Die Reichsbank hat das Transfer- m oratorium, durch das sie die ZinS' und Tilgungszahlungen nach dem Auslände eingestellt hatte, für ein weiteres Jahr bis zum SO. Juni 1936 v e r 1 ä n g e r t. Sie begründet diesen Schritt, der allerdings niemanden überrascht hat, mit dem Andauern der schlechten Devisenlage. In der Tat betragen die von der Reichsbank ausgewiesenen Gold- und Devisenmengen nur rund 8 9 Millionen Reichsmark gegenüber den vor einem Jahr erreichten Tiefstand von 76 Millionen. Nun ist es sicher, daß der deutsche Goldbestand minimal ist. Aber ob er wirklich nur 89 Millionen beträgt, bleibt sehr zweifelhaft. In der englischen Finanzpresse war in letzter Zeit wiederholt die Rede von einem geheimen Goldfonds, über den Schacht neben dem offiziell zugegebenen verfüge. Daß ein solcher existiert, halten auch wir für sehr wahrscheinlich. Vor einiger Zeit sind die früheren Privatnotenbanken des Rechts auf Notenausgabe entkleidet worden. Ihr Goldbestand hätte eigentlich auf die Reichsbank überführt werden müssen. Er betrug rund 70 Millionen. Nie aber sind diese 70 Millionen im Reichsbankausweis sichtbar geworden. Sie sind irgendwo versteckt. Ferner: ein großer Teil der Zahlungsoperatio- nen mit dem Ausland geht über das Tochterinstitut der Reichsbank, die G o 1 d- diskontbank. Es ist durchaus möglich, daß bei dieser Bank Devisenvorräte angesammelt sind, die ebenfalls nicht im Reichsbankausweis erscheinen. Schließlich ist es wahrscheinlich, daß Devisen, die aus der Ausfuhr bei den großen Exportfirmen, den Industriekonzernen oder den Banken anfallen und bei der Reichsbank angemeldet werden, nicht im vollen Umfange abgerufen werden, sondern als geheime Reserve der Reichsbank zur Verfügung stehen. Versdilelerie Zahlungsbilanz Braucht man an dem Vorhandensein einer verborgenen Goldreserve also an sich nicht zu zweifeln, so läßt sich über deren Höhe kaum ein sicheres Urteil gewinnen. Denn die deutsche Zahlungsbilanz wird mit Absicht völlig undurchsichtig gemacht. Dies güt vor allem für den wichtigsten Posten der Zahlungsbilanz, für die Ergebnisse der Handelsbilanz, sobald man sie für die wirkliche Höhe der Deviseneingänge heranziehen will. Man weiß zwar, daß die Handelsbilanz im Jahre 1934 ein Defizit von 284 Millionen aufge- wieeen hat, und es ist wahrscheinlich, daß im ersten Halbjahr 1935 das Defizit sich auf rund 200 Millionen belaufen wird. Aber das besagt über die wirkliche Devisenbewegung noch nicht allzu viel, denn bekanntlich hat es Schacht verstanden, einen erheblichen Ted der importierten Waren nicht zu bezahlen. Vor einiger Zeit war er so gütig, diese Warenschulden auf rund Vz Milliarde zu schätzen, wobei es natürlich durchaus möglich ist, daß sie auch noch einige hundert Millionen mehr betragen. Jedenfalls deckt dieser neu aufgenommene Zwangskredit bis jetzt reichlich die ausgewiesenen Fehlbeträge der Handelsbilanz. Zwar haben sich einige Länder, namentlich England und Holland , gegen die Nichtbezahlung der gelieferten Waren zur Wehr gesetzt und bis zu einem gewissen Grade auch Bezahlung der aufgelaufenen Schulden erreicht, aber in anderen Ländern sind wieder neue Schulden entstanden, so daß sich die Warenschulden insgesamt keineswegs vermindert haben. Andererseits haben die von Schacht forcierten Importe aus Süd osteuropa und Südamerika dazu geführt, daß die dort früher eingefrorenen deut schen Forderungen, die auf ihrem Höhepunkt über 500 Millionen RM. betragen hatten, in Warenform zurückgeflossen sind, so daß in diesem Umfange die Zahlungsbilanz entlastet worden ist. Zudem hatte Rußland 1934 für einige hunderte Millionen frühere Kredite zurückgezahlt und der Rest von 250 Millionen soll zum größten Teil in diesem Jahre getilgt werden. Dem stehen gegenüber die auf Grund von Spezialabkommen bezahlten Zinsen, die die Reichsbank 1934 noch auf 300 bis 400 Millionen beziffert hat, was etwa der Hälfte der Zinsverpflichtungen entsprochen
