Betrüger, Dieb und

brauner Vertrauensmann Ein Lebensbild aus dem nationalsozialistischen

er das:

Alltag.

-

-

Kinderreich und hitlertreu

seiner

Sittliche Verwahrlosung durch Rassewahn

schlafen die Eltern mit ihren teilweise er- als den besseren Teil der Tapferkeit gerade wachsenen Kindern zusammen; auf diesem allzu- menschlichen Gebiet er­bei 23 Prozent aller Fälle schlafen ältere wählt hat. Eine Schildbürgerei, komisch und männliche und weibliche Geschwister zu- gräßlich zugleich!

sammen.

-

1

un­

keine Kinder

Das Königsberger Sondergericht ver­urteilte einen> politischen Hochstap­Ein Leipziger   Soziologe, Wolfgang Knorr, ler<, namens Schafft zu drei Jahren hat sich jetzt der wissenschaftlichen Mühe Zuchthaus  . Der Gerichtsbericht gibt einige unterzogen, die sozialen Verhältnisse der Daten aus dem Leben des Angeklagten, und Kinderreichen, insbesondere deren Wohnverhältnisse in dem ihm zu­Unterdessen arbeitet die Propagandama­sehr gegen bei dieser Gelegenheit wird zu Stadtgebiet untersuchen. den Willen des Berichtserstatters die Tat- gänglichen Die hitlerdeutsche wissenschaftliche Welt schine des Dritten Reiches   im Interesse des so die ärztlichen Fachblätter tut nun reicheren Kindersegens zu Nutz und From­sache enthüllt, daß auch dieser notorische Be- Wie gesagt, die Untersuchung ist jetzt, im trüger wie hunderte seines Faches in den vierten Jahr der Regierung Hitlers   und der so angesichts dieser schneidenden Anklage men der deutschen Kriegsaspirationen > 14 Jahren der Schmach< beim besten Wil  - Herrschaft bevölkerungspolitischen Knorrs gegen das ganze System der braunen ermüdlich weiter und zwingt in ihre Dienste len nichts werden konnte, im Dritten Reich Ideen, vorgenommen worden; die Kinder- Karnickelpropaganda als wäre sie aus auch die deutsche Rechtspflege oder dagegen bald zu Amt und Würden kam. reichen sind bekanntlich besondere, zum Teil allen Wolken gefallen... Das, nämlich die doch das, was so nach allem von ihr übrig des na- Folgen SO verantwortungslosen Tuns im geblieben ist.>> Heil!<< und> Sieg!<< brüllt jetzt Humoristisch mutet es an, wie der braune sogar privilegierte Schutzbefohlene Zeitungsschreiber sich krampfhaft bemüht, tionalsozialistischen Staates geworden und Zeichen des Spätkapitalismus mit seinen sich der Chor der gleichgeschalteten Gazetten vor das typische Bild zu verschleiern. So macht gar nichts mehr von der Laszivität und vom förmlich überschlagenden Pauperisierungs- Begeisterung über ein erstes>> deutsches Ur­Liberalismus des> marxistischen   Zweikinder- sturzwellen, hätte sie sich vorher klarmachen teil« in Ehesachen  , nämlich des Landgerichts systems< ist eigentlich in Deutschland   übrig sollen! Man zwingt die Kinder- Köslin  , das ein Bauernpaar nur deshalb ge­geblieben, wenn man dem offiziellen Trara reichen in die sittliche Verwahr- schieden hat, weil die Frau der Göbbels  - Presse Glauben schenken will. losung hinein; aber der berühmte» Bund wollte. Dieser Ruhm hat nun wieder das Herr Knorr   hat nun insgesamt 2500 kin- der Kinderreichen<<, der sich in der Republik   Berliner   Kammergericht nicht schlafen las­derreiche Leipziger Familien» bearbeitet<< durch eine besondere querulatorische Note sen und so hat es seinerseits eine andere Ehe also er ist sehr exakt und geradezu pedan- seiner Agitation auszuzeichnen beliebte, der geschieden, in der der Mann böswillig refü­tisch vorgegangen. Er berichtet über das Er- ein Jahrzehntlang die ältesten und bornier- sierte... Wenn das so weiter geht, wird im gebnis unter dem Titel» Die kinderreichen Fa- testen» Kämpfer« Hitlers   unentwegt an sei- nächsten Jahr schon angeordnet, daß eben milien in Leipzig   in der letzten Beilage der nem Busen säugte und der jetzt, im Dritten der Herr» Blockwart<<, der Herr Betriebs­wissenschaftlichen» Zeitschrift für Geopoli- Reich, eine Art offizielle Parteifiliale mit gut zellenleiter, der Herr Oberscharführer oder tik«. Nach seinen Angaben dort hat er fol- dotierten Bestallungen seiner ewig quängeln- der Herr Kreisleiter über jedem deutschen Vorstandsmitglieder geworden ist, Ehebett die amtlich vorgeschriebene Kinder­finsterem gende Zustände in den Wohn- und Schlafver- den Deutsch an Dr. Max Lewien, den be- hältnissen seiner Studienobjekte vorgefunden: schwört weiter treu zu seinem Landesvater, zahl durch eine Bekanntmachungstafel kennt­rüchtigten Kommunistenführer, Bei 50 Prozent der ermittelten Familien obschon dieser für sich selbst die Vorsicht lich machen der damals Mitglied der Regierung des bayrischen Volksstaates war. Sein Freund Lewien hatte wegen der politischen Wir­kam der Schwindel heraus. Der Verband,[ Die Verträge enthielten Bestimmungen dar­ren ganz andere Dinge im Kopf, vergaß seinen» Freund und Funker Toni«, und dessen Namen eben so ängstlich verschwiegen über, unter welchen Umständen die deutsche Schafft mußte also die zehn Monate ab- wird wie die Höhe der unterschlagenen Sum- Filmgesellschaft zum Rücktritt berechtigt sitzen.< me, war natürlich ein nationalsoziali- sein sollte. Es hieß darin: Mit anderen Worten: die KPD   fiel nicht auf stischer Verband und die Befugnisse den Schwindel herein, und der Betrüger hun- des Herrn Vertrauensmannes scheinen nicht gerte, lungerte und stahl sich in den folgen- ohne gewesen zu sein. den Jahren elend genug durchs Leben.  

