Mord Im Lager Sadisenbnrg Max Sachs wurde zu Tode gequält Die Gerichtsyerhandlung: eine Farce Es mag manchmal den Anschein haben, als gerieten die Verbrechen der braunen Mordkolonnen nach einiger Zeit in Vergessenheit, als verliere das deutsche   Volk durch immer neue Ab­scheulichkeiten den Maßstab für die Schwere der jahraus jahrein verübten Greueltaten. Dem ist nicht so. Sobald einer der Gepeinigten freiere Luft atmet, wird sein Mund entsiegelt und es zeigt sich, daß nichts verges­sen wurde, nicht die Qualen der Opfer, nicht die Namen der Mörder, die das »Ehrenkleid der Bewegung« tragen, Von einem ehemaligen Häftling des Konzentrationslagers Sachsenburg, der Deutschland   vor kurzer Zeit verlassen zuber zusammenbrach, drückte ihn ein anderen Morgen sollte Sachs von Häftlingen SS  -Mann mit dem Gesicht in die Jauche. Der Mißhandelte wurde hochgezo­gen und als er nicht stehen konnte, in den vollen Jauchenzuber gesetzt. Die Häftlinge mußten ihn mit eiskaltem Wasser abspritzen Dies alles konnte ich von der Bibliothek aus mit anderen Häftlingen beobachten. Ich mach­te mir einen Behelf und ging nach dem Häft­lingsklosett, das neben der Jauchengrube war. Sachs lag vollständig erschöpft am Boden und ich konnte hören, daß Sachs leise röchelnd flehte, ihn doch lieber res Genossen Max Sachs   im September 1933: zu erschießen. Standartenführer hat'Jrhilten�ir.f0l�n<le'L,Aug:enZCU" I Schmidt, der dazu kam, lachte höhnisch, stieß genbencht über die Ermordung unse- -- Sachs mit dem Stiefel und sagte:»Dran kommste sowieso aber erst, wenn ich will. Vorläufig bekommste erst mal fünfundzwanzig wegen Ar­beitsverweigerung. Ich habe die Ge­nehmigung schon telegraphisch beantragt.« (Die Genehmigung erteilte damals Gruppen­führer Eäcke.) Der Empfang im Lager Bei seiner Einlieferung in das Konzen­trationslager Sachsenburg   wurde Dr. Max Sachs der 3. Häftlingskompagnie zugeteilt. Bei dieser Kompagnie war ich Gefangenen- Feldwebel. Sachs hatte in Dresden   schon sehr viele Mißhandlungen durchgemacht. Er er­zählte mir besonders von einem Peiniger, von dem bekannten Gestapo  -Beamten Geiß­ler. Er klagte über Rücken- und Magen­schmerzen und zeigte mir auch an diesen Stellen verschiedene Narben. Sachs wurde von der Stunde der Einlieferung an das Miß­handlungsobjekt eines jeden SS-Mannes, zu­mal den SS  -Leuten bekannt geworden war, daß Dr. Sachs Redakteur der»Dresdner Volkszeitung« war. Auf die Frage des Rot­tenführers G e r s c h, ob er sich noch auf die­sen oder jenen Artikel der Volkszeitung ent­sinnen könne, erklärte Dr. Sachs, daß nach seinen bisherigen Erfahrungen während der Haft in diesen Artikeln viel Wahr­heit gelegen habe. Diese Aeußerung wirkte auf alle politischen Häftlinge impo­nierend. Die Antwort; Dr. Sachs wurde sofort nach der Arrestzelle in der Wachstube ge­bracht. Ich brachte ihm einige Sachen in den Arrest. Der Wachthabende erklärte mir: -»D er braucht kein Handtuch mehr, der kann sich bald an sei­ner Haut abtrocknen.« Ich hörte, daß Sachs in der Zelle mißhandelt wurde und stöhnte. Zum Mittags- Appell wurde Sachs, da er schon nicht mehr laufen Konnte, in einen Schubkarren geladen und mehrere Häftlinge mußten ihn zum Appell- Platz fahren. Dort wurde er erst von dem Standartenführer und Lager­kommandanten Schimdt aufs unflä­tigste beschimpft. Dann wurde Sachs dem Jauchenkommando zugeteilt. In die­sem Kommando befanden sich auch einige Kriminelle, die den Anordnungen der SS  -Bewachung in allem Folge leisteten. Ich hatte Gelegenheit, Dr. Sachs bei der Arbeit zu beobachten und muß sagen, daß er sein Bestes hergab. Aber immer und immer wie­der wurde die Arbeit als»ungenügend« be­zeichnet. Es hagelte Fußtritte und Kol­benstöße. Dabei hat sich besonders der SS-Mann Michael hervorgetan. Nach dem Abendappell wurde Eh. Sachs wieder in die Arrestzelle gebracht, richtiger gesagt, geschleppt. Da