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Kaninchen, löste der überwachende Polizeilieutenant die Ver- sammlung auf. Die große Menge der Versammlungsteilnehmer war nur schwer zu bewegen, den Saal zu verlassen. Erst als ein Aufgebot von Schutzleuten sich zeigte, gelang es. die Menge zu zerstreuen. Eine Zwischenpation für den Mädchenhandel nach Argentinien ist allem Anschein nach in Marseille entdeckt worden. Dem deutschen Nationalkomitee zur Bekämpfung des Mädchenhandels, Lützowplatz 14, ging vor einiger Zeit von dem jüdischen Zweigkomitee Hamburg die Mitteilung zu, daß nach den von einem Reisenden gemachten Be- obachtungen sich in Marseille eine Transportstatton für den argenti- nischen Mädchenhandel befinden solle. Das Transporthaus existiere unter der Firma Godernberg et Osia, deren Inhaber Naphtalin Godernberg und Cohen Osia sein sollen. Es würden fast aus- schließlich galizische Mädchen über jene Zwischenstation nach Argenttnien gebracht. DaS deutsche Nattonalkomitee verständigte das französische Komitee in Paris , welch' letzteres sich an die Präsektur in Marseille wandte. Wie diese Behörde nun mitteilt, unterhält die betteffende Firma ein Stellenvermittelungs-Bureau für weibliches Personal nach Argentinien und erscheint schon seit längerer Zeit ver- dächtig. Bisher habe jedoch die Polizei noch keine Gelegenheit zum Einschreiten gehabt; doch werde das Jnstitttt jetzt auf das genaueste überwacht werden. Festgenommen wurde ein Mensch, der in der Friedrichstraße aller- Hand Unfug trieb. Als er einem andren Manne ein Bein stellte, um ihn zu Falle zu bringen, übergab ihn dieser einem Schutzmann. Auf der Wache entschuldigte er sich mit derWeinlaune". Diese Ausrede aber klang wenig glaubwürdig, da man bei ihm eine Menge neuer Blusen, Strümpfe und Damengürtel und Portemonnaies fand. Er behauptet zwar, daß er diese Sachen gekaust habe, wahrscheinlich aber hat er sie aus Schaukasten gestohlen. Der Festgenommene entpuppte sich nämlich als ein Mann, der von der Kriminalpolizei wegen Diebstahls gesucht wurde. Ein Helfershelfer von ihm ist ver- mutlich ein andrer Mann, der vorgestern, Mittwoch, mit eben solchen Sachen in der Aukttonshalle in der Neuen Schönhausersttaße einen Handel zu treiben versuchte. Auch dieser wurde von Kriminalbeamten, die ihn beobachteten, verhaftet. Er will die Waren von einemUn- bekannten" gekaust habon.» Abhanden gekommen ist dem Kassierer desSchwimmklubs Vor­wärts" in der Volks-Bade-Anstalt an der Canner Chaussee ein Paket, enthaltend 14 Badehosen mit Monogramm S. V. und ein Handtuch. Der ehrliche Finder wird gebeten, die Sachen bei Herrn Richard Schütze, Rixdorf, Bergstr. 69, 4 Tr., abzugeben. Feuerbericht. In der Nacht zum Donnerstag wurde infolge mehrmaliger Meldung ein großes Löschanfgebot der Wehr nach der Lübbenecstr. 21 gerufen. Hier war auf noch nicht ernnttelte Weise auf dem Boden des linken Seitenflügels Feuer ausgekommen, das erst bemerkt wurde, als bereits aus verschiedenen Stellen des Daches helle Flammen schlugen. Die Bodenkammern waren mit allerlei Gerümpel, alten Hausrckt k. angefüllt und boten daher dem Feuer überreiche� Nahrung. Die Wehr setzte angesichts der drohenden Gefahr für die angrenzenden Gebäude sofort mehrere Schlauch- leitungen in Thättgkett und ging von verschiedenen Seiten aus gegen den Brandherd vor. Innerhalb einer Stunde war dann jede Gefahr beseitigt. Fast zur selben Zeit war in der Schlegelstt. 13 ein Posten Preßkohlen in Brand geraten. Möbel, Decken, Kleidungsstücke zc. hatten nach Mitternacht in der Mauerstr. 