Die erwimsielile Per«oik Sozialisten, Wissenschaftler und Künstler, die auf Grun -d der Ausbürgerungsbestimmungen aus dem Reichsverbande aus- gestossen werden, bezeichnet die Rechtssprache als ,, unerwünschte Personen". Die gesetzlichen Bestimmungen heben insonderheit solche Leute hervor, die die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach dem 1. Juli 1914 erworben haben. Dass man auch Milde walten lässt, zeigt folgender Fall, den wir dem Beschluss— 1 RB 287-36— des Reichserbhofgerichtcs entnehmen. „G. habe von 192Ü bis 1926 in P. als „Rittergutsbesitzer" gelebt und sich Chauffeur und livrierte Diener gehalten. Bei seiner Rückkehr nach P. habe er sich als alter Kämpfer der Partei aufgespielt, habe sich dann aber, mit der Führung eines SA-Sturmes beauftragt, eine Reihe von Verfehlungen zuschulden kom men lassen, sich auch einen höheren Dienstgrad, als ihm zugestanden habe, beigelegt. Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus sei er erster Bürgermeister in P. geworden, habe sich aber nicht halten können, weil sich in den Gemeindekassen Fehlbeträge herausgestellt hätten, die nach den Akten des Bezirksamtes schon bis in die Zeit vor dem Inkrafttreten des Reichserbhofgesetzes zurückgingen. G. habe ferner wegen der Rückstände an Gemeindeumlagen und Steuern, insbesondere der Biersteuer fortgesetzt gemahnt werden müssen... Er habe Geld, das er als Bürgermeister für den Ankauf von Obstbäumen von Gemeindemitgliedern erhalten habe, nicht an den Verkäufer abgeliefert." Ja, und von diesem Herren, der ein so lustiges, parteiamtiches Leben führte, heissl es dann weiter: „Wann G., der früher englischer Staatsangehöriger gewesen sei, die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe, stehe nicht fest, angebich solle es 1932 geschehen sein." Gerade rechtzeitig genug, um der Segnungen des korruptionslosen Staates teilhaftig zu werden. Aber wohl gemerkt, man streitet sich mit ihm nicht darum, ob er wieder ausgebürgert werden solle, sondern es geht nur um die Feststellung, ob er erb- hoffähig ist oder nicht. Beinahe wäre er auch das noch geworden, denn: „Abschliessend hat das Anerbengericht ausgeführt, dass G. heute an seinem Besitz wie ein richtiger Bauer hänge und nach besten Kräften bemüht sei, das Anwesen ordentlich zu bewirtschaften". Dass die erwünschte Person nicht Erbhofbauer wurde, lag nur daran, dass er ein zweites Gut erwarb: „Den Erwerb des zweiten Gutes in H. hat es(das Anerbengericht) als unbäuerlich und kapitalistisch bezeichnet, da der Eigentümer sonst niemals sein P'er Anwesen derart belastet hätte, um ein zweites Gut zu erwerben." Etwas unterschlagen darf man schon, man darf nur von dem so erworbenen Gelde kein zweites Gut kaufen, wenn man ein richtiger Bauer bleiben will. Deutscher Volksgenosse bleibt man in jedem Falle. Ikie liarinloseii kBIlroi�enden Man schreibt uns: Der„Neue Vorwärts" veröffentlichte jüngst eine sehr berechtigte Warnung. Auf Grund von bitteren Erfahrungen, die nach dem Auslande reisende Deutsche nach ihrer Rückkehr ins Drifte Reich gemacht hatten, mahnte er zur Vorsicht bei der Auswahl des Quartiers. Volkshäuser, Hotels und Pensionen, in denen Emigranten verkehren, ständen unter Beobachtung von Spitzeln der Gestapo . Diese Warnung ist aber noch nicht ausreichend. Die Rückfahrer müssen sich auf der Heimreise vor Gesprächen in der Eisenbahn hüten, auch wenn sie nur entfernt politische Fragen streifen. Kürzlich fuhr eine Frau, die sich auf einer kurzen Erholungsreise in der Tschechslovakei befunden hatte, nach ihrer Heimatstadt nach Sach sen zurück. Kurze Zeit, nachdem der Zug , Prag verliess, kam sie mit einigen gut gekleideten Männern ins Gespräch. Es ergab sich wie von selbst eine Unterhaltung über die Zustände im Dritten Reich , das in aller Harmlosigkeit und unter scherzhaften Randbemerkungen geführt wurde. Gleich