Die schwächsten Stellen der Ausrü stung des deutschen Kriegspotentials mit Rohstoffen sind Benzin und Eisen
erz. Im letzten Kriege war die Versorgung mit Benzin eine schwere Sorge auf bei den Seiten des Schlachtfeldes. Aber schliesslich waren, nach dem Ausspruch des Lord Curzon , die Alliierten auf einer Woge von Petroleum zum Siege ge tragen worden. Rockefeiler hatte diese Woge über das Meer geschickt. Deutschland hatte sich die im Verhält nis zu dem damaligem Kriegsverbrauch sehr reichlichen Erdölquellen Rumä niens gewaltsam angeeignet und sich mit gepanzerter Faust das Petroleum Georgiens dienstbar gemacht. Aber die fortschreitende Motorisierung der Ar meen und die zunehmende Verwendung von Flugzeugen hatten zur Folge, dass die Ergibigkeit dieser Quellen immer weiter hinter den Erfordernissen des Krieges zurückblieb. Unter anderem die Ueberlegenheit in der Oelversorgung hat den Sieg der Alliierten entschieden. Seitdem hat die Rolle des Oels für die moderne Kriegsführung gewaltig an Bedeutung gewonnen. Noch mehr als der letzte wird dieser Krieg ein Krieg sein, der mit Oel geführt wird. Ist das Dritte Reich dafür besser gerüstet als das Reich der HohenzoIIern? Bereits unmittelbar vor dem Ueber- fall auf Polen gehörten die Treibstoffe zu den knappsten und am schäristen rationierten Rohstoffe. Schon damals war einem grossen Teil der Tankstellen der Betriebsstoff ausgegangen. Nunmehr dürfen Autofahrten nur noch mit amtlicher Genehmigung stattfinden. Selbstverständlich wird der Krieg den Benzinbedarf gewaltig steigern. Welches sind die Möglichkeiten, ihn zu befriedigen? Die Versorgung Deutschlands mit Treibstoff wird aus drei Quellen gespeist: 1. die eigene Rohölförderung, 2. die synthetische Treibstofferzeugung, 3. der Mineralölimport. Nach dem jüngst erschienenen Wirtschaftsbericht der Reichskreditgesellschaft sind zwar heimische Förderung und Kohleverflüssigung sehr stark gestiegen, aber schon im Stadium der Kriegsvorbereitung weit hinter dem Bedarf zurückgeblieben, Es waren erbohrt worden 1932 230 000, 1938 550 000 Tonnen. Im Monatsdurchschnitt des ersten Vierteljahres 1939 waren rd. 58 000 Tonnen gefördert worden, das entspricht einer Jahresförderung von ungefähr 700 000 Tonnen. Die Erzeugung von Benzin auf synthetischem Wege betrug 1938 1,7 Millionen Tonen. Das ergibt eine Menge, mit der der deutsche Mineralölverbrauch von 1930 in Höhe von 2,2 Millionen Tonnen ohne Zufuhr aus dem Ausland hätte gedeckt werden können. Aber inzwischen ist der Verbrauch weit gewaltiger gestiegen als die heimische Erzeugung, Deutschland ist trotz Vierjahresplan noch abhängiger von ausländischem Mineralöl als je zuvor. 1938 betrug die Einfuhr von Petroleumprodukten allein des Altreiches mehr als 4 Millionen Tonnen. Grossdeutschlands 6,8 Millionen und mit den Bezügen des Protektorates mehr als 7 Millionen Tonnen. Nach den bisher vorliegenden Ziffern der Erdöleinfuhr war sie in den ersten Monaten dieses Jahres noch beträchtlich gestiegen. Die Intensität der Kriegsvorbereitung hat in dem einzigen Jahre 1938 den Verbrauch auf das Doppelte und die Einfuhr auf das Dreifache anwachsen lassen. Dass damit Vorräte angesammelt worden sind, lässt sich vermuten. Die scharfe Drosselung des Kraftverkehrs lässt darauf schliessen, dass sie nicht sehr gross sind. Selbstverständlich wird der Krieg den Oelbe- darf gewaltig steigern Ein deutscher Autor, Dr. F. Friedensbnra, schätzt ihn auf etwa 20 Millionen Tonnen. Diese Zahlen sind natürlich nur eine Schätzung: die Höhe des Verbrauchs hängt von der Art der Kriegführung ab. Nach ihnen würde der Krieg den Oelbedarf auf das Vierfache von 1937 und das Doppelte von 1938 anschwellen lassen, Welche Möglichkeiten hat Hitler dieses gewaltige Oeldefizit zu decken?
