gekommen find. Der abgeänderte Plan ist vorschriftsgemäß derRegierung vorgelegt worden, deren Zustimmung erforderlich ist. Vonda ist er, wie verlautet, zunächst dem Konsistorium überwiesenworden, weil dieses wegen einer etwa zu erbauenden Kirche einInteresse an dem Bebauungsplan hat. Wir wollen hier nicht unter-suchen, ob das Konsistorium in die Gestaltung eines Bebauungs-planes mehr hineinzureden hat als irgend ein Privatmann, dessenGrundbesitz dabei in Frage kommt. Uns interessiert im Augenblicknur die durch dieses Beispiel aufs neue bestätigte Thatsache, daßstets und überall für die Beschaffung von Kirchenbauplätzen recht-zeitig gesorgt wird.Wir kennen eine andre Verwaltung, die leider nicht immer dieweitblickende Umsicht gehabt hat, die wir hier an den Kirchenbauernbewundern müssen. Die städtische SchulverwaltungBerlins hat lange genug das Verfahren befolgt, in neu entstehendenStadtteilen erst so spät nach Bauplätzen für Gcmeindeschulhäuserauszuschauen, daß sie häufig das Bedürfnis nach neuenSchulen nur sehr mangelhaft befriedigen konnte undzu dem Notbehelf fliegender Klassen oder gemieteter Schulhäusergreifen mußte. Schon vor einer Reihe von Jahren und seitdem nochoft haben wir der Schulverwaltung und dem Magistrat empfohlen.sich das. Verfahren der Kirchenbauer zur Richtschnur zu nehmen.Wir haben darauf hingewiesen, daß z. B. im Viehhofsviertel, dessenkünftige Entwicklung vorauszusehen wirklich kein Kunststück war, dieüberflüssige Samariterkirche auf freiem Felde errichtet wurde, aberdie notwendigen Schulbäuser leider erst sehr viel später nachfolgten.Eine Verwaltung, die lange zaudert, darf sich nicht wundern, wennsie dann den plötzlich an sie herantretenden Ansprüchen nicht ge-wachsen ist. Die S ch u l n o t, die besonders im Osten der Stadtviele Jahre hindurch geherrscht hat und auch jetzt noch nicht ganzbehoben ist, mutz jenem Mangel an Umsicht aufs Conto gesetztwerden. Und in andern Stadtteilen ist die Schulnot, die sich dortin ähnlicher Weise fühlbar gemacht hat, durch einen ähnlichen Mangelan Umsicht verschuldet worden.Früher hat man uns immer erwidert, es lasse sich nicht vorherbeurteilen, wo eine Gemeindeschule gebraucht werde. In der Stadt-verordneten-Versammlung und in bürgerlichen Blättern wurde aus-eiuandergesetzt, wie die Bevölkerung fluktuiert, wie bald da, balddort unerwartet ein Bedürfnis nach mehr Klassen und neuen Schulenaustrete. Wir haben diese Ausrede oft als das gekennzeichnet, wassie ist— als kompletten Unsinn. Inzwischen hat ja auch die Ge-meinde thatsächlich ein andres Verfahren eingeführt. Die Schul-Verwaltung ist heute mehr als sonst darauf Hedacht, in neuen Stadt-teilen beizeiten die Errichtung neuer Schulen anzuregen, und derMagistrat und die Stadtverordneten- Versammlung suchen die er-forderlichen Grundstücke rechtzeitig in städtischen Besitz zu bringen.WaS früher„nicht gehen" sollte, geht nun mit einem Mal!Man sieht hier wieder einmal, daß Zureden schließlich doch hilft.Der Uebereifer freilich, der die Kirchenbauer beseelt, liegt unsrenSchulenbauern auch, jetzt noch fern genug. Noch immer halten dieMrchenbauer den Rechtzeitigkeits-Rekord, noch inuner dürfen sie indieser Beziehung den Schulenbauern als nachahmenswertes Musterhingestellt werden.Die Verlängerung der Polizeistundehat bei Verband der Gast« und Schankwirte für Berlin undIlmgegend, der 24 Vereine umfaßt, in einer Petition an das Polizei-Präsidium nachgesucht. Der Polizeipräsident wird darin gebeten,. den Unterschieden in der Handhabung der