Mr. 214 SOWTAG, 1«. Juli 4937 Verlag; Karlsbad  , HausGraphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite Aus dem Inhalt: Die Vorbereitung des Raubkrieges Spaniens   langer Kampf Motorisierter Krieg ohne Öl Dramatiker gegen Diktator Spanien  - die FfeliieitsM Zum Jahrestag des spanischen   Bürgerkrieges Genosse Erich Ollenhauer  ist soeben von einer Reise nach Spanien   zurückgekehrt. Er berich­tet im folgenden über die Lage Spaniens  : Vor einem Jahr, am 17. und 18. Juli 2936, brach der Aufstand der spani­ schen   Rebellen gegen die Volksfront­regierung Spaniens   los. Militärkaste, Großgrundbesitz und große Teile des Klerus wollten mit Gewalt den Willen des Volkes korrigieren, das unter der Führung der Volksfront ein demokrati­sches und soziales Spanien   aufbauen und damit endgültig die ökonomische, politische und kulturelle Vorherrschaft einer kleinen Oberschicht brechen wollte. Das spanische Volk setzte sich gegen die Rebellen zur Wehr. Ohne Waffen, ohne Offiziere, ohne zentrale Kriegsführung ging es in den Kampf, entschlossen, seine Freiheit bis zum Letzten zu verteidigen. Ein volles Jahr währt nun schon dieser Kampf. Viele tausend Kilometer Front durchziehen das Land. Hundert­tausende haben in diesem Jahre den Tod gefunden, an der Front oder im Hinterland als unschuldige Opfer er­barmungsloser Bombardements. Zahl­lose Familien, Frauen, Kinder und Greise, sind flüchtig vor den Schrecken des Krieges. Millionenwerte wurden zerstört und noch immer zeichnet jede Stunde neue Striche in das grauenvolle Bild dieses tragischen Geschehens. Längst wehte über dem ganzen Land wieder das Banner einer freien Demokratie, wenn die Rebellen nicht die Unterstützung des inter­nationalen Faschismus, der italienischen und der deutschen  Diktatur gefunden hätten. Deutsche  Flugzeuge, deutsche schwere Artillerie, deutsche Tanks und große italienische Truppenformationen haben die dünnen Reihen der Rebellen verstärkt und be­festigt, haben wiederholt mit dem Uebergewicht des Materials die Linien der Regierungstruppen zurückzudrän­gen vermocht. So ist Spanien   heute der Brennpunkt des großen Ringens zwischen Demokratie, Freiheit und Zivilisation auf der einen und der Bar­barei und der brutalen Machtpolitik des Faschismus auf der anderen Seite. Erst wenn man dieses Volk im Kampf ge­sehen hat, erst wenn man seinen He­roismus und seine Leidenschaft, seinöi Mut und seine Siegeszuversicht unmit­telbar miterlebt hat, erst dann empfin­det man vom neuen die ganze Größe dieses Freiheitskampfes. Als Mitglied einer Delegation der Sozialistischen Jugend- Internationale war ich in der Zeit vom 28. Juni bis zum 6. Juli in Spanien  , in Barce­ lona  , in V a 1 e n c i a, in A 1 b a c e t e, in Madrid  . Wir sind nach Spanien  gegangen, um die Verbundenheit der sozialistischen   Jugend der Welt mit der kämpfenden spanischen   Jugend erneut zu dokumentieren und an Ort und Stelle zu prüfen, wie wir die Hilfe für das spanische Volk noch zu steigern vermögen. Mit einem sachlichen, prak­tischen Auftrag fuhren wir hin, mit einem tiefen unvergeßlichen Erlebnis kehrten wir heim. Zwei Grunderkenntnisse haben wir vor allem neu bestätigt gefunden. Die erste: die Regierung von Va­ lencia  * repräsentiert das spanische Volk. Sie spricht vor der internationalen Oeffentlichkeit mit so großem Recht, wie nur eine Regie­rung sprechen kann, für das spanische Volk. Die zweite: das spanische Volk hätte den Kampf längst mit einem Sieg seiner Sache beendet, wenn auf der Gegenseite nur die spani­ schen   Reaktionäre mit ihren spanischen Söldnern stün­den. Trotzdem ist das spanische Volk seines Sieges sicher. Wir haben in Valencia   mit verantwortlichen Män­nern der Regierung wie d e 1 V a y o. in Madrid   mit General M i a j a gespro­chen, wir haben uns auf unseren Fahr­ten in dürftigen Dorfschenken mit ein­fachen Landarbeitern unterhalten. Im­mer fanden wir die gleiche Stimmimg: »Wir wollen siegen und wir werden siegen!