Nr. 225 BEILAGE

Neuer Normärts

3. Oktober 1937

Geheimvortrag Rosenbergs

vor dem Offizierskorps der Wehrmacht

Amtlicher Vortrag des Reichsleiters Alfred Rosenberg über die weltanschaulichen Grundlagen des Nationalsozialismus

Wir setzen unsere Veröffentlichungen aus den geheimen Vorträgen fort, die von den Reichsleitern der NSDAP vor den Führern der Wehrmacht ge­halten worden sind. Diesmal veröffentlichen wir den Vortrag des Reichsleiters Rosenberg, der nicht minder als der Vortrag Himmlers die Geistfeindlichkeit des Nationalsozialismus aufweist dazu seine Herkunft aus den alldeutschen Ideen.

Wir haben in den letzten Wochen nicht erfaßt; denn das, was sich heute in ganz anschaulichen Blockbildung, nur eine wirkliche innere Ueberzeugungskraft ins selten aus dem Munde leitender Staatsmän- Europa abspielt, ist ja nicht nur ein äußer- mit dem Unterschied, daß die anderen Block- Leben zu treten vermag. Damit wird jedes ner gehört, daß diese sich auf das energisch- lich politisch- sozialer Machtkampf, bildungen, die als> abstrakte Weltanschau- Gesetz, das irgendwie dieses innere Leben ste dagegen verwahrten, an irgendeiner sondern ist tatsächlich eine sehr tiefgehende ungen hingestellt werden, eben nicht ab- eines Menschen berührt, nur dann wirkliche weltanschaulichen Blockbildung Auseinandersetzung mit einer ganzen Zeit- strakte Dinge sind, sondern unmittelbare, zum Erscheinung werden dürfen, wenn das Volk in Europa teilnehmen zu wollen. Sie erklär- epoche nach 1914 und darüber hinaus mit Teil sehr gefährliche, zum Teil rettende Tat- in allen entscheidenden Schichten bereits in­ten, eine solche Verschiebung der politischen den Wertungen und sozialpolitischen Sy- sachen unseres ganzen Daseins. Der Bol- nerlich für den Gedanken eines solchen Ge­Handlungsweise von unmittelbar politisch- stemen vor 1914. schewismus ist nicht eine abstrakte setzes bereit gemacht und innerlich gewon­wirtschaftlichen zu weltanschaulichen Bin­dungen sei unverträglich mit der bisher ein­gehaltenen Politik und könne Europa in ganz unabsehbare Konflikte hineinbringen.

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Wenn zugleich die gleichen Staatsmänner Theorie, sondern er ist eine politische und nen worden ist. Deshalb ist es die entschei­die großen Demokratien des Westens auf- weltanschauliche Gegebenheit unseres Jahr- dende Stunde bei jeder großen Revolution, ob rufen, um gegen diese einsetzenden Front- hunderts, und der Nationalsozialis- sie die Kraft hat, sich gegenüber einer ge­Die bildungen zu protestieren, so sind sie dabei mus neben allen anderen autoritären Bestre- schichtsfeindlichen linken Herren, die das im Jahre 1936 aussprachen, inkonsequent; denn der Aufruf zur demokra- bungen in Europa ist auch nicht mehr eine Flanke zu wehren, oder ob sie diesem An­haben offenbar die tieferen Beweggründe in tischen Weltanschauung und zum demokrati- Theorie, sondern ist eine Tatsache der gesam- sturm nachgibt und schließlich dann erst den Handlungen der letzten zehn Jahre, das schen Prinzip des Staates ist ja auch ten europäischen Geisteswelt und der euro - nach vielen Jahrzehnten wenn sie über­Wesen dieser Ereignisse noch nicht richtig schon ein Versuch einer welt- päischen Politik. haupt noch eine Kraft hat zu dem zurück­kehrt, was sie am Anfang erstrebte. Das Christentum trat in die Weltgeschichte auch nicht als ein absolut fester, politisch fester Kern ein, sondern die ersten Jahrhunderte der christlichen Geschichte sind ja gekennzeichnet durch die riesigen Machtkämpfe um das ganze Mittelmeer zwischen einem ganzen Dutzend von Sekten, der Donatisten - der Montanisten, der Arianer, der Nestorianer usw., wie sie sich auch nennen mögen, so daß erst eine spätere Zeit sicher feststellen konnte, was