ich mir einen Behelf in der Wachtstube machte, kannte ich sehen, daß Sachs in der Zelle knien mußte, die Hände im Nacken gefaltet. Bei meinem zweiten Erscheinen in der Wachtstube konnte ich sehen, daß Sachs vor Schwäche umgefal­len war und von den SS  -Leuten ange­spuckt und beschimpft wurde. Jedes zweite Wort bezog sich auf seine ehemalige Punktion. Als ich das Abendessen herunter­gab, lag Sachs besinnungslos in der Zelle, mit Wasser begossen. Am anderen Morgen wurde Sachs wieder nach dem Appellplatz geschleppt. Alle poll­tischen Häftlinge hatten ehrliches Mitgefühl mit ihm, da jeder merkte, daß Sachs am Ende seiner Kräfte war. Wir ahnten, daß er der nächste Todeskandidat sein würde. Sachs wurde an diesem Morgen erst nach dem Exerzierplatz gebracht. Dort waren große Steinhaufen(scharfer Granitschlag) in 8 bis 10 m Höhe. Er mußte, auf die Ellen­bogen gestützt, hinauf- und hinabkriechen. (Dieselbe Arbeitsleistung führte bei Wert­heimer einige Zeit vorher zum Tode.) Als Sachs nicht mehr kriechen konnte, da die Ellenbogen durch waren, wurde er den um­stehenden Häftlingen als»renitenter Mensch« vorgestellt. Dann wurde er wieder dem Jauchenkommando zugeführt, d. h. geschleppt und gestoßen. Dort mußte er Jauche tragen und als er neben dem Jauchen- DSe Ermordung Die Peinigung währte noch ein paar Tage. Sachs' letzter Tag begann so: In mei­nem Häftlingssaal hielt sich ein Häftling namens Endesfelder auf. Nach meinen An­weisungen verlangte ich, daß dieser Häftling, da er einer anderen Kompagnie angehörte, meinen Saal verlasse. Der Häftling erklärte jedoch, er sei im Auftrage der Wache hier, um Sachs zu baden. Darauf gingen dann die Kriminellen, zum Teil früher in der SA organisierten Häftlinge Bundesmann, Endesfelder, Weißbach und einige andere, deren Namen ich nicht mehr weiß, zur Ar­restzelle, um Sachs zu holen. Ich begab mich, um die Vorgänge genau zu sehen, nach dem Häftlingswaschraum im 3. Stock. Sachs lag vollständig nackt auf einem Lattenrost und wurde unter dem Gelächter der SS  - Wache mit dem Schrubber bearbei­tet. Wachhabender war der Unterscharfüh­rer Graf v. Einsiedel, Vertreter in An­wesenheit Rottenführer Gersch und SS  - Mann Dietrich. Sehen konnte ich, daß Sachs grünen Kot von sich gab, nach meiner Ansicht hatte er in­nere Verletzungen. Diese Beobachtung wurde auch von anderen bestätigt. Nach einer halben Stunde wurde Sachs durch den Saal geschleift. Der nun folgende Vorgang dürfte wohl mit zum raschen Tod von Sachs geführt haben. Die Häftlinge Bundesmann und Endesfelder packten Sachs an den Beinen und schleif­ten ihn die Treppe hinunter, so daß Sachs von Stufe zu Stufe mit dem Kopf auf die eisenbe­schlagene Treppe schlug. Eiabei röchelte und stöhnte er. V. Einsiedel und Gersch gingen lächelnd hinterher. Abends ging ich nochmals mit Eissen zur Wache, da lag Sachs nackt in der kalten Zelle auf dem Füßboden. Ich hatte den Ein­druck, daß man Ihn von der Pritsche gewor­fen hatte. Ich konnte sehen, daß unter ihm ein Kaffeetopf ,lag. der ihm mindestens Schmerzen bereitet haben müßte, wenn Sachs nach meinem Dafürhalten nicht schon tot gewesen wäre. Am gebadet werden, und zwar im Wannenbad. Dies war mir sehr auffällig, da ja Sachs am Abend vorher gebadet worden war. Ein Häftling kam zu mir herauf und sagte: »Ich bade den Sachs nicht, ich glaube, der ist tot.