« Das spanische Volk trägt eine schwere Last, aber es trägt sie mit bewundernswerter Würde und mit imbeugsamer Entschlossen­heit. Wir waren in Valencia   Zeuge des bisher größten Luftangriffs auf das jetzige Zentrum des Landes, und wir haben gleichermaßen die ausgezeich­nete Organisation der Luftabwehr und die Ruhe und die Sicherheit der Bevöl­kerung bewundert. Wir waren in Albacete  , dem Standort der Internationalen Brigaden  . Im Kreise von 200 Teilnehmern der Offiziersschule dieser Brigaden Sol­daten, die jetzt nach hartem Front­dienst zu Offizieren herangebildet wer­den haben wir gesehen, wie hier ein Kampf für ein Ideal, ein furchtbarer und opferreicher Kampf Menschen aller Nationen und Rassen zusammenge­schweißt hat auf Leben und Tod. Die Internationalen Brigaden   haben heute nicht mehr die große militärische Be­deutung, die ihren Ruhm in der er­sten Zeit des Krieges in alle Welt ge­tragen hat, aber sie sind die stärksten leboidigen Zeugen der Verbundenheit der internationalen Arbeiterbewegung mit dem Freiheitskampf des spanischen  Volkes. Heute wächst die neue spani­sche Volksarmee zu dem stärk­sten Kampfinstrument der Regierung heran. Unser Weg nach Madrid   führte uns vorbei an mächtigen Formationen ausgezeichnet motorisierter und ausge­rüsteter Truppen aller Waffengattun­gen. Das waren keine wilden Söldner­banden, wie die Faschisten immer wie­der behaupten, das war die Jugend des Volkes unter Waffen, unter einem einheitlichen militärischen Kom­mando. Wir haben diese Jugend spanische Arbeiter- und Bauernsöhne, junge Intellektuelle vor Madrid   in der Front gesehen. Unser Führer war der Kommandant einer Brigade, ein 25jähriger Arbeiter. Ein Mann ohne großen Gesten, ohne lärmende Begei­sterung.»Seht unsere Soldaten, fast alle sind meine Kameraden aus der Jugendorganisation. Sie wissen jetzt, was der Krieg bedeutet, aber wir kön­nen uns auf sie verlassen. Was uns fehlt, sind nicht die Menschen, denn wir haben das Volk und wir haben die Jugend. Uns fehlt Material. Ver­schafft es uns, und der Sieg wird unser sein.« Einen Tag später begann an die­sem Frontabschnitt die Offensive der Volksarmee. Wir waren in einem Rüstungs betrieb. Zwei Küometer hinter der Front, in der Reichweite der feind­lichen Geschütze. 1200 Arbeiter und Arbeiterinnen standen an den Maschi­nen und in den Packräumen und arbei­teten für den Krieg. Sie verwalten den Betrieb selbst, sie haben die Produk­tion vervielfacht, bis Rohstoffmangel sie hemmte. Aber sie arbeiten ernst und stumm im Bewußtsein ihrer Verantwortung: Für den Krieg. Die der Front zugewandten Mauern der Ge­bäude sind durch Sandsäcke verstärkt, aber ob Mann oder Frau, niemand ach­tet der ständigen Gefahr:»Unsere Ka­meraden da vorn sind in größerer Ge­fahr!« In Madrid  , dem heißumkämpf­ten, geht das Leben äußerlich seinen normalen Gang. Die Straßenbahnen verkehren, die Untergrundbahn ist im Betrieb, die Cafes und Kinos sind ge­öffnet, und die Telefonzentrale vermit­telt trotz der 200 feindlichen Ein­schläge den Telefonverkehr. Noch im­mer leben 500.000 Menschen in dieser Stadt. Sie verlassen sie einfach nicht. Sie arbeiten, sie sitzen am Abend, wenn die Hitze weicht, mit den spielenden Kindern vor den Häusern, kaum einen Kilometer hinter den vordersten Linien. Ein sorgloses Volk? Ausdruck des Volkscharakters? Nein, denn in Madrid   leben heißt Opfer bringen. Die Nahrungsmittel sind knapp. Vor den Lebensmittelgeschäften stehen die Menschen in langen Schlangen, um die geringen Rationen für die Familie zu erhalten. Und wenn hinter den Häu­sern die Kanonen wummern, weiß nie­mand, ob die nächste Granate nicht neben ihm einschlägt und