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Nr. 62. 20. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Politifche Ueberlicht.

Reichstag .

Berlin , den 13. März.

hätte, wenn von vornherein statt 6 Millionen 9 Millionen bewilligt

Nach belangloser Beratung des Kapitels Lehrerseminare wurde die weitere Beratung des Kultusetats auf Sonnabend vertagt.-

Sonnabend, 14. März 1903.

Auch die Jesuitengeset- Milderung wird wieder als zweifelhaft hingestellt. Es geht das Gerücht, daß die Beschlußfassung über die Aufhebung des§ 2 hinausgeschoben werden solle, weil auf eine Mehrheit im Bundesrate jetzt nicht mit Sicherheit gerechnet werden könne. Sollte sich diese Mitteilung bewahrheiten, so dürften die Tage des Reichskanzlers gezählt fein.-

Kiautschou

in der Budget- Kommiffion.

Gelegenheit den Agrariern zu Hilfe kommt. Im übrigen ist Die ,, Korrespondenz für Centrumsblätter" beschäftigt sich eindringlich die Haltung der Regierung bedauerlich, sie hat wieder einmal mit der Angelegenheit. Das Organ des Centrums, das die Wahl­für Kulturaufgaben kein Geld übrig. Eine Revision des Lehrer- ficherung gegen nationalliberalen Kapitalistenterrorismus wünscht, besoldungs- Gesetzes erscheint ihr angesichts der schlechten Finanz Verdacht geraten, die Regierung habe sich durch den Widerspruch der führt aus: Wenn wir mißtrauisch wären, würden wir auf den lage nicht möglich, und ein Schulunterhaltungs- Gesetz soll Sonservativen so einschüchtern lassen, daß fie gern von Es scheint ein Gebot der Kavaliersehre zu sein, sich in einer erst in nicht zu ferner Frist" dem Landtage zugehen. ihrem Versprechen wieder loskommen möchte. Auf ein Umschlagen Gesellschaft so lange unbefugt aufzuhalten, bis der Fuß zum Tritt In der Debatte stellten sich Redner aller Parteien auf den bes Windes deutet ja das Ausbleiben der Vorlage und erhoben wird, der den Eindringling gewaltsam hinausbefördern soll. Boden des Antrags Zedlik. Die Herren vom Centrum gaben die nunmehrige Ankündigung einer Verordnung notwendig hin. Dann erst nimmt man seinen Hut und drückt sich. Herr v. DIden- dabei von neuem ihrem Verlangen nach Erlaß eines fon- ach abermals einigen Wochen, nämlich wenn es burg , der schnoddrigste aller Bündler, hat sein Mandat gerade an fessionellen Volksschul- Gesetzes Zedlitzschen Angedenkens Aus- vollends zu spät ist, könnte die Meinung wieder wechseln und dem Tage niedergelegt, wo die Prüfung seiner Wahl auf der Tages- druck und warnten energisch vor dem von dem Antragsteller die Auffassung die Oberhand gewinnen, daß es im Ver= ordnung stand und ihre Kassierung unvermeidlich erfolgen mußte. entwickelten Plan, die Volksschule allmählich ganz auf den Reform liegen bleiben. Nachdem indes der Reichskanzler bestimmt ordnungswege doch nicht gehe, und dann die ganze Die Mitteilung von dieser Mandatsniederlegung, womit die Freitag Staat zu übernehmen. Kein Wunder! Fürchten sie doch die Aenderung des Wahlreglements angekündigt und Staatssekretär fizung anhob, wurde von unsren Genossen mit gebührender Heiterkeit