Her Sturm auf die IJniTersItät Der Personalreferent und Reidisdozentenbundsführer will die Hodischul- reTolution Tollenden— Das Fähnlein der legten Aufredifen ror dem Ende
Personalreferent im ReichskultunninL sterium ist jetzt ein Ministerialdirektor Professor Dr. Schulze. Ohne seine Zustimmung erfolgt keine Berufung und Versetzung von Hochschullehrern an den deutschen Universitäten mehr, und man braucht kaum zu erwäh nen, daß er zugleich SS-Brigadeführer und Reichsdozentenbundsführer ist. Ueber jeden einzelnen Professor besitzt er in seinem Berliner Amtszimmer ein umfangreiches Dossier, das über das politische Vorleben und die nationalsozialistische Zuverlässigkeit des Lehrstuhlinhabers oder des Anwärters genauen Aufschluß gibt. Dieser Professor Schulze arbeitet zugleich aufs engste mit dem NS-Studentenbund und seinen Gliedern zusammen, was in der Praxis bedeutet, daß die Organisation des Spitzel- und Denunziantennetzes an jeder deutschen Hochschule gesichert ist. Wenn ein solcher Schulze, wie er es eben vor einem Schulungslager von Medizinstudenten auf Burg Vogelsang tat,»wichtige programmatische Ausführungen« macht, so weiß man, daß sie Vorboten einer neuen Aktion zur»Re- formierung« der Hochschulen sind. Der Referent war darin nicht zurückhaltend. Die Stunde sei da, so sagte der Redner, wo mit der seit der Machtübernahme keineswegs ganz verschwundenen»Ueberheb- lichkeit gewisser Professoren mit liberali- stischen Gedankengängen« endlich Schluß gemacht werden müsse. Man dürfe nicht vergessen, daß die nationalsozialistische Revolution nicht nur ohne, sondern sogar gegen die Wissenschaft gemacht worden s e L Heute, nach fünf Jahren, müsse man, so rief der Redner unter dem stürmischen Beifall seiner enthusiasmierten Hörer aus, endlich offen bekennen, daß bei der Ver. wirklichung des Rettungs Werkes des Führers, eine staatliche Einrichtung, nämlich die deutsche Hochschule und ein Teil ihrer Träger, versagt hätten. Die Stunde sei gekommen, in der man, nach allzulangem Zögern, die Universitäten zu rein völkischen Lebensschulen machen müsse. Was das für einen SS-Brigade- und Reichsdozentenbundführer bedeutet, bedarf keiner Erläuterung. Es geht um die Stabilisierung des Grundsatzes, daß, wörtlich nach Schulze, künftig nur noch jene deutsche Wissenschaft Anrecht auf diesen Ehrentitel besitzt, deren Lehrtätigkeit und Forschungsarbeit»unmittelbar dem deut schen Volke nützt«. Da das deutsche Volk in der diktatorischen Gleichung mit Nationalsozialismus identisch sein muß, so bedeutet das, daß alle Resultate der deutschen Wissenschaft die Erkenntnisse Hit-
[lers, Rosenbergs(und selbstredend auch die des Mathematikers Schulze ) bestätigen müssen, wenn die Träger der Wissenschaft eine Bleibe an den Hochschulen des Dritten Reichs behalten wollen. Schulzes Parole ist schlicht und unmißverständlich; »Selbstverständlich können der Staat oder die Partei der Wissenschaft nicht Befehle erteilen, wohl aber wird man zu verhindern wissen, daß man mit der Wissenschaft Schindluder treibt«. Um ein praktisches Beispiel anzuführen: wenn demnächst Professor Müller in chemischer Analyse feststellt, daß das aus Eicheln und Kastanien gewonnene Oel, Produkt deutscher Bäume, eine wertvolle Bereicherung der menschlichen Ernährung im Geiste des Vier-
len, seine Ideen und seine welt- a n s oh a u 1 i o h e n Grundlagen i g n o- risierten. Auf sie hat man natürlich ein besonderes Augenmerk. Man sammelt Material und greift ein, wenn es im Zusammenhang mit dem, was der Keichsdozentenbun- desführer und Ministerialdirektor Dr. Schulze bereits in den Akten hat, endlich zur Entfernung ausreicht. Dieser interessante Blick in die Interna der Hochschulpolitik des Dritten Reiches wurde aber von dem Redner auf Burg Vogelsang noch erweitert. Man will allent. halben entfernen, reinigen, ausrichten— aber man hat keinen ausreichenden Ersatz. Schulze verlangt von Dozenten die Mithilfe an der Auf
stellung eines Vierjahresplanes,»um den jahresplanes ist, so bekommt er von jfühlbaren Mangel an qualifi- Schulze Note eins, weil er die vom Dritten zierten Dozenten zu behebe n«. Reich gestellte Aufgabe»bestanden« hat.| Die ausgelaugte deutsche Universität, Konstatiert er das aber nicht— dann deren beste Repräsentanten man teils verGnade ihm! Er gehört zur Lehrerschaft jagt, teils mundtot gemacht oder geistig »artfremden Denkens«, ein Exempel libe- j sterilisiert hat, kann selbst unter der ralistischer Skepsis, die sich mit den, nationalsozialistisch geschulten studenü- Wahrheitsgehalt der neuen völkischen sehen Jugend keinen genügenden Ersatz Lebensachule nicht länger verträgt, j mehr finden, obwohl von der Dozenten- Schulze fordert seine studentischen Hörer, schaft kaum etwas anderes verlangt wird, unverblümt auf, solche Lehrer ais die nationalsozialistische Lehre und durch Niedertrampeln und Erziehung zum Objekt von»Wissenschaft« Boykott zur Abdankung zu zu machen.