ihn hinweg­rafft, wie vor ihm viele andere. Das alles trägt man. Nur nachts, wenn die Stadt im Dunkeln liegt, wenn der Straßenlärm verhallt, dann scheint es, als wenn eine halbe Million Menschen mit wachen Sinnen in die Nacht hin­aushorcht auf- die grausame Melodie des Krieges. Denn dieses Volk von Madrid  , die­ses Volk von Spanien  , lebt mit seiner Armee, mit seinem Krieg, wie nur ein Volk mit seiner Armee und mit Seinem Kampf leben kann. Das Einzelschick­sal ist längst zurückgetreten vor dem allgemeinen Gut, das hier verteidigt wird. Das spanische Volk verteidigt in diesem Kampf seine politische Freiheit und seine soziale und kulturelle Erhebung. Die Arbeiter in den kollektivisierten Betrieben, die Land­arbeiter auf dem Feld, die Soldaten an der Front, sie alle wissen, daß der Sieg der Freiheit die Neugestaltung des sozialen Lebens der breiten Massen des Volkes bedeutet. Hinter der Front lebt die soziale Revolution, die konstruktive Neugestaltung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens dieses Landes. Dieser Wüle zu neuem Leben ist die Ein neues Krleggsteuer Die Internationale der Brandstifter Während die europäische Spannung auf ein HöchstinaB gestiegen ist, haben die japanischen Generale ein neues Kriegs­feuer im Fernen Osten angezündet. Sie wollen mit Gewalt ihre Expansion in China   fortsetzen.| Dieses neue Imperialistische Abenteuer wirkt auf alle weltpolitischen Zusammen-' hänge zurück. Seit November 1936 be- 1 steht ein deutsch  -japanisches Militärbündnis, das Japan   die deutsche Unterstützung bei einer Expan­sion auf dem asiatischen Kontinent sichert. Daraals, nach dem Abschluß die­ses Bündnisses, das als»Antikomintern­pakt« getarnt war, schrieb der Londoner  »Economist  «: »Die leichtere Option für die Tripel- Entente ist die nicht gegen Rußland  , sondern gegen England, denn ungleich Rußland   ist das britische   Empire stra­tegisch dieser Kombination ausgeliefert. Wenn die drei über uns in unserem augenblicklichen Zustand der Isolie­rung zugleich herfallen die deutschen  Flugzeuge London   und Glasgow  , die italienischen Malta   und Aden, die japa­nische Flotte Hongkong   und Singapur  angreifen, haben wir dann noch Aua­sicht, diesen kombinierten Angriff zu­rückzuweisen? Uns erscheint diese neue Tripelallianz als ein Konsortium ver­zweifelter Spieler, die ihr ganzes Ver­mögen gegen die Bank gesetzt haben. England und Rußland   halten die Bank.« Heute wirkt der neue japanische An­griff wie eine Entlastungs­offensive für Hitler und Mus­ solini  , die sich tief in die spanische Frage verstrickt haben. Die Brandstifter im Osten benutzen die Gelegenheit, die die Brandstifter in Europa   geschaffen ha­ben und die Gefahr ist offensichtlich, daß die europäischen   Brandstifter in die­sem neuen Kriegsfeuer eine neue Gelegen­heit zu weiteren Vorstößen erblicken wer­den. Neuer Druck auf Oeslerreldi Die braune Politik übt wieder einen star­ken Druck auf Oesterreich   aus. Sie pocht auf die Abmachungen vom 11. Juli 1936, sie will sie benutzen, um Oesterreich der Gleich­schaltung näher zu führen. Die Besprechungen, die darüber geführt worden sind, haben mit Abreden geendet, die der nationalsozialistischen Propaganda ein stärkeres Eindringen als zuvor in Oester­ reich   gestatten. Eine Reihe von deutschen  Zeitungen wird künftig in Oesterreich   zuge­lassen werden, Hitlers»Kampf« darf ver­breitet werden. Die»national betonten« Kreise in Oesterreich   erhalten eine Rückenstärkung. Trotz dieser Abmachungen wird dar Druck auf Oesterreich   fortgesetzt. Gorings Organ, die»National-Zeitung« in Essen, führt gegenüber Oesterreich  ' eine geradezu dro­hende Sprache. Die vatikanische Politik, die ihre Stellung jetzt auch In Oesterreich   stark bedroht sieht, sucht Anlehnung bei den demo­kratischen Westmächten.