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Nr. 14.

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Vorwärts

9. Jahrg.

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Fern( pred- Anschluk: Amt VI, Nr. 4106.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Die Arbeiterfreundlichkeit des Unternehmerthums ohne Schminke und Larve.

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Sonntag, den 17. Januar 1892.

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Expedition: Beuth- Straße 3.

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Fabrikanten haben nicht verfehlt vermuthlich mit treu- Egoismus hat noch ein weiteres Interesse an der Tortur herzigem Lächeln den Fabrikinspektoren zu ver- beständiger Ueberspannung der Arbeitskräfte. Kaltblütig sichern, daß ſte persönlich ganz entschieden für wie Fische und deutsche Professoren nun einmal sind, entwickelt Verringerung der Arbeitszeit seien, und blos dies Herr Schönberg folgendermaßen: Die Verlängerung der nicht den Anfang machen wollten, aus Furcht, sie Arbeitszeit könne unter Umständen den Unternehmern noch erheb tönnten mit ihrem edlen Streben allein bleiben oder ihren lich mehr Vortheil bringen durch Verringerung des Arbeitslohns. In neuester Beit, in welcher die Arbeiterwohlfahrts- Konkurrenten wehe thun, und was dergleichen schöne Gründe Dieser Gedanke erscheint paradox, oder vielmehr völlig verkehrt, Bestrebungen arbeiterfreundlicher" Regierungen und Fabri- mehr waren. fanten mit Renommirfuchs- Dreiftigkeit in den Vordergrund da man doch ohne Weiteres vorauszusehen berechtigt wäre, daß Wie es nun mit der Arbeiterfreundlichkeit des Unter- jegliche Verlängerung der Tagesarbeit ganz von selbst eine der sozialpolitischen Beitereignisse gedrängt werden, ist es nehmervoltes eigentlich steht, das weiß Herr Schönberg Vermehrung des Arbeitslohnes im Gefolge haben müßte. wohl angebracht, die großartige Arbeiterfreundlichkeit, welche beffer. Und er nimmt keinen Anstand, das Geheimniß Aber der Gedanke ist schlau und eine Riefenportion wahr­unser kapitalistisches Arbeitgeberthum beherrscht, zu Nuz auszuplaudern, ja er thut dies sogar an hervorragendster haft fatanischer Kapitalistenselbstsucht liegt ihm zu Grunde. und Frommen besonders aller Arbeiter, wieder einmal zu ent- Stelle, nämlich in derjenigen Abhandlung über die Wie Herr Schönberg konstatirt, geht die Unternehmer­hüllen. Arbeitszeit", die er in seinem großen Handbuche der kalkulation dahin, daß die Möglichkeit einer Verringerung Auf keinem anderen Gebiete läßt sich das so über Politischen ' Dekonomie*) veröffentlicht, in einem Werke, der Arbeitslöhne dann vorhanden ist, wenn die Arbeitszeit eugend und für jeglichen Widerspruch so völlig unüber welches er in Gemeinschaft mit fast allen Koryphäen des derart verlängert wird, daß dadurch die Genußfähigkeit der windlich thun, als beim Rapitel der Arbeitszeit, und mit Rathedersozialismus in Deutschland herausgiebt. Arbeiter bedeutend reduzirt wird; und