGE Ucuuctettörfs ?. Juli 193S £»!* fasftfMl Mackensens Staatsdomäne oder Wehrgeist als Geschäft Nach siebzigundeinundsiebzig, nach einem siegreichen Krieg, der immerhin al­len Deutschen   die nationale Einigung und der Minorität der deutschen   Kapitalisten ihre Ebenbürtigkeit mit Briten   und Fran­ zosen   auf dem Weltmarkt brachte, ergoß sich, wie zwar nicht die patriotischen Lese­bücher so sehr, als die Akten des preußi­schen Finanzministeriums vermelden, c i n wahrhaft goldener Segen in die Taschen der als Sieger heimgekehrten preußischen Staatsmänner und Heerfüh­rer. Otto von Bismarck   ward ge- fürstet und erhielt Friedrichsruh   mitsamt dem ganzen Sachsenwald zum Geschenk, aus dem er, der Donar einer untergehen­den Zeit, dann später seine Blitze und Donnerkeile gegen den Enkel des kömg­lichen Gentlemans schleudern sollte, der ihm zwar Hausmajorat und Herrensitz ließ, aber die Macht an sich selbst ver­machte. Aber auch für M o 1 1 k e und R o o n und noch manchen anderen Rotge­streiften fielen damals wohlfundierte Fi- deikommisse, recht arrondierte Latifundien, Domänen mit allem Zubehör für ein von nun ab großaristokratisches Leben ab... So ganz wie bei dem stoi­schen Alt-Römer, der nach erfüllter Feld­herrenpflicht, seinen Jungen an der Hand, zum bäuerlichen Pflug, zurückkehrte, ist das mit der legendären»altpreußischen« Tradition nie gehandhabt worden. Aber halten wir fest: Damals war der Krieg gewonnen und der Raum des Reiches wesentlich erweitert worden; die finanzielle und technische Verfassung der nationalen Wirtschaft bekam einen zu­nächst märchenhaft anmutenden Auftrieb die Dotationen, die Wilhelm,»der Sieg­reiche«, freigebig verteilte, wurden von einem Volk mit steil aufsteigender Lebens kurve letztlich getragen! Anderthalb Menschenalter darauf hat dasselbe Volk nicht etwa einen auf um­grenztem mitteleuropäischen Raum be­schränkten militärischen Konflikt, son­dern einen ganzen Weltkrieg verloren. Was der unleugbaren Tat sache folgte Versailles   mit internationa­ler Diffamierung, Reparation und Infla tion, Bürgerkrieg und Massenarbeits­losigkeit und schließlich Hitlers   barbari­scher Krampf selbst das ist ja eben die schauerliche Gegenwart, mit der als Kriegsfolge die deutsche   lebende Genera­tion geplagt ist. Die Schuldfrage? Sie hat länger als anderthalb Jahrzehnt die Deut­ schen   aufeinandergehetzt. Welchen wichti­gen Personen und welchen wesentlichen Umständen man auch immer die meiste Verantwortung für das Debakel zuschie­ben will auch das ist unleugbar, daß die deutschen   Generäle, im hei­ßen Juli 1914, die schwankende Staatsfüh- nmg zur gewaltsamen Lösung pressend, die volle persönliche Verantwortung für das Gelingen des ungeheuerlichen Experi­mentes auf sich nahmen, daß ihnen das Volk, ja auch der Monarch in keiner Wei­se bei dieser Prärogative des militäri­schen Anspruchs in den Weg traten, daß sie ferner selbst diese persönliche Haft­pflicht während der»großen Zeit« zur Be­gründung ihrer Form der militaristischen Diktatur und des S.-H.-O.-Absolutismus immer wieder ins Feld führten. Das deut­ sche   Volk hat, als dann der Zusammen­bruch trotz aller Opfer, allen Hungerns, allen Elendes da war, als die geduldigste Und eigentlich wehleidigste Nation in der ganzen europäischen   Völkerfamilie die ge­schlagenen Militärs nicht etwa geköpft und nicht etwa gehenkt, wie es anderswo beinahe die Regel die vielleicht nicht moralische, aber doch verständliche War. Welche grandiose Verfälschung des geschichtlichen Sachverhaltes ist es aber, Wenn jetzt das Dritte Reich dazu