auf den Bauten thätijfen Maser einer tvachsamen Kontrolle zu unter-ziehen. Für die kommende Woche mutz jeder arbeitende Glaser inseiner Karte zwei rote und eine grüne Marke geklebt haben, widrigenfalls die Karte ungültig ist. Am heutigen Sonntag erfolgt die Aus-gäbe und Regulier, mg der Arbeitsbercchtigungskarten von 8— 11 Uhrim Gewerkschaftshause, soweit dies nicht bereits geschehen ist.Gestern abend hielt auch die G l a s e r i n n u n g wieder eineVersammlung ab, in der auch der Gesellenausschutz zugegen war.Hier lietzen sich die Meister nun zu einem Trick verleiten, der dieGegensätze in diesem Lohnkampfe woyr noch wesentlich verschärfendürste. Nach unwesentlicher Debatte wurde nämlich plötzlich an denGesellenausschuü die Frage gerichtet, ob er jetzt mit der Innungüber den neuen Tarif verhandeln wolle oder nicht. Als der Ausschutzerklärte, er sei von der Gesellenschaft zu Verhandlungen nicht auto-risiert, sondern nur die Tarifkommission des Glaserverbandes, daerklärte der Obermeister die Versammlung für geschlossen. Der Zweckdieses Tricks war, den Gesellenausschutz für den Abend loszuwerden,denn nach Schlutz der Versammlung blieben die Jnnungsherren wievorher beisammen, um sich, wie der Obermeister meinte, in„privatem"Kreise über die weiteren Matznahmen schlüssig zu werden.Eine Tarifbewegung der Marmorstukkateure ist seit längerer Zeitvorbereitet worden. Gestern abend wurde nun der Tarifentwurf voneiner außerordentlichen Mitgliederversammlung der Branche endgültig durchberaten und e i n st i in m i g gutgeheißen. Fernerwurde beschlossen, den Unternehmern den Tarifentwurf nebst einemCirkular am Montag zu übersenden und bis zum nächstenSonnabend A n t Iv o r t zu verlangen. Ueber die weiterenSchritte wird am nächsten Sonntag in einer Mitgliederversammlungder Branche beraten, die bei Franke in der Sebastianstraße morgens10 Uhr stattfindet.Die Grundforderungen des Tarifs sind: ein Minimallohn von7 M. pro Tag und eine Arbeitszeit von S'/a Stunden. Wieeine Umfrage in der Versammlung ergab, wird der ge-forderte Lohn und zum Teil noch höhere Löhne von denmeisten Firmen schou bezahlt und auch die verlangte Arbeitszeit wirdjetzt bereits von vielen Firmen innegehalten. Da außerdem fast alleArbeiter der Branche organisiert sind, so wird dre volle Durch-führung des Tarifs wahrscheinlich keine großen Opfer kosten.Di« Ktihncmknner an der Arbeit.Der Verband Berliner Metall-Jndustrieller macht durch Rundschreiben bekannt, daß Arbeiter aller Art der Firma Orenftein u.Koppel, Spandau, sowie Former der Firma Akt.-Ges. vorm. L. Schwartz-kopff von Benutzung des Arbeitsnachweises ausgeschlossen sind unddaher in den Betrieben ihres Verbandes nicht eingestellt werden dürfen.Die Firma Orenstcin u. Koppel sucht in aller Welt Arbeits-willige. Sie hat in der Provinzpresse folgendes Inserat los-gelassen:Tüchtige Schmiede. Schlosser. Dreher, Maschinenarbeiter.Stellmacher, Lackierer, Anstreicher und Platzarbeiter für Waggon-,Feldbahn-, Weichen-, Bagger- und Signalbau„bei hohem Lohnund Accord" werden sofort gesucht. Akt.-Ges. vorm. Orenstcin u.Koppel, Spandau.Auch unser Dortmunder Partei-Organ ging ein solches Inseratzu, dessen Aufnahme natürlich abgelehnt wurde.