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Nr. 220 BEILAGE
Neuer Vorwärts
29. August 1937
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I.Eine tschechoslowa- lich auszuweichen sucht. Der Ausgangs- ihren früheren als auch in ihrem heutigen Prüfung unter dem Gesichtspunkt volkspunkt dieser Darlegungen ist das neue Verhältnis zu Sowjetruẞland kundgegeben, wirtschaftlicher Rationalität nicht Stand zustimmend Gleichgewicht, und dieses hat dies stets an- hält. Damit aber ist der historische Inkische Staatsschrift europäische das sich nach den Friedensschlüssen und erkannt. Das war der Sinn unserer Politik halt der heutigen Situation bestimmt. Es Gegenwärtig gibt es in der Welt nur Verträgen herausgebildet hat, die am Ende gegenüber West- und Osteuropa , und Osteuropa , das ist handelt sich um den Zusammenstoß zwiKrieg, aber keine Politik. Ueber die des Weltkrieges standen. Dieses europä- der Sinn unserer Politik während des schen einer werdenden neuen Ordnung, die Richtung der Politik Englands, Frank- ische Gleichgewicht war etwas ganz ande- Krieges und nach dem Kriege, die in immer mehr auf Rationalität gegründet reichs und Sowjetrußlands läßt sich heute res als das Gleichgewicht der Vorkriegs- gleicher Weise Werkzeug weder Ruß- werden soll, und einer metaphysischen nichts Bestimmtes aussagen. Es herrscht zeit denn zu ihm gehört die Existenz lands, noch Deutschlands , noch Westeuropas Machtpolitik alten Stils, der die expansiven Ungewißheit selbst über die Prinzipien der einer Reihe von kleineren Staaten, die ihr sein will. Sie will im Rahmen Europas und Ziele und Ambitionen der» dynamischen<< Politik dieser Länder, und der Verdacht ist eigenes Lebens- und Selbstbestimmungs- im Hinblick auf ihre wichtige geographische Großmächte entspringen. nicht unbegründet, daß es solche Prinzi- recht betonen und nicht nur Objekte einer Lage wie sich von selbst versteht, nach Damit ist zugleich die grundlepien nicht gibt, sondern daß zum minde- Politik der Großmächte sein wollen. Ganz Maßgabe ihrer Kräfte und Möglichkeiten und gende Wandlung gekennzeichnet, die stens die Westmächte einem prinzipien- grundsätzlich heißt es in diesen Aufsätzen gemeinsam mit anderen Staaten, mit Polen , sich in der deutschen Außenpolilosen und gefährlichen Empirismus hul- über diese Kernfrage: usi Rumänien , Jugoslawien , Oesterreich, Ungarn tik seit 1933 vollzogen hat. Der Verfasdigen. » Natürlich müssen sich auch die Groß- usw. ein mitwirkender Faktor des neuen ser der tschechoslowakischen Staatsschrift Im Gegensatz dazu hat ein europäischer mächte bewußt werden, daß sie in Europa europäischen Gleichgewichtes sein, in dessen entwickelt ausführlich, wie sich das demokleiner Staat, die Tschechoslowakische Re- und in der Welt nicht allein sind und daß die System jeder die Stellung einnehmen sollte, kratische Deutschland seit 1925 in das publik, in diesen Tagen seine Politik wohl eine im Hinblick auf die andere dadurch für die ihm von Rechts wegen gebührt.<< neue europäische Gleichgewicht eingliedert definiert. In einer Reihe von Aufsät- die Erhaltung des Gleichgewichts der Kräfte Damit ist die Position des sogenannten und sich auf die Prinzipien dieses Gleichzen in der» Prager Presses, dem sorgt, daß sie die Beherrschung Anti- Revisionismus bezeichnet zugleich gewichts gestellt hatte. Der Weg zu einer Organ der tschechoslowakischen Regie- kleinerer Staaten durch eine an- seine ungeheure Bedeutung für die fried- friedlichen und rationalen Entwicklung war rung, sind die Prinzipien der tschechoslo- dere Großmacht nicht erlaubt. liche Weiterentwicklung in Europa . Sie damit geöffnet. Er ist wieder unterbrowakischen Außenpolitik dargelegt worden. Schließlich gibt es auf der Welt keine andere bedeutet nicht Konservatismus um jeden chen worden durch den Austritt Deutsch Es gibt bereits ausgezeichnete Darstellun- Politik, als ein ständiges und folgerichtiges Preis, wohl aber unbeirrtes Festhalten an lands aus dem Völkerbund, durch die Pringen dieser Politik, so das Buch von Dr. Erhalten und Ausgleichen des gegenseitigen den im Grunde demokratischen Prinzipien zipienerklärung der neuen GroßmachtpoliEmil Strauß, dem Redakteur des Prager Verhältnisses der Kräfte der Mächte, d. h. dieser neuen Ordnung des Gleichgewichts. tik, wie sie Hitlers 13 Punkten vom Mai