Die deutsche Rohölförderung spielt, auch wenn sie sich steigern Besse , eine sehr geringfügige Rolle. Die Herstellung synthetischen Oels durch Verflüssigung von Kohle hängt von der dafür verfügbaren Kohlenmenge ab. Sie müsste ungeheuer wachsen, um Hitlerdeutschland in der Kriegsversorgung mit Treibstoff autark zu machen. Um 20 Millionen Tonnen Treibstoff synthetisch zu erzeugen, braucht man etwa 80 Millionen Tonne Kohle, also etwa die Hälfte der gesamten Steinkohlenförderung von 1938. Es ist aber bekannt, dass der Kohlenmangel eines der stärksten Hemmnisse schon der Kriegsvorbereitung gewesen ist, weil die Arbeitsleistung der überanstrengten und unterernährten Bergarbeiter gesunken war. Der Rückgang wäre noch stärker, wenn nicht Mehrstunden und Mehrleistungen mit hohen Zuschlägen vergolten worden wären. Diese Zuschläge sind aber mit der ersten grossen Kriegsverordnung Görings abgeschafft, und es ist nicht anzunehmen, dass dadurch die auf Kriegsrationen gesetzten Bergarbeiter zu höheren Leistungen angespornt werden. Bereits vor dem Ueberfall auf Po len mussten zugunsten der Kohlehydrierung den Eisenhütten die Kokslieferungen gekürzt und die für den Bezug ausländischer Rohstoffe wichtige Kohlenausfuhr 1938 um 25% eingeschränkt werden. Es besteht noch eine Reserve in der Einschränkung des Kohleverbrauchs der Haushalte; Kohlenkarten sind bereits ausgegeben. Aber auch der nicht für die Regierung bestimmte industrielle Kohlenverbrauch muss im Kriege kräftig zunehmen, schon wegen des starken Kohlenverbrauchs zur Verhüttung der eisenarraen Gö- ringerze. Unter diesen Umständen wäre die polnische Kohle ein dem System erwünschter Zuwachs. Er würde aber auch dann nicht im entferntesten ausreichen, wenn unter den von Hitler verübten Verwüstungen weder die polnische Kohlengruben noch die Arbeitswilligkeit der polnischen Bergarbeiter gelitten haben würden. 1937 betrug die gesamte polnische Kohlenförderung einschliesslich des in München an Polen gefallenen Olsage- bietes etwa 42 Millionen Tonnen, wovon etwa 15 Millionen Tonnen ausgeführt worden sind; das wären etwa 8% der deutschen Förderung, wenn die gesamte Ausfuhr Hitler zur Verfügung stünde. Damit dürfte kaum das Kohlenmanko des Friedensbedarfs gedeckt werden können. Die Möglichkeiten, den Oelbe
darf aus eigener Erzeugung zu decken, Hitler seinen Entschluss, ihm Ware nur bleiben also weit hinter den Erfordernissen des Krieges zurück. Hitler muss die Treibstoffe für motorisierte Armee und seine
seine
gegen Barzahlung zu liefern, noch nicht widerrufen. Im Jahre 1937 noch war die deutsche Ausfuhr nach der Sowjetunion fast doppelt so gross wie Flugzeuge ausserhalb Grossdeutsch- die russische Einfuhr nach Deutsch lands finden. Da das amerikanische land. 1938 hatte sich das Verhältnis fast Oel für Hitler gesperrt ist, bleibt nur die umgekehrt, weil Deutschland wegen Versorgung aus dem Osten. Mit dem Eisenmangels die Maschinenlieferungen Abschluss des deutsch -türkischen Wirt- fast gänzlich einstellen musste. 1937
schaftsabkommens wollte sich Hitler den Zugang zu den Oelquellen von Mos- sul und Iran sichern. Da die Türkei sich auf die Seite seiner Gegner geschlagen hat, ist ihm der Weg dorthin versperrt
waren für 72,3, 1938 nur nach für 7,4 Millionen Mark deutsche Maschinen nach Russland eingeführt worden. Sta lin hat also sehr handgreifliche Gründe, auf Barzahlung zu bestehen. Aber
Es bleibt also der nähere Osten: Gali- abgesehen von den Zahlungs- und von zien, Rumänien und Russland . Die ge- den fast unüberwindlichen Transportsamte galizische Rohölförderung beträgt Schwierigkeiten, kann das russische etwa 500 000 Tonnen. Selbst wenn sie Oel dem deutschen Kriegspotential Hitler voll zur Verfügung stünde, wäre kaum nutzbar gemacht werden. Erst vor
das nur 1/20 des Friedens- und 1/40 des geschätzten Kriegsbedarfs.