davon eine Schwächung des Einflusses der Kirche! Auch die Graf Posadowsky mit so durchschlagenden Gründen die Notwendigkeit aufgenommen. Nationalliberalen betonten wiederum die Notwendigkeit, der einer besseren Sicherung des Wahlgeheimnisses begründet hat, kann die Es tam die Weiterberatung des Militär- Etats und mit Volksschule ihren konfessionellen Charakter zu bewahren. Allzu Regierung nicht wohl vor dem Geschrei der konservativen und sonstigen ihm die Fortsetzung der Debatte über den Truppen- Uebungs- groß ist der Unterschied zwischen ihnen und den Schwarzen Scharfmacher zurückweichen, ohne sich um allen Kredit und alles An­play in Neuhammer. Herr v. Goßler hatte sich eine Art Ver- trotz aller schönen Kulturkampfreden nicht mehr. Die Debatte sehen zu bringen." Es wäre doch geradezu erbärmlich, wenn die teidigungsrede zurechtgelegt. Sie lief in der Hauptsache darauf endete mit der Ueberweisung des Antrages Zedlik an die Regierung sich einschüchtern lassen wollte durch das eigensüchtige hinaus, daß die lumpigen drei Millionen, die mehr ausgegeben Budgetkommission. Geschrei von Leuten, die eine Anzahl Mandate zu verlieren fürchten, werden müssen, nicht mehr Etatsüberschreitungen", sondern Mehr­wenn sie über ihre Leute nicht mehr die rücksichtsloseste Wahl­tyrannei ausüben können." forderungen" heißen. Der Reichstag hat im Jahre 1896 eine Pauschalsumme von sechs Millionen bewilligt. Diese Summe ist noch nicht aufgebraucht. Aber es hat sich nun herausgestellt, daß fie bei weitem nicht zulangt. Einmal sind 700 000 m. mehr als Die christlichen Arbeiterfreunde in Holland . ursprünglich angenommen an den Familienbesitz des Grafen Dohna Der nun vorliegende ausführliche Bericht über den Schluß der gezahlt worden, und dann sind durch Waldbrände, durch den Neubau Berhandlung, die Interpellation Troelstras betreffend, rechtfertigt von wegen und Brücken und durch die Beschäftigung auswärtiger bollauf das Urteil, das wir gestern bereits über das Verhalten des Arbeiter undermutete Mehrausgaben entstanden. Die bürgerlichen Ministerpräsidenten ausgesprochen haben. Der Mann hat that­Parteien, denen es nicht um eine ernste Bekämpfung des Militarismus sächlich nichts gesagt, was dem Lande in dieser schweren Zeit zu thun ist, scheinen von den Entschuldigungsgründen des Kriegs- irgendwie zum Nuzen gereichen könnte, und seine Freunde, die In der Sitzung am Freitag wurde der Etat für das Schuß­ministers befriedigt zu sein. Bebel deckte das Spiel, das der christlichen Demokraten, die mit ihrer Arbeiterfreundlichkeit sonst so Kriegsminister mit Worten versucht hatte, sofort auf. Er wies darauf gern prahlen, hielten es in diesem so überaus wichtigen Falle nicht gebiet Kiautschou erledigt. Der Reichszuschuß beläuft sich auf hin, daß der Reichstag sich die Sache vielleicht anders überlegt Arbeiterschaft einzulegen. Für die Darlegung der erbärmlichen er habe sehr sorgfältig den Etat daraufhin untersucht, ob nicht mit hin, daß der Reichstag sich die Sache vielleicht anders überlegt für nötig, irgend ein Wort zu