Nr. 269.
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
18. Jahrg.
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Telegramm Adresse: Socialdemokrat Berlin"
Redaktion: SW. 19, Bently- Straße 2.
Fernsprecher: Amt I, Nr. 1508.
Die Entrüstungsposse wider Joë Chamberlain nimmt ihren Fortgang. Alldeutsche, die mit den Blaustift auf Landkarten Geschichte machen, Kriegervereinler, die außer Socialistenausrottung und Kaisergeburtstags- Trinkereien auch einmal etwas Großes leisten möchten, Studenten, denen der Schutz der Freiheit der Wissenschaft längst sehr gleichgültig ist all diese Sonntagsjäger der Politik beweisen jetzt ihren Heldenmut, indem sie dem englischen Herrn Joë Chamberlain unangenehme Dinge sagen, in der frohen Zuversicht, daß ein deutscher Staatsanwalt ja englische Minister und Monarchen nicht gegen Beleidigungen zu schützen hat.
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Als die deutsche Regierung den alten Krüger schmählich von der Thüre wies, die für einen Cecil Rhodes sperrangelweit geöffnet war, als sie sich in nicht mehr zweifelhaften Neutralitätsverlegungen zu Gunsten der Engländer gefiel, da überließen es die jetzt so wild gewordenen Mannen wohlweislich der Sozialdemokratie, in der Presse und im Reichstag den schrillen Protest der Menschlichfeit zu erheben. Damals galt es eben mehr, als bloß straflos über einen englischen Minister zu schimpfen. Und so schwiegen die Kriegervereine und die Studenten, höchstens daß ein paar Alldeutsche sich schwächlich auflehnten, wie es Herr Hasse im Reichstag armselig genug unternahm.
Und warum heute der tapfere Sturm?
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Sonnabend, den 16. November 1901.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Fernsprecher: Amt I, Nr. 5121.
Am 10. Januar plaudert er über die Verlegenheit, in die Deutsch - wird. Die konservative Partei wird sich schließlich mit den land durch die vielen Gefangenen gebracht werde. Als er die Nach- Regierungsanerbietungen„ begnügen". Die Herren vom Bunde der richt erhält, daß dreitausend Mann fapituliert hätten, seufzt er:
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Wieder dreitausend! Wenn man sie doch in der Seine versäufen könnte oder wenigstens den Kommandanten, mit Rücksicht darauf, daß er sein Ehrenwort gebrochen hat." Ein Spaßvogel, dieser Bismard!
Landwirte sind nur dazu gut, durch ihr Gelärm den Anschein zu erwecken, als sei die konservative Unverschämtheit eigentlich be= scheidenste Bescheidenheit. Dies lächerliche Spiel ist nicht mehr ernst zu nehmen.
Auf der Hauptversammlung, die der„ Konservative Verein der Am 25. Januar entwickelt er folgende humane Meinung: Provinz Brandenburg " am Donnerstag abhielt, ist denn auch eine " Ich denke, wenn die Pariser erst Zufuhr an Lebensmitteln agrarische Opposition gegen den Regierungsentwurf nicht zum Ausgekriegt haben und dann wieder auf halbe Rationen gedruck gekommen. Daselbst hat man sich begnügt, allerlei Fadensetzt werden und wieder hungern müssen, das wird wirken. fcheinigkeiten und Einfältigkeiten und Täuschungen zum Beweise der Es ist wie mit der Prügelbaut. Wenn da etwas länger gehauen Vortrefflichkeit des Bollwuchers zu wiederholen. wird hintereinander so macht das nicht viel aus. Aber wenn ausgesetzt wird und nach einer Weile angefangen, das ist unerwünscht." Einen Tag darauf berichtet Arnim von neuen Gefangenen. Bismard bemerkt mißvergnügt:
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Das ist nicht erfreulich. Wo sollen wir zuletzt hin damit? Warum machen fie so viele Gefangene? Jeder sollte fich kriegsgerichtlich verantworten müssen, wenn er Gefangene gemacht hat.