übergeht, die Tradition Von siebzigundeinundsiebzig wieder aufleben zu lassen und Dotationen von Staats wegen zwar nicht an siegreiche, son­dern an geschlagene ehemali­gen Militärs gelangen läßt! Der Anfang ist jetzt mit einer metal­lisch klingenden Ehrung des Generalfeld- marschalls von Mackensen gemacht wor­den: Hitler   hat sich auf seinen Antrag vom Ministerrat die preußische Do­mäne Brussow  , Kreis Prenzlau, über­weisen lassen, um dadurch, daß er sie Mackensen   zum Besitz überläßt,»den Dank des deutschen   Volkes an den ruhm­reichen Heerführer unvergänglichen Aus­druck zu verleihen« so heißt es in der amtlich über den hanebüchenen Vorgang herausgegebenen Meldung! Aber ist wirklich erst der Anfang mit Mackensen   gemacht? Hitler   kann sich darauf berufen, daß Hindenburg  ja schon lange vorher in den Genuß von Bauernführer Darre wiederum saß gleich an der Quelle: Bei ihm bettelten die Deputationen der gleichgeschalteten Land­wirtschaft förmlich darum, ihnen doch nur gar keinen Korb zu geben, wenn sie ihm als»Dankeswerk der befreiten Bauern­schaft« ein großes Rittergut vermachten. Aber dann und das war vor heute ge­nau anderthalb Jahren hakte es mit einem Male aus; Das kam so, daß sich der bayrische Bauernführcr sagte, daß das, was dem Darre billig ist, ihm selbst nur recht sein kann, und sich mm auch kosten­los seinen Erbhof zulegte; da schritt Herr N e u d c c k gekommen war, als vom Drit­ ten Reich   noch gar nicht die Rede war. Aber es steckt eben in dieser Verkitschung oder auch Notzüchtigung der Weltge­schichte auch der ganze Fluch des Histo­rischen darin... Neudeck, seine Steuer- und seine Subventionswirtschaft, waren nicht zuletzt der Grund dafür, wieso die Hochstapelei des Dritten Reiches   über­haupt erst beginnen konnte! Davon wer­den später die Urkunden in den Archiven genau so einmal erzählen, wie von der Wirklichkeit des Reichstagsbrandes! Und auch darauf mag sich der»Füh­rer und Reichskanzler« berufen, daß es im Dritten Reich  , das angeblich die deut­sche Welt von rund 40.000 kaviar- und hummerfressende Bonzen erlöst hat, kei­neswegs mehr irgendwie unmoralisch er­scheint, staatlichen Besitz und Besitz der Allgemeinheit als den eigenen und privaten zu reklamieren! Mit Hitlers   alpinem Besitz fing das an. Kaum hatte es der G ö r i n g erfahren im Bürgerkrieg min­destens ein ebenso erfolgreicher Durch­bruchsstratege, wie Mackensen im Welt­krieg ließ er sich dicht daneben ein ähnliches Arrondissement verehren. Der von Epp   ein, en thronte den smarten brau­nen Geschäftsmann und das Dritte Reich war um einen Bonzen, freilich einen nur geringerer Güte, ärmer... Wer schreibt einmal die blutige Satirc dieser Differcn- zialrechnung der braunen Liebesgabenwirt­schaft?! Herr von Mackensen hat sicherlich dem Dritten Reich  , wie der Berliner sagt, im­mer nur so la la gegenübergestanden. Das kommt daher, daß er als der Haupt- exponent der Monarchisten un­ter den ehemaligen Kriegsgeneralen galt Er war eben unter dem Wühelminismus ein besonders gehätschelter Günstling gewe­sen. Als der Kronprinz bei der Marokko­affäre politisch aus der Reihe tanzen wollte, vielleicht auch seine Amourschaf- ten an der Spree der vor lauter Tugendhaf­tigkeit förmlich glänzenden kaiserlichen Mutter schweren Verdruß bereiteten, wur­de er nach Langfuhr   bei Danzig  , wo Mak- kensen damals kommandierender General war, gewissermaßen bei diesem selbst in Zwangserziehung gegeben. Der Totenkopf an der historischen Husarenmütze des Ka­valleristen ist auf diesem schulmeilter- lichen und hofmeisterlichen