>> Als die Soldatenratswirtschaft in Mün­ chen   begann, ging Schafft zum Vollzugsrat, stellte sich als stud. med. und Vizewacht­meister vor und wurde. nun, was wurde er? Staatssekretär? soziali­stischer Vertrauensmann? Verbandsleiter? Nein: Schreiber im Kriegsministerium. Lange kann die Herrlichkeit nicht gedauert heben, denn schon im März 1919 wanderte er wegen Betrugs und Urkundenfälschung Gefängnis. ,, Schafft wandte sich am 1. März 1919 mit einem Brief von geradezu

ins

Dann aber kam mit dem Dritten Reich  eine große Konjunktur für Hochstapler:

-

Wir hätten die Karriere dieses kleinen

» Wenn Charell durch Krankheit, Tod oder ähnlichen Grund zur Durchführung seiner Regietätigkeit nicht imstande sein sollte, ist die Filmgesellschaft zum Rück­tritt berechtigt und der Verlag zur Rück­zahlung bereits empfangener Beträge ver­pflichtet.<

Diebes garnicht geschildert, wenn sie den Lebenswegen der vielen großen Diebe nicht > Nach der Machtübernahme gelang es aufs Haar gliche. Von der Republik   zu ihm, unter Verschweigung seiner bunten Recht abgelehnt, im Dritten Reich   zu Ehren Vergangenheit und gestützt auf die Emp­als Schreib- und Geld gekommen fehlung eines Gutgläubigen, hilfe beim Amtsgericht anzukommen. Von Gescheiterte sind die Stützen der braunen eigentlich Erich Löwenberg. hier bewarb er sich um den Posten eines Parteiherrschaft. Abteilungsleiters

bei einem

großen Wirtschaftsverband.

-

Eric Charell ist weder gestorben, noch solche und ähnliche ist er erkrankt. Aber er ist Jude und heißt Dies war der

oder körperlches Unvermögen, sondern um­faßt alle Möglichkeiten verschuldeter oder unverschuldeter Verhinderung.<

III. Urteil.

daß

Heinrich Heine   hat einmal gesagt, Alter, Krankheit und Judentum die schlimm­sten drei Gebresten seien, die einen Menschen betreffen können. Diese bittere Aeußerung des Dichters hat sich das Reichsgericht im Wortsinne zu eigen gemacht. Ja, es ist noch weiter gegangen. Jud sein, das heißt eigent­lich schon tot sein. Unter dieser Voraus­

Filmgesellschaft bei Vertragsabschluß be- setzung ist der Spruch der Leipziger   Richter richtig.

kannt.

II.

