schulden kommen ließ, derart milde, daß der Zweck der Strafe, vor gleichen Thaten abzuschrecken, in gar keiner Be- Ziehung erreicht wird. Vier Monate Festungshast sind für einen Offizier, der sich wahrscheinlich auch noch alle möglichen Erleichterungen verschaffen können wird, eher eine Sommer frische, als eine Strafhaft.— Der Thurm wackelt. Seit dem Tode des alten Wiudthorst, dem die Gunst der Verhältnisse gelächelt und die brutale Tölpelhaftigkeit feines blut- uno eisenpolitischen Widerparts vortrefflich in die Hände gearbeitet hatte, sind schlimme Tage für das Zentrum gekommen. Es kracht in allen Ecken und Fugen, und die neuen Führer, die Huene, die Ballestrem, die Orterer haben sich so schlecht bewährt — was durch kein burschikoses Renommiren zu verdecken ist— daß der Gedanke aufgetaucht ist, den einst so streit- baren„Bauernkönig" Schorlemer-Alst, der vor einigen Jahren sich, unzufrieden mit dem„Welsen" Windthorst, in den Schmollwinkel zurückzog, wieder tn den Reichstag und an die Spitze der Partei zu bringen. Schorlcmer hat sich auch bereit erklärt. Ob er klug thut, die Führerschaft einer Partei zu übernehmen, die ihre Glanztage hinter sich hat und unabwendbarem Verfall entgegengeht, das wollen wir nicht untersuchen. Jedenfalls gehört Muth dazu— und vor dem Husaren- Lieutenant Schorlemer haben wir mehr Achtung als vor dem Parteiführer gleichen NamenS. — Begnadigt. Ein Sozialdemokrat ist es natürlich nicht, von dein wir reden. Recht und Gnade sind Gegensätze, und die Partei des Rechts hat mit Gnade nichts zu thun. Dazu kommt noch die Furcht vor den Sozialdemokraten, die in den oberen Regionen so stark ist, daß man seit zwei Jahr- zehnten nicht einmal mehr das altvordenkliche„schöne Vorrecht" der Amnestie auszuüben wagt. Nein, nicht Sozialdemokraten, die starre und fest aus ihrem Recht be- stehen und von Gunst nichts wissen wollen, wendet die Sonne der Gnade sich zu, sondern anderen Leuten. So lesen wir heute im„Leipziger Tageblatt ": „Leipzig , IL. Mai. Der von der Strafkammer IV des königl. Landgerichts wegen Betruges zu vier Monaten Gesängniß verurtheilte Arzt Dr. phü. S u t o ri s in Reudnitz ist zu 14 Tagen Gefängniß und 2000 M. Geldstrafe begnadigt worden." Dieser Dr. Sutoris, an dessen Prozeß sich unsere Leser wohl noch erinnern werden, hat Krankenkassen betrogen, indem er sich für ärztliche Besuche, die niemals stattgefunden, bezahlen ließ, und sonstige„Unregelmäßigkeiten" verübte.— Kaiser uud Kanzler. Tie„Fronde", d. h. die Baare, Bismarck und Genossen, die gern wieder an den großen Milliardcntopf kommen und das Geschäft der politischen und sonstigen„Schiencnflickerei" straflos fortsetzen möchten, sprengen das Gerücht aus, der Kaiser wolle sich mit seinem „alten Kanzler" aussöhnen. Das Gerücht ist blos zu Reklamezwecken erfunden, und so sinnlos wie möglich. Zwei Männer, die beide Vertreter des persönlichen Re- giments sind, können nicht neben einander regieren— das begreift jeder Denkfähige auf den ersten Blick. Daß solche Gerüchte aber überhaupt auftauchen können, hat eine symptomatische Bedeutung und stellt dem herrschen- den System ein wenig schnieichelhaftes Zeugniß aus.