Berliner PolizeistundeI durch Einführung einheitlicher Grundsätze und vor allem einer ein-heillichen Polizeistunde bis 1 Uhr nachts ein Ende zu inachen. Esheißt in der Begründung:„Die für die Mehrzahl der BerlinerWirtschaften noch heute geltende Polizeistunde von 11 Uhr abendskann als eine zeitgemäße nicht mehr angesehen werden. Die un-geheureil Umwälzungen, welche das wirtschaftliche und Verkehrslebenin Berlin in den letzten Jahrzehnten erfahren hat, sind auchfür den Wirtschastsbesuch und die für diesen in Betrachtkommenden Zeiten von so einschneidender Bedeutung geworden,daß um diejenige Zeit, zu welcher jetzt die meisten Berliner Wirt-schalten schließen müssen, nämlich um 11 Uhr abends, gerade derregste Verkehr sich zu entwickeln pflegt. Wir weisen in dieser Be-ziehung beispielshalber nur darauf hin, daß ein erheblicher Teil desPublikum? das Wirtshaus erst nach Schluß der Theater, Konzerteund ähnlicher Veranstaltungen aufzusuchen pflegt, daß aber dieseEtablissements ihre Pforten nicht vor 10 Uhr schließen: fernerdarauf, daß das Berliner Publikum sich überhaupt daran gewöhnthat, die Wirtshäuser erst in den vorgerückten Abendstunden auf-zusuchcn, auch wenn es nicht gerade vorher die vorgenannten Ver-anstaltungen besucht.... Die wirtschaftlichen Vorteile deS vonJahr zu Jahr sich immer steigernden Abend- und Nachtverkehrsder Hauptstadt kommen nur einer Minderzahl bevor-zugter Gastwirte, welche mindestens eine Polizeistunde bis 1 Uhrnachts haben, zu gute. Die übrigen Wirte gehen hierbei leer aus,oor allem diejenigen, deren Geschäftsbetrieb bis 11 Uhr abends be«schränkt ist, und hierzu gehört, wie gesagt, die Mehrzahl der Wirte.Um diesem unbefriedigenden Zustande, durcks welchen fortgeietzt inoen Kreisen der zurückgesetzten Wirte Uuzuftiedenheit und Verbitte-rung genährt werden, ein Ende zu machen, giebt es unsrer Ansichtnach nur ein Mittel und dies besteht darin, die allgemeine Polizei-stunde für Berlin nach dem Beispiele andrer Großstädte, wie z. B.Hamburgs, bis um 1 U h r n a ch t s zu verlängern."Ist man zum Unterschied von manchen Vororten in Berlin auchvavon abgekommen, die frühe Polizeistunde als Strafe für solcheWirte anzusetzen, die ihre Räume zu Arbeiterversamm-lungen hergeben, so richtet sich die polizeiliche Maßnahme dochwesentlich gegen die Lokale, in denen die minderbemittelteBevölkerung verkehrt. Die Polizei fühlt sich in diesem Falle alsinoralische Anstalt, duldet aber, daß Institute vom Schlage des CafeNational bis in die M o r g e n st u n d e n hinein geöffnet sind. Mages nun auch immerhin schmeichelhaft ftir die Arbeiterschaft sein, daßdie Polizei sie mit Beihilfe der frühen Polizeistunde sittlich zuläutern hoffte, wogegen die Behörde das bürgerliche Publikumoffenbar für unverbesserlich hält, so sollte manam Alexanderplatz endlich auch nach den Früchtensolchen Läuterungsprozesses Sehnsucht tragen. Entweder hatdie Zwangsmaßregel die Arbeiterschaft in den langen Jahrenso tugendhaft gemacht, daß die frühe Polizeistunde überflüssigaeworven ist oder diese Polizeistunde erwies sich in ihrer Wirkungauf das Proletariat ebenso indifferent wie der Bourgeoisie gegen-über und ergab die für die honette Gesellschaft gewiß erfreulicheThatsache, daß sie im Laster Gefährten hat und das Proletariat umnichts besser ist als sie. Wie also immer die Tugend bei der bis-beugen Polizeistunde abgeschnitten hat, aus alle Fälle ist die Ueber-flüssigkeit dieser Krähwinkelei erwiesen.DaS Wahlbureau de? Magistrats hat im Etatjahr 1903/04, überdaS es jetzt seinen Bericht erstattet, ungewöhnlich viel Arbeit gehabt,weil drei Wahlen— zum Reichstag, zum Landtag, zur Stadt«verordneten-Versammlung— vorzubereiten waren. Aber auch dieregelmäßigen Arbeiten, die hauptsächlich in der Führung undlaufenden Berichtigung der Liste stimmfähiger Bürgerbestehen, haben diesmal erheblich an Umfang zugenommen.Im letzten Etatjahr gingen dem Wahlbureau von der Polizei1 749 569 Meldungen zu, 94S 724 Anmeldungen, 700 464 Abmeldungen, 13 681 Anzeigen über Verstorbene. 