1 im dritten Stock in einer Wohnung Feuer gefangen, das indes vom 19. Löschzug bald abgelöscht werden konnte. Portieren und Gardinen gingen vorher m der Oranienstr. 182 in Flammen auf, während in der Mariannen- straße 32 Balken, Stöcke zc. in einer Stockfabrik brannten. Donnerstagnachmittag 4 Uhr wurde der 17. Löschzug nach der Alten Leipzigerstr. 18/19 gerufen, weil hier aus einer im Erdgeschoß des linken Seitenflügels belegenen Tischlerwerkstatt dichter Rauch drang. Es konnte aber von der Wehr keinerlei Brandherd festgestellt werden, sondern lediglich niedergedrückter Rauch im Schornstein war die Ursache. In der Rheinsbergerstr. 27 mußte später in einer Küche ein Feuer beseitigt werden, das neben Küchenmöbcln auch den Fuß- boden beschädigte. Außerdem liefen ln den letzten 24 Stunden noch einige andre Marmierungen ein, doch waren diese durchlveg auf »blinden Lärm" zurückzuführen. Theater. Im Garten des Belle-Alliance-Theaters tritt heute am 1. Juli ein neues Specialitäten-Programm in Kraft, welches nur allererste Kräfte aufweist. Die Specialitäten-Vorstellung beginnt um 8 Uhr. Im Central-Theater ist die Schauspiel- und Lustspiel- Saison bis auf weiteres prolongiert worden. Die Vereinskarten behalten Gülttgkeit. Am Freitagabend wird zum erstenmal der SchwankDer Herr im Hause" gegebe». Die Hauptrollen liegen in den Händen von Frau Josesine Dora und Herrn Edmund May. Huö den Nachbarorten. In der Charlottenburger Stadtverordncten-Bcrsammlung er- brachten die Liberalen am Mittwoch einen Beiveis dafür, wessen sich die Minderheit zu gewärtigen hat. wenn erst der Freisinn, so wie es in Berlin der Fall ist, auch in d'er Nachbarstadt die unbestrittene Herrschaft ausübt. Die Liberalen verfügen, nachdem ihnen in der Stichlvahl am Mittwoch noch zwei Mandate in der zweiten Wähler- abtcilung zugefallen sind, über den dritten Teil der Sitze. Ihr Sieg" ist ihnen so zu Kopfe gestiegen, daß sie sich schon als Allein- Herrscher fühlen. Die erste Probe ihrer Unduldsamkeit legten sie sofort an den Tag. Auf ihren Antrag wurde der Bericht des Aus- schusses zur Vorberatung des socialdemokratischen Antrages auf Aenderung des Gemeinde-Wahlrechts von der Tagesordnung abgesetzt eine Verschleppung, die die einstweilige Vertagung dieses wichtigen Antrages bis zum September zur Folge hat. Äugeblich war die Tagesordnung der Sitzung zu umfangreich, in Wirklichkeit jedoch stand nur ein einziger Punkt zur Debatte, der längere Zeit in Anspruch nahm, die Vorlage des Magistrats be- treffend Einführung dcsobligatorischenFortbildungs- Schulunterrichts. Gegen die Vorlage brachten die Redner der Liberalen eine Reihe von Bedenken vor, die an sich berechtigt waren: trotzdem lehnte die Versammlung den liberalen Antrag auf Kommissionsberatung ab, weil eine solche das Inkrafttreten der obligatorischen Fortbildungsschule auf ein Jahr verzögert hätte. Die Mehrheit schloß sich vielmehr der von dem socialdemokratischen Stadtv. B a a k e empfohlenen Taktik an, die Vorlage im Plenum durch Ab- änderungsanträge zu verbessern und sofort zu verabschieden. In längerer Rede begründete Genosse Vaake die socialdemokratischen Anttäge, den Unterricht nur in den Tagesstunden(von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends) stattfinden zu lassen und den Schul- besuch bis zum Beginn desjenigen Halbjahres obligatorisch zu machen, in welchem die Schüler das 18. Lebensjahr vollenden. Die beiden Anträge gelangten zur Annahme, ebenso eine socialdemokratische Rc- solution, die den Magistrat ersucht, spätestens innerhalb Jahresfrist den Besuch der Fortbildungsschule