— Cr rempelt wieder. Die„Freisinnige Zeitung' vom heutigen Tage schreibt: „Die sozialdemokratische Genossenschast s- b ä ck e r e i für Berlin und Umgegend macht nach dem„Vor- wärts" sehr gute Geschäfte. Damit beweisen die Sozialdemo- kraten einmal durch die That, wie recht der von ihnen so heftig verleumdete Schultze-Delitzsch hatte, als er mit Wort and Beispiel die Ansicht vertrat, daß die Arbeiter in der Lage sind, im Wege der Genossenschaftsbildung durch Selbst- Hilfe ohne jede Staatshilse ihre Verhältnisse zu verbessern." Ter Knowuothing, welcher sich in den Spalten der »Freisinnigen Zeitung" herumtreibt, weiß erstens nicht, daß die Sozialdemokratie sich niemals gegen das Genoffenschasts- Wesen erklärt hat, sondern nur gegen den Humbug, durch private Genossenschaften und„Selbsthilfe" die soziale Frage lösen zu wollen. Zweitens weiß der Knownothing nicht, daß Sozialdemokraten seit Jahrzehnten Hunderte von Konsumvereinen und Produktiv- Genossenschaften ge- gründet oder unter ihre Leitung genommen haben. Uud drittens endlich weiß der Knownothing nicht, daß das Genossenschaftswesen lange vor Schultze- Delitzsch bestanden �hat, der es, durch kritik- lose Empfehlung desselben als eines sozialen Allheilmittels nur in Mißkredit brachte; und daß es thatsächlich s o z i a- l i st i s ch e n U r s p r u n g s ist, wie ein Blick auf die„ko- operative"(nicht korporative") Bewegung in England zeigt. Doch wer kann von einem Knownothing verlangen, daß er etwas wisse? SluS Frankreich . Unser französischer Korrespondent schreibt uns: Bemerkenswerth ist das Schiveigen der französischen, und in ber Folge auch der ausländische» Presse über den neuesten Sieg der sozialistischen?lrbeiterpart«i Frankreichs . Ties Verhalten der Bourgeoisblätter entspricht durchaus der Nat.r der Tinge, und wir empfehlen deshalb allen unfern aus- «indischen Freunden als unerläßliche Vorsichtsmaßregel, stets ei» »mgezeicheii hinter alle Nachrichten zu fetzen, die der„Temps" ww nach ihm die ander» Blätter, welche gewohnt sind, aus»hm die Neuigkeiten zu entnehmen, über unsere Partei bringt. Wen» man sich die Bcdingnngen vergegenwärtigt, unter denen die Gemeinderaths-Wahlen in Frankreich vor stch gingen, den Druck der Zivil- und Militärbehörden, unter Welchem unsere Freunde zur Adslimmuug schritten, muß man thalsächlich über die Menge der Stimmen und die Zahl der gr- wonnenen Sitze sich wundern. Die Bourgeoispresse schlägt Anwalt igen Lärm über das, was sie„unsere Niederlage w � Jourmics" nennt, und vergißt hinzuzufügen, daß Städte wie Roubaix , Marseille , St. Quen, a r b o n ii e, Montluoon, die von den Sozialisten völlig erobert wurden, doch einen ganz anständigen Ersatz bilden. Doch, da wan«s wünscht, wollen wir einmal von Fourmies sprechen. jRan weiß, unter welchem bis zu den Wahlen stetig wachsenden Truck diese klein« und tapfere Stadt seit dem Gemetzel des vorigen Lahres stand. Der bloße Verdacht, daß ein Arbeiter einer Ge- Wirtschaft angehöre, genügte, um den Betreffenden hinaus- »«werfen. Ebenso wurde jeder Arbeiter, bei deni oder in dessen fänden man eine sozialistische Zeitung fand, aus der Fabrik .') Beide Wörter, die oft verwechselt werden, stammen aus oem Lateinischen und haben eine ganz verschiedene Bedeutung. «o-operation,!o-opcriren heißt zusammen-(ko, co) arbeiten(ope- Jsen)— Kooperation, kooperativ: genossenschaftliches Arbeiten, genosftnschastlich; Korporation, korporativ u. s.»v. kommt vom ,P'""schen Wort corpus, der Körper, her, und heißt Körper- 'chast, körperschaftlich je, gejagt; unser Freund Renard und einige Andere, die eS wagten. »n die Gewerkschaft zu treten, wurden auf die schwarze Liste ge- setzt. Zu guterletzt wurde die Tage vor der Wahl auch noch Reiterei ins Bereich der unternehmerlichen Hände gebracht. Und trotz alledem kam die sozialistische