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immer die heikle Frag», wer sie dazu angestiftet bat. Bei einem denkenden Menschen, der sich ähnlicher Eeschehniffe in anderen Ländern erinnert, der da weiß, wie Attentate oder andere Handlungen derhohen Politik" gemacht worden sind und noch gemacht werden, kann kein Zweifel darüber bestehen, daß J'ene Hingerichteten im Dienste eineshöheren Herrn» i an den, ob er nun ein Börsenmann, ein hungernder Politiker oder sonst ein edler, in der Achtung aller wohlgesinnten Bürger stehender Ehrenmann ist. Nun, das bleibt sich gleich. Die Tobten werden schweigen und die Lebenden, im Gefängniß Eitzenden vielleicht gut bezahlt, daß siedicht" halten. Die Hinrichtungen sind in Spanien öffentlich und grausiger Art. Die Armen werden nämlich erdrosselt. Ein eiserner Ring, welcher an einer Seite offen ist, wird den Delinquenten so um den Hals gelegt, daß ein in dem Ring befestigter Stift sich in den Nacken legt. Mit einer «infachen Borrichtung wird der Ring zusammengedrückt und so dem Delinquenten das Leben genomuien. Ueber die letzte Hin- richtung in Teres möge noch folgendes bemerkt fein. Die Hin- richtuna erfolgte aus einem von einer großen Menschenmenge be- setzten Platze. Aus demselben stand«in großes Gerüst, mit vier Stühlen zum Strangulieren(gwrote8). Zuerst wurde Lebrijano hinaufgeführt, welcher mit lauter Stimme seine Unschuld be- »heuerte; nach ihm Zarznela, Brisiqui und Lamela. Auch der dritte betheuerte seine Unschuld und sträubte sich, aus dem Stuhl Platz zu nehmen. Mit Gewalt wurde er niedergezwängt. Dann erfolgte die Hinrichtung. Zarznela. welcher zuletzt getödtet wurde, nahm mit den Worten:Wir sind das Opfer einer Sache, welche in kurz er Zeit triumphiren wird» Abschied vom Leben. Die Leichen blieben den Tag über der Schaulust des Publikums gewidmet: zahllos soll die Menschen- menge gewesen sein, welche sich dort aufhielt. Armes, armes Volk, das nicht mit Entsetzen sich von einem derartigen grausigen Schauspiel abwendet! Derartige Hinrichtungen sollen oft scheußlichster Art sein. Bor Kurzem ist es vorgekommen, daß der Ring nicht ordentlich geschlossen hat, so daß noch etwas Luft in die Lungen des Delrnguenten dringen konnte, das Leben also noch erhalten blieb. Als dies bemerkt wurde, mußte der Unglückliche natürlich zum zweiten Mal gemordet werden. Oft sollen noch grauenhaftere Ding« vorkommen. Daß sich aber Tausende an einem derartige» Schauspiel ergötzen, beweist nur zu deutlich, was der potenzirte Katholizismus hier in Spanien an herrlichen Früchten ge- zeitigt hat. Das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei widmet der Hinrichtung folgend« Zeilen:Bier Arbeiter sind in Teres der kapitalistischen Grausamkeit geopfert worden. Es hatte Milde und Pardon für die, welche vor Kurzem «in Stadtquartier angriffen, eine Wache verwundeten und unschuldig« Borübcrgehende tödtelen, walten können, handelte es sich doch nach allem um ein« thörichte, schlechte Handlung von Bourgeois. Aber es gab keine Milde, kein Verzeihen für einige Arbeiter, welche, nicht so viele Un- schuldige opfernd, wie jene, das Verbrechen begingen, die Fahne gegen die gegenwärtige soziale Herrschaft zu erheben. Die Bourgeoisie, welche dieses erbärmliche Blatt ihrer blutigen Ge- schichte hinzugefügt hat. entzündet nur den Klasfenhah zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, gerade als ob sie einen Gefallen daran fände, die Enttvickelung der sozialen Zustände, welche ohne ihre feige Wuth eine äußerst