NSDAP und konservative Kräfte

Ideologische Blockbildung

Deshalb erscheint uns dieser Aufruf an die Geistigkeit der Demokratie etwas verspätet. Ein Aufruf, der vor 80 Jahren vielleicht noch ungeheuren Erfolg gehabt hätte, ist heute nahezu wirkungslos verpufft, und zwar vor allen Dingen deshalb wirkungslos geblieben, weil eine dieser sogenannten großen Demokratien des We­stense bereits mit dem Bolsche­wismus einen Pakt, und zwar einen militärpolitischen Pakt abge­schlossen hat. Die Blockbildung ist also gar nicht vom befehdeten Nationalsozialismus ausgegangen, sondern von der anderen Seite, und die Hüterin der Demokratie hat sich die­sen abgleitenden Kräften ergeben: sie hat mit ihnen einen Pakt abgeschlossen.

Somit ist die Demokratie eigentlich heute schon in ganz Europa als politische Ge­

Ich glaube, wer diese 15 Jahre innerlich be- Deshalb ist es für jeden, der Geschichte teiligt, ganz gleich auf welchem Felde zu begreift oder in einer Bewegung lebt, die sich nächst, mitgemacht hat, wird heute in stei- zweifellos anschickt, Geschichte zu gestalten, gendem Maße das Gefühl haben, daß wir selbstverständlich, daß man eine große Revo­

nicht nur inmitten einer Revolution unter lution nicht in wenigen Jahren für beendet

vielen anderen leben,

erklären kann, sondern daß dieser Prozeß sondern daß heute ein Umbruch der Zeiten nach der politischen und sozialen Spanne in sich vollzieht, wie er vielleicht alle 500 oder eine neue Epoche eintritt. Hier möchte ich 1000 Jahre in der Geschichte vorkommt. gleich folgendes sagen: Wenn die national­Nur einmal ist ganz Deutschland innerlich sozialistische Bewegung gegenüber manchen so mitergriffen, mitgerissen worden: vor 400 Jahren zur Zeit der deutschen Refor­mation. Und dann weiter vielleicht vor 1000 Jahren, als das Christentum eine radikale Aenderung des germanischen Lebens mit

sich brachte.

derm

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der eigentliche Kern war und was die Sek­tiererbewegung in dieser großen Entwicklung darstellte. Als Luther seine Reformation be­gann, sah er sich schon in den ersten An­fängen gezwungen, gegen die Schwarmgeister, gegen die Wiedertäufer und gegen hysterische Messiasse aufzutreten, und die Furcht, daß