— Es sei dringenddarauf hingewiesen, daß jeder Zuzug von der Firma Orenstcin u.Koppel ferngehalten werden mutz.Eine uierkwürdige Tarifvereinbaning streben, wie uns der Vereinder Badeanstaltsbesitzer mitteilt, die Interessenten deS Badeanstaltsgewerbes vor dem Berliner Gewerbegericht an. Die Vertreter derArbeitnehmer wie Arbeitgeber sind dahin übereingekommen, daßkünftighin den Bademeistern und den Badefrauen in den Dampf-und Wannenabteilungen feste Lohneinkünste garantiert werden.Das Publikum ist sonach gehalten, künftighin ein festesBedienungsgcld an das Personal zu entrichten, so daßalso an Stelle der freiwilligen Zuwendungeneine kleine, feste Abgabe tritt. Dieselbe betrügt beiWannenbädern 10 Pf., bei Dampfbädern wie bisher 60 Pf. Fürbesondere Handreichungen und Verrichtungen(Hühneraugenschneiden,Abseifen) besteht ein besonderer Tarif. Das Personal istberechtigt, diese Bedienungsgelder selbst zu kassieren. Weiter-hin regelt der Tarifvertrag die Arbeitszeit. Der Geschäfts-schluß soll allgemein um 9 Uhr stattfinden. Eine halbeStunde zuvor dtirfen keine Annahmen mehr erfolgen. Freitagsund Sonnabends finden hiervon Ausnahmen statt. Krankenkassen-Mitglieder haben keine Bedienungsgelder zu zahlen, dieselben erhaltenan der Badeanstaltskasse sogenannte Bedienungsmarken, welche inZahlung gegeben werden. Das Personal der Badeanstalten unter-liegt weiterhin noch einigen nebensächlichen Bestimmungen hinsichtlichder Ausführung dieses Vertrages.Dieser sonderbare Tarifvertrag schafft also den Angestellten derBadeanstalten kein fixes auskömmliches Gehalt, sondern verweist sielediglich auf den T r i n kg e l d z w a n g, der jetzt an die Stelle desfreilvillig geleisteten Trinkgeldes treten soll. Dieser Trinkgeldzwangaber soll angewendet werden reinlichkeitsbedürftigen Proletarierngegenüber, die sich den Luxus eines eignen Bades leider nicht leistenkönnen. Daß Krankenkassenmitgliedern gegenüber dieser Zwang nichtgeübt werden soll, macht die Sache nicht besser. Dieser Ausweg legtdie Befürchtung nahe, daß Kassenmitglieder auch in den Badeanstaltenzu Menschen zweiter Klasse werden, wie sie es anderwärts vielfachschon sind.Veutkcsieg Reich.Bon der BauarVeitcr-AuSsperrung im Mainthal sind nach denneuesten Feststellungen des Maurerverbandes allein rund 14 000Peronen im Maurergewerbe betroffen, Frauen und Kinder derAusgesperrten natürlich mit einbegriffen. In dem Zweigvereins-Gebiet Frankfurt a. M.. zu dem die Städte Frankfurt. Offenbach,Hanau, Höchst, Griesheim, Friedberg und Nauheim gehören, sindinsgesamt ausgesperrt worden 2599 Maurer, welche sich in die Streik-listen eingetragen haben. Von diesen sind 1517 Familienvätermit zusammen 3101 Kindern unter 14 Jahren. Abgereist sind093 Maurer und 420 sind in andre Arbeit oder in den kleinerenOrten des Aussperrungsgebietes in Arbeit getreten. 58 Unternehmermit 423 Beschäftigten haben bis jetzt die Forderungen bewilligt.In Darmstadt sind 279 Maurer ausgesperrt, welche bis auf 60 ab-gereist oder in andre Arbeit getreten sind. In Wiesbaden beträgt-die Zahl der Ausgesperrten 371. Hiervon sind 565 Familienvätermit 878 Kindern unter 14 Jahren. In Wiesbaden sind fast 300 ab-gereist oder in andre Arbeit getreten. Rechnet man zu diesen Zahlennoch die von Aschaffenburg und Mainz, so ergeben sich insgesamt4825 Ausgesperrte oder Streikende mit zusammen 5502 Kindern.Frauen und sonssige Familienangehörige hinzugerechnet, ergiebtschätzungsweise die Zahl