Nr. 189 BEILAGE
Neuer Vorwärts
Spanische Eindrücke
II. Von der Volksbewaffnung zur Armee
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24. Januar 1937
( Von einem besonderen Berichterstatter.)
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Das Heeresproblem, das der rechtmäßi- auch wieder örtlich entstandene Milizen| noch lange keine Soldaten, so wenig ein| Marokkaner wären trotzdem bereits von gen spanischen Regierung gestellt ist, er- usw. usw. Diesen Körpern mangelte jede Hammer in der Hand einen Menschen zum diesen geschulten Regierungstruppen aufweist sich zugleich als politische wie als einheitliche Führung und Versorgung. Jede Schmied macht. gerieben, hätten die Rebellen nicht den Organisationsfrage. Jedenfalls hängt der Truppe bekleidete, bewaffnete, verpflegte Eben deswegen empfindet man es als Zuzug der vielen tausend ZwangsfreiwilliSieg über Franco weit mehr von der sich selbst, so gut es ging, sie sorgte sel- überflüssig, daß im Hinterland, in den gen Hitlers und Mussolinis erhalten. Qualität als von der Quantität ber für Ersatz und Nachschub vielleicht Küstenstädten, in jedem Dorf, in jeder Immerhin wissen wir: es handelt sich der gegen ihn aufzustellenden Truppen ab. haben die Haufen des großen Bauernkrie- Stadt noch immer tausende und aber Tau- bei diesen neuesten faschistischen Truppen Eine geschulte, manövrierfähige, diszipli- ges von 1525 auf gleicher Organisations - sende von Milizianos mit Gewehren herum- bis zum Augenblick bestenfalls um einige nierte Armee von schätzungsweise hundert- stufe gestanden. Aus diesen Haufen eine laufen, die sicher an der Front viel bessere zehntausend Kämpfer. Das gibt einen Betausend Mann würde die Söldner Francos Armee zu formen, das war nicht nur eine Verwendung finden würden. Zum Teil er- griff davon, wie groß oder richtiger samt ihren deutsch - italienischen Bundes- organisatorische, sondern zugleich auch weisen sie sich freilich bei genauem Hin- wie klein ein diszipliniertes und organigenossen( in ihrer jetzigen Stärke) sicher eine politische Aufgabe; sie wurde sehen als alte Räuberflinten; aber ich habe s'ertes Heer zu sein brauchte, aus dem Feld schlagen. Warum verfügt noch kompliziert dadurch, daß die Armee, doch vielfach auch sehr moderne Waffen Sieg für die Regierung entscheiden könndie rechtsmäßige Regierung nach einem kaum in Bildung begriffen, fortgesetzt bis zu den allerneuesten Maschinenpistolen te, vorausgesetzt natürlich, daß die halben Jahr Krieg nicht über eine solche fechten mußte. Gelöst ist diese Aufgabe an Orten erblickt, wo ihre Verwendung faschistischen Mächte nunmehr endlich zur Armee? Das ist die Frage, die sich jedem auch heute erst teilweise; am besten bei wirklich nicht gerechtfertigt war. Hier Einhaltung iher Nichteinmischungsverspreeinem Teil der Fronttruppen, zu dem auch spielt das politische Problem, spielt chungen gezwungen werden. Man wird Menschenmangel kann der Grund nicht die Internationalen Verbände( mehrere die Entstehung der Milizen mit: keine die Frage erheben, warum ein solches Heer sein. Das von der Regierung kontrollierte Brigaden, jedoch jetzt stark mit Spaniern Partei, keine Gruppe möchte einstweilen n in den vergangenen Monaten hinter Gebiet mit rund zwei Dritteln der spani - durchsetzt) zu rechnen sind. >> ihre« Truppen, möchte» ihre« Waffen aus der Front in der Stille aufgestellt worden
Beobachter aufdrängt.
sichern.