« Daraufhin ging ich auf Umwegen nach dem SS-Bad. Man hatte Sachs nun in die Wanne gewor­fen und eiskaltes Wasser auf ihn gelassen. Eries sollte zu dem gewünschten»Herz­schlag« führen. Sachs wurde dann auf einen Tafelwagen gepackt. Bei dieser Gele­genheit konnte ich dem Toten den letzten Dienst erweisen und ihm die gebrochenen Augen zudrücken. Eine alte Decke wurde übergeworfen, und Häftlinge mußten den To­ten unter Eskorte nach dem Frankenberger Friedhof fahren. Im Lager wurde verbreitet, daß Sachs an Herzschlag gestorben sei. Diese Todes­art war aber jedem Häftling bekannt, da kurz zuvor einige ebensolche Herz­schläge eingetreten waren. Eänlge Häft­linge,- die sich nicht enthalten konnten, über den traurigen Fall zu diskutieren, kamen sofort in Arrest; darunter auch ein gewisser Alfred Röhricht, ein Häftling, der an beiden Armen Knochentuberkulose hatte durch Mißhandlung im Schutzhaftlager Col- ditz verschlimmert. Röhricht ist un­terdessen erschossen worden. Nach der Ablieferung der sterblichen Ueber- reste von Dr. Sachs in der EYankenberger Leichenhalle herrschte in der Lagerleitung große Aufregung. Bei dem Mittagsappell wur­den die Häftlinge, darunter auch ich, die alles gesehen hatten, herausgerufen und in eine IScke gebracht. Dort mußten wir die Hände hochheben und der Kompagnieführer, ein Unterscharführer von 20 Jahren, namens Kampe erklärte:»Erschossen wer­det Ihr Schweine da ist der Fall gleich erledigt.« Die anderen Häftlinge, die sich an den Mißhandlungen beteiligt hatten, es sind dies Weißbach, E n- desfelder, Bundesmann und zwei, deren Namen mir entfallen sind, wurden dem Gericht in Chemnitz   zugeführt. Die Unruhe in der Lagerleitung kam daher, daß der Arzt in Frankenberg   nicht mit dem gewünschten Herzschlag einverstanden war, sondern der Polizei Kenntnis gab. DasGeridilsverfahren'* Nach einigen Tagen traf eine Reglerungs­kommission im Lager ein, die eine Untersu­chung im Fülle Sachs anstellte. Die Regie­rungskommission wurde gebüdet aus einem Kriminalkommissar von Chemnitz  , einem Oberregierungsrat, wahr­scheinlich aus Berlin  , und einer Sekretärin. Die Kommission nahm sich die einzelnen Ge­fangenen vor und verhörte sie. In Abwesen­heit der Lagerleitung. Die SS  -Leute waren bei diesem Verhör sichtlich nervös. Ein SS- Führer namens Simon konnte sich schließ­lich nicht länger halten, ging in das Unter­suchungszimmer hinein und schnarrte den Oberregierungsrat an, wie lange denn diese Sache noch dauern solle, er verstehe nicht, daß man wegen eines Juden ein solches Theater mache. Der Ober­regierungsrat hat ihn sofort hinausgewiesen. Trotzdem kam bei der Untersuchung nicht viel heraus, da alle Gefangenen Angst hatten, etwas auszusa­gen und die SS  -Leute zn bela­sten. Jeder sagte sich, daß selbst, wenn die Regie­rungskommission die Absicht habe, korrekt vorzugehen, man doch nicht wissen könne, ob nicht die Protokolle schließlich doch wieder im Konzentrationslager landen und die SS  - Leute dann Rache nehmen würden. Obersturmbannführer Rödel legte dann einigen Häftlingen fertige Aussagen vor, die sie in dieser Zwangslage auch unter­schrieben haben. Am 20. Dezember 1935 wurde ich entlas­sen. Hänige Monate später erhielt ich eine Ladung als Zeuge nach Chemnitz   vor das Landgericht. Im Zeugenraum in Chemnitz  traf ich mit den 2!eugen(wohlgemerkt, Zeu­gen) Graf v. Einsiedel und Rotten­führer Gersch zusammen. Als Einsiedel in dem Zuhörerraum Leute sitzen sah, sagte er zu Gersch;»Ich rufe sofort die La­gerleitung an, daß die Verhand­lung öffentlich ist und daß wir da keine Aussage machen!« Er rief auch an und kam nach einer Weile mit dem Bescheid zu Gersch, die Staatsanwaltschaft habe der Leitung mitgeteilt, daß die Verhand­lung geheim sei. Tatsächlich wurde auch kurz darauf der Raum geräumt. Meine Ver­nehmung betraf hauptsächlich die Vorgänge auf der Treppe._ Vorsitzender:»Wurde Sachs die Treppe herunter getragen, oder wie war das?« Ich:»Nein, Sachs wurde geschleppt.« Vorsitzender:»Von wem?« Ich:»Bundesmann und Endesfelder zogen ihn an den Beinen.« Vorsitzender:»Wo befanden sich da die beiden anderen Zeugen? Bei der Frage überlegte ich mir sofort, daß meine neue sofortige Verhaftung erfolgen könne und ich erklärte, daß ich das nicht sagen könnte, da auf dem Treppengang viele Häftlinge standen. Das Gertetat bescbloB, mich zu vereidi­gen. Nach mir wurde nochmals v. Einsie­del gehört. Staatsanwalt:»Herr v. Einsiedel, eigenartig, Sie wollen nichts gesehen ha­ben. Die Angeklagten behaupten aber alle, daß sie dahinter gestanden haben.