hätte. Seitdem ist eine neue Verminde- rung eingetreten, deren genaue Höhe allerdings nicht angegeben wird. Den Zinszahlungen stehen aber gegenüber Deviseneinnahmen der deutschen Seeschiffahrt, die 1933 noch auf 213 Millionen angegeben wurden, sich aber inzwischen verringert haben dürften, und ferner 150 Millionen Einnahmen aus deutschen Kapitalanlagen im Auslande. Ueberblickt man all diese verschiedenen Angaben, so verstärkt sich trotz ihrer Ungenauigkeit der Eindruck, daß die Ansammlung gewisser geheimer Goldvorräte durchaus nicht ausgeschlossen war. Andererseits ist es nicht wahrscheinlich, daß dieser Goldfonds einen wirklich ins Gewicht fallenden Betrag bereits erreicht hat. Um einige hundert Millionen allerdings könnte es sich schon handeln. Aber als Kriegsfonds ist es eine unbeträchtliche Summe. Die Dumpingabgabc der Industrie Daher auch das Bestreben Schachts, durch weitere Manipulation des Außenhandels sich vermehrten Deviseneingang zu verschaffen. Dies um so mehr, als eine Reihe der früher angeführten Posten, wie die Auftauung der deutschen Guthaben im Auslande und die Rückzahlung der russischen Kredite nunmehr liquidiert sind und auch das Eingehen neuer Warenschulden immer schwieriger wird. Wir haben bereits berichtet, daß versucht wurde, die große Dumpingabgabe der deutschen Industrie einfach durch Schreiben der Berufsverbände an die einzelnen Unternehmungen einzuführen. Man hatte diesen Weg gewählt, damit die deutsche Regierung Rekriminationen des Auslands gegen
über darauf hinweisen könnte, daß es sich ja jar nicht um gesetzliche Maßnahmen der Regierung, sondern um private Selbsthilfe der Industrie handle. Trotz aller Gleichschaltung der Wirtschaftsführer erwies sich aber das Verfahren als undurch- ' führbar. Die Industriellen setzten der Abgabe, die 2 bis 8 Prozent ihres Umsatzes wegsteuert, nach wie vor heftigen Widerstand entgegen und bestritten den Berufsverbänden das Recht, solche Steuern zu erheben. Schließlich erließ die Regierung :m Reichsanzeiger vom 28. Juni ein»Gesetz über Erhebung von Umlagen in der gewerblichen Wirtschaft«. Der merkwürdige Text lautet: »Die Reichswirtschaftskammer kann Anordnungen treffen über die Erhebung und Verwendung von Umlagen durch Gruppen oder Vereinigungen von Unternehmern und Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft als Organe der Selbstverwaltung und über die Einziehimg und Beitreibung solcher Umlagen durch Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern oder sonstige öffentüch-rechtliche Vereinigungen von Unternehmern und Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft«. Es ist klar, daß auch dieser Text nur zu Tarnungszwecken gewählt worden ist, denn die Reichswirtschaftskammer, der plötzlich von der Diktatur ein Stück Steuerhoheit übertragen wird, wird natürlich nichts verordnen, was ihr nicht vorher Schacht verordnet hat Dem Ausland gegenüber aber soll der Schein aufrecht erhalten werden, daß nicht die Regierung, sondern die Organisation der privaten Wirtschaft für das Dumping verantwortlich sei. Daher auch die völlige Zurück- hallung der deutschen Presse, die das für die Nichteingeweihten unver
ständliche Gesetz kommentarlos bringen niußte und sich auch bisher aller weiteren Erörterungen enthält. Die Belastung ist für die Industrie umso schwerer, als sie die Umlage nicht durch eine Erhöhimg der Inlandspreise abwälzen soll. Sie soll auf Kosten der Gewinne, der Reservenbüdung, der Abschreibungen und Neuinvestitionen gehen. Ob freilich, trotz Gördeler, Preiserhöhungen wirklich unterlassen werden, ist mehr als zweifelhaft. Die Umlage soll 720 MUlionen RM.— fast das Dreifache der Körperschaftssteuer — erbringen, der Restbetrag bis zu einer MUliarde von der Golddiskontbank aufgebracht werden. Man schätzt, daß damit ein rund 25- prozentiger Zuschuß auf alle Exporte gewährt werden kann. Da für eine Reihe von Exportvorgängen Zuschüsse in dieser Höhe nicht erforderlich sind, kann das Dumping bei anderen Waren um so stärker betrieben werden. Nun ist das Dumping für die nationalsozialistische Aera nichts neues. Bis- | her aber wurden die Exportprämien zu einem wesentlichen Teil aufgebracht aus den Gewinnen, die auf Kosten der Auslandsgläubiger durch den Rückkauf von deutschen Schuldverschreibungen, Scrips usw. gemacht wurden. Dieses Verfahren, das immerhin den ausländischen Gläubigern die Realisierung ihrer Guthaben ermöglichte, kommt jetzt in Fortfall. Schacht hat kein Interesse mehr daran, die ausländischen Schulden zu vermindern, da er ja ohnedies Zinsen und Tilgung nicht zahlt. Er zwingt jetzt die Industrie selbst, ihre Schleuderkonkurrenz zu finanzieren. Eine Milliarde wird auf dem Steuer- weg der deutschen Volkswirtschaft entzogen, um sie an das Ausland zu verschenken. Zu solchen verzweifelten Mitteln muß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik greifen, um sich die Devisen zu verschaffen, die sie für die Einfuhr der Rüstungsrohstoffe benötigt. Dr. Bichard Kern.