Das Reichsgericht ist erfolgreich in die Er behauptete Mitglied der NSDAP   zu Recht ist, was krumm ist Schule der Tyrannen gegangen: Recht ist, sein und auch eine Ortsgruppe in Bayern  Die alten Germanen hatten in ihrem Was das Reichsgericht aus die­geleitet zu haben. Ihm wurde nun die was uns gefällt. Die Reichsrichter und mit sem Tatbestand machte. Aufgabe gestellt, eine Buch- Weistum ein Rechtssprichwort: Recht ist, ihnen alle Deutschen   werden erstaunt sein, führung für den Verband einzu- was recht ist<<. Und das hieß, daß alles rech- Der Leser wird verstehen, daß die deut- wenn andere Völker diese neue Rechtsregel richten. tens sei, was gerade ist. Ihren Urenkeln ist sche Filmgesellschaft das ihre tat, von dem einmal auf sie selbst anwenden sollten.

Als Schafft verhaftet wurde, hinterließ

der

Vertrage loszukommen. Auch das Reichsge­richt tat das seine, den Juden zu prellen. Die Filmgesellschaft hatte gewußt, daß

deutsche

er die Buchführung des Verbandes in einer es vorbehalten geblieben, dieses Wort solchen Verwirrung, daß es mehr als Väter in sein Gegenteil zu verkehren. 1000 RM und wochenlange Ar­beit gekostet hat, sie wieder in Ordnung Außerdem hatte er zu bringen. selbst sein Gehalt erhöht,

sich

die

I. Tatbestand. Ende Februar 1933 hatte eine

Kürzung der sozialen Abgaben Filmgesellschaft zwei Verträge geschlossen. verhindert, Quittungen ge- In einem Vertrag, den sie mit einem aus­fälscht und zum Schaden des ländischen Theaterverlag einging, erwarb sie Verbandes über Geldbeträge, wenn auch nicht großen Umfan- das Recht, und ging die Verpflichtung ein, ein Werk des Regisseurs Eric Charell  ges, verfügt.<

zu

Optimismus

-

Charell Jude war. Dreh des Reichsgerichts:> Wo wir so ville joldene Medaillen ge­> Es war nicht voraus zu sehen, daß die wonnen haben, wenn nu unsre Waehrung Beseitigung des jüdischen Einflusses im nich bald wieder jedeckt is....«< Geistesleben schon in nächster Zeit mit ele­mentarer Wucht auch auf rein künstleri­schem Gebiete voll verwirklicht werde.< Charell war weder tot noch krank. Dreh

Wen wunderts?

Schlagzeile eines Naziblattes in der zwei­Den zweiten Vertrag schloß sie des Reichsgerichts: Erst als der Abteilungsleiter behauptete, verfilmen. ten Olympia- Woche:» Deutschland olympi­er kenne den Führer sehr gut und als er die mit Eric Charell selbst und verpflichtete ihn » Der Vertragswortlaut ,, nicht imstande" scher Sieger und goldene Medaille in der Verleihung des» Blutorden s« beantragte, zur Regieführung. bedeutet keine Einschränkung auf geistiges Dressur- Prüfung.<<

Die Wartehalle

Im Juliheft der» Literatur« beschwert sich der einer über den Unterhaltungsroman deutschen Presse:

-

am

Götterglanz umgleißt euch golden, Balders   Burgschloß Breidablick; Speerkampfspiele, Wein und Weibtreu; Hell Walhallas Licht und Lust!<

Größe Rußlands   vor ihren Augen wieder­erstehen. Der Wirt, ehemaliger Rechts­anwalt in Moskau  , denkt an die frühere Praxis, der Ober, einst Gardeoffizier Hofe des Zaren, an die glanzvolle Das und ähnliches wird in braunen Ver­Etikette, und die Mehrzahl der Gäste vielleicht an die vornehmen und fei- anstaltungen rezitiert und das Dortmunder  nen Gaststätten in Moskau   und Naziblatt nennt den Verfasser» nicht unbe­Petersburg.< gabte...

> Inzwischen ist der große Umschwung in Deutschland   gekommen, und die drei hinter uns liegenden Jahre haben so viel Neues, Ungekanntes gebracht, daß sich, möchte Die Zeiten sind vorbei, da Göbbels   einst der Laie meinen, auch die Bedingungen für auf die vornehmen Leute schimpfte. Unter den Zeitungsroman grundlegend gewandelt haben. Wir dürfen es beinahe als den Fittichen Hitlers   und Mussolinis sammelt daß sich die vornehme reaktionäre Emigration ein Phänomen bezeichnen, sich der Zeitungsroman selbst seither der ganzen Welt. noch gar nicht geändert Während doch die neuen Stoffe auf bekamen in Straße liegen! Gewiß, wir

hat. der

Weniger Schiller  !

Das Bekenntnis

M.