« Einsiedel(stotternd, verlegen): »Ich habe nichts gesehen!« Vorsitzender:»Das glaubt Ihnen das Gericht nicht.« Nach kurzer Beratung lehnte das Gericht die Vereidigung der beiden Zeugen v. Einsiedel und Gersch ab. Dennoch geschah den SS  -Leuten nichts. Nur die Kriminellen, die von der Lagermann­schaft zu den Mißhandlungen an Max Sachs  gezwungen worden waren, erhielten wegen »Körperverletzung« Freiheitsstrafen. Obgleich das Gericht die Vorgänge richtig beurteilte wie die Nichtvereidigung der SS  -Zeugen beweist obgleich der Staatsanwalt genug Anklagematerial in der Hand hielt, wur­den die Mörder des Max Sachs  nicht bestraft. Die Richter des Land­gerichts Chemnitz   sind der Mitwisserschaft und der Vertuschung schuldig. Es wird immer schöner! Ein neuer Erlaß des Reichsministers des Innern bestimmt, daß bis auf weiteres die Bäckereien»anfallendes Altbrot zur Herstel­lung von Brot wieder verwenden dürfen«. Der Zusatz von Altbrot»darf nicht mehr als 3% des verwendeten Mehles betragen«. E s m u ß so fein in die Teigmasse verteilt werden, daß es im fertigen Brot mit blossem Auge nicht zu erken­nen ist! Hoffentlich wird der Erlaß im Original der Ausstellung»Gebt mir vier Jahre Zeit« ein­verleibt. Daß die behördlich verordnete Le­bensmittelverfälschung sich sogar an das täg­liche Brot heranwagen würde wer hat das vor vier Jahren für möglich gehalten! » War die Butterversorgung bereits im vo­rigen Jahre gekürzt worden, so sind die in diesem Jahre zugeteilten Mengen noch ge­ringer. In der Regel geschieht die Kürzung ohne besondere Verordnimg. Aus einer Anwei­sung an die Milchwirtschaftsverbände wird jetzt bekannt, daß für Saisonbetriebe und Kurorte die im vorigen Jahre zugeteilte But­termenge erneut um 20% gekürzt wurde. Eis darf ihnen nicht mehr als 80% der im vergangenen Jahre freigestellten But­termenge freigestellt werden. Einst und|et;t Die Ausgaben der Stadt Berlin  für Löhne und Gehälter sind von 218 Millionen im Jahre 1933 auf 229 Millio­nen Reichsmark im Jahre 1936 gestiegen. Sie betrugen 1933 28.7 Prozent, 1936 aber 34.6 Prozent der Gesamtausgaben. Diese Zunahme ist nicht durch eine Erhöhung der Arbeiter­löhne hervorgerufen, sondern durch die mas­senhafte Einstellung von nationalsozia­listischen Futterkrippenreitern und durch die bedeutend höheren Gehälter, die die nationalsozialistischen Oberbeamten und Kommissare der Stadt Berlin   beziehen. * Für die abnehmende Sicherheit auf der deutschen Reichsbahn ist es bezeichnend, daß im Jahre 1936 nur 138.2 Millionen RM für den Oberbau und für Baustoffe verausgabt wurden. Selbst im Jahre 1933, in dem infolge der Wirtschaftskrise die Erneuerungsarbeiten am Oberbau der Reichsbahn stark einge­schränkt worden waren, erreichte der für den gleichen Zweck investierte Betrag die Höhe von 195.9 Millionen RM, war also um mehr als 40 Prozent höher als im Jahre 1936. Streidier Hitler Gemeine Beschimpfungen L£on Blums im Streicherblatt Die neueste Nummer des antisemitischen Hetzblattes»Der Stürmer  «, dessen Her­ausgeber Julius Streicher  , der beste Freund Hitlers   ist, bringj. einen umfangrei­chen Artikel unter der Ueberschrift»Frank­ reich  , eine Beute AUjudas«. Nach der Wiedergabe von Auszügen aus einem Ar­tikel von Henri Beraud   im»Gringoire« Uber die jüdischen Mitarbeiter des französischen  Kabinetts schreibt das Blatt Streichers:»Da­bei darf natürlich nicht vergessen werden, daß L äon Blum selbst Jude ist....Wird Frankreich   die Entschlußkraft, den Willen haben, sich von dieser Kanaille zu befreien, oder wird es zum großen Teil angefault durch Weichlich­keit, durch religiöse Ungläubigkeit, Spott über Geisteswerte, sich endgültig der jüdischen Sklaverei unterwerfen?«