auf ungelernte Arbeiter und Handlungsgehilsinnen auSzudehi/n. Eine andre Resolution unsrer Genossen, die sich auf die unentgeltliche Gewährung von Lernmitteln bezieht, wurde abgelehnt. Mit den genannten Aenderungen gelangte dann das Ortsstatut im ganzen zur Annahme. Griittdbcsitzwcchsel in Charlotteniurg. Nach einer Untersuchung deS statistischen AmteS ist im Jahre 1993 in Charlottenburg bei den bebauten Grundstücken ÄS mal, bei den unbebauten 229 mal ein Besitzwechsel eingetreten gegen 238 bezw. 169 Wechsel im vorher- gehenden Jahre. Die Zahl der Verkäufe ist bei den bebauten Grundstücken seit dem Jahre 1887 von 165 bis 259 gestiegen, und zwar hatte diese Zahl im Jahre 1999 schon die Höhe von 256 erreicht, fiel dann im Jahre 1991 auf 297 und stieg im nächsten Jahre auf 252. Bei den unbebauten Grundstücke» ttat ein Niedergang schon im Jahre 1999 ein, hielt während des nächsten Jahres an und stieg dann wieder bis zur Höhe von 219 Verkäufen. Die Zwangs- Versteigerungen von bebauten Grundstücken erreichten im Jahre 1993 ein Minimum, auch die Zahl der Tauschvcrträge tpar«cht gering. Der ganze Umsatz btzlief sich im Jahre 1993 auf lOS'/s Millionen Mark gegen 191,8 Millionen im Jahre 1992 und 81 Millionen im Jahre 1991. Hierbei waren die bebauten Grundstücke mit 72,6 Proz. beteiligt. Bei den Verkäufen bebauter Grundstücke betrug der durchschnittliche Wert 269 M. pro Quadrat- meter: der gemeine Wert dieser Flächen war um 15 Proz. niedriger. Bei dem verhältnismäßig starken Grundbesitzwechsel in Charlotten- bürg ist es von Interesse zu verfolgen, wie lange ein Grundstück durchschnittlich in der Hand desselben Eigentümers bleibt. Es ergiebt sich, daß 91 Proz.' der Grundstücke länger als 1 Jahr, 68 Proz. länger als 5 Jahre, 64 Proz. länger als 19 Jahre, 47 Proz. länger als 12 Jahre im Besitz ihres Eigentümers waren. In 11'/« Jahren hatten ungefähr die Hälfte der bebauten Grundstücke ihren Besitzer gewechselt. Von 2944 bebauten Grundstücken, welche vor dem 1. April 1893 in der Grundsteuerrolle veranlagt waren, waren 1891, d. h. 61,2 Proz. schon länger als sechs Jahre in dem Besitz des jetzigen Eigentümers. Für unbebaute Grundstücke ergiebt sich der Prozentsatz 62,8 und für bebaute und unbebaute der Satz 61,6 Proz. Zur Zeit der Volkszählung vom Jahre 1999 ergab sich für bebaute Grundstücke der Prozentsatz 64,4. Es würde also die Zahl derjenigen Eigentümer, welche ihr Grundstück schon länger als sechs Jahre besitzen, sich prozentual ein wenig verringert haben. Nimmt man Rücksicht auf die Größe der Grundstücke, so zeigt sich, wie zu erwarten, im allgemeinen bei den kleinen Grundstücken ein häufigerer Wechsel als bei den großen. lieber seine GcschäftSthätigkeit im Jahre 1993 hat das Char- lottenburger Gewerbrgericht einen ausführlichen Bericht erscheinen lassen. Die Zahl der im Berichtsjahre anhängig gemachten Streit- fachen ist gegen das Vorjahr um 43 Klagen gewachsen, sie stieg von 924 auf 967. Davon entfallen auf das Baugewerbe und Bauhand- werk 389(gegen 326 im Vorjahre), auf Fabriken aller Art 62(67), auf das übrige Handwerk und Gewerbe 529(521) und auf nicht unter die Zuständigkeit des Gewerbcgerichts fallende Sachen 16(21). Für sich allein bettachtet haben die Streitsachen im Baugewerbe um 11 Proz. gegen das Vorjahr zugenommen, während bei den Eabrikbetrieben eine Abnahme um 1 Proz., bei dem übrigen andwerk und Gewerbe um 9,9 Proz. und bei den nicht unter die sachliche Zuständigkeit des Gewerbegerichts fallenden Klagen um 71 Proz. zu verzeichnen ist. In 93(76) Fällen haben mehrere Kläger gemeinschaftlich