Liste mit der relativ höchsten Stimmenzahl in die Stichwahl. Da mußte man zu wirksameren Mitteln greisen. Man— doch lassen wir hier dem„Temps"(wie schön er beichtet!) das Wort: „Zwei Listen— schreibt er— standen fich gegenüber. Die eine,„die Liste der zur Versöhnung geneigten Republikaner ", bestand aus der Mehrzahl der ausscheidenden Gemeinderäthe, an ihrer Spitze der Adjunkt M. Goury, und einigen Kaufleuten und Industriellen, die bei der ersten Wahl auf der Liste der Ge- mäßigten(soll heißen Reaktionäre), welche Liste am Sonntag vorher auch einige Republikaner aufwies, gestanden hatten. Der Ausgleich vollzog sich ohne Schwierigkeiten. Der katho- tische Kandidat, welcher bei der ersten Abstimmung die meisten Stimmen auf sich vereinigt hatte, trat aus eigenem Antriebe(!) zurück, damit man sich an seinem Namen nicht stoße. Dank dieser Einigung unterlag die sozialistisch« Liste voll- kommen." Einigung der Bourgeois, Republikaner oder Reaktionäre. gegen die Sozialisten; und das ist dasselbe Blatt, welches unserem Freunde Fcrroul vorwirft, er sei in Narbonne mit Hilfe der republikanischen Liste gegen die Reaktionäre zum Siege gelangt Endlich noch das, was wir vorbringen können, um die Nieder- tage in Fourmies wetl zu machen. Die Resultate sind noch nicht vollzählig eingelaufen, aber doch zahlreich genug, um eine Vor- stellung von unseren Erfolgen zu geben.! In Commentry (Allier ), Narbonne (Aude ), Marseille (Bouches du Rhön«), F irm in y(Loire ), Alais (Gard ), St. Quen (Seine), Candry, Roubaix (Nord ), Montlu�on ging die sozialistische Liste glatt durch. Weiter wurden gewählt: in Lyon (nach dem„Temps" selbst) 13 Sozialisten, in T a r a r e 12, Chatellerault S, Calais 2, St. MaurS, BesanyonS, CholetlO. Die sozialistische Liste siegte ferner in allen Bergarbeiter- Gemeinden der Departe- ments Allier und dabei haben wir nur alle die Orte ausgezählt, wo die Sozialisten den Kampf mit den vereinten Machtmitteln der Bourgeoisie aufzunehmen hatten. Die Bourgeoisblätter mögen sich so vergnügt stellen, wie sie wollen, und die Sozialistengesahr für vorüber und überstanden erklären, das thun sie ja S Tage nach dem 1. Mai immer, um ebenso gewiß 8 Wochen vor dem folgenden 1. Mai wieder in doppelter Furcht und Aufregung zu leben.— Es ist der erste große Sieg, den die sozialistische Partei auf dem Kampfplatze der Stimmzettel davon trägt; bisher hatte sie nur ver- einzelte Erfolge, wie die Wahl Lafargue's, errungen. Wir haben unsere Freunde gelehrt, sich des Stimmzettels als Waffe zu be dienen, und die französische Arbeiterpartei wird sich, einmal im Gemeinderath, sei sie in der Majorität oder Minorität, schon bemerkbar machen, und das Lyoner Programm wird allen Feinden zum Trotz verwirklicht werden. Was uns aber veranlaßt, große Hoffnungen auf diesen Sieg zu setzen, ist, daß er andere, noch bedeutsamere für die Gemeinde- wählen des folgenden Jahres vorbereitet: nicht nur die Städte, die wir bereits erobert haben, sondern auch andere, die wir bis dahin einnehmen werden, werden sozialistifcheDeputirtie in die Kammer senden. Dies rst das Resultat, welches die Lockspitzel und die Ravachols erreicht haben, dies— und wir können stolz daraus sein— ist der Erfolg der unermüdlichen Propaganda unserer Leute. Sobald erst die sozialistische Partei in Frankreich zu einer solchen politischen Macht angewachsen ein wird, wie sie es heute schon in Deutschland ist, kann nichts ihrem geeinten und«inigen Ansturni mehr wider- stehen. Der„Vorwärts"— um