Nr. 79.
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Sonnabend, den 2. April 1892.
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glaubens mit den Ergebnissen der modernen naturwissen- lügen, mit denen in unseren sogenannten Geschichtswerken schaftlichen Forschung ist zu offenkundig, als daß es noch operirt wird, würde eine volle Mannestraft Jahre lang in eines besonderen Nachweises bedürfte, wie schädlich es Anspruch nehmen. Es sei hier nur an die Enthüllungen
Mit den 1. April eröffneten wir ein neues Abonnement geradezu auf die geistige Ausbildung des Schülers wirken bezüglich der gefälschten Emser Depesche und des Ursprungs auf den
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Das staatliche
töfung des Lehteren von dem Lehrplan sämmtlicher Schulen beren gegenseitige Beziehungen werden ganz oder fast ganz
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muß, wenn ihm in dem einen Lehrfache etwas vorgetragen der letzten Kriege erinnert. Statt einer wirklichen Geschichte wird, was der Lehrer des anderen Unterrichtsgegenstandes der bisherigen menschlichen Gesellschaft, die ja nichts anderes vollständig verwirft und von seinem Standpunkte aus auch ist als eine Geschichte von Klassenkämpfen, wird dem Schüler verwerfen muß. Der durchgreifende Unterschied besteht auch eine Schlachten- und Regentengeschichte gegeben, sein Kopf darin, daß die Theologie blinden Glauben verlangt, also mit Jahreszahlen, namentlich von Herrschern und Kriegen, schon hierin dem Grundprinzip jeder Wissenschaft wider vollgepfropft, gerade als ob die Monarchen die Geschichte streitet, während die Naturwissenschaften ihre entgegen gemacht hätten, der Gang der Ereignisse sich überhaupt stehenden Behauptungen, beispielsweise von der Umdrehung von einer einzelnen Persönlichkeit beeinflussen ließe, und als der Erde, auch beweisen. Bollständige Trennung des ob die dynastischen Kriege von jeher die wesentlichste EinStaates von der Kirche, Erklärung der Religion und somit wirkung auf die Entwicklung der Menschheit ausgeübt auch des Religionsunterrichtes zur Privatsache, sowie Los- hätten. Die wirthschaftlichen und Kulturverhältnisse sowie ist daher eine Forderung, die nicht oft genug erhoben außer Acht gelassen. Kriege und Kriegshelden find eben werden kann und die sich, wie das Beispiel von Frankreich das Ideal der herrschenden Klassen, und doch läßt sich dem beweist, auch in dem gegenwärtigen Staate durchführen läßt. Gedanken von Johann Jacoby , alle seit Menschengedenten erWie die Religion in der Bibel, so hat die, allerdings nur fochtenen kriegerischen Siege seien nicht so bedeutungsvoll für auf den höchsten Lehranstalten, den Universitäten bezw. die Menschheit gewesen, wie die Gründung eines einzigen Akademien, gelehrte Rechtswissenschaft in dem Eigenthums- Arbeitervereins, seine Berechtigung nicht absprechen. Bon begriff ihren„ papiernen Papst"." Von dem Rechte, das Arbeiterinteressen und Arbeiterorganisationen schweigt aber mit uns geboren, ist nie die Rede." die Weltgeschichte; dagegen werden Männer, die es in " Es erben sich Gesetz und Rechte der Kunst des Massenmordes zu einer großen Fertigkeit Wie eine ew'ge Krankheit fort." gebracht haben, mit dem Beinamen des Großen" bedacht. So werden zwar keine Rechtsvertreter im eigentlichen Weiß man von einem Monarchen beim besten Willen nichts Sinne des Wortes, dagegen durch die öde Rabulistik, die Gutes zu berichten und will das Unrühmliche nicht hervorhier betrieben wird, vorzügliche Staatsanwälte herangebildet. heben, wie bei Friedrich Wilhelm II. von Preußen, so Der alten Wahrheit sich bewußt, daß sich mit Worten schweigt man sich über denselben aus. Findet sich doch trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten" läßt, buchstäblich in einem viel benutzten Schul- Geschichtsbuche legen sie je nach