von 14 000. Von den Zimmerern undsonstigen an der Aussperrung beteiligten Arbeitern liegt leider keinegenaue Aufstellung vor. Doch hat sich nach den Feststellungen desMaurerverhandes die Gesamtzahl der Ausgesperrten resp.Streikenden bedeutend verringert. Am Schlutz der letzten Berichts-Woche waren nur noch 2271 Personen in den Streiklistcn verzeichnet.Von diesen sind im Laufe dieser Woche mindestens 300 wieder ans-geschieden. Die Zahl wäre jedenfalls noch größer, wenn nicht diehessischen Gemeinderatswahlen die Maurer in Sprendlingen, Drei-eichenhain, Egelsbach, Vilbel usw. von der Abreise zurückgehaltenhätten. In den nächsten Tagen werden auch sie das Aussperrungs-gebiet verlassen und in den rheinisch-westfälischen JndustriebezirkenArbeit suchen. Man ist seitens der Streikleitungen aufs eifrigstebemüht, die Zahl der Ausgesperrten möglichst zu reduzieren, um,wenn eS zu keiner Verständigung kommt, den Kampf noch wochenlangfortsetzen zu können, ohne allzugrotze Opfer für die Organisation.Die Organisation der Ausgesperrten ist eine vorzügliche. In allenZahlstellen, deren Zahl 70 übersteigt, wird täglich die genauesteKontrolle über die Ausgesperrten geübt.Ein erfreuliches Zeichen in diesem Kampfe ist das Zusammen-gehen der christlichen Gewerkschaften mit den freien. In gemein-samen Versammlungen auf dem Lande wird die Situation erörtertVerantw. Redakteur: Paul Büttner, Berlin. Inseratenteil verantw.und zum Ausharren aufgefordert. Die christlichen Maurer habeneben schon zu sehr am eignen Leibe erfahren, daß die christlichenUnternehmer so ausbeuterisch sind, wie die„liberalen", derenoberster Scharfmacher Lüsche» sich sogar zu den extremsten Frei-denkern. zählt. Die Kämpfe in Fulda, Limburg und jetzt inAschaffenburg sind für die christlichen Arbeiter eine harte Lehre ge-Wesen. Der ultramontanen Hetzpresse ist die gegenwärtige Situationfreilich unbehaglich genug, und mancher Pfarrherr mag sich bedenklichhinter den Ohren kratzen, wenn er liest, daß christliche Arbeiter-führer jetzt davon reden, daß die christlichen Arbeiter leider(I!) nochviel zu wenig vom Klassenkampfgeist erfüllt seien und die social-demokratischen Organisationen ihnen als Musterorganisationen vorAugen führen. Aber einstweilen macht die ultramontane Pressedes Maingaues, insbesondere das„Franks. Volksblatt", gute Mikaezum bösen Spiel und zieht kräftig vom Leder gegen das ausbeuterischeUnternehmertum, das so wenig Entgegenkommen zeigt. So werdendurch diesen Kampf auch im schwarzen Lager die Köpfe revolutioniert.Zu dem Streik in den Elberfelder Farbwerken vormals Bayeru. Co. wird uns berichtet, daß am Freitagabend, als die Arbeits-willigen die Fabrik verließen, ihnen beim Abnehmen der Kontroll-numnier im Portierhause dicke Stöcke überreichtwurden. Jedem wurde, ohne daß er es wünschte,ein solcher Stock, von denen zwei Lowries voll herbei-gefahren worden waren, in die Hand gedrückt. Da mannicht annehmen kann, daß die Firma die Arbeitswilligenals Herren mit Spazierstöcken ausstatten will, so kann in diesemneuesten Unternehmerstückchen nur eine Provokation gegen die Aus-ständigen erblickt werden. Man reizt die Arbeitswilligen ja geradezuzu Gewaltthätigkeiten. Wenn es jetzt zu gewaltsamen Zusammen-stößen kommt, so weiß man, von wem sie ausgehen und wen dieSchuld trifft.