Klage erhoben. Die Höchstzahl der zu einer Stteitgenossenschast vereinigten Kläger betrug 16'(15), die Zahl der Kläger überhaupt 1162(1196). Klagen sind erhoben von Arbeitgebern gegen Arbeitnehmer 41(22), von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber 916<897), von Arbeitern gegen Arbeiter 19(6). Der Wert des Streitgegenstandes betrug in 466(418) Fällen mehr als 29 M. Mehr als 399 M. betrug der Wert in 8(18) Fällen. Der höchste Wert betrug 626 M. Die Klagen tvurden erledigt: durch Zurücknahme vor dem Termin in 18(9) Fällen, durch Zurücknahme im Termin in 82(95), durch Anerkenntnis ni 26(24), durch Vergleich in 246(234), durch rechtskräftiges Versäumnisurteil gegen Kläger in 21<43), durch rechtskräftiges Versäumnisurteil gegen Beklagten in 193(73), durch Verurteilung in 163(163) und durch Abweisung der Klage in 149 (143) Fällen. Auf andre Weise fanden ihre Erledigung 129(116' Klagen. Unerledigt blieben am Jahresabschluß 49(19). Es wurden 87(92) Terminstage abgehalten, und zwar 53(63) vor dem Vor- sitzenden allein und 34(39) vor dem Spruchgericht. Berufung gegen Endurteile wurde sechsmal eingelegt. Als EiuigungSamt wurde das Gewerbegericht im Berichtsjahre nicht angerufen. Pankow steht unter dem Zeichen der Geldbewilligungen. Es wurde von der Gemeindevertretung beschlossen, auf dem neuen Fried- Hof in der Schönholzer Heide eine Leichenhalle mit Obduktions- zimmer und Gerichtszimmer zu erbauen; die Mittel in der Höhe von 49 999 M. wurden bewilligt. Die vierte Gemeinde- schule muß erweitert werden; es sollen zlvei Anbauten mit.sech- zehn Klassen, eine Turnhalle und neue Klosettanlagen hergestellt werden; hierfür wurden 89 999 M. bewilligt. Ein Anttag. finstrer Gemeindevertreter, bei diesen Anbauten gleichzeitig Schüler- b ä d e r herzustellen, wurde mit der Motivierung vertagt, daß man erst Erfahrungen auf diesem Gebiete sammeln wolle. Zur Umänderung der Heizungsanlage der Realschule wurden 1899 M. bewilligt. Da von den ortsangehörigen Kindern etwa 199 schulpflichtig werden und außerdem zum Oktober starker Zuzug zu erwarten ist, lourde beschlossen, drei neue Lehrkräfte anzu- stellen; eine bisher provisorisch angestellte Handarbeitslehrerin wurde dauernd angestellt. Die verlegte Dam merow straße, deren Unterhaltung deni Eisenbahnfiskus oblag, ist von der Gemeinde übernommen worden. Als Entschädigung wurden der Gemeinde Pankow 77 999 M. gezahlt. Rummelsburg . In der letzten Genwindevertreter-Sitzung er- folgte zunächst die Einführung des neugewählten Vertreters H. Krägenbrink. Ein Antrag, die Lehrstellen, der hiesigen Volksschule um 6 zu vermehren, ivurde angenommen, und zwar werden neu eingestellt 3 Lehrer und 2 Lehrerinnen. Eine Anregung des Magistrats von Rixdorf, auch hier den Erlaß eines Ortsstatut betreffend die Krankenversicherungspflicht der Heim- arbeiter zu beschließen, bildete den zweiten Punkt der Tages- ordnung. Es wurde von einigen bürgerlichen Herren wiederholt der Versuch gemacht, den Antrag zu Fall zu bringen, so daß es erst des mehrfachen Eingreisens unsrer Genossen bedurfte, um die Mehrheit der Vertretung zu der Ueberzeugung zu bringen, daß eine derartige Einrichtung doch eine Wohlthat für einen großen Teil der hiesigen Einwohner sei und auch eine Entlastung des Armenetats bedeute. Nach Annahme des Antrages wurde die Ausarbeitung des Statuts einer Kommission, in welche auch zwei unsrer Genossen hineingewählt sind, überwiesen. Eine längere Diskussion rief der Antrag des Gemeindevorstandes auf Abänderung der Grundwert st euer hervor. Diese Steuer wurde bisher in der Weise erhoben, daß bei Errichtung von Neubauten die Besitzer erst mit Eintritt des neuen Steuerjahres mit dem vollen Wert der Grundstücke zur Steuer herangezogen ivurdcn, was für die Gemeinde einen erheblichen Ausfall au Steuern bedeutet. Der neue Antrag rief bei einigen Herren heftigen Widerspruch hervor. Genosse Ritter wies darauf hin, daß es Pflicht der Gemeinde sei, jede Gelegenheit zu benutzen, um von dem 51ommunalzuschlag von 169 Proz. herunterzukommen. Er verwies ferner auf unsre Nachbargemeinde Lichtenberg, , wo bereits ein Modus, wie der beantragte, bestehe, obgleich die Eigentümer dort noch die ganzen Kosten für die Kanalisation bezahlen, während die Rummelsburger Verwaltung für den alten Ortsteil einen er- heblichen Teil zuzahle. Der Antrag, die Eigentümer bereits mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres zur vollen Grundwertsteuer heranzuziehen, fand dann Annahme. Zum Bau eines G y m- n a s i u m s, welches dem Anschein nach ein mit allem Komfort ausgestatteter Prachtbau werden soll, wurde»om Gemeindevorstand ein Konkurrenz-Preisausschreiben mit drei Preisen von 19 999 M. in Vorschlag gebracht. Es wurde von unsren Genossen dazu be- merkt, daß sie grundsätzlich allerdings für möglichst hohe Aufwendung von Lehrmitteln seien, jedoch trete es eigentümlich in die Erscheinung. daß gerade jetzt den Herren beim Bau des Gymnasiums nichts zu teuer sei, während man sich beim Bau der Volksschule aus Spar- samkeitsrücksichten nicht dazu verstehen konnte, die von uns geforderten Brausebäder zu bewilligen. Sodann erklärte Genosse Ritter, daß man in Friedrichsberg die Errichtung einer obligatori- schen Fortbildungsschule dadurch illusorisch zu machen suche. daß man die Rummelsburger Schule als Schmerzens- und Schreckens- lind der Gemeinde hinstellt, welche man der angeblich hohen Kosten von jährlich 6999 M. wegen am liebsten wieder loS sei. Ritter be- streitet, daß die Kosten ungewöhnlich hohe seien und verlangt zur nächsten Sitzung eine genaue Kostenaufstellung. In FriedrichSfclde will die Gemeinde zu kommunalen Zwecken ein Gebäude errichten, das eine DesinfektionSeinrichtnug mit Dampf- apparat, Freibank mit Sterilisierungsvorrichtung, Fleischbeschauamt, Gefängnis- sowie Unterkunftsräume für die Sprengwagen in sich aufnehmen soll. Diese Sache war in voriger Sitzung einer Kom­mission überwiesen worden. Einzelne Mitglieder dieser Kommission bemängelten an dem Entwurf u. a., daß Desinfektion und Freibank neben einander, wenn auch in getrennten Räumen, zu liegen kämeii. Auch wurde der Kostenanschlag des MaurernieisterS Müller für viel zu hoch erklärt. Zum Zwecke einer nochmaligen Durchberatung wurde die Sache an dre Kommission zurückverwiesen. Auf Antrag des Forstfiskus wurde beschlossen, das Stück der Köpnicker Forst, welches begrenzt wird von der Köpnicker Chaussee, der Karlshorst -Schöneweider Chaussee und der sogenannten Rohrlake bis zum Chausseehaus, in Friedrichsfelde einzuverleiben. Der Gemeindevorsteher teilte mit, daß in nächster Zeit d'..' Verbindung mit Lichtenberg in Sachen des Zweck- mäßigkeits- Verbandes aufgenommen werden soll, um ein gemeinsames Krankenhaus zu bauen. Eine der nächsten Sitzungen soll sich eingehender mit der Frage beschäftigen. Da die Gemeinde mehrere größere Bauten vor sich hat und sich bei bisherigen Bauabnahmen größere Uebelstände gezeigt haben, soll in nächster Zeit der Anstellung eines Bausachverständigen näher getreten werden. In geheimer Sitzung wurde der.Schöffe Stellmachermeister Pechardscheck wiedergewählt. Als ein Knlturbild von ostclbischcn