Bedürfniß entweder aus oder unter, über den genannten Regenten folgende kurze ZusammenAls vor ungefähr Jahresfrist die Arbeiter- Bildungs- namentlich wenn es sich um den Nachweis einer Gottes- fassung seiner Regierungszeit: Friedrich Wilhelm II. 1786 Schule" ins Leben trat, wurde diese Gründung von weiten lästerung, Majestätsbeleidigung, Verächtlichmachung von bis 1797. Unter ihm wurde das Brandenburger Thor erKreisen des Bürgerthums" entweder absichtlich ignorirt Staatseinrichtungen, Aufreizung zum Klassenhaß u. s. w. baut"! Von der unter ihm herrschenden Dunkelmänneroder lächerlich gemacht. Zu Ausstellungen gab ja den dem handelt. und Maitressenwirthschaft, von den gräflichen Dirnen, den Unternehmen feindlichen Kreisen von vornherein schon der Mit der Jurisprudenz aufs engste verwandt ist die National Voß und Dönhoff, von dem lüderlichen Treiben des Hofes, Name der neuen Anstalt willkommene Veranlassung. In ökonomie, deren unbefangene Darlegung sich natürlich auf worin der König seinem Volfe mit gutem" Beispiele vorander That ist nach der Auffassung der herrschenden Klassen unseren Hochschulen ebenfalls nicht erwarten läßt. Manchester ging, wird gar nicht gesprochen. Und solch eine GeschichtsDer Begriff Arbeiter" mit dem der Bildung unvereinbar. männer und Kathedersozialisten können hier nach Beliebenschreibung nennt sich eine idealistische und hat zu ihrem Dieses Vorurtheil ist insofern gerechtfertigt, als der moderne ihr Schlachtroß tummeln, aber Jemand, der vom wissen- Wahlspruche des Dichters Worte erforen: Kulturstaat durch seine Organisation schon dafür Sorge schaftlichen Standpunkte aus die Mary'schen Theorien be Die Weltgeschichte ist das Weltgericht!" trägt, daß der Proletarierssohn, dem die wirthschaftlichen handeln will, hat keinen Zutritt zu diesen heiligen Hallen", Verhältnisse höchstens den Besuch der Volks- oder Die idealistische Richtung zeigt sich darin, daß man vor Das hat das Verhalten der Leipziger philosophischen Fakultät der materialistischen Auffassung und Anwendung der Darwinrichtiger gesagt Armenschule gestatten, fein allzu reich gegen Dr. Conrad Schmidt, welcher sich daselbst vor drei schen Theorie vom Kampf um's Dasein" auch auf die Geliches Maß der sog. Bildung in sich aufnimmt. Eine andere Jahren mit einer Abhandlung über den Durchschnitts- schicke einzelner Völker sich in heuchlerischer Weise bekreuzigt. Frage ist es freilich, ob die Bildung, wie sie in unseren werth der Marx'schen Profitrate" habilitiren wollte, zur Doch nun genug von unserer bürgerlichen Geschichtsfabriniederen und höheren Lehranstalten bis in die Universität Genüge gezeigt. Er erhielt einen schroff ablehnenden Be- kation! hinauf dem Jünger der Wissenschaft zugänglich gemacht scheid. Die eidgenössische Universität Zürich , welche ihm in wird, die wahre Bildung repräsentirt, ob nicht auch hier dem zuvorkommendster Weise auf Grund seiner wissenschaftlichen leicht an's Tageslicht wagen. Ein Lehrer der Geschichte, der Auf diesem Gebiete kann die Wahrheit sich nicht so Volle vielfach Steine statt Brot" verabreicht werden. Leistungen die Habilitation gestattete, ist dadurch bis jetzt es unternehmen würde, seinen Lehrgegenstand materialistisch In einer Hinsicht trifft dieses abfällige Urtheil unbedingt noch nicht in ihrem Bestande erschüttert worden. u, in Bezug auf den Religionsunterricht, der leider noch zu behandeln, würde sich sofort die Pforten seiner Lehrn unseren Schulen einen so großen Spielraum einnimmt. handlung in höheren und niederen Lehranstalten die GeAm schlimmsten kommt aber bei der landläufigen Be- thätigkeit verschließen. Die Unvereinbarkeit des von der Bibel gepredigten Wunder- chichte weg. Die Aufdeckung aller tendenziösen Geschichts
Bildungsmonopol.
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Feuilleton.
Nachdrud verboten.)