menschliche Umwandlung sein könnte, wie sie alle die wünschen, welche die Errichtung einer wahrhast zivilisirten und gerechten Gesellschaft ersehnen, in einen Krieg ohne Pardon, in eine wilde Maffenschlächterei zu ver- wandeln. Wir haben keinen Theil an den Jrrthümern der anarchistischen Doktrin, aber wir sind Arbeiter, wie die in Zeres Hingerichteten, wie sie. hoffen wir auf die Erlösung des Proletariats, und unser energischster Protest«int sich mit dem, welchen heute nicht nur die Arbeiterklasse, sondern jedes gerechte Menschenbewußt- sein gegen einen Urtheilsspruch erhebt, welcher die mildernden Umstände außer Acht gelassen hat, die den unglücklichen Opfern hätten zu gute kommen müssen. Und indem wir unsere Verdammung gegen ein Regiment schleudern, dessen Hauptstütze der Henker ist, muffen wir, ver- trauend auf die unseren Ideen innewohnende Kraft, ohne in der Bertheidigung derselben zu erschlaffen, fondern im Gegentheil niil größerer Treue als bisher, unsere Kräfte verdoppeln, um die Ar- beiter von den Irrwegen abzuleiten, welche weit davon entfernt sind, sie an das Ziel ihrer Hoffnungen zu führen, sondern sie waffenlos den Klauen der Bestie.Kapital» überliefern.» Die Entrüstung in der Arbeiterwelt über das grausame Gericht tn Zirres ist groß, und wird genährt durch den Umstand, daß man häustg gegen die größten Lumpen und Veranstalter von militärischen Putschen, welch« viele Menschen ab- geschlachtet haben,«ine übergroße Milde zeigte waren eS doch .caballeros» vornehme Herren und keine Arbeiter und aus dem Elend, in welchem daS spanische Proletariat schmachtet und unter deffen Druck es seufzt, entquillt ein glühender Haß, welcher die Armen die Faust gegen ihre Peiniger ballen läßt. Es kostet ein« große Energie und Besonnenheit, um die erregten Gemüther zu bezwingen, damit sie nicht in Thorheiten ihrer wohlberechtigten Wuth Lust machen. Der revolutionäre Geist wird weitere Kreise recht aus den frischen HerzenSergießungen der Aitwefenden heraus. Noch einmal entstand ein allgemeines Zusammenlaufen, als Dr. Lange ankam, der Held des vergangenen Abends, der indessen nicht blos gern und srendig, sondern auch voll Ueberzcugung seine Lorbeeren nilt Barth und namentlich mit Frank theilte, welcher durch seine beißende Satyre den Liberalen das Grab gegraben hatte. Von allen Seiten streckten sich ihm die treuen Arbeiterhände entgegen, und er hatte seine liebe Roth, sich dem dichten Menschenknäuel zu entwinden, um einigen, von einem älteren Herrn begleiteten Damen entgegen eilen zu können. Unter diesen Damen befand sich seine geliebte Helene. Sie kam, begleitet von ihrem Onkel unv ihrer Tante, sowie von einem Fräulein, welche? dem Schriftsteller als Fräulein Hermine Findeisen vorgestellt wurde. Bor jedem Festgenossen lag ein aus der Barth'fchen Druckerei hervorgegangenes Programm, welches den Theil- nehmern ihre Schritte, soweit sie von der Allgemeinheit bedingt waren, vorschrieb. Ein frugales Frühstück, welches durch jeden beliebigen Gast ganz einfach dem Büffet in der gewünschten Menge«Entnommen werden konnte, bildete den Anfang. Jedes Familien- Oberhaupt, sowie jeder Einzelstehende versorgte sich und die Eeinigen selbst, und während nun das Frühstück unter fröhlichem Gespräch ver- zehrt wurde, ertönte mit einem Male von der Gegend des Baches her in vierstimmigem Gesänge das schöne Mendel- sohn'sche Lied: Wer hat Dich, Du schöner Wald, Aufgebaut so hoch da droben!" in wahrhaft ergreifender Weise. An dem vorbehaltenen Tische nahmen Hanke