auf etwas Anderes zu kommen— ragte jüngst nach, ob die französischen Sozialisten etwas von dem .Figaromann" wüßten, der über die deutsche sozialistische Partei. welche er mit seinem Hasse beehrt, unter dem falschen Namen Wyzewa" schreibt. Soweit wir unterrichtet sind, ist es ein Slave, der sich in der Literatur versucht hat und sich auf jede Weise durchzuschlagen sucht; im Grunde genommen haben all seine An- griffe ihren Ursprung vielleicht mehr im Dilettantismus, als in onst Etwas; er wird offenbar bezahlt, daß er sie macht, wie jeder Bourgeoisjournalist, aber er ist sich kaum klar, was, wo- von und weshalb er redet— er ist, wie wir in Frankreich diese Sorte bezeichnen, ein„Fantaisiste"(ein phantasievoller Schwindel- meier). Daß die deutsche Presse seine mehr oder weniger leicht- ertigen Phantasieen so sorglich nachdruckt und nachschwätzt, erinnert das nicht an den altersvlöden Baron und die hysterisch- altjüngferliche Emerentia, die in hingebender Begeisterung den Münchhausiaden lauschen? Für uns in Frankreich existirt der Herr nicht; mögen sich unsere Freunde in Deutschland kein graues Haar um dieses problematische Nichts wachsen lassen, und ihn betrachten, wie Hamlet den Höfling:„Von kuow this butterfly?(Du kennst diese Motte?)" So unser französischer Genosse. Bei dieser Gelegenheit .ei einer elenden Verleumdung erwähnt, die von deutschen Bourgeoisblättern(z. B. auch der„Vossischen Zeitung") der ranzösischeu Bourgeoispresse untersten Rangs nachgeschrieben wird. Nämlich in der Stadt Troyes , wo die Sozialisten das vorige Mal gewählt wurden und diesmal unterlagen, hätten die sozialistischen Gemeinderäthe ihre Amtsdauer zu den schmählichsten Ausbeutungen, Unterschleifen und Orgien benützt. Bon diesem Gerede ist auch nicht ein Wort wahr; die biederen Herren Bourgeois habe» diese Infamien sich einfach aus ihren gemästeten Bourgcoisfingern gesogen. Allerdings sind es in Frankreich bloß verrufene Blätter, die solche Gemeinheiten bringen, während in Deutschland auch die anständige Presse es nicht unter ihrer Würde hält, zu derartigen Kothgeschossen zu greise». Ländlich sittlich.— „Wahlfreihcit." In unserer gestrigen Notiz be- treffend die W e b st e r' s ch e Bill wird durch einen Schreib- oder Druckfehler die Zahl der Wähler, welche des Wahlrechts beraubt werden sollen, auf eine Million an- gegeben. Es niuß heißen eine Viertel Million. Die Zahl der Staatsangehörigen über dem schulpflichtigen Alter, die in England, Irland und Schottland nicht lesen und schreiben können, beläust sich allerdings in die Millionen, allein die der männlichen Erwachsenen, welche von der Webster'schen Bill betroffen würden, ist natürlich geringer und dürfte sich ungefähr auf die angegebene Zahl belaufen. Bei der letzten Wahl niachten in Großbritannien 114 500 Wähler— darunter 98 404 in Irland , 8430 in England und 7703 in Schottland — von dem Recht, sich die Namen der Kan- didatei» durch eine Vertrguensperson schreiben oder bezeichnen zu lassen, Gebrauch— und da nicht die Hälfte sämmtlicher Wahlberechtigten gestimmt hat, so wird die Zahl von einer Viertelmillion, die durch jene skandalöse Maßregel des Wahlrechts beraubt werden sollen, ziemlich genau der Wahr- heit entsprechen. Gerade wie unsere Liberalen und Fort- chrittler haben auch die englischen sich in ihrer Mehrzahl direkt oder indirekt für die Bill erklärt— zum Schein stimmten einige allerdings gegen dieselbe(um der irischen Wähler willen), allein die Meisten glänzten durch Abwesen- heit, weil sie wohl wußten, daß, wenn sie am Posten ge- wesen wären, die schändliche Maßregel, gegen welche die Jrländer wie ein Mann stimmten, nicht hätte durchgehen können. Es ist gut, daß der englische„Liberalismus" sich kurz vor den Neuwahlen in seiner wahren Gestalt zeigte.