hinter der deutschen Grenze dreht einer der Männer den Rockaufschlag um zeigte seine Polizeimarke und erklärte di( Frau für verhaftet, weil sie„nichtsnutzig' Bemerkungen" über Führer und Reich gemacht habe. In der nächsten grösserer Grenzstadt wurde sie zum Aussteigen genötigt und ins Gefängnis geführt. Hier un ferzog man sie einem langen Verhör über Terror in Oberschlesien Spitzelet bis In«He Familien Aus Hindenburg wird uns berichtet: Die Abwehr der Preussagbelegschaf- ten gegen den Raubzug der Arbeitsfront auf die Sterbekassen hat die Gestapo auf den Plan gerufen. In der Zeit zwischen dem 15. Januar und 5. Februar sind auf den Preussaganlagen um Hindenburg fegen 30 Verhaftungen vorgenommen i worden, in drei Fällen sind Entlassungen erfolgt, und zwar von Angehörigen der Werkscharen, hier Grenzschutz, weil sie gegen die Schreier nicht eingegriffen haben. Die Verhafteten sind wieder in Freiheit, man hat ihnen nichts nachwei- sen können, dass sie in der fraglichen Versammlung Opposition getrieben iahen. Am 23. Januar hat man nun doch die Angliederung der Sterbekassen an die Arbeitsfront vollzogen. Der Ober- rcgicrungspräsident von Breslau hat eine Verordnung erlassen, wonach die Bctriebsst erbe hassen der Arbeitsfront angegliedert werden müssen. Die Belegschaften der Preussag wurden nach dem Kasino der Donners- marckhütte in Hindenburg berufen, d. h. nur die Amtsleiter und Vertrauensräte, wer sonst hinein wollte, musste sich durch drei Lohnbeutel und die Rentner durch die drei letzten Quittungen ausweisen, dass er seinen Verpflichtungen nachgekommen ist. Der SA-Sturm Hin- Jenburg wurde zur„Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung" eingesetzt, wirkliche Arbeiter aus den Betrieben der Preussag waren in sehr geringer Anzahl vertreten. Der Vertrauensratob- mann verlas die Verordnung des Oher- präsidenten, worauf die Abstimmung erfolgte. Da niemand dagegen stimmte, galt die Angliederung als angenommen. Dann erging sich Kreisleiter Bing in Androhungen gegen die Belegschaften wegen der„kommunistischen Umtriebe" in der Guidobelegschaftsversammlung, die ja keinen anderen Zweck verfolgte, als eben die Verordnung des Oberpräsidenten durchzuführen. Auf diese Weise ist die Arbeitsfront um 135 000 Mark Sterbekassengelder sämtlicher Preussaganlagen bereichert worden, nachdem man die Belegschaften betrogen hat und sie nicht mehr zur Mitbestimmung zugelassen hat. Die Opposition der Belegschaft der Preussaggruben im Falle der Sterbekassen hat noch weitere Folgen gezeitigt. Die Blockwarte in den Arbeitersiedlungen sind neu eingeteilt worden. Auf je fünf Familien wurde ein Blockimrt bestellt, der nun die Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass die Familienangehörigen alle Naziveranstal- tungen besuchen.Der Blockwart hat die Familie zur Kundgebung zu bringen und muss sich innerhalb seines Blockkreises aufhalten, bis die Kundgebung zuende ist. Es ist auch an diese Naziblockwarts der Befehl ergangen, über alle Vorgänge in den Arbeiterfamilien zu berichten, besonders, welche Radiosendungen sie hören. Interessant ist weiter die Feststellung, dass die fraglichen Verhaftungen der Arbeiter nicht bei Tag, sondern nur des Nachts vorgenommen wurden, wobei der Blockwart angeben musste, ob der Mann zuhause sei. Die Frauen wurden verpflichtet, über die Verhaftungen Stillschweigen zu bewahren. Die Gestapoabteilung in Hindenburg wurde mit vollkommen neuer Mannschaft ausgestattet, da angeblich die früheren Gestapospitzel versagt haben, weil sonst eine solche offene Opposition nicht möglich gewesen wäre. Infolge der Nahrungsmittelknapp- heit der letzten Wochen konnte man im Industriebezirk wieder die verschiedensten Aufschriften auf den Kohlenförderwagen bemerken. Eine Aufschrift, wiederholte sich immer wieder: Hitler gib uns Speck oder du musst weg!". Diese