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Zu den Erhebungen über Arbeitslosigkeit. In unsrer Mitteilung über die durch den Oberpräsidenten der Provinz Sachsen einberufene vertrauliche Konferenz in Halle, die den gwed zu verfolgen schien, den schweren Arbeitslofen- Notstand furzweg abzuleugnen, ist folgende Erklärung des Regierungspräsidenten von Magdeburg wiedergegeben worden:
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Von den 2000 fürzlich in einer Arbeitslosen- Versammlung in Magdeburg erschienenen Arbeitern seien mindestens 1500 Saifonarbeiter und nur ein geringer Bruchteil von den reftlichen 500 fönne als wirklich arbeitslos gelten.
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Am Tage zuvor hat Graf Sanit, einer der seltenen Agrarier, die nicht nur schreien- obschon er auch dies nicht übel versteht- sondern auch denken können, in Mohrungen sich über den 3olltarif und die Handelsverträge. Graf Kaniz bekundet offen seine Feindschaft gegen Handelsverträge geäußert, war aber gleichfalls offenherzig genug, jeden Kornzoll wiederum als ein„ unvollkommenes Ding" zuzugestehen; jeder feste Boll hat etwas Mißliches, bei reicher Ernte gebe er feine angemessenen Preise, bei knapper Ernte vertenere er das Getreide in ungebührlicher Man braucht diese und ähnliche Aeußerungen nicht wörtlich zu Weise. Dies hinderte den Grafen Kanik allerdings nicht, einen nehmen Busch will sich„ nur“ auf die Franctireurs beziehen Fünfmart- 3oll als zu niedrig zu bezeichnen. Aber sein Jdeal ist und man weiß doch genug davon, wie Bismarck über die Hu- und bleibt nicht der Kornzoll, sondern die gesegliche Fest= Joë Chamberlain hat es gewagt, die simple Wahrheit aus- manisierung des Krieges dachte. Gewiß ist 1870 nicht völlig nach legung des Getreidepreises, natürlich eines möglichst zusprechen, daß Striege allesamt barbarisch geführt werden, und er hat Bismards humoristischen" Rezepten verfahren worden, begegnete hohen.- deshalb die vielleicht unberechtigte- Ueberzeugung geäußert, daß seine Brutalität doch innerhalb der leitenden Streise manchem Widerdie Engländer nicht grausamer und rücksichtsloser gegen die Boeren stand. Jedenfalls aber hat ein in Bismarcks Geiste erzogener Deutscher verfahren sind als z. B. die Deutschen im Striege von 1870/71. das Recht verwirkt, über die Kriegsverbrechen anderer Völker und Diese Beleidigung des heiligen Krieges durch den Engländer erregte Personen zu plärren, zumal selbst ein Chamberlain nicht die Konden Zorn der Aldeutschen, Kriegervereinler und Studenten. Die- sequenzen Bismards ziehen würde, der ja auch gegen den inneren felben Leute, die zuerst beim Chinakreuzzug hunnische Kriegsführung Feind, die eignen Volksgenossen, die gleiche Kriegführung befürwortete, forderten und verteidigten, um zulegt, als die Sache gar zu elend der das Socialistengesetz verhängte und bis zu seinem Tode von ausging, diese erst inbrünstig ersehnten Hunnenthaten als focial- einem Maffengemetzel des durch Quälereien zum verzweifelten Aufdemokratische Erfindungen und Verleumdungen auszugeben diese stand getriebenen Proletariats gierig träumte. Spötter und Verächter jeglicher Humanitätsduselei, diese panzer- Unfre Offiziösen und selbst die Konservativen fühlen denn auch fäuftigen Apostel der brutalsten Schneidigkeit versuchen jetzt die bereits die nur zu gefährlichen Erinnerungen Anlaß gebende UnGegen diese Beurteilung der Arbeitslosen- Versammlung und da läppisch- elle Komödie der Heuchelei, pharisäisch über die rätlichkeit der Chamberlain Proteste. Es ist nicht nur die in der mit der Arbeitslosigkeitsfrage erhebt die Magdeburger Volks- englischen Zöllner zu Zöllner zu schelten, deren freche Vermessenheit Regierung herrschende todesmutige Englandfreundschaft, die solche