— Am Donnerstag hatte die Finna denArbeitswilligen Dankschreiben für ihr treues Weiterarbeitenin die Hand gedrückt. So viel Mühe giebt man sich sonst mit denArbeitern nicht: da peinigt man sie so lange, bis auch die Lang-mütigsten die Arbeit hinwerfen und in den Streik treten.Die Leitung der Farbwerke hat an das Uiitemehmertum der-trauliche Schreiben, die mit der Schreibmaschine hergestellt sind,versandt. Ein solches hat folgenden Wortlaut:Vertraulich! Elberfeld, den 4. August 1904.(Werk Leverkusen.)Wir machen Ihnen die höfliche Mitteilung, daß die nach-stehenden Gewerkschaften:Deutscher Gewerkverein der Maschinenbauer und Metall-arbeiter(Hirsch-Duncker), Deutscher Gewerkverein der Schreiner(Hirsch-Duncker), Deutscher Gewerkverein der Hand- und Fabrik-arbeiter(Hirsch-Duncker), sowie sämtliche dem socialdemokratischenGewerkschafts-Kartell angehörenden Verbände über uns zuerst dieSperre verhängt und dann den Streik erklärt haben. Von den3098 Arbeitern, welche wir bei Beginn der Bewegung an: 22. Julibeschäfttgten, haben bis heute ca. 330 Metallarbeiter, Schreinerund Handarbeiter die Arbeit bei uns niedergelegt.Für heute möchten wir Sie bitten, kein«Leute, die seitdem 22. Juli bei uns entlassen sind, anzunehmen.Von der Beendigung des Ausstandes iverden wir Sie benach-richtigen. Indem wir Ihnen im voraus unsren besten Dank fürIhre freundliche Unterstützung übermitteln, geben wir Ihnen dieVersicherung, daß Sie uns jederzeit zu Gegendien st enbereit'finden werden.HochachtungsvollFarbenfabriken vorm. Friede. Bayer& Co.(gez.) Prof, Dr. C. Duisberg.xxa. Girtler.Dafür, daß die Firma durch ihre miserablen Arbeitsverhältnisseund schlechten Löhne die Arbeiter in den Streik getrieben hat, sollendie Arbeiter jetzt durch Existenz- und Brotlosigkeit an ihrer Gesund-heit und ihren Familien gestraft werden. Die Elberfelder Farbwerkesind aber derart„berühmt", daß die Fabrikleitung noch lange nichtbei allen Unternehmern Gegenliebe findet.Die«Bergische Arbeiterstimme" berichtet sogar, daß eineBeamtenkonferenz beschlossen habe, die Betriebscheffs der Firma m i tRevolvern auszurüsten!— Die Streikenden bekundeten ihreFriedensliebe, indem sie das Gewerbegericht als Einigungsamt an-riefen. Was die Firma darauf antworten wird, bleibt abzuivarten.An einzelne Streikende erging seitens des Arbeitgeber-Verbandesim bergischen Jndustriebezirk folgende Aufforderung:Elberfeld, den 3. August 1904. Herrn.—Die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer u. Co. zu Elberfeld habenwegen Arbeitsniederlegung in ihrem Betriebe inLeverkusen den Schutzunseres Verbandes angerufen. Gemäß den Satzungen unseres Ver-bandes ist ein Prüfungsausschuß berufen, die Sachlage unter An-hörung beider Teile zu untersuchen. Als Vorsitzender dieses Aus-schusses bitte ich Sie um Ihr Erscheinen zu einer Sitzung amFreitag, den 5. August 1904, nachmittags 3 Uhr, im Wartesaale2. Klasse des Eisenbahnhofes zu Leverkusen.(Folgen die Namender übrigen Geladenen.)