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J

also

Forderungen, die über dieses Gebiet hinaus­gehen, auf Widerstand seitens jener Kreise gestoßen ist, die das kulturelle, geistige, welt­anschauliche und religiöse Leben des deut­sche Volkes bestimmten, so sehen wir das seine Reformation in einem Sumpf derartiger nicht als eine Unnatürlichkeit an; wir emp- Hysterie und Schwärmerei landen könne, hat Wir begreifen, daß in einem solchen Pro- finden es auch gar nicht zutiefst als schmerz ihn ja dann auch innerlich gezwungen, sich zeß, der nicht in drei oder vier Jahren durch- lich, sondern wir erblicken in diesem manch- mit dem deutschen Fürstentum zu verbinden, geführt werden kann, viele Menschen diese mal von besten Charakterkräften getragenen um die deutsche Reformation, wie er sie ver­in ihren politisch- sozialen Forderungen, son­revolutionäre Bewegung nicht nur vielleicht Widerstände auch eine Ausleseforderung an stand, überhaupt zu retten. Die französische dankenwelt und als weltanschaulicher Hin­uns selbst. Denn es mag sehr wohl vorkom­auch in ihrer Charaktergrund- men, daß inmitten einer großen revolutio- klärung, in der der Adel auf seine Rechte ver­Revolution begann mit einer generösen Er­tergrund dieser Gedankenwelt abgestorben. lage und in ihren sonstigen Wertun- nären Welle auch manche unkontrol- zichtete. Aber es zeigte sich sehr bald, daß Wir glauben, daß es sich in dieser ganzen gen nicht ohne weiteres mitzumachen in der lierbaren Stimmen laut werden, daß Konstellation zwar auch darum handelt, daß Lage waren. Wir wissen sehr wohl, daß über- hier und da vielleicht Handlungen vor ker waren als die Kräfte der demokratischen die ungehemmten jakobinischen Kräfte stär­dem Bolschewismus eine neue Idee in Deutsch - all in deutschen Ländern Familien- sich gehen, die vielem Wertvollen, was auch Mitte, und so ging die französische Revolution land, zum Teil auch in Italien und in anderen traditionen bestehen, die eine Bindung wir gar nicht übersehen wollen und sollen, in einer Kaskadenlinie vor sich bis zum jako­Staaten, gegenübergestellt worden ist, daß es durch Jahrzehnte und Jahrhunderte hindurch widersprechen. Deshalb erscheint uns diese in diesem großen Konflikt aber nicht nur bedeuten, daß mit diesen Traditionen binischen Blutrausch, über die napoleonische sich konservative Kraft als ein Auslese- Diktatur zur Restauration, und erst um das darum geht, daß Nationalsozialismus und eine bestimmte Gedankenwelt, ein bestimm- prinzip uns selbst gegenüber, und wir werden Bolschewismus sich als Todfeinde gegenüber tes soziales Gefüge verbindet, die ein Mensch, danach trachten, das was unabänderlich fest- nach 40 Jahren, kehrte diese Gedankenwelt Jahr 1830 so kann man wohl sagen stehen, sondern, daß man den Schnitt noch der auf Geschichte und auf Tradition hält, stehen muß, zu erhalten und durchzusetzen, wieder ins Innere Frankreichs zurück und be­anders ziehen muß, und zwar so, daß der nicht ohne weiteres von sich zu werfen ver- das aber, was vielleicht stellenweise sich als stimmt seit dieser Zeit, wenn auch mit Un­Bolschewismus nicht nur uns bekämpft, son- mag selbst nicht angesichts tief erschüt- tagesbedingt erweist, wieder auszu dern daß er tatsächlich einen Generalangriff ternder politischer Ereignisse in seinem Va- scheiden. terbrechungen, den französischen Lebensstil. gegen Gesamteuropa, gegen seine gesamte terlande. Wir wissen, daß Deutschland , seit Die» linke Flanke«< Auch wir haben in den Kampfjahren man­kulturelle und politische Tradition, gegen vielen hundert Jahren aufgeteilt in viele che Flankenkämpfe durchzuführen gehabt. sein gesamtes Dasein überhaupt eröffnet hat. Fürstengeschlechter und Länder, des Nationalsozialismus Das , was mit dem Namen» Schwarze So wird heute etwas offenbar auch für jene, Heimattraditionen und dynasti- Wenn wir so nach dieser einen Seite der Front« in Deutschland zusammengefaßt die abseits des politischen und weltanschau­sche Ueberlieferungen gezüchtet Vergangenheit, der Ueberlieferung gegenüber wurde, war eine Summierung aller jener po­lichen Kampfes stehen, was wir schon vor hat. Fast jeder ist hier irgendwie gebunden ein solche Stellung einnehmen können, so wis- litischen Sektierer, die da glaubten, den na­17 Jahren am ersten Tage unseres Kampfes an ein Fürstengeschlecht und sein Wirken, sen wir sehr wohl, daß wir eine viel schärfere tionalsozialistischen Gedanken Adolf Hitlers glaubten aussprechen zu müssen: daß näm- und die kulturellen Ueberlieferungen in Bay- Abgrenzung nach einer anderen Flanke, nach besser begriffen zu haben als er selber, die lich der Bolschewismus nicht nur unmittelbar ern, in Westfalen oder sonstwo sind starke der linken Flanke der Bewegung, zu jede Woche mit neuen>> weltanschaulichen< eine politisch- soziale Kampfbewegung dar- Mächte der Erhaltung und der Zurückhaltung ziehen haben. Jede große Revolution ist be- Konsequenzen auftraten und fast alle stellt, sondern in seiner tiefsten Ursache nur gegenüber manchen revolutionären Ereignis- gleitet von Menschen, die glauben, daß der zwei bis drei Monate nach einem ein äußeres Symbol dessen ist, daß eine alte sen. Schließlich spielen die unmittelbaren neu ausgesprochene und geformte Gedanke neuen Putsch verlangten. Zeitepoche zu Ende geht und die Kräfte, die weltanschaulichen und kulturel- nunmehr möglichst schnell mit allen seinen diese Kräfte, die eine Zeitlang innerhalb der Gegen früher das Leben bestimmten, zu schwach len Kräfte noch eine entscheidende Rolle, Konsequenzen in die Wirklichkeit umgesetzt Bewegung selbst tätig waren, haben wir uns waren, dieser neuen Welle entgegenzutreten, die über Familientradition und Heimatgefühl werden müsse. Das sind Menschen, die weder zur Wehr gesetzt und sie ausgeschieden, was, und daß Deutschland , als damals unterlegener hinweg noch eine feste Bindung der Menschen die Geschichte noch das Leben begreifen, die glaube ich, auch einen Ausleseprozeß des po­und deshalb von Krisen besonders geschüttel- an die Vergangenheit in dem Sinne bedeutet, nicht einsehen können, daß ein äußeres Ge- litischen Kampfes darstellte, für uns selbst ter Staat, zu allererst vor das Entweder- Oder daß diese Vergangenheit auch hinübergetra- setz der Politik zwar durchgeführt werden eine neue Ueberprüfung dessen, was wir woll­seines Daseins gestellt worden war. Diese gen werden soll in die Gegenwart und in die kann, daß eine Forderung an den inneren, ten, bedeutete, und schließlich auch Erkenntnis, daß die politischen und geistigen Zukunft. Mächte auch der Vorkriegszeit zu schwach waren, innerpolitisch diese Untergangsbewe­gung zu bekämpfen, zeigt uns ein hartes,