Gunsten der schwer bedrohten 12,876 Millionen Mark. Der Referent Abg. Dr. Hasse versicherte, worden wären. Die Beschäftigung auswärtiger Arbeiter ist natürlich Verhältnisse der Eisenbahner durch unfren Parteigenossen Melchers Rücksicht auf den augenblicklich so schlechten Stand der Reichs­nichts andres als eine Gefälligkeit für die notleidenden Landwirte hatte die Mehrheit kein Interesse, die Herren schwazten derteilen finanzen Ersparnisse zu machen seien; er habe aber leider auch nicht Abg. Prinz und Fideikommißbefizer der Umgegend, deren Arbeiter die lohnende miteinander, Troelstra mußte sie erst durch Zwischenrufe auf eine einzige solche Möglichkeit entdecken können. Beschäftigung beim Militärfiskus wahrscheinlich dem Arbeiten bei den merksam machen, daß über die Eisenbahner gesprochen wurde, und v. Arenberg legte eine Resolution vor, durch welche der Reichs­angeborenen Herren vorgezogen hätten, wenn ihnen die Verwaltung Talma bei dieser ernsten Angelegenheit lachte. Van Kol konstatierte, daß der christliche Arbeiterfreund fanzler ersucht wird, mit dem preußischen Unterrichtsminister sich darüber ins Einvernehmen zu setzen, daß an den Universitäten dem nicht die Thür vor der Nase zugeschlagen hätte. Schließlich wurde beschlossen, die Angelegenheit nochmals an die halten der Regierung wird übrigens auch in der liberalen Presse Stolonialrecht die seiner Bedeutung entsprechende Stellung eingeräumt Budgetkommission zurückzuweisen. So schreibt z. B. das Handelsblad":" Vom Ne- werde. Die Resolution wurde angenommen. gierungstische haben wir nichts zu hören bekommen als: Autorität, Abg. Müller- Fulda: Die vom Reichskanzler vorgelegte Autorität und nochmals Autorität. Das hat auch auf uns wohl Denkschrift gebe den Wert der Gesamteinfuhr von Waren nicht­etwa den Eindruck gemacht, als ob Herr Kuyper vor allem darauf chinesischen Ursprungs( ausschließlich Materialien für Eisenbahn und Mit Bergbau) im Hafen von Tsingtau auf 4,217 Millionen Dollar an. aus ist, wie Herr Troelstra sagte, der starke Mann zu fein. echt(?) fagte Kuyper am Schlusse der Sizung, daß die Frage, um wie viele von den eingeführten Waren stammen aus Deutsch­die es sich handelt, die sei, ob die gesetzliche Autorität im Staate land? Staatssekretär v. Tirpit: Darüber habe er keine näheren der ungesetzlichen weichen solle. Aber mit demselben Rechte bemerkte Angaben und könne daher solche in diesem Augenblick nicht mit­Troelstra, daß man nicht allein eine starke, sondern auch eine teilen. Abg. Müller- Fulda: Ihm sei durch Privatnachrichten der Nachweis geliefert, daß von den in Tsingtau cingeführten Waren gerechte Autorität im Staate haben müsse." Von den eingeführten Daß dagegen die Rede Troelstras ihre Wirkung geübt hat, kaum 1/10 aus Deutschland stamme. Die Postassistentenfrage wurde durch die Annahme einer trotzdem kein greifbares Resultat erzielt wurde, das geht unter Waren feien bei weitem die wichtigsten die baumwollenen Waren, unverbindlichen konservativen Resolution unter Ablehnung der anderm aus den wichtigsten