— Hochachtend. Der Geschäftsführer desVerbandes von Arbeitgebern im bergischen Jndustriebezirk. I. V,(gez.) Alfred Roß."Die Streikleitung antwortete darauf wie folgt:„Wiesdorf, den 4. August 1904.An den Verband von Arbeitgebern im bergischen Jndustriebezirk,Elberfeld.z. H. des Geschäftsführers Herrn Alfred Roß.Auf Ihr Geehrtes vom 3. August erlauben wir uns Ihnen■ mitzuteilen, daß nachbenannte Personen als Vertreter bestimnit sind,da die Mehrzahl der von Ihnen bestimmten bereits abgereist sind:Jakob Fittgen vom Verband der Fabrik- und Hilfsarbeiter. KarlWill vom Verband der Fabrik- und Hilfsarbeiter. Paul Zieglervom Gewerkverein der Maschinenbau- und Metallarbeiter. FranzBecker vom Gewerkverein der Maschinenbau- und Metallarbeiter.Karl Spiegel vom Deutschen Metallarbeiter-Verband. HeinrichBrand vom Deutschen Metallarbeiter-Verband. Wilhelm Müllervom Gewerkverein der Tischler. Dieselben werden sich, wenn Sienichts Gegenteiliges bestimmen, zu der von Ihnen anberaumtenSitzung einfinden.Mit der Versicherung vorzüglichster Hochachtung zeichnet i. A.der StreikleitungH. Brand,pr. Adr. Gießen, Wirtschast zur Rheinwacht, Wiesdorf.'Die auf Zersplitterung der Streikenden gerichtete Takttk desUnternehmerverbandes dürste also mißlingen!Totales.Die Prämie beö Lehrlings.Der Bater des Lehrlings M. verlangte nach Auflösung desLehrverhältnisses seines Sohnes von dessem bisherigen LehrherrnSchmidt als Kostgeldrest 35 M. Nach seiner Darstellung sind jedeWoche vom vereinbarten Kostgeld 50 Pf. als Spargeld zurück-behalten worden, die nach Ablauf der Lehre ausgezahlt werden sollten.Der Beklagte Schmidt erklärte das Geld jedoch für eine Prämie fürgutes Verhalten, die nicht ein Teil des Kostgeldes gewesen, sondernunabhängig von diesem aufgesammelt worden sei. 2,50 M. davonhabe er zum Ersatz eines vom Lehrling angerichteten Schadens mitBeschlag belegt. Auf den Rest glaubte Beklagter nach den Be-stimmungen des Vertrags ebenfalls Anspruch zu haben. Danach solltedie Prämie nur beim Fehlen jeder Widerspenstigkeit, gleichsam nurbei absolut tadelloser' Führung innerhalb der vier Jahre Lehrzeit,zur Auszahlung kommen. Der Beklagte bettachtete als Grund, dieAuszahlung zu verweigern, daß der Lehrling M. gleich feinemKollegen ihm eines Tages, als sie länger dableiben sollten, vorge-spiegelt habe, er müsse in die Fortbildungsschule, was nicht der Fallgewesen sei. Thatsächlich haben die Junge» die so eroberte freie Zeitfür sich ausgenutzt.� Th. Glocke, Berlin. Druck».Verlag: Vorwärts Buchdr.u. VerlagsanstaltDer Vorsitzende, MagistratZrat Dr. Schalhorn, riet drin«gend zu einem Vergleich auf Zahlung von 16 M. Nach dem Vertragsolle es ja nur eine Prämie sein, deren Auszahlungsbedingung erindessen sehr eigentümlich finde, denn nach den Vertrags-bestimmungen käme diese Prämie ja fast nie zur Auszahlung.Während vier Lehrjahren mache doch jeder Lehrling mal eine Dumm-heit, die als Widerspenstigkeit oder Ungehörigkeit im Sinne des Lehr-Vertrags angesehen werden könne. Ein"Vergleich rechtfertige sichdeshalb. Es kam dann auch ein Vergleich auf 10 M. zustande.Gerichts-ZeitungEine„Spitzel"-Affaire.Der Redakteur des Organs des Verbandes der Bäcker, KarlH e tz s ch o l d, hatte in der Februarnummer der genannten Druck-schrift einen Bericht über eine Gerichtsverhandlunggebracht, die kürzlich gegen den Bäckermeister D. vor dem Schöffen-gericht stattgefunden hatte. D. sollte sich einer Ueberttetung der Ge-Werbeordnung schuldig gemacht haben, indem er seinen Gesellen undseinen Lehrling etwas über die vorgeschriebene Arbeitszeit hinausbeschäftigt habe. Dies sollte durch den Bäcker Nachtigall, welcherim Auftrage des Verbandes eine Reihe Bäckereien kontrolliert hatte,festgestellt worden sein. Der damalige Angeklagte, der von demSyndikus der Berliner Bäckerinnung, R.