— blasen, kalt blasen. Lbv kok, blow cold— heiß blasen, kalt blasen nennen die Engländer das achsel- trägerische Treiben, das je nach Bedarf sich einer Person oder Sache bald günstig zeigt bald ungünstig, wie z. B. Fürst Bismarck es mit dem Stöcker gemacht hat. Jetzt sind die englischen Liberalen an diesem Spiel. Und sie haben zu demselben die Rollen unter sich vertheilt. Während Gladstone gegenwärtig den Arbeitern gegenüber den Konser- vativen herausbeißt und sich rückhaltlos aus die Seite des Geldsacks stellt, muß sein ehemaliger Kollege und Mitstreber, der jüngere Lord Roseberry, sich als Radikaler vor- stellen. Er hat sich vor einigen Tagen nicht nur für den Achtstundentag ausgesprochen, sondern auch den„neuen Ge- werkschaften" der Burns, Mann und Genossen die über- schwänglichsten Schmeicheleien gesagt. So kann Jeder bei der großen liberalen Partei seine Rechnung finden, der man- chesterliche Geldsack, den beim Gedanken des Normalarbeitstags ein Schauer überläuft, und der sozialistische Gewerkverein'cr, der den Achtstundentag will. Nur wird der sozialistische Gewerkvereinler so klug sein und von der gnädigen Er- laubniß keinen Gebrauch machen, und statt für einen libe- ralen Bourgeois mit arbeiterfreundlicher Maske für einen richtigen Arbeiter und unverfälschten Sozialdemokraten stimmen. Die englischen Arbeiter sind von den liberalen und radikalen Arbeiterfreunden so oft und so schnöde be- trogen worden, daß sie kein Gedächtniß und keinen Ver- stand haben müßten, wenn sie noch einmal auf den Leim gingen und sich als„Stimmvieh"(vvtivK cattle) gebrauchen ließen. Die Neuwahle« in England. Durch verschiedene Blätter geht die Nachricht, zwischen der Opposition und der Regierung schwebten Verhandlungen betreffend den Tag der Auflösung des Unterhauses und der Anberaumung von Neu- wählen. Der Juni wird als Wahltermin angegeben. Es kann sich hier natürlich nur um Vermuthnngei» handeln. Für den Sommer als Zeit der Neuwahlen spricht der Um- stand, daß er der vornehmen Welt und namentlich dem Landadel besser paßt als der Herbst und Winter. Dieser Umstand hat unzweifelhaft auch zu dem Gerücht den Anlaß gegeben.— Polizei> Anarchistisches . Ein Telegraphenbureau „Hirsch's") erzählt, daß das englische Unterhaus polizeilich bewacht sei, weil eine Ravacholiade erwartet werde. In englischen Blättern haben wir nichts von solchen Grusel- Vorsichtsmaßregeln gelesen; und nachdem die französische Polizei sich so arg blamirt hat, wird die englische ihre Ravachols schon an der Leine behaUen. In Griechenland haben Neuwahlen stattgefunden, wobei sich die Anhänger der früheren Minister Trikupis und Delyannis gegenüberstanden. Die Kandidaten des gegenwärtigen Ministeriums Konstantopulos konnten keine Rolle spielen. Sieger blieb Trikupis, von dessen Anhängern 170 gewählt sein sollen, während Delyannis nur sieben An- länger in das Parlament einziehen sieht, neben 22 Zweifelhaften und 8 Ministeriellen. Bedeutung hat dieser Wahl- ausgang insofern, als Trikupis für den Aktionslustigen gilt und in Gnechenland jetzt wahrscheinlich die Hetzerei gegen die Türkei wieder beginnen wird.