Aufschriften haben immerhin einen Erfolg gezeitigt, seit einigen Tagen ist in der Fettversorgung eine Besserung im Industriegebiet eingetreten, aus Gleiwitz und Beuthen wird berichtet, dass die vorhandenen Mengen direkt auffallen, nachdem gerade in diesen beiden Städten beim Schlangestehen nach Fett und Speck zahlreiche Verhaftungen von Frauen vorgenommen werden mussten. | Alle diese Erscheinungen werden innerhalb der Arbeiterschaft eifrig diskutiert und gerade die Vorgänge bei der Preussag so gedeutet, dass die Arbeiterschaft immer noch ein Faktor ist, roi ' dem die Nazis rechnen müssen. Betrogener Mittelstaiid Die Tatsache ist schon oft konstatiert worden; diejenigen, denen Hitler einst am freigiebigsten goldene Berge versprach, sind hinterher vom Regime mit am tiefsten enttäuscht und verraten worden. Der erste dicke Strich durch die Rechnung kam gleich 1933 als die versprochene Schliessung der grossen Warenhäuser, von der der kleine Einzelhandel sich goldene Berge erwartete, schleunigst in jener tiefen Versenkung verschwand, in die auch die Sozialisierung der Grossbanken, die„Brechung der Zinsknechtschaft" und viele andere schöne Propagandaschlager hinabsegelten. In der Zeit des„Kampfes um die Macht" redeten die Nazis ununterbrochen von der „Rettung des Mittelstandes", die sie vollbringen wollten. Vor allem: Rettung des Handwerks. Dem Handwerk müsse die „Ehre" und der„goldene Boden" wiedergegeben werden, gute deutsche Qualitäts- Handarbeit müsse an die Stelle des unpersönlichen, seelenlosen Maschinenprodukts und Massenartikels treten usw. Man kennt diese Phrasen. LTnd wie sieht nun der bisherige Endeffekt dieses edlen Strebens aus? Allein im Jahre 1936 haben 132 000 Handwerksbetriebe in Deutschland aufgehört zu existieren und die Zahl derer, die im Laufe des Jahres 1937 von der Bildfläche verschwanden, dürfte wahrscheinlich noch erheblich höher sein, denn allein im ersten Quartal 1937 waren es 40 968 Werkstätten, die geschlossen wurden, gegenüber 29 351 im ersten Quartal 1936. Wohlgemerkl: die zitierten Ziffern entstammen einer offiziellen nazideutschen Publikation, dem„Jahrbuch des deutschen Handwerks". All diese unzähligen kleinen Handwerksmeister, die grösstenteils einst Hitler jubelnd begrüss- ten, weil sie— töricht genug— von ihm Rettung vor der Gefahr der Proletarisierung erwarteten,— alle diese kleinen Handwerksmeister und selbständigen Werkstättenbesitzer, sie sind gerade vom Hitler-Regime planmässig und bewusst in das grosse graue Heer der Lohnsklaven hinabgestossen die mit ihrer Reise verbundenen Absichten und über ihre Beziehungen. Dabei handelt es sich um eine vollkommen unpolitische Frau. Sie befindet sich noch heute in Untersuchungshaft. Darum Vorsicht bei Zuggesprächen, auch wenn die Gesprächspartner, wie es in diesem Fall geschehen ist, mit ihrem ausländischen Pass Gutgläubige in Sicherheit wiesen und dazu noch behaupten, dass ihr Reiseziel vor der deutschen Grenze liege! worden. Warum? Kanonen sind eben nicht nur wichtiger als Butter, sondern.auch selbstredend wichtiger als alle sonst so laut gepriesene Handwerksherrlichkeit. Für die Aufrüstung und den ihr dienenden Vierjahresplan wurden in grosser Zahl handwerklich geschulte Arbeitskräfte gebraucht. Wer nicht freiwillig den Laden zumachen und als Lohnarbeiter in die Rüstungsindustrie gehen wollte, der wurde dazu kurzerhand gezwungen. Man machte das sehr einfach: Ueberall im Reich wurden die Handwerksmeister aufgefordert, sich einer erneuten Nachprüfung ihres Könnens zu unterziehen, gleichsam die Meisterprüfung noch einmal zu machen. Im Handwerk käme es ja bekanntlich auf höchste Qualität an und nur Leute mit besonders hohem Leisfungsstandard seien hier am Platz. Die übrigen würden für die Aufrüstung gebraucht. Die Prüfungen selbst waren meist reine Farce. Man sorgte schon hinreichend dafür, dass