Hintergrund, aufgenäht und schreckt deshalb nur sol­che harmlosen Gemüter, die die Zusam­menhänge weniger kennen und allein die Kriegstätowierung auf sich wirken lassen. Nach dem Kriege aber wurde Mackensen mit der Hurratüte ungefähr das, was Herr Hugenberg mit dem schwarzen steifen Hut war: unentwegter Repräsentant der»gu­ten alten Zeit«. Herrn Hugenberg ha­ben die regierenden Nazis kürzlich wieder »den großen Patrioten« genannt, obschon es sehr saftig seinerzeit zugegangen sein mag, als der ehemalige Krupp-Direktor den Dienst im Hitler  -Laden verlassen muß­te. So schlängeltman sich eben, weil allgemach die innerpoliti­sche Pusteden braunen Usur­patoren ausgeht, an die»feinen Herr n«, die»m onarchistische Reaktion«, die man gestern noch mit allen Gestapo  -Manie­ren blutig verfolgt hat, wieder heran: Gestern durch ein Hul­digungstelegramm an den sieb­zigjährigen Hugenberg, heute durch eine Morgengabe auf A 1 1 g em ei n h e i t sko s t en an den »Sieger von Gorlice  .« Ueberschrift: Deutschlands   Kampf um seine Ehre! An dem Tage, an dem der Hitlerbe­schluß über die Brussower Domäne er­ging, hat die Französische Akademie ihr dreihundertjähriges Bestehen gefeiert. Die Akademie-Mitglieder waren zu einer Feier- sitzung zusammengetreten und haben sich auch im Bild der Oeffentlichkeit gezeigt. Nun, da sitzt neben dem Mathematiker Painleve der Marschall P e t a i n, ebenso bescheiden im schwarzen Gehrock, wie alle seine 38 Akademie-Kollegen. Da sieht man in derselben sehr bescheidenen und sehr bürgerüchen Aufmachung den Mar­schall Franchet d'E s p e r e t und den General Weygand. Sie alle sind sieg­reiche, und nicht geschlagene Feldherrn. Ob sie aber wohl auch ihren Freunden die Domänen vorweisen können,' die ihnen darob die dankbare Republik   ge­schenkt hat? Was würde Herr von Mak- kensen wohl für eine Figur machen, wenn ihn das Hitlerreich, statt ihm eine Domäne zu schenken, für würdig befunden hätte, etwa neben dem Historiker O n c k e n oder dem Theologen Barth Gedanken über vaterländische Geschichte oder Gott im Universum auszutauschen?! E. H. Die großzügige Spende oder:»meine Kasse, deine Kasse« Folgender Telegrammwechsel geht durch die gesamte deutsche Presse: »An den Stabschef Lutze, Oberste SA-Führung, München  : Zu dem vom Führer angeordneten Reichswettkampf der SA   stelle ich Ihnen mit der Bitte, über die Verwendimg des Be­trages selbst Bestimmungen treffen zu wol­len, aus Mitteln des Zentralverlage« den Betrag von 100.000 RM zur Verfügung. Heil Hitler! Ihr gez. Aman n.« »An den Reichsleiter der deut­ schen   Presse Amann: Lieber Parteigenosse Amann! Für die großzügige Spende von 100.000 RM., die Sic für den Reichswettkampf der SA gestif­tet haben, sage ich Ihnen zugleich im Na­men der gesamten SA Deutschlands   meinen Dank. Sic können versichert sein, daß(fle Summe nur den Einheiten selbst zugute kommt. Heil Hitler! gez. Lutze.« Der»großzügige« Amann hat das Geld zwar nicht aus seiner, sondern aus der Par­teiverlagskasse geetiftet, aber der Dank scheint dennoch aus irgendwelchen nicht er­sichtlichen Gründen ihm selbst zu gebühren. Eigentlich, so sollte man meinen, wäre er den ungezählten kleinen Pgs, Beamten, Studenten und Arbeitern zu spenden, die ständig auf kaltem Wege gezwungen werden, die Blätter des Eher- Parteiverlages zu abonnieren, seine Broechüren und Bücher zu kaufen. Das heißt: sie müssen natürlich nicht, sie verlieren nur die Arbeit, wenn sie sich weigern. Aua den also erpreßten Geldern wurden, wie die oben zitierten Telegramme behaupten, nunmehr»100.000 Mark gestiftet«. Sind es