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das den
schen Einwohnerschaft würde bei allge- Hinter der Front, in der» Etappe«, der Hand geben, solange die Frage der ist. Man darf dabei aber nicht vergessen: meiner Mobilmachung eine bis zwei Mil- findet man die Milizen noch vielfach im künftigen Staatsgestaltung nicht geklärt an der Front ist in dieser Zeit kaum tagelionen wehrfähige Männer aufbringen Urzustande; auch in Madrid , obwohl die ist. Hier vermag sich die Autorität der Re- weise Ruhe gewesen; die Front hat immer können. Auch so zählen die freiwillig zu Stadt an der Front liegt. Der Gefechts- gierung nur sehr langsam und schrittweise wieder des Nachschubes an Truppenkörden Milizen geströmten Arbeiter und Bür- wert dieser Milizen beschränkt sich nach durchzusetzen. pern wie an Materialien bedurft. Freilich ger nach Hunderttausenden; ihre Zahl me'ner Ansicht auf den örtlichen Häuserbemüht sich die Regierung jetzt sehr, aus würde vollauf genügen, um bei richtiger und Barrikadenkampf, in dem die spani- harte Notwendigkeit ihr geholfen. Wer schubes herauszukommen. Dabei dürften Direkt an der Front freilich hat die der tropfenweisen Verzettelung des NachAusbildung und Organisation den Sieg zu schen Arbeiter Arbeiter reiche Erfahrung und sich hier den Anforderungen der Kriegs- die Truppenlandungen der faschistischen eigentümliche technische Begabung besit- führung nicht fügen wollte, der beging Mächte in jüngster Zeit das HaupthinderAllerdings gehören zu einer Armee zen. Außerhalb ihres Standorts dürften praktisch Selbstmord. Anfangs wollten un- nis gewesen sein. außer Menschen auch Waffen. An ihnen sie sich schon wegen mange'nder Ausrü- erfahrene Elemente sich nicht einmal einhat es der Regierung zu Anfang des Krie- stung und Manövrierfähigkeit nur unter graben: sie haben nicht nur individuell Franzosen von 1793, von 1870 hätten das Dennoch wage ich zu behaupten: die ges sicher schwer gemangelt; heute aber besonders günstigen Umständen verwenden diese Sorglosigkeit schwer gebüßt, sondern Problem, eine Armee aus dem Boden zu ist der Mangel zum mindesten kein abso- lassen. auch das rasche Zurückfluten der Milizen stampfen, bereits in den abgelaufenen Momuß gerechterweise die Bewaffnung der Außerdem verlangt der Geländekampf bei Toledo und Talavera ist auf die Ver- naten gelöst. In Spanien braucht man zu Regierungstruppen im Verhältnis nun einmal gewisse techn'sche Vorkennt- nachlässigung der Spatenarbeit zurückzu- diesen wie zu vielen anderen Dingen mehr zur Gegenseite betrachten. Alsdann nisse und Erfahrungen, wenn er nicht mit führen, bis man am Rande Madrids end- Zeit als in Mitteleuropa , was aber nicht stellt sich wohl eine gewisse Unterlegen- entsetzlichen Verlusten geführt werden lich, zum Teil unter dem Einfluß der inter - besagt, daß überhaupt nichts geschieht. heit der Regierung, aber durchaus nicht soll. Mehr noch: eine Truppe, die nicht die nationalen Kolonnen, das ABC der moder- Es geschieht schon einiges, wenn auch der in sämtlichen Waffengattungen heraus: Methoden der Verteidigung gegen gewisse nen Kriegführung sich aneignete. Ungeduld nicht rasch genug. Man darf
Iuter sondern nur ein relativer: man
erste Zeit
waren natürlich die Waffen
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die Artillerie der Regierung dürfte z. B. Angriffsarten kennt, gerät notwendiger- Vor Madrid sind denn auch die ersten eben nicht vergessen, daß dieses Land seit der gegnerischen jetzt gleichwertig, an weise, sobald derartige Angriffe erfolgen, militärisch hochwertigen Verbände der Re- Ewigkeiten keinen Krieg größeren MaßMunition sogar überlegen sein. in Panik und reißt die andern Truppen gierungstruppen sozusagen im feind- stabes geführt hat, daß der Bevölkerung Uebrigens zeigt sich bereits bei der mit. Es kann umgekehrt die tapferste lichen Feuer selber- emporgewachsen. daher Dinge, die uns seit 1914 geläufig Waffenfrage die Verquickung des Militär- Truppe keinen eigenen Angriff erfolgreich Es gibt heute, nach zweimonatlichem Stel- sind, gänzlich neu erscheinen. Dennoch ist problems mit anderen Problemen: für die durchführen, die keine Ahnung von der lungskrieg, eine Anzahl Brigaden, die den es falsch zu glauben, der Spanier lerne Zusammenarbeit mit den übrigen Waffen- Anforderungen der modernen Kriegfüh- nichts. Das Volk ist so intelligent verankäufe im Ausland das Entscheidende. Mit gattungen( Artillerie, Tanks, Flugzeugen) rung technisch und organisatorisch durch- lagt wie irgend ein anderes, und die teilder Länge des Krieges aber gewinnt die hat: sie wird niedergemäht oder in die aus gewachsen sind. Freilich sind sie es weise große Unwissenheit im Tatsächlichen Eigenproduktion von Waffen zuFlucht geschlagen. Der persönliche Mut ist zugleich, die immer und immer wieder den ist nichts als Folge der alten Miẞwirtsehends an Bedeutung. Nun besaß Spabei den Spaniern zweifellos hoch entwik- feindlichen Ansturm brechen, die in Ge- schaft und Unterdrückung. Das spanische nien vor der Generalsrevolte nur kelt; aber mit persönlichem Mut allein genangriffen das verlorene Gelände zu- Volk wird zu kämpfen und zu siegen lerWaffenfabrik von Rang: die von Oviedo , kann man genau so wenig einen modernen rückerobern müssen; und so liegt auf ein- nen, falls man nur den ausländischen Imdie in die Hände der Rebellen fiel und vor Krieg führen wie ein Flugzeug lenken. zelnen Truppenkörpern eine fast über- perialisten nicht gestattet, es vorher abzueinigen Wochen durch ein Bombardement Menschen mit Gewehren in der Hand sind menschliche Last. Francos Söldner und schlachten.