Auslassungen der Hetzpreffe hervor. Baumwollengarn und Petroleum, deren Wert sich auf 3,9 Millionen % 10 Diese tweitergehenden Anträge der freisinnigen Volkspartei aus der Welt Gerade die Nuhe und Sachlichkeit im Auftreten unsres Genossen hat Mark, alfo 10 des Wertes der Gesamteinfuhr, beläuft. weitergehenden Anträge der freisinnigen Volkspartei aus der Welt der Reaktion am meisten mißfallen. De Tijd" meint: Ein großer Indien und Amerika . Auch sei es so gut wie ausgeschlossen, daß Waren stammen aber nicht aus Deutschland , sondern aus England, geschafft. Dann wurde der Etat der Marine verwaltung begonnen. Teil der Stammeres ist ihm( Troelstra) selbst am besten bekannt Indien und Amerika . Auch sei es so gut wie ausgeschlossen, daß befindet sich bereits auf dem Wege, auf den er etwa in späteren Jahren diese Waren aus Deutschland bezogen werden Hier brachte Genosse Hoch die amtliche Statistik über die Löhne die Regierung und die Mehrheit weiter vorwärts fönnten. Denn es handle sich um solche Waren, die aus Deutsch­der Werftarbeiter kritisch zur Sprache. Dann versuchten Sconservative drängen will. Es kommt dabei nur darauf an, die Weich- land entweder gar nicht oder nur zu ungünstigeren Bedingungen als und Nationalliberale den von der Kommission vorgenommenen Ab- herzigkeit strich von einer Million an der Forderung für gründliche Reparatur gliedern der Linken, welche einerseits zwar die Ordnung im Staate daß durch die Erwerbung des Kiautschou - Gebietes für deutsche strich von einer Million an der Forderung für gründliche Reparatur herzigkeit und Flauheit, die Halbheit vieler auszunuzen; den Mit- aus den genannten Ländern bezogen werden können. Die Illusion, des großen Kreuzers Kaiserin Augusta " und des fleinen Kreuzers Frene" wieder zu beseitigen. Natürlich fehlte es wollen, andrerseits aber auch diesem Stabinett gern ein Bein stellen Produkte ein großes Absatzgebiet geschaffen werde, jei Staatssekretär v. Tirpig: möchten, Vorwände zu geben, der Regierung ihre Unterstützung zu jetzt wohl endgültig zerstört. Grunde, daß die Nichtbewilligung diefer Million zu der Entlassung von 300 Werftarbeitern führen entziehen; das Ministerium selbst oder einzelne Mitglieder desselben Niemand habe erwarten können, daß in diesem Gebiete ein Auf­müsse. Es muß fürwahr eine merkwürdige Organisation in den herüberzuziehen zu der Meinung, daß es das beste sei, dem Kampf schwung des Handels schon während der ersten fünf Jahre möglich Werften Herrschen, wenn bei den Riesensummen, die Jahr um Jahr aus dem Wege zu gehen, die unzufriedenen durch teilweises Nachgeben sei. Erst wenn durch die Vollendung der Eisenbahn und durch die für die Marine bewilligt werden, so große Arbeiter- Entlassungen not- zu befriedigen und die Sicherung der so gräulich verletzten und be- Herrichtung des Hafens die Verbindung mit dem Hinterlande ge­wendig werden, sobald ein Bruchteil abgelehnt wird. Vorläufig brohten Rechtsordnung auf bessere und ruhigere Zeiten zu verschaffen sei, können derartige Hoffnungen ihrer Erfüllung entgegen­