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>> Sozialdemokrat«<, es gibt eine Reihe von eine Politik des Gleichgewichts Nun ist unverkennbar, daß sich heute 1935 zugrundeliegt, durch die Zerreißung tschechoslowakischen Staatsschriften über der Macht. Vor dem Kriege ist diese Poli- immer stärker vor diese fortschrittliche des Locarnopaktes, und vor allem durch die Grundlagen dieser Politik, so vor allem tik mit Hilfe von Blocks der Mächte geführt und demokratische Auffassung des europä- die Wendung zur nationalistischen Autardie Memoranden des früheren Außenmini- worden; bei der Konstruktion des Friedens ischen Gleichgewichts wieder die ältere kie, die die Rüstung und die damit verbunsters Beneš. Die Darlegungen in der von Versailles etc. hat man zum Völker Auffassung aus der Vorkriegszeit schiebt, dene Großmachtsambition >> Prager Presse<< gliedern sich in die Reihe bund gegriffen als zu einem schiedlichen und für die nur Großmächte Lebensberechti- Lebenszweck des deutschen Volkes macht. tschechoslowakischen Staatsschriften in Zukunft vielleicht dem einzigen Mittel für ein, sie müssen als eine autoritative Dar- die Erhaltung des Weltgleichgewichts zwiIII. Die Alternative legung des Regierungskurses gewertet schen den Großmächten Die sogenannten revisionistischen oder übrigen dynamischen Mächte, Deutschland und Ita- der deutschen Politik Staaten. Wenn es keinen Völkerbund geben lien, arbeiten systematisch darauf hin, die Man erwartet in demokratischen Län- wird, so wird es wieder eine Politik der fortschrittliche Auffassung zu zerstören. Das ist der Punkt, zu dem die tschechodern zunächst, daß solche Darlegungen Blocks geben dieses Dilemma läßt sich in Auf der anderen Seite kommt der englische slowakische Staatsschrift mit unwiderstehin den Parlamenten erfolgen, indessen ist keiner anderen Weise auflösen. Wir sind egoistische sehr licher Logik hinführt. hierin seit einiger Zeit eine bemerkenswerte und waren uns dessen immer bewußt, wir schlecht verstandener Egoismus Für uns als deutdieser sche Politiker, als europäisch denkende Wandlung erfolgt. Wenn man auf die letz- sind und waren daher für den Völ- Zerstörungsarbeit entgegen. Ein einziger Demokraten und Sozialisten erhebt sich ten Erklärungen der englischen Regierung kerbund, grundsätzlich und kon- Blick auf die europäische Lage von heute an diesem Punkte die Frage: muß im Unterhaus über ihre Politik blickt, so sequent, als ein System, das molehrt, wie weit die Zerstörung des Gleich- Deutschland notwendig Großerhält man den Eindruck, daß sie nur ralisch und politisch besser ist gewichts bereits gegangen ist ob man macht sein in dem Sinne, wie der Vergegeben worden sind, um den Zustand der als das System der Blocks.<< nun nach Spanien blickt oder aufs fasser der tschechoslowakischen Staatsprinzipienlosen Ungewißheit aufrechtzuUnd an anderer Stelle, die sich mit den Mittelmeer , Z umhlweiaumlhw umlhw schrift ihn auffaßt durchaus im Einklang erhalten, in dem der reine Empirismus deutschen und russischen Expansionsten- Mittelmeer, auf, Mittel- mit der Lehre von den großen Mächten, experimentieren will. In Frankreich hat es seit längerer Zeit ernsthafte Erklärun- denzen der Vorkriegszeit nach Osten und europa oder auf den Balk a n. die einer Zeit angehört, die schon histoFür den tschechoDie ernste Erinnerung dieser tschechoslo- risch überholt schien? gen über den außenpolitischen Kurs nicht Westen beschäftigt: >> Der Weltkrieg ist in dieser Hinsicht eine wakischen