— Die Frauen Breslaus hielten am 11. Mai eine große Versammlung ab. welche nach einem Referate des Frl. Baader aus Berlin folgende von Frau K u n« r t gestellte Resolution annahm: „In der Erkenntniß, daß nur mit der Durchführung und stegreichen Beendigung des Klassenkampfes zwischen Proletariat und Bourgeoisie die Frauenfrage alS Theil der sozialen Frage zu erledigen ist, in Anbetracht also, daß die große Sache der Frauen und Mädchen durchaus nicht von der Arbeitersache ge- trennt werden kann, stellt die heute tagende Frauenversammlung keine besonderen Forderungen auf; sie verwirft vielmehr die un- fruchtbaren und einseitigen Bestrebungen der Frauenemanzipation, welche die Bourgeoisie gezeitigt hat, erwartet aber den Anschluß der proletarischen Frauenbewegung an die klassenbewußte Arbeiter- beweaung, die ihre politische Vorkämpferin in der Sozial- demolratie hat; denn die vollendete Befreiung und die Ver- wirklichung der Gleichberechtigung der Frau bedeutet thatsächlich nichts anderes als den Sieg der'Arbeit und die Niederlag« des Kapitalismus . Nach der gewerkschaftlichen Seite erscheint der Anschluß der Arbeiterinnen an die entsprechenden organistrten Arbetterbranchen dringend geboten. Wo dies unmöglich sein sollte, ist auf eine elbständige Branchenorganisation hinzuarbeiten. In jedem Falle endlich sind die Forderungen der Frauen und Mädchen der arbeitenden Klassen keine anderen als die- jenigen Programmforderungen, welche die deutsche und die inter - nationale Sozialdemokratie auf das Banner geschrieben, welches das Proletariat der ganzen Welt zum Siege führen wird." Der..Münchener Post" wurde die Nr. III vom 17. Mai konfiszirt. Den Grund dieser Maßregel gab ein Bild ab, welches das genannte Blatt zur Verherrlichung der Maifeier gebracht hatte, die bekanntlich in München erst vorigen Sonntag statt- finden konnte. Auf diesem Bilde waren die Symbole des Fürsten- thums, der Kirche und des Kapitalismus in geologischem Sinne als Typen einer überwundencn Kullurepoche dargestellt, wobei übrigens in der Zeichnung nicht das Geringste darauf hindeutet, daß die neu«, die Friedensepoche auf dem Wege der Gewalt herbeigeführt worden wäre. Der Konstskation dieser Nummer soll nun gar noch eine Untersuchung wegen Vorbereitung zum Hochverrath gegen den Redakteur Calwer gefolgt sein. Die be» zügliche Meldung eines Telegraphenburaus mag zutreffen, daß aber aus der Untersuchung eine Anklage oder gar eine Ver- urtheilung hervorgehen könnte, das halten wir selbst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts für unbedingt ausgeschlossen. Landagltation. Der Landesvorstand der württem« e r g i s ch e n Sozialdemokratie läßt eine Flugschrift drucken, welche zur Massenverbreitung unter den Bauern und ländlichen Arbeitern bestimmt ist und natürlich unentgeltlich abgegeben wird. A. Dietrich in Stuttgart , Heusteigstraße 30, versendet dieselbe. »» Der sozialdemokratische Unteroffizier Iaklin in Agram (Kroatien ), welchem man den Prozeß gemacht hatte, weil er Mit- lheilungen über Soldatenmißhandlungen in die Presse gebracht haben sollte, ist vom Kriegsgericht sreigefprochen und aus sein Gesuch hin aus dein Militärverbaiide einlassen worden. Todtenliste der Partei.'In Agram(Kroatien ) starb der Schuhmacher Mirko Orehovic, 40 Jahre alt. Gegen drei- hundert Parteigenossen gaben ihm das letzte Geleit.— In Wien schied am 4. Mai der aus Deutschland gedürtiae Parteigenosse Raimund Christof aus dem Leben.— In N e u m ü n st e r der Tuchmacher L. S a r a u.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten