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Nr. 163.

Grscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage ,, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro- Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mr.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.

Vorwärts

9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fern sprech- Anschluß: Amt 1, Nr. 4186,

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 15. Juli 1892.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Preßmoral und Börsentugend. itat über die bösen Gründungen geschrieben hat, indem Zeitungen das Bernünftigste, was fie thun komuten; fie

"

"

-

halten:

man das unserem Artikel als Motto vorgesetzte Unter diesen Umständen thaten die bürgerlichen thaten entrüftet und vertrauten auf das kollegialische er schreibt: Hat die Kölnische Zeitung " noch niemals aus der Gefühl der Kreuz- Zeitung ". Kanzlei eines Emissionshauses den ominösen Brief er- Was sollten sie auch sagen? Die Sache liegt einfach so, daß der Redakteur des Handelstheils eines großen Blattes gegen einen hinten abgedruckten Prospekt vorne nicht gut schreiben kann, selbst wenn er wollte. Er käme in eine unhaltbare Lage seinem Verleger und seinem Publikum gegenüber. Daher müssen die Preßorgane der Bourgeoisie, mögen sie sonst feudal oder liberal schreiben, in emissions geschäftlichen Dingen mit mehr oder weniger Grazie nach der Pfeife des Kapitalismus tanzen.

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Warum will denn diese Welt nicht glauben, daß es in dem Kampfe nicht immer nach den Regeln der flecken­lofesten Ehrenhaftigkeit hergehe? Warum bleibt sie dabei, daß der Gewinn mit der Mühe in feinem Verhältnisse stehe und daß es Leute gebe, die, bei Lichte besehen, beim Beifolgenden Prospett belieben Sie auf den Raum einer Geschäft feinen anderen Gedanken hätten als den, was es Seite für den Preis vou 1500 M. aufzunehmen und sich der einbringt". Stammt das Alles wirklich nur aus Neid" beifolgenden Notizen für den redaktionellen Theil zu bedienen." und Mißgunst", spiegelt es lediglich den Zorn des Fuß­gängers wider, der sich von den Kutschenrädern des Das müßte ein ganz merkwürdiger Zufall sein, wenn - und Millionenmannes" mit Roth bespritzt sieht? Etwas daran die Kölnische Zeitung ", das angesehene Weltblatt" mag ja dabei sein. Aber darf denn der geärgerte Fußgänger fie allein übergangen worden sein sollte. gar fein Gedächtniß dafür haben, was wir im verflossenen Was aber wird sich die Kölnische Zeitung " wohl gedacht Jahre mit Hirschfeld und Wolff, den Gebr. Sommerfeld, haben, wenn sie 1500 m. für Aufnahme eines Prospekts er- Nur dadurch konnte es geschehen, daß man Hunderte von Maaß e tutti quanti erst erlebt? Und das ist doch nur hielt, während doch der gewöhnliche Preis der Insertions- Millionen deutschen Kapitals zur Ausfuhr nach Portugal , das Nächste. Blickt er ein wenig über seine Nase hinaus, feite kaum den vierten Theil jener Summe ausmacht? Wo Argentinien , Serbien und Griechenland verlockt hat, Gelder, die fo gelangt sein träumerisches Auge an das Ufer des Tajo , für, glaubt sie, hätte iman ihr den Mehrwerth gezahlt? dort ein Riesengrab fanden, während daheim angeblich das der zwei Drittel seiner Zinsen verschlungen hat; das aber muß ihn an die freundlichen Mienen erinnern, mit denen der wofür glaubt die Kreuz- Zeitung ," erhalten die Dringendste fehlte zur Hebung des Nothstandes unter der ihn gewisse wohlbegüterte Herren bewogen haben, sein Herren Handelsredakteure jene Konsortialschlußscheine von arbeitenden Bevölkerung. Geld in den fernen Süden" zu tragen, der sich seiner den Emissionshäusern, auf welchen verzeichnet steht, daß man Warum haben die Kölnische Zeitung " und" Kreuz Verpflichtungen jetzt so kühn entledigt. Oder der rauschende den Herrn Redakteur an dem zur Zeichnung aufgelegten Beitung" s. 3. nicht vor dem Schwindel gewarnt, als La Plata fällt ihm ein, der Silberstrom", der aber auch Papier konsortialiter mit einer gewissen Summe betheilige? deutsches Kapital nach Argentinien gelockt wurde mit Hilfe das Gold zu halten weiß, daß es nimmer wieder fehrt. Natürlich wird der Kurs des Effekts um 10 bis 15 pet. einer beftochenen ehrlosen Bresse? Sie haben in diesem Falle Wer war's wohl, der ihm rieth, den Caballeros" drüben unter dem Einführungskurs auf dem Schlußscheine ver- nicht einmal die Ausrede für sich, daß sie das Raubsystem sein Erspartes anzuvertrauen, den Caballeros, die zum zeichnet, je nach der Summe, die man den Betreffenden dort nicht kannten, denn ein dortiges Blatt( die La Plata Nehmen nicht zu stolz sind, aber das wiedergeben tief verachten? Wer war es wohl? Giner von Denen verdienen" lassen will.) Freilich nicht Jeder ist so wenig zart- Bost") hat pünktlich gemeldet, wie die Satrapen von namentlich, die sich jetzt schwer beleidigt fühlen und das fühlend, wie Herr von Hansemann, der immer gleich mit der Argentinien das frisch angekommene Geld jedesmal stahlen. Bedürfniß haben, das der Welt durch ihr Leibblatt kund Thür in's Haus fällt und das baare, Geld auf den Tisch legt, wahrscheinlich in klimpernden Goldstücken. Die dächtniß geschwunden, daß sie selber die zweifelhaftesten Ist es der edlen Kreuz- Zeitung " schon aus dem Ge­Leitartikel der Kreuz- Zeitung " Nr. 322 Meisten machen es eben geschickter. So haben die großen Gründungen unterstützt hat, daß sie ganz wie das Jobber­vom 13. Juli 1892. Emissionshäuser Listen eigens für diesen Zweck angefertigt, blättchen in der Beuthstraße 8 Die Kreuz- Zeitung" brachte vor einiger Zeit eine Notiz, in denen verzeichnet steht, zu welcher Taye Der oder Jener Mexikaner, die Griechen, die zahlreichen Prospekte der die Portugiesen, die welche die Behauptung enthielt, daß aus dem Bureau des arbeitet", und diese Tage wird sehr genau innegehalten. Herrn v. Hansemann an die Handelsredakteure ver-| Auf die Emission eines lokalen Börsenpapieces beispiels- bösen Gründerperiode der Jahre 1888/89 angehören und Lokalemissionen in ihren Spalten gebracht hat, welche der weise rechnet man gewöhnlich 20 000 M. Insertionsgebühren" heute entweder halb oder ganz verkracht sind? Jmmer die mit 300-1500 Mart, je nach der Größe der Beitungen, und 10 bis 15 000 M. Bestechungsgelder" an die Redakteure. halbe Seite zu 250-300 Mart? wt., verschickt worden seien. Bei einer internationalen Anleihe sind diese Summen Die Aufforderung, die Redakteure, denen durch die natürlich höher. Die Darmstädter Bank z. B. soll bei der " Krenz- Zeitung" Käuflichkeit vorgeworfen war, namentlich letzten Portugiesen- Emission 100 000 m. für diesen Zweck zu bezeichnen, hat die Kreuz- Zeitung " unbeantwortet ge- zur Verfügung gehabt haben.

31 geben.

"

Herrn

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Die meisten kapitalistischen Blätter Schweigen von den Emissionsbanken be zahlt wurden.

durften nicht reben, weil sie für ihr

Und die Banken?

Je größer und mächtiger eine solche ist, desto un­

laffen; wir sind heut in der Lage, eine Weiter schreibt unser Berichterstatter: uns von einem genauen Renner der Börsenverhältnisse Und Herr Klausner, der politische Redakteur des ugegangene Mittheilung zu veröffentlichen, welche das Börsen- Kourier", wurde doch sogar im Jahre 1890 zwei Pharisäerthum der bürgerlichen Bresse drastisch beleuchtet. Mal vom Finanzminister Wyschnegradski nach Betersburg gestörter, desto zynischer darf sie das Bublifum aller Die fittliche Entrüftung -die Wahrheit der von der berufen, um Instruktionen zu empfangen für Bedings uns thun die Leute, die an der Börse ihr Geld ver­Kreuz- 3tg." folportirten Nachricht vorausgesetzt war bei arbeitung des deutschen Publikums, daß es der Schaffung wieder bei dem Staatsbankrott Portugals ( Darmstädter - es lieren, nicht leid ausrauben. Dies zeigt sich soeben allen Schattirungen der Bourgeoispresse gleich groß und einer russischen Goldwährung geneigt werde. Wer aus allen Redaktionsstuben der großen und kleinen Vertreter Klausner dafür bezahlt hat, man braucht es wohl nicht Bant), und es zeigte sich beim Zusammenbruch des Argen­her fiebenten Großmacht tönte der ängstliche Ruf nach den erst zu sagen, wie man auch nicht zu versichern braucht, tinischen Raubstaats( Deutsche Bank). Namen der Angeschuldigten, um die Dummköpfe, die sich daß der Rubel in Berliner Zeitungsredaktionen kein un-| Wer so reichlich aus der Krippe der Börse mitgegessen abfassen ließen, zu steinigen zufezen. bekannter Gaft ist. hat, wie die Kreuz-" und" Kölnische Zeitung ", der sollte Die Korruption erstreckt sich auf das Gros der bürger- sich nicht zum Sittenrichter der Anderen aufwerfen. Die Unser Bewährsmann wendet sich an das Organ der lichen Zeitungen, hier etwas mehr, dort etwas weniger, und Toga des Cato ist kein Gewand für die Kreuz- Zeitung ", Schienenflicker, die Stöln. 3tg." und auch an das Adelsblatt, nur die Form wechselt, unter der die Einzelnen Trinkgelder noch überhaupt für irgend ein Preßorgan der bürgerlichen die Kreuz- 3tg.", die erst dieser Tage wieder so erbaulich für unsaubere Dienste entgegennehmen.

und dann das Geschäft fort

Feuilleton.

Nachdrud verboten.)

Das Schlagende Wetter.

Roman von Maurice Talmeyer. Uebersetzt von B. und A. G.

Toubeau

faft fagen,

ווסט

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12

Leble inzwischen auf; man fönnte er wuchs in moralischer Beziehung.

Für Babette, die mit Jacquemin und Toubeau zu­sammenlebte, waren das Augenblicke einer heimlichen Freude, Lichtblicke, die sie ihrem Verhängniß abgewann, wie Gefangene es sich zu thun bemühen.

Gesellschaft.

Der Steiger fragte so obenhin. Möchtest Du nicht Jemanden besuchen?

Toubeau riß die Augen weit auf und sagte Topf­

schüttelnd:

Niemanden!

Vielleicht doch, sagte Jacquemin, ich dachte

Sie glichen eins wie das andere Verurtheilten, deren Zelle ein Fenster hat, das einen Ausblick auf sonnen­beschienene Wiesen und Wälder gewährt. Der Vater hörte Der Schlepper unterbrach ihn mit einem hastigen Aus­feine Tochter im Hause umhergehen und sprechen, singen, ruf, aber er war sofort wieder still, und sein Auge, dem Ordnung machen, die Thür öffnen und schließen und tausend man die konvulsivischen Anstrengungen ansah, die ent­treffliche Dinge thun. Und das erwärmte sein Herz wieder, schwundenen Erinnerungen zurück zu rufen, drückte seine und er und der Genesende meinten einen Hauch des Früh völlige Unfähigkeit aus, davon wieder etwas gewahr zu lings zu fühlen. werden. In diesem freundlich- ernsten Heim war Tonbeau, der

Nein, sagte er langsam, Niemanden.

Der Steiger beharrte nicht weiter darauf. Als sie

Jacquemin sette ihm einfache Sachen einfach auseinander, bei einem Fremden lebte, an dem er mit kindlicher Zärtlich-| hörte ihm, zu fragte ihn, ließ ihn die Gegenstände keit hing, und bei einer Unbekannten, für die er eine Mittag gegeffen hatten, erhoben sie sich. Babette brachte et täglichen Lebens herzählen und der Echlepper lernte brüderliche Zuneigung zu empfinden begann, im Grunde zwei Stöcke, Toubeau nahm in jede Hand einen und ging, riwas dabei. Er war sehr ruhig, sehr aufmerksam und ge- genommen doch nichts weiter, als ein armes ſtilles Wesen, sich abwechselnd auf sie siühend, mit Facquemin die Stufen, wöhnlich tief in Gedanken versunken und hatte fast etwas das wenig begabt und leicht betrübt war und ebenso die auf die Straße führten, hinunter. Dann blieb er einen der Schweigsamkeit des Steigers angenommen. furchtfam wie wortkarg. Jene trübseligen ruhigen Morgen, Moment lächelnd und tief aufathmend stehen und ließ mit und lebhaft wie immer und besorgte die Wirthschaft. Babette war mitten unter ihnen, sie kam und ging, frisch wie sie auf Nächte voll Schnee und Sturmwind folgen, glücklichem Gesicht seinen Blick dahinschweifen über den geben ein Bild von dem, was aus ihm geworden war. Es Himmel, der mit leichten Windwolken bedeckt war, und über arbeiten, hatte sich in ihrem Junern eine ernsthafte Wand und die Erde ist wie mit einem weißen Laken be Seitdem ihr Vater ihr untersagt hatte, am Fenster zu wird dann kaum so recht Tag, das Unwetter hat aufgehört die von zitternden Lichtstrahlen erglänzende Sambre. lung vollzogen, die aber für die Anderen wenig bemerkbar deckt. Jn Toubeau's Seele herrschte dieselbe Stille nach dem zückt jedes Haus auf der Straße, schrie voll Verwunderung war. An diesem Tage hatte sich ihr seelischer Gesichtskreis Sturm. erweitert, wie sie es vorher nicht geahnt, wie es jedem| Weibe ergeht, wenn sie jenen ersten Gipfelpunkt des Lebens ment vergangen, in welchem ihn der Gesang Babette's er Wirthshausschild ihn an etwas Besonderes erinnere. erreicht, auf dem sie sich im Alter von sechszehn Jahren weckt hatte. In den ersten Tagen des April erklärte der

befindet.

stets von Neuem laut auf und richtete seine Augen fragend Etwas weniger als vier Monate waren seit dem Mo- auf Jacquemin, als ob jede Thür, jeder Grenzstein, jedes

Arzt, er könne ausgehen. Der nächste Tag war ein Som­fie immer gewesen. Sie hatte nur eine Erinnerung, zu der zu dem Schlepper, als er sich zu Tische seite: Sie war übrigens dasselbe Kluge Kind geblieben, das tag, und Jacquemin, der an diesem Tage frei hatte, sagte figern immer auf's Neue zurückkehrte, das Andenken an ben jungen Mann, der vorübergegangen war.

Nach Tisch werden wir ins Dorf gehen. Toubeau lächelte glücklich.

Unterdeffen gingen fie in ein Gäßchen, und Toubeau, der seine Aufmerksamkeit verdoppelt hatte, blieb stehen und zeigte Jacquemin eine niedrige Thür, deren Schwelle mit dem Erdboden in gleicher Höhe war.

Wo sind wir? stammelte er. Wir wollen klopfen, sagte Jacquemiu.