632 820 dieserMeldungen betrafen mannliche über 24 Jahre alte Per«souen und waren daher vom Wahlbureau aus die Personen-blätter wahlberechtigter Einwohner zu übertragen. Für die nachBerlin zugezogenen wahlfähigen Personen und für die in das wahlfähige Alter eingetretenen Berliner mußten 90 346 neue Personen-karten angefertigt werden, während im vorletzten Jahre aus den«selben Gründen nur 83 370 neue Pcrsonenkarten hiuzugelommenwaren. Andrerseits mußten für die von Berlin weggezogenen Per-sonen wahlfähigen Alters und für die durch Tod ausgeschiedenenwahlfähigen Berliner im letzten Jahr 72 857 Personenkarten, im vorletzten 68 343 Personenkarten ausgesondert werden. Der Unterschiedzwischen den neu angefertigten und den ausgesonderten Karten giebtden Zuwachs an wahlfähigen Bürgern. Dieser stellte sich im letztenJahr auf 17 439 Personen, während er im vorletzten nur IS 027Personen betragen hatte. Die recht erhebliche Steigerung desZuwachses erklärt sich hauptsächlich aus der Vennehrung derZuzüge, die in Berlin wieder eingetreten ist.Tic Arbeiter-Bildungsschule hat ihren Jahresbericht für daS am31. März abgelaufene Geschäftsjahr herausgegeben. Es ließen sichin dieser Zeit 76 Damen und 683 Herren als Mitglieder einschreiben;der politischen Organisation gehörten davon 33, der gewerkschaftlichen281, beiden Organisationen 285 an; bei 165 Mitgliedern fehlten dieAngaben. Es wurden Vorlesungen gehalten über Nationalökonomie,Geschichte, sociale Gesetzgebung und Nedeübung; für den Geschichts-Unterricht wurden im letzten Quartal 20S Hörerkarten ausgegeben,für Redeübung 150, für den Unterricht in Nationalökonomie undsociale Gesetzgebung 68 und 66. Im großen ganzen bezeichnet dieArbeiter-Bildungsschule ihr verflossenes 13. Geschäftsjahr als keinerfreuliches. Es heißt in dem Bericht:„Die Hoffnungen, welche wir am Schluß unsreS vorjährigenBerichtes glaubten aussprechen zu dürfen, haben sich nicht in demMaße erfüllt wie es erwartet wurde. Würde seiteffS der Arbeiter-schaft der Schule diejenige Unterstützung zu teil, die nun einmalnotwendig ist zu ihrem Gedeihen und weiterer Fortentwicklung, eswürde besser um sie bestellt sein. Leider aber stehen viele teil-nahmslos diesen Besttebungen gegenüber. Das muß anders werden.ES wird jedem auffallen, daß ein solches Institut eine so geringeMitgliederzahl ausweist. Hier sollte jeder, der ernsthaft bestrebt ist,mitzuhelfen an der Ausbreitung von Wissen und Bildung, dafürscrgen, daß ihr mehr Mitglieder zugeführt werden; je größer dieMitgliederzahl, um so mehr wird das Ansehen der Schule steigen,um so größer kann die Wirksamkeit derselben sich gestalten. Hoffekt-lich werden diese Schwierigkeiten in absehbarer Zeit durch eine regeThätigkeit und eine planmäßige Agitation überwunden werden. Obes dann gelingen wird, alles das zur Ausführung zu bringen,was von den Mitgliedern gewünscht wird, hängt hauptsächlich vonden finanziellen Unterstützungen ab, die der Scbule zu teil werden."Dem Berufe nach sind am stärksten die Tischler mit 