eine
Dr. X.
Schuld waren die Sozialdemokraten
Ein Arbeiterkind lernt Zeitgeschichte
auch am
der Regierungsartillerie zerstört wurde. Aber in dem von der Regierung kontrollierten, volks- und industriereicheren Gebietsteil Spaniens gibt es natürlich Möglichkeiten aller Art, vorhandene Fabrikanlagen mit Hilfe technisch geschulter Arbeitskräfte auf Waffenproduktion umzustellen. Sehr komplizierte Fabrikationsgänge, wie z. B. die Anfertigung von Wie an allen Gedenktagen, so werden die| zu erhöhen, darüber kann man streiten Kampfflugzeugen, lassen sich natürlich Lehrer des Dritten Reiches 30 . wenn man darf. Aber über das, was das Kind nicht improvisieren; aber Gewehre, Hand- Januar wieder für das deutsche Buch wer- jetzt laut vorliest, läßt sich nicht streiten: grahaten, Stahlhelme, Munition, Ausrü- bene. Und mancher Junge, manches Mädchen stungsgegenstände aller Art können tech- wird bei dieser Gelegenheit nisch nach relativ kurzer Anlaufszeit in Schule den Kauf angeregt, das Elternhaus Massen hergestellt werden. ihn notgedrungen finanziert hat sich um eine reine Organisations- marie Stiehlers> Geschichte von frage, und es zeigt sich leider dabei, daß Adolf Hitlere mit nach Hause bringen, die Fähigkeit zu organisieren, bisher im um Leseübungen daran zu treiben und spanischen Volke aus erklärlichen daraus zu> lernen<.
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Es handelt
nachdem die
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Anne
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um
und
was
dieser
> Deutschland stand dicht davor zu siegen. Da passierte etwas ganz Schreckliches, was den Feinden wieder Mut machte und den Deutschen sehr schadete. Und schuld daran waren die deutschen Sozialdemokraten, es ist eine richtige Schande, daß man es erzählen muß... Diese Kerle wollten nicht, daß der deutsche Kaiser mit einem siegreichen Heer nach Hause kam. Später ist sogar herausgekommen, daß diese traurigen Schufte Geld von den Franzosen bekommen hatten, damit
sie gegen den Kaiser und Deutschlands Sieg arbeiten konnten.<<
zu trinken. Sie wären die Feinde< der Arbeiterklasse und unterdrückten sie. Das sollte sich die Arbeiterklasse< nicht länger gefallen lassen. Sie sollten alle zusammen gegen die andern gehen, sie wegjagen oder lieber gleich totschlagen oder aufhängen, bis es nur noch die Arbeiterklasse gab. Die zu ihr gehörten, könnten sich dann alles teilen, und dann würde es wunderschön in der Welt werden.<
Da wird dem Kinde erzählt:
» Die Frauen sollten Arbeiter in der Fabrik sein wie die Männer und nichts mehr mit ihren Kindern zu tun haben. Stellt euch mal vor, wie das für ein Kind ist! Wenn man es von seiner Mutter nimmt, und es sieht sie niemals wieder! Es kennt überhaupt seine Eltern und Geschwister Lüge, das ist die alte, oft genug widerlegte nicht, steht ganz allein in der Welt!<< In diesem Stil geht's weiter, seiten- und Dolchstoẞlüge. Das Kind lernt etwas seitenlang. Vor allem die Novembertage 1918 Falsches, man muß ihm die Tatsachen bekommen ein verzerrtes, blutiges Gesicht. nennen, man muß ihm vom Zusammenbruch Von den» Roten« lernt das Kind:
Da läßt sich nicht streiten. Das ist eine