-A. Löwe.verteidigt worden sei, sei in beiden Instanzen freigesprochen worden,da der Gerichtshof annahm, daß Nachtigall sich doch in der Zeitgeirrt haben könne, zumal es sich nur um einige Minuten handelte.Hieran anknüpfend wurde in dem Bericht weiter erzählt, daß derVerteidiger während der Vernehmung des Zeugen N a ch t i-galt diesen gefragt habe, ob er bezahlter Spitzel dessocialdemokratischen Bäckerverbandes sei. DerZeuge habe es abgelehnt, diese Frage zu beantworten, woraufder Verteidiger den Antrag stellte, die Frage an den Zeugen durchden Mund des Vorsitzenden richten zu lassen. Nachdem diesgeschehen, habe der Zeuge halb und halb zugegeben, daß er fürseine Thätigkeit bezahlt werde. Der Angeklagte Hetzschold griff mdem Artikel den R.-A. Löwe wegen seiner Frage st ellungan und schloß mit den Worten:„Nun frage ich Sie, HerrLöwe, sind Sie bezahlter Spitzel der Bäcker-in nun g?"— In der Aprilnummer des„Bäcker" erschien einzweiter Artikel mit der Ueberschrift:„Der klagende Löwe", worinmitgeteilt wurde, daß R.-A. Löwe gegen den Redakteur des„Bäcker"klagbar geworden sei. R.-A. Löwe stellte Strafantrag wegen Be-leidigung in zwei Fällen. Im gesttigen Termine erklärte der An-geklagte, dem R.-A. Dr. Liebknecht als Verteidiger zur Seitestand, daß er den R.-A. Löwe nicht persönlich habe beleidigenwollen, er habe die Frage nur ge st eilt, um demRechtsanwalt zu Gemüte zu führen, wie schwerdieser de» Zeugen Nachtigall durch seine Fragegekränkt habe. Der als Zeuge vernommene R.-A. Löwe glaubtefast mit„Bestimmtheit" versichern zu können, daß er in dem früherenTermine nicht den Ausdruck„Spitzel" gebraucht habe, er werdewohl„Denunziant" gesagt haben. Der Zeuge Nachtigallblieb bei seiner Behauptung.Der Staatsanwalt beantragte, den Angeklagten zu einer Geld-strafe von 150 M. zu verurteilen, der Gerichtshof belieh es mit Rück-ficht auf die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten bei einerGeldstrafe von 100 Mark._,Die Leidensgeschichte eines Kindes beschäftigte gestern die Ferien-strafkammer des Landgerichts II. Die Arbeiterfrau Auguste Knopgeb. Bugert zu Lübars war beschuldigt, in den Jahren 1903 und1904 in einer das Leben gefährdenden Weise ihr leibliches Kind, den9jährigen Paul Knop. körperlich mißhandelt zu haben. Paul Knopwar im Alter von IV, Jahren zu seinen Großeltern nach Pommern ffgebracht worden, wo er bis zu seinem schulpflichtigen Alter verblieb.Als er in das Elternhaus zurückkam, wurde er behandelt, als wenner nicht zur Familie gehöre. Sowohl hinsichtlich der Ernährung,Kleidung, der ganzen Lebenshaltung wurde er auffallend vernach-lässigt. Die Verhandlung ergab eine ganze Reihenfolge von tragischenEinzelheiten aus dem Leben eines stiefmütterlich behandelten Ktndes.Beim Mittagessen mutzte der Knabe abseits von dem Tische, anwelchem seine Eltern und seine übrigen vier Geschwister saßen, aufdem Kohlenkosten Platz nehmen. Kaffee wurde ihm verweigert,anstatt Semmel wie die andern Kinder, erhielt er ein Stück trockenesSchwarzbrot. Der Junge erhielt so wenig Nahrung, daß er Hungerlitt und mitleidige Nachbarn ihm bisweilen ein Stück Brot zusteckten.Andere Jungen lietzen sich von ihren Eltern für den armen Schul-genossen Frühstück mitgeben, da dieser von seiner Mutter nichts er-hielt. Als der Bruder dem Paul einmal von seinem Frühstück abgab,erhielt der Letztere von seiner Mutter dafür fürchterliche Schläge.Einmal erschien Paul— es war im Februar d. I.