stimme" Protest und erweist die völlige Unkenntnis des es wage, sich mit den deutschen Helden der bluttriefenden Humanität Beschwichtigungen veranlaßt. Man empfindet die eigne Mitschuld an Regierungspräsidenten in dieser so überaus wichtigen auch nur zu vergleichen. den Greueln in Transvaal und rät deshalb zum Schweigen. Wenn Frage, über die derselbe sich ein ebenso schnellfertiges als falsches Dabei haben die Engländer doch den Boeren wenigstens Bardon die parteiamtliche Konservative Rorrespondenz" in Urteil gebildet hat. Da das Verfahren des Regierungspräsidenten gegeben und Gefangene gemacht, obwohl sie gefährlichste und an einer Zuschrift bon hervorragender Stelle" es für weiser von Magdeburg geradezu typisch ist für die Behandlung der ArbeitsWehrhaftigkeit überlegene Feinde find, während die Alldeutschen, erklärt, von den Protestlundgebungen abzusehen, weil man losenfrage durch hohe Staatsbehörden, so hat die Widerlegung, bie Kriegervereinler, Studenten Germaniens es durchaus billigten, daß dadurch nur Chamberlains Stellung in England befestige, ihm die„ Boltsstimme" zu teil werden läßt, eine weit über den örtman in China die friegsuntüchtigen Chinesen erbarmungslos nieder so geschieht diese Mahnung sicherlich in erster Linie aus der lichen Bereich hinausgehende allgemeine Bedeutung. Die Voltsa machte. Sollte es da wirklich eine unverzeihliche Todsünde sein, Erwägung, daß es nicht gut sei, in der Zeit des Zollwucherkampfes stimme" schreibt: zu behaupten, daß auch der Krieg von 1870 von den realpolitisch er gewisse Empfindlichkeiten ohne Not zu reizen; die konservative zogenen Deutschen nicht eben mit Rosenwasser gemacht worden sei? Boerenfreunschaft hat sich ja seit langem dem reellen GeschäftsWir halten es einstweilen nicht für geboten, das blutige Ge- intereffe der Agrarier unterordnen müssen. Daneben aber mag spenst des erfolgreichen Krieges heraufzubeschwören und die graufigen auch ein wenig die Scham, das Bewußtsein der eignen SündhaftigThatsachen reden zu lassen. Nicht einmal Bazeilles schauervoller fett, zur Entsagung drängen. Brandstätte sei gedacht. Auch daran sei nur flüchtig erinnert, daß Zweifellos es giebt teine größere Kulturschande als dieses es die Deutschen 1870 ausdrücklich ablehnten, die vorgeschrittenen Verhalten der vereinigten Civilisationsvölker, die es weder verhindern Anschauungen des Völkerrechts als bindend anzuerkennen. So wurden können noch verhindern wollen, daß ein kleines tapferes Volk von im deutsch - französischen Kriege die irregulären Truppen, denen die brutaler llebermacht ruchlos ausgerottet wird. Aber die kapitalistischen staatliche Autorisation fehlte, entgegen der modernen, humaneren Stlassen aller Länder sind trop aller Kanonen und Kriegsschiffe zur Auffassung von den Deutschen nicht als Kombattanten erachtet moralischen Ohnmacht verurteilt, weil es ja im Grunde ihre eigne Politik und deswegen als Verbrecher, nicht als Soldaten behandelt. ist, die heute England treibt. Die Raubsucht des Kapitalismus hat Nur darauf seien heute die Heuchler hingewiesen, die immer niemals eine Schranke der Menschlichkeit und Gerechtigkeit anbehaupten, daß die Andren Barbaren seien, wenn sie es einmal erkannt. Nur Narren und Heuchler flagen England wegen infamer für vorteilhaft halten, plöglich für die Humanität zu schwärmen, daß Verbrechen an, die ihr eignes Volk zu thun jeden Tag bereit ist. niemand mit derberem Hohn und brutalerer Berachtung die Humanifierung des Krieges abgelehnt hat, wie der feierlichste Fetisch der Alldeutschen, Kriegervereinler und Studenten wie Herr v. Bis mard. Joë Chamberlain hat nicht so grausame Anschauungen in Dieser Frage jemals geäußert wie Bismarck , der strupellose Macher und glücklichste Ausbeuter des deutsch - französischen Krieges.