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Gründen nicht sehr hoch entwickelt>> Der Zollbeamte Hitler nahm sich nun ist. Immerhin kommt die Waffenproduk- eine liebe Frau. Sie hatte helle blaue Augen tion auf Regierungsseite allmählich in und lange blonde Zöpfe, die um den Kopf geFluß, und es steht zu hoffen, daß auch legt waren wie ein Kranz...<< Ein paarmal das Tempo sich steigern wird, nachdem plappert das Arbeiterkind solche und ähnliche die Anfangsschwierigkeiten jetzt überwun- Sätzchen andächtig vor sich hin, aber eines den erscheinen. Doch man muß nicht nur Abends. fängt der Vater an zuzuhören, Waffen haben; sie müssen auch dort- seine Lippen werden schmal. Möglich, daß hin gehen, wo sie am nötigsten ge- die Mutter ihm zuflüstert:> Laß doch braucht werden, an die Front. geht's dich an!< Möglich auch, daß ein Ver- der bulgarischen Front in Mazedonien , von Hier taucht ein weiteres Problem auf, das merk auf dem Titelblatt des braunen Bänd- der Auflösung der österreichisch- ungarischen erst behandelt werden kann, wenn man chens ihn schweigen macht, der Vermerk: Armee in Italien erzählen man kann da sich über das ursprüngliche Wesen der Gegen die Herausgabe nicht ruhig zuhören. Und wenn der Vater Regierungstruppen klar ist. Dieser Krieg Schrift wurden seitens der NSDAP einmal aufgehört hat, ruhig zuzuhören, dann begann auf Regierungsseite nicht mit einer keine Bedenken erhoben. Das be- finden sich hundert Gelegenheiten dreinzuArmee, sondern mit einer Volksbewaff- deutet:> Achtung Fußangeln!<< Aber ebennung, die völlig dezentralisiert und regel- so möglich, daß dem Vater die Galle über- sozialdemokratische Broschüre habe so auslos erfolgte. Politische, gewerkschaftliche läuft und daß er die Lektüre seines Kindes und sonstige Gruppen, die sich dazu im- unterbricht. Denn was hier aufgeschrieben, stande fühlten, stellten» Bataillone« auf, falsch aufgeschrieben ist, das hat er, der die oft nicht mehr waren als Haufen be- deutsche Arbeiter miterlebt. waffneter Menschen. Es gab und gibt noch er besser als das Fräulein Verfasserin. Ob z. T. sozialistische, kommunistische, anar- Kanonen wichtiger sind als Butter, ob kleine chistische Verbände, es gibt Milizen der Jungen mit zehn Jahren schießen lernen solGewerkschaften, der Arbeiterjugend, dann len, ob es endlich an der Zeit wäre, die Löhne
Das weiß
reden. Da wird dem Kinde weißgemacht, eine gesehen:
> In vielen deutschen Städten kriegten sie auch wirklich die Macht in die Hand. Dort gingen die jungen wilden Burschen in die Häuser der reichen Leute, schlugen alles kaputt und stahlen, was ihnen gefiel. Und viele Offiziere und Beamte, die sich wehren wollten, wurden umgebracht.<<
Es ist schwer, das Kind jetzt nicht an die Volks- und Gewerkschaftshäuser, an die Heime der Natur- und Kinderfreunde zu er> Da stand komisches Zeug drin. Da innern, die es selbst noch gekannt hat und stand, es gäbe eine> Arbeiterklasse!< Dazu gehörten nur die Leute, die mit der die mit einem Male ihre Besitzer wechselten. Hand arbeiteten, und zwar in der Fabrik, Gekauft und bezahlt wurden sie keineswegsoder beim Bau oder so ähnlich. Bürger, also müssen sie wohl gestohlen worden sein. Offiziere, Beamte, studierte Leute gehörten Reichen Leuten haben diese Volkshäuser
zu einer anderen» Klasse«. S'e hätten Geld,
schöne Häuser und reichlich zu essen und allerdings nicht gehört, aber zerschlagen