und Barth, Frank und Streit und endlich auch Dr. Lange mit seinen Gästen Platz. Sie theilten sebstverständlich dasselbe einfache Frühstück, an dem sich der jüngste Druckerbursche erfreute, und es drängte sich auch nicht Einem ver Wunsch auf. Feineres oder Besseres zu genießen, als das, was der ganzen Gesellschaft genügte; denn wer das Be- dürfniß fühlt, mit seinen Mitmenschen gemeinschaftlich »inen Genuß zu haben, der bringt es auch nicht übers erfassen; der urnsichtigen und besonnenen Agitation unserer Ge- nosien wird eS gelingen, die Reihen der Sozialisten zu verstärken und bald einen nachhaltigen Einfluß auf die Gestaltung der Verhältnisse Spaniens zu gewinnen. Aber in der nächsten Zeit wird auch immer noch den Anarchisten und Republikanern der Weizen blühen; denn die Erbitterung gegen das herrschende System und daS Elend sind zu groß, um nicht den Armen zu einem Revolutionär zu machen, aber die Bildung des Volkes ist leider eine so mangelhafte, um dem Volke zum klaren Bewußtsein zu bringen, wer sein« besten Freunde sind. Was in den Kräften unserer Genoffen stehen wird, werden sie thun, um den ehrgeizigen, goldsüchtigen, falschen Polittkern den Boden abzugraben. Es wäre kein Glück für Spanien , wenn es bald eine Republik werden sollte; an den wirklichen Zuständen würde nichts geändert werden, wenn Leute ans Ruder kommen sollten, welche heute sich als wüthende Republikaner geberden, aber das Volk ebenso gut bestehlen und betrügen würden, als es heute von ihren Feinden geschieht. Eine Besserung wird erst eintreten, wenn die von den spanischen Sozialisten vorbereitete Revolution so weit gereist sein wird, daß sie die Leitung der spanischen Verhältnisse in die Hand nehmen kann. Meiner Ueberzeugung nach wird Spanien oder besser gesagt das herrschende politische System sich schnell seinem Ende zu entwickeln. Die finanzielle und wirthschaftliche Lage ist eine höchst traurige. Die Zahlungsstockungen an der Bank von Spanien werden sich schneller wiederholen und den Staat in eine nicht zu beseitigende Geldnoth bringen. Die Bank ist und wird auch nicht im Stande sein, die von ihr veraus- gabten Papiere zu realistren. Ihr Hauptvermögen liegt eben im Ländereien, welche immer mehr an Werth verlieren. Die Steuer- einziehung liegt nämlich in den Händen der Bank und vollzieht sich nach eigenartigen Prinzipien. Der Kleinbauer hat fast alles zu zahlen, während der Großgrundbesitzer fast nichts, in vielen Fällen sogar überhaupt nichts zahlt. Die Bank legt einer Provinz eine bestimmte Kontribution auf, welche wieder von ihren Unter- behörden auf die einzelnen Kreise und Gemeinden vertheilt wer- den. Was für Steuerhinterziehungen, was für Betrügereien. Gaunereien, Bestechungen und Gewaltthaten dabei vorkoinmen, kann nur der begreifen, welcher in Spanien lebt. In Andalusien ist es am traurigsten. Wie viel fruchtbares Land liegt hier wüst, weil Niemand ein Interesse daran hat, eS zu bewirthfchaften. Subhastattonen infolge nicht gezahlter Steuern sind an der Tages- ordnung. In der Bega von Granada, welche gewiß einer der fruchtbarsten Landstriche Europas sein könnte, stehen viel« incaS (kleine Grundstücke) leer und verlassen und ihre früheren esitzer gehören jetzt zn den ärmsten unter den Bettlern GranadaS, welch« in diesem Winter besonders zahlreich waren. Zu dem ungeheuren Elend, welches hier herrscht und über daS man ganze Bucher schreiben könnte, kommt noch ein anderes revolutioncrendes Element, die Korruption in Verwaltung und Gerichtswesen. Hiervon