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Wir verdanken dem Charakterstenographen Bismards, seinem getreuen, federfertigen Büschchen" eine Reihe von Aeußerungen, die hinreichend bekunden, wie sehr Herr Chamberlain nur ein Schüler des Blut uno Eisentanglers ist, sofern es überhaupt für einen Kriegspolitiker notwendig ist, noch einen andren Lehrer zu haben als die Barbarei des Krieges selbst. Einmal im November 1870
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Krieg ist Krieg. Es giebt keinen humanen Krieg, wie ein Mord nicht dadurch human wird, daß er mit parfümiertem Dolch verübt wird. Die Kriegsfanatiker in Deutschland haben das Recht verwirkt, über Chamberlain zu zetern. Der Kapitalismus ist fraft seiner inneren Natur barbarisch); augenblicklich ist es England, das der Barbarennatur der kapitalistischen Gesellschaft in einem verbrecherischen Kriege Rechnung trägt. Gestern und morgen waren und werden es andre Staaten sein, die dann freilich das Verbrechen als glorreiche Patriotenthat und geschichtliche Notwendigkeit bejubeln.
Allein das Proletariat, der internationale Träger des Humanitätsgedankens, hat das Recht, gegen Englands Rauspolitik zu protestieren, weil es das System der Vergewaltigung überall gleichermaßen lobt Bismarck die alten verurteilt und bekämpft. Der großartige und hochherzige Gedanke guten Kriegsfitten der Bayern . Es gefällt ihm an ihnen, des Boykotts der englischen Schiffahrt ist, wie immer er leider ausdaß sie mit dem Totschießen der Franctireurs rasch bei der fichtslos fein mag, ein gewaltiges Unternehmen, das die Kulturehre Hand sind". Unsre Norddeutschen halten sich zu sehr an den der heutigen Menschheit rettet, dem gegenüber die anmaßend heuchBefehl. Wenn so ein Buschtlepper- bemerkte er beispielsweiselerischen, spottbilligen Proteste der aufgeregten Aldeutschen, Kriegerauf einen holsteinischen Dragoner schießt, so steigt der erst vom vereinler und Studenten zu eitlen Narrensspäßen werden. Das ProlePferde und läuft mit seinem schweren Säbel dem Kerl nach und tariat allein hat auch das Recht, den Joe Chamberlain zu brandfängt ihn. Dann bringt er ihn seinem Lieutenant, und der läßt marken, und mit ihm die zahlreichen Chamberlains aller andren ihn laufen, oder er liefert ihn ab, und dann ist's dasselbe, man tapitalistisch zerrütteten und geschändeten Länder. läßt ihn auch laufen. Der Bayer macht's anders, der weiß, daß Krieg ist, der hält noch auf alte gute Sitten. Er wartet nicht ab, bis auf ihn von hinten geschossen wird, sondern schießt zuerst."
Welch ein abgründiger Humor!
Am 27. Dezember 1870 notiert Busch:
Der Chef hat zu den kräftigsten Maßregeln gegen Roquet le Roi, wo ein leberfall durch Franctireurs von der Einwohnerschaft unterstützt worden ist, Anweisung erteilt; er hat ferner das Gesuch des Maires und der Munizipalität von Chatillon um Erlaß der Million Frant abgewiesen, die man diesem Ort als Strafe auferlegt hat, weil dort Achnliches vorgekommen ist. In diesem wie in jenem Fall hat ihn der Grundsak geleitet, man müsse der Bevölkerung des Landes den Krieg fühlbar machen, um sie dem Frieden geneigt zu stimmen."
Politische Meberlicht.
Berlin , den 15. November. Der Brotwucher.
Die Deutsche Tageszeitung" spielt wieder die Rolle des Un bengfamen. Der Zolltarif, wie ihn der Bundesrat gestaltet hat, sei schlechthin un annehmbar; ebenso bedürfe das ZolltarifGesetz einschneidender und wesentlicher Aenderungen, wenn es angenommen werden soll; im Reichstage solle„ mit rückfichtsloser Entschiedenheit" auf größere Beachtung der Wünsche der Landwirtschaft gedrungen werden.