Romantik gewidmet hat und versichert:> Die Romantik gilt hier ersichtlich als eine Be­schäftigung, bei der eine gewisse Frei­zügigkeit in bezug auf die> Wahr­heite deshalb möglich ist, weil sie nur als unverbindliche Betätigung der Phanta­sie empfunden wird.<< Woraus wir wieder schließen: der Hitlerjugend   hängt die amt­lich gepredigte» Wahrheit< will sagen der Rassenschwindel und der ganze Nazischwin­

-

zu Karl May   del so zum Halse heraus, daß sie Er­

Auf einer sogenannten» Rustwoche« der Hitlerjugend   in Braunschweig   wurde die Frage behandelt, ob der Hitlerjunge Karl May   lesen dürfe. Es gab zwei Richtungen.

rauhen Mengen Konjunkturangebote. Die E. W. Möller hat ein mittelalterliches Scholle dampfte von morgens bis Mitter­nacht, durch Frühling, Sommer, Herbst und Bauerndrama geschrieben. Darin beten die Die eine erklärte, daß die Verherrlichung der Winter. Doch nur die Vorzeichen hatten Bauern: sich geändert. Der Dreh der fingerfertigen Macher und ihr bejammernswertes Deutsch  aber sind scheußlich wie am ersten Tag. Welch ein Optimismus! Das Deutsch  

ist

Rothäute unvereinbar sei mit dem arischen » O Gott, wie bist du wunderbar. Du Rassenideal. Diese Richtung nimmt also den sendest Stürme und läßest die Türme der Rasseschwindel orthodox toternst und ver­falschen Tyrannen erbeben.<< gißt, wie viel Karl May   im Rowdytum der Schiller   dichtete noch» In Tyrannos« und Nazibewegung in ihren Anfängen gesteckt erheblich scheußlicher geworden, selbst bei emigrierte lieber, als daß er sich beugte. hat. Die andere Richtung» bekannte sich denen, die bis dahin einigermaßen schreiben Hitlers Dichter müssen feinere Unterschiede offen zu Karl May   und seinen Hel­konnten. Die andern verlernen es infolge machen und von den falschen Tyran  - den«. Sie verwies darauf» daß der National­des zwangsweisen Anhörens der Führerreden. nen« sprechen, sonst funkt die Gestapo   der

Hitlers   Emigranten

Um

zu

Es gibt fürs Dritte Reich auch Emigran­ten, die keine Landesverräter sind. Berlin   schmackhafter den Ausländern machen, erzählt der> Westen< von den inter­nationalen Lokalen der Reichshauptstadt. Man liest da vom altrussischen Restaurant: > Schwer und melancholisch klingen russische Heimatmelodien auf und die Gedanken der Gäste, meist russische zurück zu Emigranten, schweifen

richtigen dazwischen.

Neue Lyrik

Es gibt drüben einen Zyklus» Neue nor­dische Gedichte<, dessen Verfertiger Heinrich Gruber   heißt. Wir geben eine Probe: » O der Schlachten, oft geschlagen: Rosse, Ritter, Schild und Schwert! Wahlstattwonnen: Stürzen, Sterben Siegen, Singen; Fest und Freud! Teure Toten, fern in Fremde, Brüderblut von Brunanburh! Trauertränen Ehrenerbe:

-

verlorenen Dingen und lassen die einstige Runenritz, geweiht, bewahrt's!

-

lösung bei Karl May   sucht und so trium­phiert schließlich der alte Karl May   noch über Hitlers   Kampf und Rosenbergs Mythos.

Göbbels  ; Weltbester

Die» Preußische Zeitung  << wundert sich: » Ist es möglich, daß eine Weltstadt im Verlauf einer einzigen Woche vollkom­men ihr Gesicht verändert? Es ist möglich. Das Ereignis der Olympi­schen Spiele hat Berlin   auf den Kopf ge­stellt.<

Und sobald es wieder auf die Beine fällt,

sozialismus darauf verzichten könne, der Ju- wird das Verbot des> Judenkenner aufge­gend mit dem pädagogischen Zeigefinger zu hoben, wird der> Stürmer« erneut an allen drohen und ihr jede Romantik zu rauben; Straßenecken angeschlagen, wird weiter ge­eine heroische Jugend wolle Taten erleben foltert, gemordet und geköpft. und wolle und müsse sich an den Abenteuern tapferer Männer begeistern können.<<

Die Bekenner Karl Mays waren die meh­reren. Es bleibt bei der alten Tradition: mit Karl May   zum nationalsozialistischen Helden­ideal.

Mißverständnis

> Warum hamse denn den Kube abgesetzt?<< » Vermute: Kulturbolschewist.  <<

» Der

aber der hat doch den> Totila<

-

Aber nun kommt die» Frankfurter Zei- geschrieben...<

tung«, die dieser wichtigen Debatte eine tief-» Jewiß. Un außerdem is er doch der Er­sinnige Betrachtung über Pädagogik und finder von diesem Kubismus.<

M