Nr. 284. 21. Jahrgang.
Ruhstrat- Prozeß.
Bor Eintritt in die Verhandlung teilte der Verteidiger Rechtsanwalt Sprenger, wie schon gestern berichtet, mit, daß er erst in Ichter Stunde in der Lage gewesen sei, einen formellen Antrag auf Ablehnung des gesamten Gerichtshofs wegen Befangenheit
ehe überhaupt eine Anklage erhoben wurde und, daß man dann dem Angeklagten ganze acht Tage Frist zur Verantwortung ließ. Ferner ist doch zu berücksichtigen, daß der Angeklagte zurzeit eine Strafe verbüßt, und daß
Bors.: Herr Verteidiger, ich Rechtsanwalt Sprenger: und daß
sollen.
Redakteur Schwehnert
vernommen. Zurzeit verbüßt er eine sechsmonatige Gefängnisstrafe wegen Beleidigung des Ministers Ruhstrat in der Strafanstalt Vechta , wo er mit Strohflechterarbeiten beschäftigt wird. Nach dem Gröffnungsbeschluß soll er durch zwei Artikel im„ Residenzboten", deren einer„ Auch ein Jubiläum", der andere„ Ein Rätsel" über Vors.( erregt): Herr Verteidiger, solange ich spreche, haben schrieben ist," den Winister wiederum in verleumderischer Weise be Sie zu schweigen. Ich verstehe nicht, was diese Ausführungen mit leidigt haben. In dem ersten Artikel erhebt Schiveynert den VorIhrem Ablehnungsantrag der beiden neuen Beisiber zu tun haben wurf, daß der Minister vor Gericht und vor dem Landtage wissentlich die unwahrheit gesagt habe, als er die Behauptung aufstellt, er Bert.: Ich will ausführen, wie lokale Einflüsse es unmöglich habe in den letzten 12-14 Jahren nicht mehr gejent; der zweite machen, die vorliegende Sache vor einem Oldenburger Gericht zu Artikel stellt ein Buchstabenrätsel dar, dessen Lösung die Worte: ,, Ruhstrat, Meineidsbeschuldigung!" ergibt. In dem Artikel wird verhandeln. Ich bitte mich also anzuhören. der Sache und damit wir endlich zu einem Ende kommen, sich Glücksspieler gewesen sei, statt in dieser seiner Eigenschaft dagegen Vors.: Ich bitte auch um Gehör und zwar bitte ich im Interesse. a. ausgeführt, daß Minister Ruhstrat als Oberstaatsanwalt ein möglichst zu beschränken. So kann es ja nicht mehr weitergehen. einzuschreiten. Er habe sich dadurch eines mit Zuchthaus bis zu Nach dem, was man mir vor Beginn der heutigen Verhandlung 5 Jahren bedrohten Berbrechens schuldig gemacht, gehe aber über privatim mitgeteilt hatte, konnte ich nicht darauf gefaßt sein, daß ein alle Vorwürfe mit Mirbachscher Beharrlichkeit hinweg. Der Großsolch allgemeines Ablehnungsgesuch tommen würde. Deshalb hatte ich auch keine Vorsorge für die rechtzeitige Heranziehung von Ersatz- herzog sei über diese Zustände nicht richtig informiert, sonst könnte er nicht weiter dulden, daß ein Ruhstrat dauernd das Ansehen Oldenrichtern getroffen. burgs schände usw. Mit leiser, stockender Stimme gibt Schweynert an, daß er sich als den Verfasser des inkriminierten Artikels betenne und für das Rätsel die preßgefeßliche Verantwortung übernehme. Jm einzelnen auf die Sache einzugehen, sei er nicht in der Lage.
Rechtsanwalt Sprenger: Herr Präsident, ich muß zunächst bestreiten, daß ich Ihnen irgend welche privaten Erklärungen habe zukommen lassen.