deutsche Wissenschaft gemacht worden ist, so muß man sich fragen, ob nicht bereits ein TeU der höher qualifizierten studentischen Jugend Ekel und Haß gegenüber den Zerrbildern deutscher Wissenschaft von heute empfindet. Freilich, von solchen Empfindungen bis zur aktiven Teilnahme qpi Kampf um die geistige Freiheit ist der Weg noch weit. Aber sie gehört zum ewigen Anrecht junger Menschen und kann durch Gewalt nicht lange unterdrückt werden. Trotz aller Müllers und Schulzes und trotz aller für tausend Jahre stabilisierten Wissenschaftslehren kommt die Stunde, wo auch die deutschen Universitäten nach alter historischer Tradition zu den Aufmarschgebieten des deutschen Freiheitskampfes wider Unrecht und Finsternis gehören werden. Howald.
zwingen. Er selber möchte in seiner Eigenschaft als Personalreferent des zuständigen Ministeriums vor der letzten und vollkommenen Auskämmung der deutschen Hoch. schulen noch gewisse Spielregeln gelten lassen. Er unterscheidet vier Kategorien von Dozenten: 1. Die Männer, die schon vor der Machtergreifung den Weg zum Führer fanden, sie sind die Stützen der nationalsozialistischen Universität und die Vorbilder für die Studenten. Leider ist, nach Schulzes Feststellung:, ihre Zahl immer noch»erschreckend g e r 1 n g«. 3. Die früher»unpolitischen« Professoren, die sich aber nun»bemühe n«, den Anschauungen des Staates zu folgen und»danach zu leben und danach zu lehren«. Diesen Reuigen gelte»die besondere Mühe und Aufmerksamkeit der Reich s- dozentenbundsführun g«, um sie bei der nationalsozialistischen Wahrheitsfindung zu unterstützen. 3. Diejenigen Hochschullehrer, die zu a 1 1 seien, um noch umzulernen. Hier kann man nicht viel bessern. Die einzige Hoffnung ist eine beschlennigte Emeritierung, worum das Ministerium dauernd offiziell und inoffiziell bemüht ist. 4. Die immer noch nicht gänzlich ausgerotteten Dozenten, die— bewußt oder unbewußt— den neuen Staat, sein Wol-
Man kann die Ursachen des Nachwuchsmangels, Gegenstand von Notschreien aller deutschen Universitäten und Fakultäten, in verschiedenen Richtungen suchen. Die Hierarchien der Uniform, von der Wehrmacht zur SA und SS, sind für große Teile der militarisierten deutschen Jugend bessere soziale und politische Zukunftsgaranten im absoluten Staat, als der allzu zivile Katheder, wo man von der Gefahr geistiger Bewußtseinsspaltungen umwittert ist. Wenn Professor Schulze unbedingt»Qualität« vom Dozentennach- wuchs fordert und sie so sehr entbehrt, so entsteht die penible Frage, ob sich Qualität und die primitiven Postulate nationalsozialistischer Weltanschauung und Wissenschaft überhaupt in eine fruchtbare Vereinigung miteinander bringen lassen. Sind die Ergebnisse der Rassenlehre schon durch Parteibefehl vorweggenommen und ist die führende Leistung des nordischen Menschen die allein gültige Geschichtsauffassung, dann ißt der Entfaltungsraum für Qualität sehr beengt, und Schulze fordert mehr, als man billigerweise verlangen kann. Sollte es noch eine andere Erklärung dafür geben, daß Hochschullehrstühle von der Jugend des Dritten Reiches nicht mehr begehrt werden? Wenn nach Schulzes Zeugnis die braune deutsche Revolution, nicht nur ohne, sondern sogar gegen die)