nur Ru-
wenigen Wochen hat die„Deutsche All- j gemeine Zeitung" in ihren Betrachtun-
manien; dass die Rote Armee der Reichswehr den Zugang zu Rumänien nicht sperren, sondern eröffnen will, selbst wenn Rumänien , dessen Bevölkerung seit dem letzten Weltkrieg von 9 auf 16 Millionen gestiegen und besser als damals militärisch gerüstet ist, überrannt wird— da die Petroleumquellen im äussersten Süden des Landes liegen, müsste zuvor das ganze Land erobert und besetzt werden—, wenn also alle rumänischen Rohstoffquellen nur für Hitler fliessen, so könnte damit kaum mehr als 1/4 oder 1/3 des Kriegsbedarfs gedeckt werden. Im Durchschnitt der letzten Jahre betrug die Rohölförderung Ru mäniens etwa 7 Millionen Tonnen. Bleibt also Russland , dessen Oelreser- ven in der Tat phantastisch gross, aber zum grossen Teil noch unerschlossen sind, hauptsächlich wegen der Unzulänglichkeit der russischen Bohrmethoden. Diese Schwierigkeiten wären, abgesehen von den Transportschwierigkeiten, auch nicht mit Hilfe Deutsch lands zu überwinden, weil Hitler ohnehin das Eisen für seine eigene Kriegsrüstung knapp ist. Trotz diesen Schwierigkeiten ist die Naphtaförderung von 21.4 Millionen Tonnen 1932 auf 30,1 Millionen Tonnen 1938 gestiegen, aber zugleich der für die Ausfuhr freie Ueber- schuss von fast 30 auf 3% der Förderung gesunken, weil die Motorisierung der russischen Wirtschaft und Armee einen steigenden Selbstverbrauch erfordert, der nach dem Eintritt in den Krieg noch weiter wachsen muss. Abgesehen davon hat Stalin auch nach dem offenem Abschluss des Bündnisses mit
schaftsabkommen bekannt, dass die Entwicklung der russischen Erdölförderung enttäuschend sei und dass sie in zunehmendem Masse vom inländischen Bedarf absorbiert werde. Am 12- September schrieb die„Neue Zürcher Zeitung ", für die Gegenwart und die nächste Zukunft stehe„über jeden Zweifel hinaus fest, dass die Sowjet union für substantielle Oellieferungen, die für die Kriegführung von irgendwie ernstlicher Bedeutung sein könnten, nicht in Betracht kommt." Deutsch land ist also im Verhältnis zu den gi* gantischen Bedürfnissen seiner Armee, seiner Luft- und Seeflotte eher schlechter versorgt als im letzten Weltkrieg- In einem länger anhaltenden Oelkrieg muss Hitler unterliegen. Sachverständige haben berechnet, dass der Oelbedarf eines Weltkrieges etwa doppelt so hoch sein wird wie die gegenwärtige Weltproduktion. Auch Hitlers Gegner werden Oelsorgen haben, aber ihnen steht die gesamte überseeische Petrolförderung zur Verfügung. Man braucht, um die Oelüberlegenheit der Westmächte zu erweisen, nur einen Satz aus einem erst vor einigen Monaten erschienenen Aufsatz der„Frank furter Zeitung "„Strategie um Erdöl " zu zitieren, der da lautet: „Selbst bei Abzug grosser Mengen für Eigenbedarf und Versorgung nicht- britischer Interessenten vermag Vene zuela fast allein den mutmasslichen Bedarf Grossbritanniens im Kriegsfall8 zu decken." ff. A. F.