Gefilden stellt sich die am Sonntag in Stölln bei Rhinow (Kreis Westhavelland) vorgekommene Blutthat dar. Der Vorfall trug sich nach amtlichen Ermittelungen wie folgt zu. Der Vorschnitter Joseph Szipansky aus Sniilowo forderte am Sonnabendabend die andern ihm unterstellten russisch- polnischen Schnitter auf, nach Hause zu gehen. Alle waren an- gcttunken und kam es darüber zum Wortstreit, wobei sich zwei Parteien bildeten, deren eine sich um den auf einem andern Gut thätigen 18 jährigen Arbeiter Kropofskh scharte. Man rief Szipansky zu ,' er würde, sobald er erst wieder in Polen wäre, seine Prügel bekommen und reizte diesen dadurch noch mehr. Der mit Szipansky vereinigte Schnitter Johann Szijek ans Senzk in Ostpreußen brach sich nun von einem Zaun einen Pfahl ab und schlug damit Kropofsky über die Nase. Der Vorschnitter Szipansky aber langte seinen Revolver hervor und schoß Kro- pofsky(nicht Baumgart) eine Kugel in den Kopf, so daß er sofort N tot zusammenbrach. Die Polen gingen darauf schleunigst ihrer Wege und ließen den Toten auf der Dorf straße liegen, wo er später von dem Nachtwächter aufgefunden wurde. Szipansky und Szijek wurden am Sonntag verhaftet und bei der gerichtlichen Leichenschau dem Toten gegenübergestellt. Sie werden wegen Totschlages angeklagt. Marienfclde. Die Gemeindevertretung wählte in ihrer Sitzung am Dienstag den bisherigen Schöffen M a n tz wieder in dies Amt. Ein Antrag, die katholischen Schulkinder auf Kosten der Gemeinde mit besonderem Religionsunterricht zu versorgen, wurde ab- gelehnt; da sämtliche Schulklassen überfüllt sind, wurde ferner be- schlössen, einen vierklassigen Erweiterungsbau auszuführen, dessen Kosten aus einer Anleihe bestritten werden sollen. Zu wünschen wäre, daß die Parteigenossen sich mehr als bisher an den Gemeinde- ratssitzungen als Zuhörer beteiligten. Gerichts-Leitung. Kampf gegen Arbcitcrvergniizungcn. Wegen Veranstaltung eines öffentlichen Aufzuges ohne polizeiliche Genehmigung wurde am Mittwoch, den 29. d. M-, der Vorsitzende des Gesangvereins Zukunft", der Töpfer Robert Heinrichs ans Velten , vom Schöffengericht zu Spandau zu 16 M. Geldstrafe verurteilt. Der Verein machte am 1. Mai er. einen Ausflug, und trotzdem keine Musik und keine Embleme mitgeführt wurden, erblickte das Gericht darin, daß die Teilnehmer geschlossen gingen und die Sänger ein Marschlied sangen, einen öffentlichen Aufzug. Wegen des gleichen Vergehens hatte sich der Vorsitzende deS ZweigvereinS des Central- Verbandes der Maurer Deutschlands , der Maurer Karl Bern er aus Velten, zu verantworten. Sein Verein machte am 12. Mai (Himmelfahrtstag) einen Ausflug. Hierzu hatte der Angeklagte die polizeiliche Erlaubnis vom Amtsvorsteher eingefordert; die Erlaubnis wurde aber versagt. Infolgedessen gingen die Teilnehnier in nicht geordnetem Zuge und ohne Musik durch Velten . Durch Hennigs- dorf jedoch marschierten sie unter Vorauftritt der Musik in ge- 'schkossen'en Reihen;'hierzu hatten sie sich aber die Erlaubnis deS Orrs» Vorstehers von Hennigsdorf eingeholt. Der begleitende Gendarm hatte zwar dem Angeklagten gegenüber behauptet, daß die Erlaubnis des Ortsvorstehers von HcnningSdorf ungültig sei, ttotzdem 'marschierte der Verein aber weiter. In diesem Falle erkannte das Gericht auf Freisprechung, da den Angeklagten kein Ver» schulden treffe. .. Die ungebührliche Frage.. Eine- Beleidigung vor dem Gewerbe- gericht lag einer Privatflage zu Grunde, die gestern das Schöffen- gericht beschäftigte.. Privatkläger war der Maurer Heidemann, Beklagter der Maurermeister Freund. Als Zeuge