87 Mit-gliedern in der Arbeiter-Bildungsschule vertteten, dann folgen dieBuchdrucker mit 45, die Schlosser mit 44, die Arbeiter mit 33, dieHandlungsgehilfen mit 29, die Maler mit 26, die Schneider mit25 Mitgliedern usw. Bier Studenten, zwei Rechtsauwalte, zweiStenographen, ein Arzt, ein Journalist und ein Schriftsteller gehörender Schule als Mitglieder an. Das Schullokal befindet sich imGewerkschaftshause, Engelufer 15.Die Hochbahn bis Pichclsberge. Offenbar inspiriert meldet einehiesige Korrespondenz:„Für die Weiterführung der elektri-schen Stadtbahn von Charlotteuburg nach der KolonieW■ it e n d interessiert sich auch der F o r st f i s k u§ lebhaft, der imAnschluß an die genannte Villenkolonie ausgedehntes Bauterrainbesitzr, das sich bis. an die Havel bezw. den Stößensee erstreckt. Umdies Terrain der Bebauung alsbald zu erschließen, ist es natürlichnotwendig, daß zunächst die Fortführung der UnterpflasterbahnKnie-Wilhelmsplatz bis nach Westend gesichert erscheint undsodann, daß diese Linie um etwa vier Kilometer bis an die Havel(Pichelsbergs) verlängert werde. Im Verhältnis zu seinemInteresse an, Bau dieser Schnellverbindung beziehungsweiseihrer Verlängerung bis zu dem forstfiskalischen Terrain wirdder ForstfiskuS natürlich einen entsprechenden Zuschuß zu denBaukosten beisteuern, welche außerdem dann noch vonder Aktiengesellschaft für Gnmdstücksverwertung„Neu- Westend",der Stadtgcmeinde Charlottenburg und der Hochbahn- Gesellschaftaufzubringen sein würden. Da es sich bis zum Platz B der Kolonie„Westend" um eine Unterpflasterbahn handeln wird, so dürften dieBaukosten sich auf etwa sechs Millionen Mark belaufen, zudenen der Forstfiskus und die Stadt Charlottenburg etwa jeanderthalb Millionen beisteuern dürften. Ob die Verlängerung überden Platz B hinaus bis zur Havel ebenfalls als Unterpflasterbahnoder als Hoch- oder Niveaubahn gebaut werden würde, darübergehen die Meinungen noch auseinander; zweckentsprechend und fürdie Fahrgäste angenehmer als eine Tunnelbahn wäre jedenfalls eineNiveaubahn, deren Bau ja auch bedeutend billiger ist. Um überalle diese Fragen zunächst einen allgemeinen Ueberblick zu gewinnen,hat vor einigen Tagen eine Streckenbegehung stattgefunden,zu welcher der Landwirtschafts-Minister Vertreterdes Finanz- und Eisenbahn- Ministeriums sowie der beteiligtenGesellschaften hatte laden lassen. Die Herren waren darüber einig,daß eine Schnellbahn-Verbindung zwischen Westend und Char-lottenbur� bezw. Berlin unumgänglich notwendig sei und daß essich dabei empfehlen würde, diese Linie gleichzeitig bis zur Havelzu verlängern, sei eS als ober- oder unterirdische Bahn."Uns will scheinen, daß es vorab im Verkehrswesen Wichtigere?zu thun giebt als ausgerechnet nach Pichelsbergs eine Hochbahn zubauen. Im Innern Berlins, wo die Große Berliner immer kläglicherversagt, wo an manchen Tagesstunden der größte Teil des Publikumsüberhaupt auf Beförderung verzichten muß, scheitert die dringendnotwendige Fortführung'der Untergrundbahn an einem Civilprozeßvon wahrscheinlich endloser Dauer. Und derweile soll der preußischeFiskus das Geld der Steuerzahler für eine Hochbahn nach der Haveleinsetzen!Staatsanwalt Bencdix ist tot. Er amtierte zuletzt in Halberstadt und starb gestern in einer Heilanstalt zu Obernigk an eineinNervenleiden. Wer ist noch Staatsanwalt Benedix? Heute einlängst vergessener Mann, über den Geschichte und Lokalchronik zurTagesordnung übergegangen sind; vor zehn Jahren war er eine ArtBerühmtheit. Wie so mancher, der strebend sich