Rotbart Alto Sage, neu ausgerlclitet In der Nazipresse konnte man kürzlich lesen, durch das Erscheinen Hitlers sei auch die Kyffhäuser - sage erfüllt; Barbarossa sei erstanden. Tief unten im Kyffhäuser . Am steinernen Tische Kaiser Rotbart. Neben ihm der Page. Rotbart, im Halbschlaf:„Page, sag es mir, wenn die Raben nicht mehr um den Berg fliegen. Dann muss ich heraus, muss Deutschland in neuem Glanz erstehen lassen." Page:„Schlaf weiter, Kaiser. Die Raben kreisen noch und grosse Zukunft winkt. Gott hat uns einen Führer gesandt, der uns erneuern und der den Bolschewismus töten wird." Rotbart:„Was ist das, Bol— Bolsche— Bolsche..." Er versinkt wieder in Halbschlaf, murmelnd;„Du hast es gut, Page... wirst alle dreissig Jahr ausgewechselt... ich sitze hier seit siebenhundert— siebenhundert--" Sein Kinn sinkt vornüber. Einige Jahre später. Rotbart hebt den Kopf.„Page, mein Bart wächst und wächst. Was macht der Retter? Hat er den Bol— Bolsche— hat er ihn getötet, dass ich auferstehen kann?"— Page:„Noch nicht ganz, aber er tötet ihn ununterbrochen."— Rotbart:„Füttert mir meine Raben gut und mein Streitross."— Page: „Gut ist zuviel verlangt, Kaiser. An der Abfallfront bleibt den Raben so gut wie nichts mehr und den Pferden stehen die Rippen draussen. Wir essen alle zuviel, auch die Pferde, sagt das Reichsernährungsamt."— Rotbart nickt und schläft
schon wieder. Um den Berg heult der Wind und der Page fährt im Lift nach oben, um für den BdM eine Kyffhäuserführung zu übernehmen. Einige Jahre später. Rotbart niest, hebt den Kopf, ruft nach dem Pagen.„Ich hatte einen Traum, Page. Deutschland rief mich. Der neue Mann, hat er ihn getötet, den Bol— Bol— weisst schon." Page;„Noch nicht ganz. Vorläufig hat er sich mit ihm erst mal verbündet. Unsere waren in Moskau ..."— Rotbart:„In Mos— Moskau ? Kommen die Russen dafür nach Berlin ?"— Page:„Ja, vielleicht auch nach Berlin , vielleicht mehr als uns lieb sind." Man hört im Hintergrund eine Stimme: „So haben sie ihre Vermögen ins Ausland verschoben, so haben sie sich erneuert. Das deutsche Volk aber hungert——" Rotbart:„Was ist das für ein Lärm?" — Page:„In meiner Klause läuft das Radio. Welle 29,8... Der bolschewistische Schwarzsender. Macht uns madig."— Rotbart:„Ich denke, ihr seid mit dem Bol— Bol— weisst schon— verbündet?"— Page: „Wohl, wohl. Aber das geht jetzt ein wenig durcheinander, Kaiser. Das begreifst du nicht mehr."— Rotbart:„Was machen die Russen?"— Page:„Halt, denke ich." — Rotbart:„Wo?"— Page:„Das weiss der Teufel." Rotbart nickt eine Weile ein, träumt, fährt wieder empor.„Was ist's, dass ich keine Ruhe finde, Page? Fliegen die Raben noch um den Berg?"— Page:„Die Raben? So siehst du aus. Die fliegen nicht mehr, die wurden geschlachtet."— Rotbart, ganz munter, die Augen aufreissend:„Geschlachtet? Meine Radien, geschlachtet? Dann muss ich hinauf, muss Deutschland retten. Man sattle mein Schlachtross..."
Page, unbeweglich im Hintergrunde: „Schlachtross ist sehr gut. Bald werden alle Rösser geschlachtet sein."— Rotbart: „Man reiche mir meine Stiefel."— Page: „Die wurden von der Rohstoffstelle abgeholt. Stiefel sind seit längerem ausverkauft."— Rotbart versucht aufzustehen: „So werde ich in Socken gehen."— Pn- ge:„Ist verboten, Kaiser. Laut Anordnung des zuständigen Gauleiters ist es bei K2 untersagt, irgend welche Not zur Schau zu stellen. Bleiben Sie in Ihrer Verfassung. Rotbart." Rotbart, sich krampfhaft am Stuhl festhaltend:„Armes Deutschland... Die Ra' ben geschlachtet... Rotbart will zu deiner Rettung aufstehen und der Page hilf ihm nicht mal auf die Strümpfe!" Page:„Der Page darf nicht. Strikte Anweisung von der Gestapo . Das Volk wartet schon wieder mal auf einen Retter. Das muss aufhören. Wir haben für Nibelungentreue, Andreas Hofer -Romanlik. Kyffhäuser -Verheissungen eteetera keine rechte Verwendung mehr, es sei denn i® Schullesebuch. Für die Erwachsenen sind alle Rettersagen bis auf weiteres erfülh* Proteste der Sagenhelden sind staatsfeindlich. Stirb oder emigriere, alter Herr..." Ein Donnerschlag lässt 5en Berg erbeben. Gekrach einer Fliegerbombe. Die Hinterwand des Gewölbes prasselt hernieder. Rotbart sinkt in seinen Stuhl.„Page, waS — was war das? Die Franzosen?" Page zuckt die Achseln:„Möglich. Vielleicht schon die Russen. Vielleicht auch die Gestapo ... Könnte denen so passen, den Pagen gleich mit wegzuräumen.(Am LiR) Addio, Rotbart. Ich kehre heim ins Reich.
Weiss nur Saust ab.
noch nicht, in welches..• R. G.
Le Girant: Albert MARION-