Erträglidier und ansprudis« loser Sdiwadislnn >... Das Gesetz zählt die einzelnen Krank. hateo und Belastungen auf, bei deren Vorliegen die Fortpflanzung unter allem Umständen untragbar ist, weil die Vererbung der Krankheit oder Belastung auf die Nachkommen mit höchster Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann. Trotzdem hängt auch hier, wie z. B. der im Gesetz genannte schwere erbliche Schwachsinn zeigt, die Entscheidung von dem Maßstab ab, nach dem man Erträglichkeit und Unerträglichkeit einer Belastung erblicher Art beurteilt«(der Schwachsinn zeigt 1. die Entscheidung, 2. den Maßstab). »... Denn die Schwachsinnigen stelltenbilligeundanspruchslose Arbeitskräfte, die gerade für mechanische Arbeiten(Autostraßen?) sehr bequem seien, und sie seien als Arbeitnehmer wie als Staatsuntertanen eben auf Grund ihres Schwachsinns eine bequeme und friedliche Menschengruppe... Für den nationalsozialistischen Standpunkt ist selbstverständlich, daß wir von einer»Bewährung im Leben« nur dort sprechen können, wo über das bloße Hinvegetieren hinaus eine wirkliche Teilnahme am Leben(Sammelbüchse?) und an der Nation (Pfeifendeckel?) vorhanden ist, und als Maßstab für eine solche Bewährung muß meines Erachtens verlangt werden, daß die geistigen Kräfte für die(im Original alles gesperrt) Erfüllung der Wehrpflicht beim Mannundfür die Aufzucht brauchbarer Kinder bei der Frau ausreichen«(Walter Groß , Leiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP , im»Völkischen Beobachter«),
Wer ist gemeint? »Reden erhöhet der Menschheit Geschlecht Hoch über die Tiere! Sprichst du ohne Vernunft, Stehet das Tier dir voran—!« (»Weatdeutscher Beobachter.«)
Die Sintfluht Deutsches Geld rollt durch die Welt. Hier die Peitsche, dort ein Süppchen, hier ein Standort, dort ein Gruppe ben. Deutsches Geld rollt durch die Welt. Von der Maas bis Tanganjika , von Athen bis Costarica werden Wechsel ausgestellt. Deutsohes Geld rollt durch die Welt. Deutsches Geld rollt durch die Welt. Staatsbesuch mit Jagdbegleitung, Rundfunk, Spitzel, Auslandszeitung. Deutsches Geld rollt durch die Welt, rollt in tausenden Kanälen, Judasgroschen, nicht zu zählen, Schmiergeld, Blutgeld, Schwelgegeld, deutsches Geld rollt durch die Welt. Deutsches Geld rollt durch die Weit. Deutschland selbst verdirbt indessen, Fett aus Kohle— Eintopfessen. Deutsches Geld rollt durch die Welt. Jedem rollt es in die Kassen, der beim Morden, Stehlen Hassen sich den Spendern zugesellt. Deutsches Geld rollt durch die Weit. Deutsches Geld rollt durch die Welt. Hier ein Mord und dort Zerstörung, hier ein Krieg und dort Verschwörung. Deutsches Geld rollt durch die Welt. Deutsche Bomben und Granaten, Schlachtfeld, von Finanzmagnaten mit dem goldnen Pflug bestellt, deutsches Geld rollt durch die Welt.