die erwünschte Anzahl Prüflinge durchfiel. Ihnen wurde die Erlaubnis zu selbständiger Ausübung ihres Berufs damit automatisch entzogen. Der Rüstungsbetrieb nahm sie auf. Sie sind Proletarier geworden, Lohnarbeiter. Und sie werden eines Tages— sobald die Rüstungskonjunktur vorbei ist— die Zahl der Erwerbslosen mehren. Mit der Stempelkarte in der Hand werden sie vor den Arbeitsämtern Schlange stehen und wehmütig Betrachtungen über den„Führer" anstellen, der einst gelobt hatte, sie mit starker Hand vor dem Absinken ins Proletariat zu schützen. Nebenbei gesagt: zahlreiche kleine Handwerksbetriebe sind auch ganz einfach an der Rohsloffknappheit zugrunde gegangen. Für Zwecke, die nicht der Aufrüstung dienen, sind selbst ganz geringfügige Quantitäten zahlreicher Rohstoffe nur noch unter grössfen Schwierigkeiten und oft überhaupt nicht mehr zu beschaffen. Betrogener Mittelstand! Mit welchem Gefühl mögen die Berliner Geschäftsinhaber wohl zur Kenntnis nehmen, dass das Rie- senwarenhaus Wertheim nunmehr in die denkbar arischsten Hände, nämlich in die des Herrn Dr. Leg, übergeht. Die Arbeitsfront hat den Betrieb übernommen. Dieselben Nazibonzen, die einst mit der Parole „Schliessung der Warenhäuser!" die Wahlstimmen der kleinen Ladeninhaber gewannen, sind nun selbst nicht nur Villen- und Ritterguts-, sondern auch Warenhausbesitzer geworden. Denn praktisch läuft es darauf hinaus. Ley und Konsorten haben über die Besitztümer der DAF das unbegrenzte Verfügungsrecht, sie bestimmen autoritär, was mit den Einnahmen zu geschehen hat und bewilligen sich gegenseitif! nach Herzenslust die dicken Summen, die sie brauchen, um ihr schlichtes Schloss- herrendasein in der Volksgemeinschaft f fristen. Die Zwangsmitglieder der von ib" nen geführten„Organisationen" haben le' diglich das Recht, stramm zu stehen unJ Beiträge zu zahlen. Die kleinen Geschäftsinhaber in Berli11 werden sich jedenfalls künftig verdamD'1 hüten, allzu laut Klage über die drückend' Konkurrenz der Warenhäuser zu führd1, Warmai tut er es nielif* Auf einer Grube im Ruhrgebiet war wi' der einmal Betriebsappell. Die Belegscha1' war in grosser Zahl erschienen. Der Dircl* lor der Schachtanlage behandelte in seine"1 Referat den Leistungskampf der Betrieb und forderte von der Belegschaft gross" Leistungssteigerung. Während des einstüi1 digen Vortrags hüllte sich die Belegschaft � eisiges Schweigen. Nach dem Bergwerksd1 rektor sprach der Gauobmann. Er versuch" die Belegschaft mit einer raffinierten DenF gogie für die vom Bergwerksdirektor v"' tretenen Forderungen einzufangen. Wäh rend seiner demagogischen Rede hagelte � starke Zwischenrufe. Grosse Unruhe seh'' ein, als er über den Lohn sprach und d"1; Kumpels ins Gesicht schleuderte: Es bä''1 nur einer Unterschrift des Führers un"' eine entsprechende Verordnung bedurft,"'Jf die Lohneinkünfte des Arbeiters noniiI1!v zu erhöhen. Die Kumpels schrieen, ob d'1 ser Gemeinheit:„Warum tut er es nicht oder„Ihr steckt alles in die Kanonen." � er merkte, was er angerichtet hatte, suchte der Gauleiter mit einem allgemci�1', Geschwafel über Frankreich die Arbe"'� abzulenken. Doch nur mit Mühe und � konnte er seinen Vortrag beenden. Am". deren Morgen hing dieser Ausspruch JL Gauobmannes am schwarzen Brett. ganze Belegschaft grüsste noch tagelang! monstraliv und zynisch mit„Heil HiÜ'j, während dieser Gruss früher nur sehr 5 ten oder garnicht auf dieser Grube aus? sprechen wurde. Dieses„HeiL Hitler" hfj den tiefen Hass der Bergleute gegen die" lertyrannei in sich. Einer amtlichen Hessen-Nassau und nehmen, dass ab 17. auf Grund der neu listen verkauft wird, gegenüber dem im ten Quantum erneut Bekanntmachung Kurhessen ist*u d 5 Januar Butter nur", aufgelegten K"n � . Die Buttermenge Oktober 1937 ge''*, um 15 Prozent ge"
Ausgabe
6 (6.3.1938) 246
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