um von Hilfe einer kurzen Auseinandersetzung über die Frage, wie Jene übermäßige Ausdehnung der Arbeitszeit zu Stande An der betreffenden Stelle führt Herr Schönberg aus: vornherein dem Verdachte zu begegnen, daß er der Ver gekommen ist, die gegenwärtig noch die deutschen Arbeiter beachten, daß hier in der That ein Interessengegen- fapitalistischen Wirthschaftssystems der Vertheidiger des Für die Würdigung der Frage der Arbeitszeit sei zu treter der Staatswissenschaft­etwa doch den bedrückt und die erst in einem Theile der Kulturwelt- vornehmlich in England eine Einschränkung erfahren atz zwischen den Unternehmern und den Arbeitern obwalte. Herren Arbeitgebern Unrecht thun möchte, fügt er hinzu, hat, nachdem die leitenden Kreise der herrschenden Klassen In vielen Fällen haben jene, entgegen dem persönlichen daß überall, wo dieses Interesse an der Verlängerung der einzusehen begonnen hatten, daß, wenn der nackten Interessen- Interesse des Arbeiters ein materielles Interesse Arbeitszeit besteht, es sich bei der Freiheit des Arbeits­wirthschaft des Unternehmerthums nicht Grenzen gezogen Arbeitszeit, denn die Verlängerung der Arbeitszeit könne den Sah noch mit den Worten:" Je größer es ist, um so an möglichst langer und an übermäßiger vertrages geltend machen müsse. In Klammern ergänzt er würden, nicht nur das Arbeitervolk ruinirt, sondern auch eine Berringerung der Produktionskosten der Waaren be- intensiver." Damit dokumentirt der Herr Professor, daß er die Besitzenden und ihr Staat selbst auf das Verhängniß wirken, so fern dieselben in Rente und Amortisations- alle anderen Beweggründe für die Unternehmerschaft in vollste geschädigt werden müßte. Sie bewirke Bezug auf die übermäßige Ausdehnung der Mit der Darlegung deffen, was besagtes Kapitel lehrt, quote des Anlage Kapitals bestehen. brauchen wir selbst uns nicht weiter abzuplagen. Es reicht ferner bei Zeitlohnarbeitern ,, allerdings nur inner beitszeit für ausgeschlossen hält. Ausdrücklich aus, wenn wir einen Vertreter der heutzutage den Ton halb gewiffer Grenzen" eine Mehrleistung und eine solche Schönberg hervor, daß das Streben der Kapitalisten angebenden Staatswissenschaft, den Tübinger Professor selbst über diese Grenzen hinaus bei denjenigen Arbeitern, nach Verlängerung der Arbeitszeit und Verminderung Dr. Schönberg, nöthigen, seine Weisheit über die uns be- deren Leiſtung in jedem Arbeitsstadium weniger durch ihren der Genußfähigkeit der arbeitenden Klasse zum Zwecke der fchäftigende Frage zum Besten zu geben. Willen, als durch die Thätigkeit der Maschine mit, Lohnherabdrückung nur an der Widerstandskraft der Ar­Aus dem beiter und ihrer Koalitionen den entsprechenden Damm Auch jetzt noch hört man oft genug, eben so wohl in oder an der sie arbeiten, bestimmt wird. liberalen, wie in deutschfreiſinnigen und ultramontanen Ver­Die fände. Bei dieser Gelegenheit räumt auch Herr Schönberg Professoralen ins Deutliche übersetzt heißt das: jammlungen und Beitungen, mit heuchlerischer