endlich, was
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direktes Klasseninteresse nicht nachweisen läßt, herrscht der Jedoch auch in anderen Wissenszweigen, wo sich ein
dienstbereite Hände für diesen Liebesdienst. Den Meisten durch die Rechnung machen," bemerkte Professor Birnenaber fonnte man getrost gedruckte Wahlzettel übergeben. mann mit besorgter Miene. Bu gleicher Zeit berichtete die Allgemeine Zeitung " mit allen Ausdrücken eines moralischen Unwillens, daß von ver- Sie einmal einen kleinen Klaps auf die Finger bekommen " Bah, Herr Professor, Sie sehen sehr schwarz, seitdem schiedenen Gemeindevorständen u. s. w. mehr oder weniger haben. Die meisten Anhänger von Barth und Genossen direkte Wahlbeeinflussungen zu Gunsten der konservativen besigen glücklicher Weise tein Wahlrecht, und außerdem find Wahlliste unternommen werden. Daß ihre eigenen Parteileute die Leute so unpraktisch, daß sie nicht einmal eine Wahleine noch viel energischere Pression auf alle, welche direkt oder männer- Liste aufgestellt habent." indirekt von ihrem Geldsack abhängig waren, ausübte, davon
Dr. Raffmaus hatte zu früh triumphixt; denn obwohl durch Spaltungen in den freisinnigen Parteien den Konser
Die konservative Partei hatte ihre gewohnheitsmäßigen schwieg sie selbstverständlich, wie sie denn auch die Pression die Allgemeine Zeitung " wiederholt davor gewarnt hatte, Mittel: den großen Beamtenapparat, welcher freilich selbst für selbstverständlich ansah. on Tage zu Lage mehr dem Einflusse der Liberalen Dr. Raffmaus, eingedent der großen Biele, die er vor vativen den Sieg in die Hände zu spielen, erschien doch am aczugeben begann, die Regierungs- und Amtsblätter Augen hatte, war eines schönen Tages so weit gegangen, Tage vor der Wahl im„ Boltsblatt" ein ganz entschieden feinddie ländlichen Wahlkreise betraf, int verstärkten Wahlkomitee die Worte zu äußern: Unfer seliger Artikel gegen die Wahlmänner- Liste der liberalen Partei, en Einfluß der Gutsbesizer, der Verwaltungsämter, der Sieg bei den Neuwahlen ist eine Lebensfrage für die liberale ber alsbald von Hand zu Hand und von Ohr zu Dhr lief. Ortsvorstände und Geistlichkeit in Bewegung gesetzt; die Partei, dafür kann kein Opfer zu groß sein." Und bei„ Warum sollen wir die Wahlmänner der liberalen Partei iberale Bartei kämpfte dagegen mit einer überlegenen diesen Worten hatte er 1000 Thaler für die Agitations- wählen?" war die verhängnißvolle Frage. Was haben sie Bresse , mit der Popularität ihrer Führer, mit Ver- tasse niedergelegt, ein Beispiel, welches nicht nur großen dem Zeitalter, was der Mehrzahl ihrer Mitmenschen geprechungen von allen erdenklichen Reformen. Sie fühlte Enthusiasmus hervorries, sondern auch lebhafte Nach- nußt, daß man ihnen einen Beweis des Vertrauens geben ie große Masse hinter sich, die den Fortschritt will, und ahmung herbeiführte. Die Komiteemitglieder waren Tag follte! Einige wenige Menschen durch Almosen in ihrer ählte ſelbſt in den Reihen der Beamten eine ansehnliche für Tag auf den Beinen, Säumige zu ermuntern, Grollende elenden Existenz zu erhalten, in derselben Zeit, in welcher Zahl mehr oder minder offener Anhänger. 311 beschwichtigen, Zweifelnde herüberzuziehen, Gewinn sie durch ihren Geschäftsbetrieb ein Proletariat von riesigem Je näher der Tag der Wahl tam, je öfterer wurden füchtige anzulocken, unſelbſtändige zu überreden. Manche Umfange schaffen, ist das ein Berdienst so groß, um BerNamen der Wahlmänner auch dem widerspenstigsten Rechnung und Schuld wurde erlassen oder ermäßigt, trauen zu ihrer nationalökonomischen Weltansicht zu fassen? dächtnisse eingeprägt; von Haus zu Haus, in jede Familie Gratifikationen regnete es für alle pflichteifrigen Stimmen. Als liberaler Advokat für die Gewerbefreiheit zu kämpfen irde das Namensregister ber liberalen Wahlmänner gesammler, und am vorlegten Abend vor der Wahl rieb sich und zu gleicher Zeit für die Aufrechterhaltung der Gefeße ettern auf den Platatsäulen und Plakattafeln der Stadt. die Hände und meinte: es noch in der Gesinnungsgenossen vergnügt gegen die sogenannte Winkelschreiberei zu eifern, welch' m drückte plößlich ein Dienstmann den Denkzettel in die kann drei Fünftel für uns, gegen zwei Fünftel der Konser- Parole!" widerspruchsvolles Verfahren. Freiheit für uns, nur keine, Das Geschäft ist gemacht; das schlimmste Verhältniß die unseren Sonderrechten zu nahe tritt, so lautet die liberan and. Wer zu gleichgiltig war, um sich der Mühe des vativen fein." usfüllens der Wahlzettel zu unterziehen, dem boten sich Warum follten wir die Wahlmänner der liberalen Wenn uns nur jene Urwühler nicht noch einen Strich Partei wählen? Haben sie ein Verständniß für die
a, wer an allen solchen Aufforderungen achtlos vorbeiging,