Im weiteren Verlauf der Sizung nahm Bebel Anlaß noch­mals den Patriotismus der Firma Krupp zu beleuchten, für die der freisinnige Abg. Eickhoff eine mit dem Kriegsminister wetteifernde Bewunderung an den Tag gelegt hatte. Unser Nedner erinnerte an einen Brief Alfred Krupps, der in den geheimen Papieren der Tuilerien von der Kommune entdeckt worden ist und in dem Herr Krupp , ohne den wir nach dem Herrn b. Goßler und Eickhoff im Kriege von 1870 nicht hätten siegen können, seine Stanonen auch Napoleon III angeboten hat. Damit ging die Be­ratung des Militär- Etats zu Ende.

nicht

ant

"

dem üblichen Grunde,

scheint es sich aber nur um eine Pression auf den Reichstag zu Handeln. Bei der Abstimmung über diese Frage stellte sich zwar eine Mehrheit für den Abstrich, zugleich aber die Beschluß­unfähigkeit des Hauses heraus.

Morgen steht der Etat für Kiautschou, der Rest des Marine- Etats und Wahlprüfungen auf der Tagesordnung,

Abgeordnetenhaus.

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verurteilt.

schieben."-

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Das Ver­

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gehen. Die Anlagen würden aber erst im Laufe dieses Jahres fertig werden. Unter diesen Umständen sei die Steigerung des Aus Rotterdam wird einem Blatte gemeldet: Einfuhrwertes von 1,803 Millionen Dollar auf 4,217 Millionen Der Vorsitzende der Eisenbahner- Organisation Dollar nicht zu unterschätzen. Die Engländer hätten noch Dudegeest, der die Seele des letzten Eisenbahnerstreits war, fuchte viel länger warten müssen, bis sie aus Hongkong einen um Entlassung aus dem Dienst der Staatseisenbahn- Gesellschaft Nutzen ziehen konnten. Der Einfuhrwert der Waren chinesischen nach, um größere Bewegungsfreiheit zu bekommen. Ursprungs sei zwar von 8,6 Millionen Dollar auf 3,5 Millionen und Zwei Vorstandsmitglieder der Organisation fonferieren der Wert der Gesamtausfuhr von 4,3 auf 2,6 Millionen gefallen, heute wiederum mit der Direktion der Staatseisenbahn dies sei aber auf die schlechte Ernte an Bohnen und Erdnüssen über einige gegen mehrer Eisenbahner angewandte Repressalien. Nachdem das Abgeordnetenhaus in seiner Abendsigung Der entlassene Schaffner Lenz aus Apeldoorn beabsichtigt nächstens zurückzuführen. Im übrigen habe Kiautschou schon als Stützpunkt für die gesamten deutschen Interessen einen großen Wert. In dem­vom Donnerstag das Kapitel" Höhere Lehranstalten" vom eine Propagandareise durch Holland zu machen. selben Sinne sprach sich Abg. Frese aus. Abg. Singer: Um Stultusetat erledigt hatte, unterbrach es am Freitag auf kurze die Erwerbung von Kiautschou als etwas Günstiges erscheinen zu Zeit die zweite Lesung des Kultusetats, um eine konservative laffen, habe man voriges Jahr versprochen, daß jetzt eine Masse von Interpellation und in Verbindung damit einen Antrag Zedlitz( ft.) betreffend die Schulunterhaltungspflicht zu be­deutschen Produkten nach China verkauft und dadurch raten. Die Interpellation, die von dem Abg. Graf Sanit Die Konservativen versuchen mit allen Mitteln die versprochene den deutschen Arbeitern die Arbeitsgelegenheit hier in Deutsch­verbessert " land begründet wurde, fragt die Regierung nach den Gründen, aus Sicherung des Wahlgeheimnisses zu hintertreiben. Die Streuz- 3tg." Jetzt stelle sich heraus, denen noch kein Schuldotations- Gesetz vorgelegt worden ist. fündigt, wie wir gestern mitteilten, entschiedenen Kampf" an, daß wenigstens bisher und für die nächsten Jahre diese Ver­Der Antrag Zedlig beschränkt sich nicht auf ein Schul- wenn die betreffende Vorlage an den Reichstag kommen sollte. Noch sprechungen nicht erfüllt werden. Inzwischen habe uns Kiautschon bereits 50 bis 60 Millionen Mark gekostet und jedes weitere Jahr dotations- Gesetz, er verlangt auch erhöhte Staatszuschüsse zur deutlicher ist heut die" Post": lege uns neue schwere Lasten auf. Die Gelder aber würden durch Beseitigung der Uebelstände, welche die Ungleichheit der die indirekten Steuern in erster Linie gerade von den Arbeitern Lehrerbesoldungen zur Folge hat. genommen, also von denen, die gar keinen Nugen davon haben und benen mit der Vertröftung auf die großartigen Erfolge in etwa 30 oder 50 Jahren auch nicht geholfen sei.

Deutfches Reich.

Wortbruch?

" Die Berzögerung der Vorlage an den Reichstag erklärt sich voraussichtlich sehr einfach dadurch, daß man bei dem rafchen Entschluß weder die politischen Folgen noch die sachlichen Schwierig feiten ausreichend vorbedacht hat, welche der Durchführung der ge­planten Aenderung des Wahlverfahrens entgegenstehen.

werden würde.