Genugthuung Ausdehnung der Arbeitszeit bewirkt so lange eine Mehr- ein, daß das, was die Kapitalisten antreibt, bie Kinder- und hervorheben, daß in solch einer wichtigen Frage, wie es die leistung des Arbeiters, bis die lebermüdung des Arbeiters Frauenarbeit zu bevorzugen, in der Hauptsache gar nichts Der Arbeitszeit ist, denn doch die Interessen der sogenannten die bieberen Unternehmer brauchen sich selbst um die ärgste die Genußfähigkeit der Arbeiterschaft und die Lohnhöhe recht und die völlige Konsumirung seiner Kräfte beginnt. Aber anderes ist, als die teuflische Sucht des Unternehmerthums, Arbeitgeber mit denen der Arbeiter übereinstimmten. schiedene Fabrikinspektoren haben diese Behauptung wieder- ueberanspannung der Kräfte ihres Arbeiters den Teufel zu tief hinabzuschrauben und bei dieser sauberen Arbeit auch holt und ihr ganz ehrbar die Bemerkung hinzugefügt, scheeren, wo die Maschine sie erbarmungslos, wie Maschinen möglichst leichtes Spiel zu haben. Dieses Streben, meint fie tönnten eigentlich gar nicht begreifen, daß die Be- und Fabrikanten zu sein pflegen, zur Arbeit treibt und er nämlich, pflege sich am erfolgreichsten zu erweisen bei strebungen, eine gesetzliche Beschränkung des Arbeitstages Kindern, jugendlichen Personen und weiblichen Arbeitern. herbeizuführen, so wenig Anklang bei den Unternehmern fänden, Und diese Voraussetzung, fährt Herr Schönberg mit echt Das also, wofür Karl Marx und Friedrich Engels vor zumal ja doch die mannigfaltigsten Erfahrungen, sowohl in professorater Seelenruhe fort, treffe thatsächlich in vielen faft einem halben Jahrhundert schon in Bezug auf die eng Deutschland , als besonders auch in England, den Beweis Industriezweigen und für einen großen Theil der industriellen lische Unternehmerwelt solch eine Fülle klassischer Beweise erbracht hätten, daß eine Verminderung der Arbeitszeit die erbracht haben, trifft heutzutage noch vollkommen zu bei der Leistungsfähigkeit der Arbeiter nicht nur nicht verringere, Egoismus des Kapitalismus die Urfache der überlangen Schon hiermit ist festgestellt, daß der schnödeste sehr großen Mehrheit der Unternehmer in Deutschland . sondern durch Anspornung des Arbeitseifers und Erhöhung Arbeitsquälerei ist, unter deren Druck auch gegenwärtig noch beziehungsweise aufrecht erhält, und von einer erheblichen der Spannkraft der Arbeiter sogar vermehre. Und pfiffige die Arbeiter vieler Drte und Gegenden schter zu Grunde Verminderung derselben und deren gesetzlicher Feststellung herausgegeben von den Professoren Conrad, Elster, Lexis und " Cfr. u. A. Handwörterbuch der Staatswissenschaften, gehen. Aber das ist noch nicht alles. Der Unternehmer nichts wissen will, hat nur noch die Wahl, ob er für total unverständig gelten will, oder ob er sich offen bekennt zu Löning, Abhandlung über Arbeitszeit" von Professor Viktor Böhmert , Band I, 1890, G. 761-766. 6. des genannten Werkes II. Auflage II. Bd.( 1886), jener genugsam konstatirten diabolischen Kapitalisten­selbst sucht.