bemüht, hat auchBenedix das Metter der S o c i a l i st e n t ö t u n g für ein Mittelgehalten, sich bei seiner vorgesetzten Behörde beliebt zu machen. Dereine oder andre hatte Erfolg damit, bei andren schlug das Mttelfehl, offenbar weil ihren Geistesgaben im Wettlauf mit der gutenGesinnung die Puste ausging. Im Gummischlau ch-Prozeß,der sich vor jetzt zehn Jahren am hiesigen Land-gericht I abspielte, hatte Benedix die Anklage zu vertreten; er undder Richter Brausewetter waren in ihrer Voreingenommenheit einHerz und eine Seele. Benedix beantragte in diesem Prozeß, derdem Ansehen des damaligen Polizeipräsidenten einen ungeheurenStoß versetzte, heillose Strafen gegen die acht angeklagten Zeitungs-redatteure, und Brausewetter entsprach so einigermaßen seinenWünschen. In der Anklagerede verstieg Benedix sich zu der groteskenPhrase, daß durch die Verhandlungen das Mißtrauensvotum, welchesdie fogenannte Oeffentlichkeit dem Polizeipräsidiumdargebracht habe, in Wirklichkeit zu einem Vertrauensvotumdes großen durch die Verhandlungen aufgeklärten Publikums ge«worden sei. Und das, trotzdem Oberstlieutenaut v. E g i d y unterseinem Eide bekundet hatte, daß die feindselige Erregung derdeutschen Soldaten in Frankreich nicht so groß gewesen seiwie die der Berliner Schutzleute bei ihrem Angriff aufihre arbeitslosen Landsleute. Nachdem Benedix eine Weile»och in andren Strafprozessen ähnliche Leistungen vollbrachthatte, wurde gemeldet, daß er nach Guben versetzt worden sei. Dannhörte man weiter nichts von ihm. Jetzt hat ein tragisches Geschickes gefügt, daß er gleich seinem Freunde Brausewetler in geistigerUmnachtung gestorben ist.Die Droschke zweiter Klasse ist zwar noch nicht ganz ans denStraßen Berlin? verschwunden, aber der Zeitpunkt, an dem es dazukommen wird, scheint nicht niehr fern zu fein. Die Venniudcrungder Droschken zweiter Klasse hat in den letzten Jahren ganz außer-ordentlich rasche Fortschritte gemacht. Im Jahre 1898 loaren davonnoch über 2000 vorhanden gewesen, im Jahre 1902 ivaren es nurnoch etwas iiber 1000, und jetzt im Jahre 1904 ist ihre Zahl bereitsunter 700 gesunken. DaS zweite Vierteljahr von 1904 begann mitnur noch 639 Droschken zweiter Klasse. Nach 1893 hat auch dieGesamtzahl der Berliner Droschken keine weitere Zunahme gehabt,aber sie hat sich seitdem doch aus derselben Höhe— ziemlichunverändert um 8100 herum— gehalten. In demselbenMaße, wie die Droschken zweiter Klasse sich verminderten,haben die Droschken erster Klasse sich vermehrt. Zu Beginndes zweiten Vierteljahres von 1904 standen den 639 Droschken zweiterKlasse schon 7237 Droschken erster Klasse gegenüber; außerdem warennocki 153 sogeuaunte Gepäckdroschken vorhanden. Droschke zweiterKlasse und Droschke erster Klasse stehen jetzt an Zahl zu einander inumgekehrtem Verhältnis, wie vor dreißig Jahren. Beispielsweise gabes gegen Ende des Jahres 1871 noch 3424 Droschken zweiter Klasse.aber erst 286 Droschken erster Klasse. Seitdem ist allerdings dasBedürfnis nach immer schnelleren Verkehrsmitteln in Berlin so sehrgestiegen— Pferdebahn, Stadtbahn, elektrische Straßenbahn, elekttischeHoch- und Untergrundbahn sind die einzelnen Abschnitte der Ent-Wicklung—, daß die Droschke zweiter Klasse längst nicht mehr mit«kommen kann.Die Nimmersatten sind mit den freisinnigen Berliner Land-tags-Abgeordneten nicht zufrieden. Ueber die Kopsch usw.wird in den Hausbesitzervereinen scharf Gericht gehalten, da dieHerren dem maßgebenden Freisinnsphilister immer noch nichtreaktionär genug sind. Es