ehernes Gesetz der Geschichte; daß eine

mußte.

Die konservativen Kräfte

überall

charakterlichen Menschen aber nur durch Charakterstärkung für uns alle bildete.

Der Kirchenkampf

eine

Macht, die vor innerpolitischen Gegnern kapi- Das, was wir auf dem politischen Gebiet, und religionspolitischen Konse- und eine notwendige Fortführung der natio­tuliert, unfähig ist, eine neue Zukunft zu ge- in diesen Jahren erlebten, hat sich nun auch quenzen ziehen müsse. Auch hier haben wir nalsozialistischen Revolution. Der Herr, der stalten und deshalb zum Untergang reif sein auf weltanschaulichem Gebiet nach erklärt und es ist mir ein Bedürfnis, das diese Bewegung führt, und der die NSDAP 1933 besonders deutlich eingestellt. Nachdem in ihrem Kreise auszusprechen-, daß wir als ein Piedestal für seine Bestrebungen aus­nun der politische Kampf entschieden war, gegenüber diesen weltanschaulichen Sektie- nutzen wollte, ist aus der Partei ausgeschie­haben sich verschiedene Einzelpersönlichkei- rern genau die gleiche Stellung einnehmen, den, hat aber seine Tätigkeit im großen in Aus diesem Grunde setzte bei dem uner- ten, verschiedene sektiererische Gruppen nun- wie wir sie gegenüber der politischen Sek- der gleichen Form weitergeführt, jedoch ohne bittlichen Kampf Adolf Hitlers gegen den mehr, da sie sich politisch nicht mehr be- tiererei der> Schwarzen Front<< einnahmen. jegliche Bindung mit der nationalsozialisti­Marxismus und alle seine Begleiterscheinun- tätigen konnten, auf das kulturelle Gebiet, Es gibt da eine Gruppe, die das Chri- schen Bewegung. Es gibt eine andere Auf­gen doch auch zugleich ein Versuch einer auf das weltanschauliche Gebiet geworfen und stentum mit einer gewissen fassung, die ebenfalls aus bestimmten väl­tieferen Wertung der inneren Ursachen ein, haben gefordert, daß der Nationalsozialismus| Klopfgeisterei verbindet und die kischen Bekenntnissen heraus heute in der warum denn diese starke Kraft des Unter- aus seinem bestimmten Gedankengehalt her- erklärt, dieses Klopfgeist- Christentum sei die Vergangenheit sucht nach jedem frei­gangs Herr werden konnte in Deutschland . aus nun auch seine weltanschaulichen letzte Konsequenz der Tat Martin Luthers maurerischen Urteil der letzten