Staatsschrift an die Prinzipien slowakischen Politiker ist die Großmacht gegeben was wiederum Schlüsse auf die historische Grenz- des auf die Völkerbundidee gegründeten Deutschlands mit ihren expansiven Zielen Politik selbst zuläßt. Demgegenüber ist ungeheure die in Prag geübte Methode ein unver- scheide, eine der größten Begebenheiten Gleichgewichts wirft deshalb das Problem und Ambitionen eine gegebene Tatsache, für den hat der europäischen Geschichte. Er vom des dynamischen Revisionismus in seiner mit der er kennbarer und eindeutiger Norden Europas in südlicher Richtung eine ganzen Schwere auf. Man erkennt leicht: deutschen Politiker ist es eine Fortschritt so bemerkenswert es neuen selbes geht um den Frieden und die Demokra- Frage des Wollens und Sollens. an sich ist, daß ein Staat seine gesamte ganze große Zone von Staaten geschaffen und tie in Europa . Dies Zurückgehen auf die Der Zusammenhang zwischen der Politik, und mit seiner Politik die Grund- ständigen zur Machtmetalagen seiner Existenz in der Presse vertei- kleinere, schon bestehende Staaten dadurch Prinzipien gibt dieser Staatsschrift jenen Rückkehr Deutschlands innerer Wahrheit und physik der Großmacht und dem Siege der digt. Daß es sich um Verteidigung han- gestärkt, daß er sie national geeinigt hat. Da- Charakter tiefer den durch bedeutet er eine neue Phase der Ent- Wahrhaftigkeit, man den taktisch inneren Reaktion in Deutschland ist unverdelt, ist in diesen Aufsätzen offen ausgeSüdosteuropas. Die gemeinten Erklärungen des Empirismus kennbar. Unverkennbar ist auch der Zusprochen. Sie setzen sich mit Vorwürfen wicklung Zentral- und auseinander, die gegen die tschechoslowa- baltischen Staaten, Polen , die Tschechoslowa- nicht immer nachsagen kann. In Existenz- sammenhang zwischen der Lockerung der kische Politik erhoben werden. Diese Vor- kei, Rumänien , Ungarn , Jugoslawien , Bulga- fragen, wo es um Leben und Sterben geht, fortschrittlich aufgefaßten Gleichgewichtsabsolute Wahrhaftigkeit immer die ordnung in Europa und dem Vordringen würfe werden in diesen Aufsätzen im ein- rien und Griechenland , aber auch Oesterreich ist geprüft, und die sind heute politische Realitäten, mit beste Taktik, und für die Tschechoslowakei der Reaktion in anderen Ländern. Einer zelnen dargelegt und Summe dieser Vorwürfe richtet sich dage- denen auch Deutschland , Rußland und Italien wie für die kleineren Staaten Europas geht unserer Mitarbeiter, der vor kurzem den gen, daß die Tschechoslowakische Repu- rechnen müssen, und mit denen ganz Europa es um die Existenz, wenn das Problem des Südosten Europas bereist hat, hat hier an blik an den internationalen Grundsätzen und die ganze Welt rechnet. Redet man also dynamischen Revisionismus praktisch auf dieser Stelle eindringlich darauf hingewiesen, daß ein gutes Teil des Erfolges der festgehalten hat, die bis vor kurzem den von einem» Damm« gegen den Pangermanis- geworfen ist. In diesem historischen Inhalt des internationalen Rechts und der mus, oder gegen die Politik des Dranges nach nicht militä- deutschen Zersetzungsarbeit im Südosten Osten<<, so gibt man damit einfach den neuen risch- strategischem Sinne sieht sich die Europas auf das Wirken der eingeborenen Friedensorganisation in Europa ausgemacht haben, und die auch die Regierun- europäischen politischen Realitäten Ausdruck, Tschechoslowakei wie die Ordnung Euro- Reaktion fällt, deren reaktionäre Interesgen der Westmächte heute nicht vor ihren einer neuen europäischen Politik, die pas überhaupt heute einem Angriffe sen sich über die Existenzinteressen ihrer Völkern offen zu verlassen wagen. mit der Existenz der selbständigen Staaten gegenüber, und dieser Angriff geht Länder hinwegsetzen, die mit der demoDeshalb ist diese Oeffentlichkeit durch- in Zentral- und Südosteuropa rechnen muß, aus den» dynamischen« Mächten kratisch aufgefaßten Gleichgewichtsordaus zu begrüßen. Sie