— mit nassenKleidern in der Schule. Er wurde vom Lehrer in Begleitung zweierMitschüler nach Hause geschickt, die Frau Knop ersuchen sollten, ihremSohn trockene Kleider zu geben. Die Mutter beschränkte sich darauf,ihren Jungen durchzuhauen, dann schickte sie ihn mit denselben nassenKleidern zur Schule zurück. Als eine Nachbarin der Frau Knop einesTages Vorhaltungen machte, erhielt sie die Antwort:„Mein Mannhat gesagt, ich soll den Jungen einsperren und erfrieren lassen!" Zu-letzt wurde der bedauernswerte Knabe auf Beschwerden dir Nachbarnden Rabencltern fortgenommen und dem Paul Gerhardtstift überwiesen. Die ärztliche Untersuchung gab ein bettübendes Bild. DerKörper des Knaben starrte von Schmutz. Hände und Füße warenerfroren und zeigten eiternde Frostbeulen. Gesäß und Schulternwaren infolge Mtzhandlungen grünlich gefärbt. Mit nassen Klei-dern zugedeckt, hatte der Junge in einem Korb voll Heu schlafenmüssen. Als Züchtigungsmittel war zumeist ein lederner Riemenbenutzt worden.Das Schöffengericht hatte die Ehefrau Knop wegen aller dieserGrausamkeiten zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Sttaf-kammer verwarf die von der Angeklagten eingelegte Berufung.Letzte JNfachnchten und Depefchen«Zum Rationalitütenfireit in Oesterreich.Wien, 6. August.(W. T. B.) Einem Kommunique zufolgeerschienen in Ausführung des Beschlusses des Vollzugsausschussesder deutschen Parteien die Abgeordneten Groß und D e g r-schatta Derschatta bei dem Ministerpräsidnten v. Koerber,um ihm zu erklären, die deutschen Parteien erblickten in der Er-richtung slavischer Parallelklassen an den deutschen Lehrer-Bildungs-anstalten Schlesiens eine Erfüllung unberechtigter slavischer Wünscheauf Kosten der Deutschen. Die Deutschen müßten in diesem Falle inBezug auf ihre Stellung zur Regierung ihre Konsequenzen ziehen.Der Ministerpräsident erklärte, seine bisherige Geschäfts-führung biete genügende Belege für den Grundsatz der Regierung,die poilitsche Stellung keiner Nationialität zu tangieren und tan»gieren zu lassen. Die Regierung könne in der Errichtung slavischerParallelklassen eine Bedrohung der Deutschen nicht erblicken. Sie seibemüht gewesen, die nationale Leidenschaft von der Angelegenheitfern zu halten, was sie auch die Deutschen zu thun bitte. DasKammunique besagt schließlich, die beiden Vertreter der deutschenParteien muhten sich darauf beschränken, die Antwort des Minister-Präsidenten zur nicht befriedigenden Kenntnis zu nehmen.London, 6. August.(W. T. B.) Bei der Ersatzwahl zum Unter.Haus icn Reading wurde Rufus Jsaacs(lib.) mit 4770 Srimmengewählt, während K a y s e r(cons.) 4540 erhielt. Bei der Wahlim Jahre 1900 erhielt P a l m e r(lib.) 4592 Stimmen, währendK a y s e r(cons.) 4353 erhielt.Washington, 0. August.(Meldung des Reutcrschen Bureaus.)�Die Befehle, sich mit dem europäischen Geschwader in die türkischenGewässer zu begeben, sind an den Konteradmiral Jewell ergangen.der mit den Schissen„Olympia",„Baltimore" und.Cleveland"in Nizza liegt. Bestimmungsort ist Smhrna wegen der direktenVerbindung mit Konstantinopel.Paul Singer ScCo.. Berlin L W. Hierzu 3 Beilagen«. UnterhaltungSblatt