Die de* AdeässcIdatUl
Ende April 1935 waren bei den Arbeitsämtern 2,23 MUlionen Arbeitslose gemeldet. Die Zahl war damit»um nicht weniger als 3 Millionen geringer als vor zwei Jahren«, heißt es im Wochenbericht des Instituts für Konjunkturforschung vom 5. Juni. Mit welchen Mitteln ist dieser Erfolg der»Arbeitsschlacht« erzielt worden? Wäre es ein echter Aufschwung, dann könnte der Lohn aus den Einnahmen der Unternehmer bezahlt werden. So ist es aber nicht. Wie sich aus den amtlichen Zahlen nachweisen läßt, besteht fast der ganze Erfolg der Arbeitsschlacht darin, daß die Verbesserung der Arbeitslosenstatistik mittelbar oder unmittelbar mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Das Wie der Arbeltsschlacht Ist aber keineswegs gleichgültig. Die Unternehmer bezahlen bei normaler Konjunktur die Löhne letzten Endes aus dem Einkommen der Verbraucher, das Dritte Reich aber bezahlt sie mit Schuldenmachen. Bei echtem Aufschwung steigt nicht nur die Zahl der Arbeiter, sondern auch ihr Lohn. der unechte, mit öffentlichen Mitteln bezahlte Aufschwung des Hitlerreiches bewirkt Lohndruck und Teuerung. 1. Den Arbeitsdienst gab es schon vor Hitler . Er ist im Reichshaushaltsplan 1934/35 zusammen mit der SA mit 250 Mill. Kostenzuschuß bedacht. Ende 1934 war die Zahl der Arbeitsdienstler nicht größer als Ende 1932, nämlich jetzt wie damals rund 250.000. Damals war man aber so korrekt, aus öffentlichen Mitteln Entlohnte als Arbeitslose anzusehen, das Dritte Reich zählt sie zu den Beschäftigten. Um diese 250.000 hat sich also die Zahl der Arbeitslosen nur auf dem Papier der Arbeitslosenstatistik, nicht in Wirklichkeit vermindert. Die Reichszuschüsse für Notstandsarbeiten heißen»Grundgebühr«. Sic beträgt je Tag und angesetzten Arbeiter 3 Mk. Die Reichsanstalt hat dafür bis jetzt 550 Millionen bereitgestellt. Die Zahl der Notstandsarbeiter ist im Verlauf des Jahres 1934 stark eingeschränkt worden. Ende 1932 waren es rund 270.000, jetzt sind es rund 9 0. 00 0. Das Dritte Reich hat also die Arbeitslosenstatistik um rund 180.000 Notstandsarbeiter entlastet. Im Reichsautobahnbau waren für 1934 rund 500 Millionen vorgesehen. Ende Oktober waren dabei unmittelbar 70.000, mittelbar in den Lieferindustrien 110.000 Menschen, also insgesamt 180.000 Menschen beschäftigt,
Das ergibt also für diese Kategorie aus dem Arbeitslosenheer Entlassener 250.000+ 180.000+ 180.000= rund 6 00.000. 2. 320.000 heiratslustige Paare sind mit Ehestandsdarlehen in Gesamthöhe von 180 Mill. bedacht worden. 32 0.0 00 weibliche Arbeiter mußten sich verpflichten, aus der Erwerbsarbeit auszuscheiden. Ende des vorigen Jahres hatte Staatssekretär Reinhardt sich gerühmt, durch die Ehestandsdarlehen, die allerdings inzwischen eingestellt worden sind, rund 400.000 bis 500.000 Menschen mittelbar und unmittelbar zusätzlich in Beschäftigung gebracht zu haben. Durch die Umstellung und Gleichschaltung von Beamtenschaft, Polizei und Wehrmacht sind abgebaute Beamte zum Teil in Pension geschickt, zum Teil ohne Aussicht auf entlohnte Arbeit entlassen worden. Sie scheiden aus der Arbeit aus, zumeist ohne als Arbeitslose registriert zu werden. Sie werden durch»Zuverlässigere« ersetzt. Ucberdies gelangen durch die Einrichtung neuer Aemter, Propagandaministerium, Luftfahrtministerium, 25 Ueberwachungsstellen, bisher Arbeitslose in Arbeit und entlasten Arbeitsämter und Arbeitslosenstatistik. Auch die ungefähr 50.000 Deutsche , Juden und Marxisten, die seit Januar Deutschland verlassen haben, um Kerker und Tod, jedenfalls aber der Hölle des Dritten Reiches zu entgehen, sind eine moralische Belastung des Regimes, aber eine Entlastung für seine Arbeitslosenstatistik. Die Gruppe derer, die. vom Arbeitsmarkt verschwunden sind, ohne in den Produktionsprozeß eingereiht zu werden, kann gleichfalls auf mindestens 60 0.0 00 veranschlagt werden, das ist ein Fünftel der in der Arbeitsschlacht eroberten Zahlen. 