ist eine Rückkehr zu die ihre eigene selbständige Politik machen Deutschland und Italien .» Deutschland als nung in Einklang stehen. Denn diese Länund alle zum Aufbau des neuen europäischen Groß macht« gesunden demokratischen Prinzipien. Sie so heißt es in den Auf- der sind schließlich das Ergebnis eines Das be- sätzen der läßt erkennen, wie sehr die Tribüne des Gleichgewichtes beitragen wollen. » Prager Presse<>> treibt Kampfes des selbständigen Kultur- und trifft nicht nur Deutschland , sondern Völkerbundes aufgehört hat, die Stätte zu ist Freiheitswillens der Völker des Südostens, vor- seine Großmachtpolitik; es nehmlich Rußland, ebenso natürlich sein, von der aus die Regierungen Europas auch stark genug, sich selbst gegen wen immer die in mehreren historischen Absätzen ihre wahre Politik vor allen Völkern Euro- Italien . Von einem» Damm« zu reden ist da- zu verteidigen; es hat seine expan- zuletzt mit dem Ende des Weltkrieges pas offenlegen. Diese Erkenntnis weist her nichts Feindliches der Beleidigendes, siven Ziele und Ambitionen als sich von Herrschaftsverhältnissen befreit auf den Krebsschaden der Kabinettspolitik weder für Deutschland noch auch für die bei- Großmacht, wie solche alle anderen Groß- haben, in denen sie ausgebeutet wurden, Es sei einfach eine politische mächte auch haben.<< Es ist unverkennbar, von der Herrschaft der Türken, der Maund der Geheimdiplomatie von heute hin. den anderen. Tatsache, aus der man keine Feindschaft daß zu diesen expansiven Zielen und Am- gyaren und der habsburgischen Monarchie. zwischen uns und den Deutschen abzuleiten bitionen der Großmacht» Drittes Reich « Diese Staaten sind>> konservativ<<, das heißt braucht, über deren Vorhandensein sich aber wieder der» Drang nach dem Osten«, der undynamisch, sie müssen in Frieden nebenpolitischer Realist Illusionen machen Beherrschungswille gegenüber den Völkern einander wohnen, wenn sie nicht unterIn der Sache sind diese Aufsätze weit darf. des Balkans, das militärisch- strategische gehen wollen, sie haben keinen Raum für mehr als eine Darlegung der einseitigen In diesem Sinne hat man in der Tschecho- Streben nach dem Mittelmeer , der Druck Machtmetaphysik. Ihres Ursprungs und Politik der Tschechoslowakischen Repu- slowakei die neuen europäischen Verhältnisse in der Richtung Berlin - Bagdad gehören ihres Existenzinteresses wegen sind sie desblik. Sie zeigen die Stellung der Tschecho-| als Ende der früheren pangerma- kurzum die ganze Machtmetaphysik der halb an die demokratische Gleichgewichtsslowakei im europäischen Gesamtproblem, nistischen Politik oder der Politik alldeutschen Machtpolitik der Vorkriegs- ordnung gebunden. Das bedeutet aber sie lassen erkennen, welche prinzipiel des> Dranges nach Osten<, ebenso wie als zeit in ihrer Verbindung mit vermeintlichen auch, daß ihr inneres System im Einklang len Wandlungen in der europä- Ende wir betonen das sehr entschieden unbedingten Interessen der deutschen mit den Prinzipien dieser Ordnung sein ischen Lage seit 1933 vor sich geder früheren panslawistischen Volkswirtschaft und ihrer Entwicklung. Es muß. Wenn unter dem Einfluß des deutgangen sind. Damit werfen sie die ent- Politik des ehemaligen zaristi- ist heute unnötig zu erörtern, daß die schen Drucks in diesen Ländern die Kräfte scheidenden grundsätzlichen Fragen auf, schen Rußlands begriffen. Die offi- vermeintliche notwendige Verbindung zwi- der eingeborenen Reaktion stärker werden, vor die Europa heute gestellt ist, und zielle tschechoslowakische Politik das schen dieser Machtmetaphysik und objek- so wird damit die Sprengung dieser StaaInteressen sowohl in tiven wirtschaftlichen einer ten von innen heraus vorbereitet. Stärdenen der englische Empirismus geflissent- ganz loyal auch öffentlich
II. Das europäische
Problem
kein
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hat
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