Deutsches Geld rollt durch die Welt, rollt nach Spanien , Palästina, rollt nach Japan , rollt nach China . Deutsches Geld rollt durch die Welt. Und im Schatten der Kanonen tagen fünfzig Kommissionen, tagen bis das Haus zerschellt und die Weit in Stücke fällt. H— n
Die neue Ansländerei Es nützt nichts, daß Film und Theater drüben nach Manuskripten schreien, die»bei uns« spielen— die Flucht ins Ausland ist zur großen Mode geworden, zumal die Flucht in die Vergangenheit beim Publikum reichlich unbeliebt ist. Keiner wagt, auch nur einen Gesellschaf tasch wank, geschweige denn einen problematischen Stoff auf deutschem Boden spielen zu lassen. Einer will ein Lustspiel—»Der Unersetzliche« nennt es sich— um das Schiebertum schreiben, er verlegt es nach England. Der Autor tobt sich in dieser Freihedt darauf aus, daß eine Beleidigung des englischen Volkes aus dieser unmöglichen, verblasenen»Satire« wird. In Deutschland darf ja auch nicht der Versuch einer anti kapitalistischen Komödie unternommen werden, der Versuch träfe das Dritte Reich. Mitte Oktober stieg im Leipziger Schauspielhaus eine Uraufführung zur Feier der »Gaukulturwoche«. Was kommt auf die Bretter? Selbstverständlich ein In Leipzig gedichtetes Auslandsstück: es heißt auch gleich»Die Ausländerin«. Eine Niete, konstatieren einige Blätter vorsichtig.
Eine Woche später wurde im Berliner Staatstheater die Uraufführung eines Schauspiels von Billinger gestartet. Ein Bauernstück mit Weibsteufelei, mit unehelichem Kind der Bauern tochter, mit»sündiger Liebe« zwischen Magd und Gutsbesitzer. Könnte überall spielen, wo es Bauern gibt. Wo aber rollt die ungekonnte Bühnenballade ab? Selbstverständlich in Mähren , auf tschechischem Grund. Kein deutscher Autor könnte wagen, Blut und Boden zu schänden und deutsche Bauernmädchen gierig, sinnlich, animalisch zu zeigen. Das gibt es nur woanders. Im Dritten Reich gibt es nicht einmal mehr die Liebelei begüterter Nichtstuer. drum mußte auch die Handlung des neuen Filmes»Der Unwiderstehliche« nach Frank reich verlegt werden.»Klugerweise«, schreibt das Königsberger Naziblatt naiv,»denn irgendwie wird es auch den beiden Dreh- buchverfassem zum Bewußtsein gekommen sein, daß diese Dinge— so nett sie anzuschauen und anzuhören sein mögen— nicht ganz zu uns passen...« Jedoch der Film muß sich bezahlt machen und das Publikum will buntes Leben sehen, drum kommt prompt der empfehlende Dreh; »Aber damit kommen wir dem Zweck und Sinn eines solchen Films schon näher: Er will ja gar kein wirkliches Leben widerspiegeln, sondern uns ein reizendes Märchen erzählen, ein Märchen, wie es Backfischherzen und Jünglingshirne erträumen, und die Aelteren mit einem überlegenen Schmunzeln zur Kenntnis nehmen. So gesehen, verzichten wir auf logische Maßstäbe...« Nur darf selbst ein solches»Märchen« nicht in Deutschland spielen, weil dem Volke
der Glaube suggeriert werden muß, daß es solche Liebelei und lockere»Unsdttlichkeit« nur im demokratischen Ausland gibt, nicht aber dort, wo Pfarrer dauernd über die hone zahl der geschwängerten BDM -Mädchen klagen und wo che Göbbels und Göring in Lustgärten rauschende Feste geben, mit bengalischer und noch weniger Beleuchtung, mit lauschigen Lauben, weiblichen Pagen, Tänzerinnen und Nymphen. Diese vier Aufführungen stammen allein aus der Mitte des Oktober. Von der Schwank- und Operettenproduktion soll dabei abgesehen werden. Auch da herrscht die Flucht Ins Ausland. Naziblätter mokierten sich vor einiger Zeit darüber, daß im deutschen Kabarett und Varietä noch immer die Sucht triumphiere, auf dem Programm mit ausländischen Namen aufzuwarten. Aber auf fünfzig Prozent aller deutschen Theaterzettel wird man nur die Maurice und Jean, die Charles und James, die Ciaire und Jane gewahr. Das deutsche Volk, lächerlich überfremdet von gleichgeschalteten Literatentum, taucht nur noch in langweiligsten»soldatischen« Stücken, Bluboakten oder Dramen von ehedem auf. Eine neue Art Ausländerei, die die Vorstellung des deutschen Volkes von der Welt völlig verzerren hilft, macht sich breit. Man stiehlt Namen und Orte des Auslandes, um dem Publikum jene Lebensbuntheit zu bieten, die es im Dritten Reich nicht geben darf und ohne die jede Art Schaubühne abstirbt. Das wirkliche deutsche Volk muß in seinen Lebensäußerungen für die deut sche Literatur nach Hitler erst wieder entdeckt werden. Br,