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Es mag sein, daß diese Komödie des Ueberforderns auch im Reichstag durch die Herren Dertel, Nöside, Hahn fortgesetzt werden
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Bon wem hat der Herr Regierungspräsident die Angaben bezogen, auf die er sein sonderbares Urteil stüßt? Der Herr Regierungspräsident war nicht in der Versamm fung, offiziell dazu beauftragte Regierungsbeamte gewiß auch nicht, wenn man die beiden überwachenden Polizeibeamten nicht als solche rechnen will. Mit den Veranstaltern der ArbeitslosenVersammlung sich in Verbindung zu sezen, hat der Herr Regierungspräsident nicht für notwendig befunden. Bleibt vielleicht noch die hiesige städtische Behörde, der Herr Oberbürgermeister Schneider. Aber auch von diesem kann der Herr Regierungspräsident nicht feine Informationen bezogen haben, da err Oberbürger meister Schneider sich unsren Gewährsmännern gegenüber gerade entgegengesett wie der Herr Regie rungspräsident ausgedrückt hat. Woher also die Kenntnisse, Herr Regierungspräsident?
Damit es nicht heißen kann, wir verlangten etwas unbilliges, so wollen wir unsrerseits den Anfang machen und unsre Gewährsmänner nennen. Wir stützen unser Urteil auf die Aussagen der fämtlichen hierorts angestellten und in der Versammlung anwesend gewesenen Gewertschaftsbeamten sowie fast aller socialdemokratischen Stadtverordneten. Alle diese Personen, die feit langen Jahren in der Magdeburger Arbeiterbeweging thätig find, haben eine ziemlich genaue Kenntnis von den Angehörigen ihres Berufes, kennen sie zum größten Teil, so weit sie organisiert sind, persönlich.
Und diese Gewährsmänner sagen übereinstimmend aus, daß gerade nicht die Saisonarbeiter das Hauptkontingent in der Arbeitslosen- Versammlung gestellt haben, sondern umgekehrt die hiesigen Industrie- Arbeiter, deren Beschäftigung nicht an die Saison gebunden ist, so die Metallarbeiter der verschiedensten Branchen, die im Handels- und Transportgewerbe Beschäftigten, die Eisenbahnarbeiter und ähnliche Arbeiterkategorien.
Der biesige Oberbürgermeister, der sich für die vom Gewerkschafts- Kartell veranstaltete Erhebung lebhaft interessierte und sich vorher und nachher mit den Veranstaltern dieser Erhebung in Verbindung setzte, also auch ein auf Grund eingehenderer Beschäftigung mit der Materie gewonnenes Urteil befizt, hat dent Stadtverordneten Boß gegenüber geäußert, daß gerade die Saisonarbeiter bislang noch wenig unter der Arbeitslosigkeit zu leiden hatten.
Und all diesen unanfachtbaren Zeugnissen halte man die sonderbare Behauptung des Herrn Regierungspräsidenten gegen über! Wenn die Ausführungen der übrigen Referenten von ähn licher Sachkenntnis diftiert gewesen sein sollten, so kann man sich ein Bild davon machen, was bei den von der Regierung an geordneten Erhebungen herauskommen wird.
Wir können auch nur annehmen, daß der Herr Oberbürger meister Schneider auf der Konferenz nicht anwesend gewesen ist, da er sonst die Ausführungen des Regierungspräsidenten nicht unwidersprochen gelassen haben würde. Auch Metallindustrielle aus Magdeburg scheinen nicht anwesend gewesen zu sein, da soust z. B. der Vertreter von Schäffer u. Budenberg gesagt haben würde, daß in seiner Fabrit allein 300 Mann weniger als im Vorjahre beschäftigt sind, und der Vertreter der Firma Gruson würde mitgeteilt haben, daß bei ihm gegenwärtig sogar über 1000 Mann weniger als im vorigen Jahre be schäftigt sind. Und beide würden erklärt haben, daß sie nicht