wird ihnen vorgelvorfen, daß sie ent-gegen ihren bestimmten Versprechungen vor der Wahl die Interessender Grundbesitzer, wie die des„werkthätigen Mittelstandes" über-Haupt, nicht allein nicht ausreichend unterstützen, sondern durch ihreAbstimmungen und Reden vielfach direkt schädigen. Der Bewilligungvon 15 Mllionen Mark zur Unterstützung der Baugenossen-s ch a f t e n, gegen welche die Hausbesitzer wiederholt Stellung ge-nommen hätten, sei kein Berliner Abgeordneter wirksam entgegen-getteten. Noch unzuverlässiger hätten sich die Berliner Landtags-Vertreter in der Waren hausfrage erwiesen. Statt die Waren«Häuser im Interesse eines großen Teils ihrer Wähler zu bekämpfenund in ihrem Betriebe thunlichst zu beschränken, traten sie gegenderen höhere Besteuerung ein. In der Warenhaus-Kommission,deren Beratungsgegenstand doch Berlin in erster Linie angehe, seikein einziger Berliner Abgeordneter thätig. Es besteht die Absicht,diejenigen Abgeordneten, welche den Hausbesitzern bestimmte Zusagengemacht, zu Referaten in die Hausbesitzervereine ihres Wahlkreiseseinzuladen und sie dann über die Gründe ihrer Stellungnahme zuden einzelnen Fragen zu befragen.Kann der M u g d a n nicht einmal auf die Pflichtvergessenenlosgelassen werden? Dieser Herr hat doch im Reichstage den Be«fäh'igungsnachweis geliefert, daß ihm der Fortschritt in jeder Hinsichtein Gräuel ist.AuS der Irrenanstalt Dalldorf entwichen ist in der Nacht zugestern der vor etwa drei Wochen von der Polizei als gemeingefährlich eingelieferte Kaufmann Willi I. Er hatte zeitweise ganzruhige Stunden und wurde dann mit leichter Gartenarbeit be«schäftigt. Diese Gelegenheit wußte I. zu benutzen, um sich derstrengeren Aufticht zu entziehen; er fand dabei einen geeignetenPlatz, der ihm bei seinem lang gehegten Plan, aus der Anstalt zuentfliehen, am wenigstens Hindernis bot.Eine dunkle Persönlichkeit wurde gestern im„lateinischen Viertel�festgenommen. Hier fiel ein junger Mann, ein schmächttger, un«fcheinbarer Mensch, dadurch aus, daß er aus großem Fuße lebte undallerhand Goldfachen, immer wieder neue, bei sich hatte. DieKriminalpolizei beobachtete ihn eine Zeitlang und hielt ihn endlichan. Der Mann nannte sich Dr. �ttil. Rawinowitsch und besaß auchPapiere aus diesen Namen. Die Ermittelungen ergaben, daß derTräger dieses Namens sich in einer Nervenheilanstalt zu Pankowbefindet und daß ihm kurz vor der Uebersiedelung dorthin seinePapiere abhanden kamen. Der Festgenommene aber bleibt dabei,daß er der richtige Dr. Rawinowitsch sei und macht jetzt denwilden Mann. Wahrscheinlich ist er ein Einbrecher, woher er aberkommt und wer er ist, läßt sich einstweilen nicht feststellen, daDr. Rawinowitsch in Pankow noch nicht vernommen worden kann.Bei ihm fand man noch einen Granat-Halsschmuck mit Anhängsel.ein Granat-Armband und eine Granat-Brosche in der Gestalt einerLyra, goldene Broschen, die noch mit Geschäftszeichen versehen sind.goldene Halskettchen mit kleinen Herzen und Perlen und Ketten«und Schakenarmbänder. Alle diese Sachen rühren vermutlich ausEinbrüchen oder Ladendiebstählen her, die die Bestohlenen noch nichtangezeigt haben. Vielleicht wissen die Eigentümer nicht einmal, daßsie bestohlen worden sind.DaS blutige Ende einer Liebesgeschichte verursachte in der Nachtzu gestern in dem Hause Steinmetzstraße 42 starke Aufregung. Einlungenkranker Arbeiter Fallak, der hier mit seiner Familie im drittenStock des Seitenflügels wohnt, hat eine 18 Jahre alte TochterOlga, die in Singspielhallen auftritt. Als das Mädchen vor drei-viertel Jahren im Elysium in der Kommandantenstraße sang, lerntees den 23 Jahre alten Friseur Max Mende ans der Neuen Ans-bacherstr. 