3. Die Reichsanstalt gewährt den Bauern für die Beschäftiguhg eines Landhclfers eine Beihilfe aus ihren Mitteln, davon soll der Bauer Lohn und Arbeitgeberbeiträge bezahlen. Für das Rechnungsjahr 1934/35 ist die Zahl der Landhelfer auf 160.000 festgesetzt worden. Dazu kommt das»L a n d j a h r« mit 20.000 Schulentlassenen, also 180.000, deren Unterhalt vom Staat aufgebracht wird. Das gilt auch für die neueingestellten Hausgehilfinnen. Hitler hat die Einstellung von »Dienstpersonal« den»Herrschaften« dadurch erleichtert, daß er ihnen die Sozialversicherungsbeiträge gestrichen und ihnen gestattet hat, bei den Abzügen zur Einkommensteuer die Hausgehilfinnen als unmündige Kinder zu
behandeln. Hitler verschafft den feinen Damen Erleichterung ihres schweren Daseins auf Kosten des Reiches. Staatssekretär Reinhardt hat die Zahl der durch dieses Geschenk an die vornehmen Leute mehr eingestellten Hausangestellten auf 100.000 beziffert Es sind also 300.00 0, ein Zehntel siegreicher Arbeitsschlacht, denen der Lohn vom Reich bezahlt wird. Die mit diesen Waffen geschlagene Arbeitsschlacht hat ergeben die Verminderung der Arbeitslosen um 600.000+ 600.000+ 300.000= 1,500.000. Damit ist der Sieg in der Schlacht der Arbeit zur Hälfte erklärt. Damit sind die Mittel, durch Uebemahme der Lohnzahlung durch das Reich die Unternehmer zur Mehreinstellung von Arbeitern anzureizen, längst nicht erschöpft. Dazu gehören noch die Zuschüsse für Hausreparaturen. Allein dafür wurden rund 500 Millionen zur Verfügung gestellt. Dazu gehört die Herabsetzung der Frachttarife bei Beförderung von Arbeitsmaterial, Steuerbefreiung bei Investitionen, Herabsetzung der Umsatzsteuer für den Großhandel, die ihn veranlassen soll, seine Lager zu vergrößern. Dazu kommt der allgemeine Druck auf die Löhne und die allseitige Teuerung. Dazu gehört vor allem, daß der viel gerühmte»Aufschwung« zugestandenermaßen auf»Staatskonjunktur«, d. h. auf gut bezahlten Rüstungsaufträgen beruht. Fast die gesamte Arbeitsschlacht wird also mittelbar und unmittelbar mit öffentlichen Mit- t e 1 n oder, was im Dritten Reich gleichbedeutend ist, durch Anhäufung von Schulden finanziert. Das Regime schwebt zwischen den beiden Gefahren, entweder in den Strudel der Inflation zu geraten oder an der Klippe der Arbeitslosigkeit zu scheitern. G. A. Frey.
Telefonspi�el Aus Nürnberg wird uns mitgeteilt: Alle verdächtigen Personen, die privat oder im Kontor einen Telefonapparat haben, erhalten eines Tages den Besuch eines Telefonarbeiters, der ihren Apparat nachsieht, weil sich bei der Zentrale ständig Störungen zeigen, wenn diese Nummer gerufen werde. Tatsächlich findet der Telefonarbeiter, daß die Störung Im Apparat liegt, kommt am nächsten Tage mit einem neuen Apparat wieder und der Telefonteilnehmer ist von diesem Augenblicke an bei jedem Gespräch, das er mit dem neuen Apparat führt, mit der entsprechenden Abteilung der Polizeidirektion verbunden und alle seine Gespräche werden abgehört.