heute einige Proben, welche gelegentlich vermehrt werden können. In der Provinz Granada warten die Unterbeamten seit Monaten aus die Auszahlung ihres kärglichen Gehaltes, von manchen heißt es sogar, daß sie seit einem Jahre nichts mehr bezogen haben. Ich habe einen Schreiber kennen f lernt, welcher für den Tag nur 1 M. verdient, sich und seine imilie ernähren undanständig" auftreten muß. Seit Monaten auch ihm von diesem kärglichen Einkommen nichts mehr ausgezahlt worden. und er muß sich von einer ihm befreundeten Familie durchschleppen lassen. In der Nähe von Granada lebt ein Lehrer, welcher seit langem nicht? mehr erhält. Seine Frau und feine Töchter arbeiten für einen Hungerlohn in einer Fabrik und er selbst verrichtet nach seinen Unterrichtsstunden Feldarbeiten für andere Leute. Di« Kranken eines Hospitals waren vor einiger Zeil nahe daran zu verhungern, weil die Lieferanten keine Nahrungsmittel mehr auf Pump liefern wollten, da einzelnen die Forderungen seit Jahren ni»l mehr beglichen waren. Vor einigen Jahren sind in der hiesigen Provinz zwei Lehrerinnen thatsächlich verhungert. Und was geschieht von der Provinzialverwaltung derartigen Zuständen gegenüber? Nichts. Sie hält Sitzungen über Sitzungen; dieselben werden nämlich gut bezahlt und schließen mit einem solennen Gelage; der Wein wird aber nicht bezahlt und der Weinlieferant ist dadurch selbst in die größten Verlegenheiten ge- kommen. Im Volke herrscht der allgemeine Glaube, daß die Gouverneure oder ähnliche Beamte nur zum Stehlen oder Rauben da sind, und in den meisten Fällen mag dies Urtheil auch wohl berechtigt sein. In der Provinz Granada fällt nämlich die Ehrlichkeit des jetzigen Gouverneurs sehr auf; aber Niemand wundert sich, daß der Herr deswegen sehr viele Feind« unter denVornehmen» und anderenStutzen der Gesellschaft» hat. Vor kurzem hat er das Verbrechen begangen, das Kasino, den vornehmsten Klub, zu schließen, weil verbotenes Spiel ge- trieben wurde. Ter frühere hat es geduldet, weil er täglich eine Einuahme von 400 M. aus diesem und anderen Jnstiluten ge- habt hat. Für jede Stunde nach 12 Uhr Nachts sollen 40 M. extra bezahlt worden sein. Daß die öffentlichen Häuser*u diesen fruchtbringenden Instituten mit' gehören müssen, ist selbst- verständlich. Die armen Mädchen werden dort auf das schäm- loseste ausgebeutet. jerz, etwas zu genießen, was den übrigen fehlt, worauf Liefe mit ungestilltem Verlangen blickten. Es giebt nicht allzuviel Menschen, die am vollen Tisch sitzen und genießen können, während ein anderes menschliches Wesen unbefriedigt daneben steht, dergleichen Menschen gehören aber auch zur niedrigsten Klasse der denkenden und fühlenden Wesen aus Erden. Der Welt gereicht es zur Ehre, daß ihre Zahl eine beschränkte ist. Der Gesang deS Quartetts war verhallt, daS Früh- stück zu Ende, die Strahlen der Mittagssonne drangen endlich unwiderstehlich in dieses stille Thal. Die Gesell- schaft zerstreute sich nunmehr nach verschiedenen Richtungen, theils dem Laufe des Baches entlang, theils die Höhen hinan; der Kegelschub vereinigte eine Anzahl männlicher, das Reifenwerfen eine Anzahl weiblicher Wesen zu einer Gesellschaft; Lange und Helene begaben sich zu Elisen, die, nachdem ihre Thätigkeit durch Beendigung des Frühstücks zeitweilig beendigt war, die Hände in den Schooß gelegt hatte und in ernste Betrachtungen versunken dasaß. Sie blickte erst ans, als der Gniß der Ankömmlinge an ihr Ohr schlug. W Ich komme Ihnen zuvor, Fräulein Barth, und statte Ihnen den