wurde u. a. aus der Untersuchungshaft der Maurer Paul Winzler vorgeführt, der am 23. Mai an dem groben Exzeß auf den, Alexanderplatz-Bahnhof beteiligt war, welcher dem dienstthuenden Eisenbahnassistenten Kühn das Leben kostete. Dieser Zeuge war seiner Zeit Beisitzer im Gewerbegericht, als sich, der durch die Privatklage geschilderte Vor» gang abspielte. Der Maurermeister F r e u n d hatte mit einem Stein» träger eine Differenz vor deni Gewerbcgericht anszufechten und wunderte sich, als er an Stelle seines Gegners den jetzigen Privatkläger an Gerichtsstelle antraf. Heidemann ist Gewcrkschaftsbeamtcr und vertritt ab und zu behinderte Kollegen vor dem Gewerbcgericht, selbstverständlich ohne Entgelt. Der Beklagte soll nun, wie der Privatkläger behauptet, vor dem Gericht ihn einenAufwiegler. der das Verhandeln vor Gericht gewerbsmäßig b.'etreibt", genannt haben. Das Protokoll des Gewerbegerichts verzeichnet gleichfalls diese Aeußernng als von dem Maurermeister Freund gethan. Dieser bestritt sie gleichwohl und behauptete, daß er. weil er den Privatkläger nicht kaiutte, in der Form einer Frage den Vorsitzenden um Auskunft ersucht habe, ob der ihm ganz fremde Mensch etwa ein Aufwiegler sei oder das Verhandeln vor Gericht gewerbsmäßig betreibe. Dieser Auffassung neigte einer der vernommenen Zeugen zu, während der Zeuge Winzler, der damals Beisitzer Ivar, bekundete, daß die Aeußernng die Form einer positiven Behauptung gehabt habe. Während Rechtsanwalt Liebknecht das Vorliegen einer Bekunoung für zweifellos ansah, hielt Rechtsanwalt Seile die Form der Aeußernng nicht für einwandsftei festgestellt und beanspruchte für den Angeklagten cvent. den Schutz des§ 193. Der Gerichtshof hielt es für notwendig, den Terniin zu vertagen und den Vorsitzenden des Gewerbegerichts Dr. Schalhorn sowie zwei Beisitzer als Zeugen vorzuladen, um auf diese Weise den Wortlaut der Aeußernng festzustellen. Mit dem Ausdruck des Bedauerns mußte die 3. Strafkammer des Landgerichts II gestern zur Verurteilung eines Angeklagten kommen, der einen Akt der Wohlthätigkeit hatte begehen wollen und dabei gegen das Nahrungsmittel-Gesetz verstieß. Dem Arbeiter August Wartenberg zu Oranienburg war von einem dortigen Schankwirt ein Posten verdorbener Häringe übergeben worden mit dem Auftrage, sie entweder als Schweinefutter zu verwenden, oder zu vergraben. Auf seinem Wege begegnete ihm sein Freund. der Tischler Reinecke, welcher ihm klagte, daß er durch Arbeits- losigkeit mit seiner Familie in bittere Not geraten sei:Na, ivenn Du Hunger hast, hier sind Heringe, sie sind zwar nicht mehr gut, aber Du kannst ja mal nachsehen, ob noch welche zu brauchen sind". sagte Wartenberg zu Reinecke und gab ihm die Heringe. Frau R. erachtete sie noch für genießbar. Sie legte die Heringe in Essig mit Zwiebeln und das Ehepaar davon. Die Sache kam zur Kenntnis der Behörde, worauf gegen Wartenberg Anklage erhoben wurde, weil er verdorbene und gesundheitsschädliche Nahrungs- mittel in Verkehr gebracht hatte. Der Beschuldigte wies darauf hin, daß er den Zeugen ausdrücklich darauf auf- merksam gemacht habe, daß die Heringe verdorben seien. Der medizinische Sachverständige begutachtete, daß die Heringe, deren Fleisch vollständig rot und breiig war, als ein gesundheitsschädliches Nahrungsmittel zu erachten seien. Der Gerichtshof erkannte, daß der Aygellägteleider" habe verurteilt werden müssen, mit Rücksicht aber darauf, daß er nur einem Hilfsbedürftigen eine Wohlthat habe erzeigen wollen, sei nur aus die zulässig niedrigste Strafe 3 Mark Geldstrafe erkannt worden.