Das in der Verfassung verheißene Schulunterhaltungs­Gesetz ist bisher noch nicht erlassen. Im Jahre 1892 hat die Regierung bekanntlich diese Materie mit der konfessionellen Gestaltung der Volksschule verquickt, aber den Ent­wurf wieder zurückgezogen. Seitdem hat die konservativ­Herifale Mehrheit bei jeder Gelegenheit betont, daß sie nach Ivie vor ein konfessionelles Voltsschulgesetz verlange. Erst in den letzten Jahren hat sie unbeschadet ihres principiellen Standpunktes fich mit einer Specialgesetzgebung auf dem Ges biete der Schulunterhaltung begnügen zu wollen erklärt. Der Begründer der Interpellation, Graf Kanib, gab seinem Be­dauern darüber Ausdruck, daß auf absehbare Zeit auf ein Konfessionelles Volksschulgesetz nicht zu rechnen sei und schilderte mit bewegten Worten die Belastung der ländlichen Gemeinden und der Gutsbezirke durch die Ausgaben für die Volksschule. Den Erlaß der Grundsteuer betrachten die Gutsherren als ein ganz selbstverständliches Geschenk, aber der ihnen dafür auf­So interessant das Zugeständnis der" Post" ist, daß ein ge­erlegten Gegenleistung wollen sie sich gern entziehen. Am sichertes Wahlrecht der Socialdemokratie großen Vorschub bereiten liebsten wollen sie, daß die Großstädte, vor allem das ihnen müsse, daß also auch in diesem Fall die Erfüllung einer sittlichen verhaßte Berlin , die Lasten für die Volksschule des Dstens Pflicht, wie es Graf Posadowsty nannte, die Socialdemokratie fördert, noch bemerkenswerter ist in diesem Augenblick die Mitteilung, übernimmt. Die Uebertreibungen des konservativen Redners wies der daß wohl die Regierungen schon selbst den raschen und nicht aus Minister Studt an der Hand der Statistik zurück. Die reichend vorbedachten Entschluß" bedauern. Die Lächerlichkeit des Hinweises auf antimilitaristische Haltung der Socialdemokratie ist Staatszuschüsse für die städtischen Volksschulen betragen nur dabei nur allzu offenbar; als ob die Socialdemokratie, selbst bei 14 Millionen, die für die ländlichen dagegen 50% Millionen, großen Fortschritten, im nächsten Reichstage die Macht haben könnte, ein Beweis, daß die Regierung in erster Linie auch bei dieser über Militärvorlagen aus eigner Kraft zu entscheiden!

Daß diese Aenderung des Wahlverfahrens zur Zeit und im Bei den Reisekosten stellte Abg. Müller- Fulda fest, daß die Zusammenhange mit der Art und dem Zeitpunkte, wie sie im Reichstage insceniert wurde, vornehmlich den Socialdemokraten bei Offiziere bei ihren Reisen von Tsingtau nach Bremen und zurück so den bevorstehenden Reichstagswahlen zu gute kommen würde, dürfte hohe Entschädigungen erhalten, daß sie einen Ueberschuß von man inzwischen auch in der Reichsregierung erkannt haben. mindestens 2600 2. haben. Das sei geradezu eine Prämie darauf, Daß eine starke Bermehrung der socialdemokratischen Man- einen Urlaub in die Heimat zu verlangen. Staatssekretär v. Tirpit: bate leicht für die gewichtigen Entscheidungen, welche von Solche Fälle feien selten, da meistens die Offiziere mit dem ganzen dem nächsten Reichstage' auch in Lebensfragen unfrer

friegerischen Rüstung zu Wasser und zu Lande zu fällen fein Transport befördert würden. werden, verhängnisvoll werden könnte, unterliegt feinem Zweifel,

Jm weiteren Verlaufe der Beratung wurde noch gerügt, daß

und die Regierung wird, wenn ein solches Resultat eintreten die Marine- Verwaltung für die verschiedenartigsten Bauten eine Ge­sollte, die Hauptverantwortlichkeit dafür von sich nicht ablehnen famtforderung in den Etat einstelle, ohne genaue Pläne und Kosten­Lönnen. Noch ist es möglich, unheil zu verhüten. Wenn anschläge vorzulegen. Damit werde das Etatsrecht des Reichs­erst eine erhebliche Verstärkung der Socialdemokraten im Reichstage tags illusorisch gemacht. Staatssekretär v. Tirpip: verhängnisvolle Folgen gezeitigt haben würde, käme Bisher sei so verfahren worden, um den Beamten in den die Neue zu spät." Schutzgebieten möglichst freie Hand zu lassen. Er halte dies im

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Interesse der Selbstverwaltung für notwendig. In Zukunft aber würde er die gewünschten Nachweisungen vorlegen. Die einzelnen Forderungen wurden mit unwesentlichen Aende­rungen genehmigt. Nächste Sigung: Dienstag.

Die Krankenversicherungs- Novelle in der Kommission. In der Freitags Sigung gelangte zunächst die Art der Wöchnerinnen- Unterstützung zur Debatte. Die Novelle will die Mindestleistungen der Orts- Strankenkassen auf diesem Ge­