ersten Besuch ab," bemerkt« Helene mit freund- lichem Lächeln,aber vielleicht kaum zur guten Stunde, denn wir stören Sie, wie eS scheint, mitten in süßen Träumen?" Nicht so süß, als Sie vielleicht annehmen, gnädiges Fräulein; aber wenn die Hände ruhen, fängt der Kopf an zu arbeiten." Unser Freund Iwan", bemerkte Lange hinzutretend, bat sich den Genuß deS schönen Morgens und Ihrer Gesell­schaft versagen müssen, da er sein« Zeit zu einem dringend nölhigen Besuche bei seinem Gesandten benutzen muß. Er wird deshalb erst Nachmittags eintreffen können.» Die Züge deS bekümmerten Mädchens heiterten sich bei dieser Nachricht etwas auf. Wir hoffen», fuhr Helene, Abschied nehmend, fort, Sie sobald, als es Ihnen Ihre freiwillig übernommenen Pflichten gestatten, an unsere, n gemeinschaftlichen Tische zu Nun noch«iuigeS über vas GertchtZwesen. Mckgs! kam ein Fall vor, wo der Advokat der klagenden Partei dem Richter in öffentlicher Sitzung vorwarf, daß er von der anderen Partei bestochen sei. Und was geschah ihm? Nichts. Der Richter freute sich, daß er das Geld hatte, mochte ein anderer nun immerhin reden, was ihm beliebte. Der Prä- stdent von einem höchsten Gerichtshof einer Provinz stahl vor kurzem die echten Stuckarbeiten des Justicpalasies und ließ ste durch nachgemachte ersetzen. Was geschah ihm? Nichts. Der Polizeipräsekt von Granada entpuppte sich als ein eifriger Schmuggler vor dem Herru. Was geschah ihm? Nichts, er wurde in gleicher Eigenschaft nach einer anderen Provinz versetzt. Die angegebenen Beispiele mögen für heute genügen, um klar zu legen, welche Zustände in Spanien herrschen. Den deutschen Genossen wird es einleuchten, daß das arme gequälte Volk bitter unter seinen Peinigern zu leiden hat, und daß es schwer ist. die Wuth, den inneren Haß zu bezwingen. Der Baare und ahnlich« Ehrenmänner Deutschlands mögen allerdings seufzen, daß eS ihnen rächt vergönnt ist,fern im Süd, ,m schönen Spanien » zu leben, wo sich ihre Talente gewiß noch viel ftucht- tragender entwickeln könnten, als in Deutschland . In dem nächsten Berichte werde ich Genauer«? über die Voegänge in V i S c a y a berichten, wo es auch noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Bielleicht bricht auch bis dahin an irgend einer Stelle die Eiterbeule der Bourgeoisie auf; denn hier ist nichts unmöglich; für Geld kann man bald einen Putsch haben; das wiffen die Herren von der hohen Politik sehr gut, und sie werden es auch zur höheren Ehre Gottes thun, wenn sie das Bedürfniß fühlen, ein wenig in.Gesellschastsrettung» zu machen Pomimje MoverNckik. Berlin , den 2S. Februar. SluS dem Reichstage. Den Reichstag beschäftigte heute daS Telegraphengesetz in zweiter Lesung. An der Diskussion, welche erst in den letzten Stunden der Sitzung ein«twaS lebhafteres Tempo annahm, betheiligten sich von sozialdemokratischer Seite die Abgeordneten Schmidt(Frank- furt), Wollmar und Singer. Die Verhandlung gedieh nur bis zu dem Z 7», welcher von der Kommission neu eingestellt wurde und welcher bestimmt, daß bei elektrischen Anlagen, sobald gegenseittge Störung zu befürchten ist, aus Kosten desjenigen Theiles, welcher diese Gefahr veranlaßt, die noth- wendigen Borstchtsmaßregeln zu treffen seien. Gegen diese Verpflichtung wehrt sich Poststephan mit aller Energie, doch wird ein Vermittelungsantrag des Zentrums die Mehrheit deS Hausei finden und Poststephan sich wohl fügen. Die Verhandlung wurde gegen'/«3 Uhr auf morgen vertagt. Für die gereizte Stimmung Stephans war ein kleines Renkontre