Feuilleton.

Nachdrud verboten.)

( 14

Am Webstuhl der Zeit. Beitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster.

zwingt.

Arbeiter zu.

S. 577-79.

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hebt

Und wer jetzt noch die lange Arbeitszeit vertheidigt,

scheinlich, daß wir mit dieser Druckerei ein gemeinschaft- dem Bereich meiner Kräfte, denn Sie wissen, daß Apollo, liches Geschäft, eine Art Produktivgenossenschaft gründen, der Gott der Musen, mit Plutos, dem Gott des Reich die dann als ein fester Zufluchtsort für alle bedrängten thums, während ihres Götterlebens wenig Umgang gepflegt Kollegen dienen kann. Damit wäre in der That etwas zu haben scheint, und dieses Verhältniß hat sich auch auf Großes und Schönes aus dieser Kalamität hervorgegangen, ihre Anhänger und Schußbefohlenen erstreckt."

in das erdrückende Syftem der Ausbeutung des Menschen Diese Erklärung wurde mit beifälliger Heiterkeit auf­durch den Menschen unterm Schutz der Gesetze wäre die genommen. Es begehrten darauf Andere das Wort, von erste Bresche geschossen, und alle unsere Mitarbeiter im denen Jeder erklärte, mit dem Vorschlage einverstanden zu großen Vaterlande, ja unsere leidenden Mitbrüder in anderen sein. Jeder war bereit, alle nur möglichen Entbehrungen In Geldfachen hört die Gemüthlichkeit auf"; dieses Sprich- Staaten würden neuen Muth, neue Kraft fühlen, angeregt zu tragen, alle Kräfte für das gemeinsame Unternehmen aufzuwenden; der Eine bot eine kleine Summe seiner Ers wort, welches der Neuzeit seine Entstehung verdankt, charakterisirt durch diesen Akt der Selbsthilfe!" unsere ganze gegenwärtige Zeitperiode. Was sind Menschen- Diese Worte verfehlten nicht, allgemeine Begeisterung sparnisse, ein Anderer hatte einen Freund zu einer ähnlichen würde, Menschenglück im Angesichte des Geldsackes? Nichts, hervorzurufen und erst nach einigen Minuten gelang es dem Beihilfe vermocht, der Eine und der Andere hatten ein gar nichts. Und darum, meine Herren, habe ich auch kein Vorsitzenden, die Ruhe so weit wieder herzustellen, um Herrn fleines Erbtheil daranzuwenden. Mancher freilich konnte anderes Mittel gefunden, als: wir suchen das erforderliche Lange das Wort ertheilen zu können. nichts bieten, als seine Arbeitskraft und seine Bereitwillig­Geld aufzubringen, oder geben durch unsere vereinigte Bürg­feit zum Entbehren. Die Aufmerksamkeit richtete sich alsbald auf den jungen schaft den Kapitalisten solche Sicherheit, daß sie sich bewegen Schriftsteller, der ohne Weiteres seine Feder weglegte, sich Es erging nunmehr an die Deputirten der anderen laffen, uns für unsere guten Zinsen ihr Kapital länger dar- von seinem Sessel erhob und mit wohlklingender Stimme Druckereien die Anfrage: wessen sich die Unternehmer von zuleihen. Schwierigkeiten würde das letztere freilich haben, also begann: Seiten ihrer nicht unmittelbar betheiligten Kollegen zu ges denn sehr viele dieser Herren leiden außerdem an einer Wenn ich mir gestatte, auf einige Augenblicke Ihre wärtigen hätten, und Alle, mit Ausnahme eines Einzelnen, er­in Anspruch zu nehmen, so geschieht es flärten beauftragt zu sein, ihren Kollegen mitzutheilen, daß mittelbar mit Händen greifen können, an das glauben sie weder, um an den überzeugenden Darlegungen unseres Vor- die muthige That, welche hier angestrebt würde, allenthalben schwer oder gar nicht. Indessen läßt sich dieses Hinderniß fißenden etwas zu bestreiten, noch dieselben hier zu vervoll- Beifall gefunden und in gleichem Maße auch Unterstützung vielleicht beheben. Ich 3. B. bin im Stande und auch ent- ständigen, da wir diese Angelegenheit vorher ausführlich finden würde. Bestimmte Leistungen fönnten von ihnen Schloſſen, eine fleine Summe, die ich mir im Laufe der mit einander besprochen haben. Ich erbat mir nur bas augenblicklich nicht zugesagt werden, da man erst nähere Sahre erspart, für diesen Zweck anzubieten. Andere haben Wort, um erstens meine Uebereinstimmung mit den An- Nachricht über die Lage der Dinge habe einziehen wollen. mir bereits gleiche Entschlüsse mitgetheilt, und wenn wir fichten des Vorredners ausdrücklich bekannt zu geben und Das sei nun geschehen und sie glaubten von vornherein mis nun entschlössen, für die Uebergangszeit unsere Bedürf- bann zu erklären, daß ich während der ganzen Uebergangs- versprechen zu können, daß die Opferfreudigkeit, welche fie niffe auf das Allernothwendigste einzuschränken, damit wir zeit keinerlei Zahlung für meine Arbeiten in der Druckerei in diesem Kreise gefunden, sich erwärmend den Herzen der fo wenig wie möglich aus dem Geschäfte zu nehmen ge- verlangen werde. Desgleichen werde ich ein bescheidenes Kollegen mittheilen würde. nöthigt sind, und wenn unsere übrigen Kollegen uns bei- Sümmchen, welches mir gerade zu Gebote steht, den übrigen Eine allgemeine, freudige Bewegung bemächtigte sich bei tehen, dann ist es nicht blos möglich, sondern sogar wahr- Gaben hinzufügen; ein Mehreres liegt augenblicklich außer diesen aufeinander folgenden Erklärungen der Gemüther,