12 zu Charlottenburg kenneu. Dieser verliebte sich in dieSängerin und wollte nicht mehr von ihr lassen, obwohl die Neigungvon ihrer Seite nicht ebenso stark war. Seit einigen Tagen fahMende in der Citypassage in der DreSdenersttaße, daß seine Geliebtevon der Bühne herab mit einem andern Gaste liebäugelte. Als ersie nach der Vorstellung auf dem Heimwege, auf dem sie nocheinige Lokale besuchten, zur Rede stellte, erklärte sie ihm un-umwunden, daß sie ihm den Abschied geben müsse. Sie habejetzt Gelegenheit, sich mit einem andern gut zu verheiraten, unddürfe dies schon mit Rücksicht auf die Krankheit ihres Vaters unddie Lage ihrer Familie nicht ausschlagen. Mende geriet in die größteAufregung und versuchte immer von neuem, seiner Geliebten dengeplanten Schritt auszureden. Als ihm aber alles nichts half, zoger, während das Pärchen auf dem Flur des Vorderhauses in derSteinmetzstr. 42 stand, plötzlich einen Revolver aus der Tasche undfeuerte ihn auf die Ungetreue ab. DaS Geschoß streifte nur ihrelinke Hand und verletzte sie leicht. Die Geldbörse, die sie in derHand hielt, entfiel ihr, so daß die Münzen über den Flur rollten.Auf die Hilferufe der Verwundeten eilten der Arbeiter Kunze ausdem Seitenflügel und andre Hausgenossen herbei und holten diePolizei und einen Arzt. Inzwischen aber hatte sich Mende. ohnenoch einmal auf seine Geliebte zu schießen, bereits drei Kugeln indie rechte Schläfe geschossen und war bewußtlos zusammengebrochen.Als ein Arzt kam, war Mende bereits tot. Die Leiche wurde vonder Revierpolizei sichergestellt und um 5 Uhr morgens nach demSchauhause gebracht. Das Mädchen befindet sich in der elterlichenWohnung in ärztlicher Behandlung.Butter- und Käsehändler geschädigt hat der wegen Betruges vonder Kriminalpolizei festgenommene Reisende Friedrich Schimkat.Dieser, der sich auch Berger und Bilewitz nannte, erteilte in ver-schiedcnen Fällen Butterfirmen Austräge, bei denen der Name deSBestellers erfunden war. Als Bestimmungsort gab er außerhalbBerlins belegene Ortschaften, z. B. Johannisthal an, und zwarHäuser, in denen sich Schanklokale befanden. Dorthin ließ er dieWare als Frachtgut schicken. Kam dann die Sendung an, fo wurdesie von dem betteffenden Schankwirt, den Schimkat hierum gebetenhatte, in Empfang genommen. Schimkat holte sich dann vondiesem die Ware ab und verkaufte sie in seinem Nutzen.Zahlreiche kleinere Geschäftsleute— Milchhändler usw.— hater auch in der Weise geschädigt, daß er sie unter der Angabe, erkönne in der Nachbarschaft ein größeres Geschäft abschließen, müsseaber eine Probe vorlegen, ersuchte, ihm die gewünfchte QuantitätWare leihweise zu überlassen. Da die betreffenden Personen wußten,daß er thatsächlich für Butterfirmen reiste, entsprachen sie zum Teilauch seinem Wunsch. Schimkat, der versprochen hatte, die Wareumgehend reichlich zu ersetzen, ließ sich dann nicht wieder sehen. Ineinigen Fällen hat er außerdem Geschäfte, für die er thätig war,dadurch benachteiligt, das; er unberechtigt Beträge für gelieferte Warebei den Kunden einkassierte und für sich verwendete. Geschädigte,die noch keine Anzeige erstattet haben, und Personen, die sachdien-liche Bekundungen macheu können, werden ersucht, der Kriminalpolizeizu 4718 IV 31. 04 Mitteilung zu machen.Ei» diebischer Soldat wurde am Dienstag auf dem LehrterBahnhof verhaftet. Es ist eiu Grenadier vom 93. Regiment, der