bezeichnend, daS er gegen Schluß der Sitzung mit den freisinnigen Kommissionsmitglledern dadurch bekam, daß er erklärte, sich auf daS Zeugniß sämmtlicher Kommissionsinitglieder, mit Ausnahme der von der kreisinnigenPartei, berufen zu wollen. Die auf diese Weise Angerempelten fanden in ihren persönlichen Benierkungen leider den aus diesen Klotz gehörigen Keil nicht. Im Reichstag kursirten heute während der Sitzung auS Anlaß der Vorgänge auf dem Alexanderplatz und vor dem königlichen Schlosse die aufregendsten Gerüchte. Dar- nach sollte Militär requirirt worden und eS zum Ein- hauen durch Polizei und Soldaten gekommen sein. Noch zum Schlüsse der Sitzung wußte niemand genau, was eigent- lich passirt sei, und erst als die Abendblätter eintrafen, konnte die Neugierde und hie und da auch die Besorgniß besonders ängstlicher Gcmüther befriedigt und beruhigt werden. Zur AuSwandernngSfrage. AuS der gestern schon von unS erwähuten Rede des Königs von Preußen haben wir nur noch eme Stelle hervorzuheben: nämlich den Rath auszuwandern, welcher Allen gegeben wird, die mit den politischen Verhältnissen Deutschlands nicht zufrieden sind. Der Rath ist nicht neu, und wird dadurch, daß er schon oft ertheilt worden ist, nicht besser. Es wird dabei ver- gessen, daß diejenigen, welchen der Rath ertheilt wird, ebenso gut zum.Vaterland» gehören und ein ebenso gutes Recht an dasselbe haben, wie die, welche den Rath ertheilen. Und wenn Alle, d,e mit den polittschen und sonstigen Ver- Hältnissen Deutschlands unzufrieden sind, auswanderten, so würden die Zurückbleibenden nicht ausreichen, um»l« kleines Armeekorps zu biloen, und außerdem schweren Hun- begrüßen. Sie werden Leute dort finden, die sich auf Sie freuen." ES sind Fremde zugegen?" fragte Elise, nicht eben angenehm überrascht. Keine Fremden für mich, Fräulein Barth, und Hassent- lich auch nicht lange mehr für Sie, denn es sind mein Onkel, meine Tante und meine beste Freundin, Fräulew Fiiideisen." Fränlein Findeisen?" rief Elise erblassend. Ja, sollte Ihnen diese Dame schon bekannt sein?" Sie nicht, aber ich kenne einen jungen Herrn diese» Namens, blond, blaß, kränklich... Ihr Bruder? Sie, die Schwester? Welcher Zufall- O bitte, machen Sie mich gleich mit dem Fränlein bekannt. Doch nein, es bedarf dessen m solchen Fallen nicht, enl- schuldigen Sie mich, bestes Fräulein." Damit eilte sie nach dein Tische, wo ste die junge Dame zu finven wußle. Was mag dem Mädchen sein?" fragte Helene er- staunt,ich sah ihm an, daß eS eine gewaltige Ausregung m sich zu bemeistern versuchte." Wer weiß?" entgegnet« Lange,die Wege der Mensche» gehen hier auf Erden so seltsam verschlungen, daß sie au» den verschiedensten Richtungen zusammentreffen; uuo wenn ich heute von Einem Abschied für's Leben nehme, so kann ich nicht daraus schwören, da? er am anderen Tage nicht an meinem Tische Kaffee trinkt. Wir machen eine Polonaise; ich weiß zu''"' lich genau, wen ich an meiner rechten Seite führen werv, wer aber meine Linke ergreifen wird, das oermag ich zu bestimmen. Jetzt aber sagen Sie mir, theuerste Freundin. wie gefallen Ihnen unsere Arbeiter?" Ich bin auf's Wohlthuendste überrascht werden, man ist ordentlich daran gewöhnt, sie nur als wilde Thier« S» betrachten, die' durch Polizei, Kanonen und Bajonette tw Zaume gehalten werde» müssen. Ich finde im Gegen- tyeile, daß die Leute recht gesetzt, verständig, bescheiden uno höflich sind. Aver zum Abend ist es doch wohl nicht g«' ralhen, in ihrer Mitte zu verioeilen?" (Fortsetzung folgt.)