Bors.: Das habe ich auch nicht behauptet. Bert.: Ich habe
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Borf.: Ich wiederhole, daß Sie zu schweigen haben, wenn ich noch spreche.( Bewegung.) Ich bitte auch alle anderen Verfügungen, die ich als Vorsitzender ergehen lasse, besser als bisher zu beachten und mich in der Ausübung meines Amtes nicht zu stören. Richter in dieser Sache nicht zu urteilen in der Lage find, aufrecht Vert.: Ich halte meine Begründung, wonach die Oldenburger und verwahre mich außerdem gegen den Vorwurf, daß ich die Sißungspolizei irgendwie beschränkt hätte. Wieine Gründe für die und deshalb lehnen wir diese ab und werden auch weiterhin jeden Versuch ablehnen, Oldenburger Richter in dieser Sache sprechen zu laffen. Wir wünschen vielmehr, daß zunächst das Reichsgericht hierzu eine Entscheidung trifft.
Rechtsanwalt Herz versucht dies damit zu erklären, daß der Angeklagte durch seinen Aufenthalt in der Strafhaft geistig und physisch vollständig heruntergekommen sei. Im Anschluß daran stellt Nebenkläger Minister Rubstrat und sein Rechtsbeistand Rechtsanwalt er den Antrag, daß ebenso wie Rechtsanwalt Sprenger, auch der Wiffer den Saal zu verlassen haben, da sie ebenfalls als Zeugen Der Antrag wurde jedoch in bezug auf den Minister vom
geladen seien.
verlassen.
Gericht abgelehnt. Rechtsanwalt Wisser hatte den Saal ſchon vorher Punkten den Minister der wissentlichen falschen Angaben vor Gericht Weiterhin erklärte der Verteidiger, daß der Angeklagte in fünf und vor dem Landtage bezichtige und benannte dazu insgesamt 41 Beugen, von denen 27 bereits an Gerichtsstelle anvesend find. und vor dem Landtage bezichtige und benannte dazu insgesamt Mit Rücksicht darauf, daß sich unter den vorgeschlagenen Zeugen auch der verstorbene Landtags- Abgeordnete deher- Holte befindet, ersuchte Staatsanwalt Dr. Fimmen um Ablehnung dieser Beweisanträge, weil sie zeigten, daß die Zengen ohne Wahl benannt seien und ihre Aussagen deshalb unwesentlich sein würden.
zu stellen. Man habe dem Angeklagten den Eröffnungsbeschluß erit 8 Tage vor der heutigen Hauptverhandlung zugestellt, sodaß er, der Berteidiger, die Zusammensetzung des Gerichts erst vorgestern in Erfahrung bringen konnte. Diese Zusammensetzung des Gerichts aber zeige, daß lauter Richter zum Urteil über den Angeklagten Schwehnert berufen feien, die dieser wegen Besorgnis der Befangenheit in Gemäßheit des§ 24 der Str.-B.-O. ablehnen müsse. Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Erk, werde wegen persönlicher Freundschaft mit dem Verletzten( Minister Rubstrat) beanstandet. Er sei langjähriger Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft mit dem verletzten Minister gewesen und mit ihm durch innige langjährige Freundschaft verbunden. Unter diesen Umständen sei zu befürchten, daß sich die Abneigung des Verletzten gegen den Angeklagten auch auf den Vorsitzenden unbewußt übertrage. Die Mitglieder des heutigen Prozeßgerichts, die Landgerichtsräte Kit und Janssen, feien als beisitzende Richter in der Gerichtsverhandlung zugegen gewesen, über derer Inhalt eine Beweiserhebung notwendig sei. Sie feien somit als Zeugen erforderlich. Sie seien aber auch des= wegen als befangen anzusehen, weil sie im kommenden Prozeß darüber zu urteilen haben würden, was der Inhalt einer von ihnen selbst mitgeleiteten Gerichtsverhandlung gewesen sei. Dieses Urteil hätten sie aus der noch zu erhebenden Beweisaufnahme zu fällen, also die eventuell abweichenden Aussagen der einzelnen Richter des früheren Prozesses sowie sonstiger Zeugen gegeneinander abzuwägen. An dieser Abwägung würden sie aber dadurch gehindert, und somit dazu neigten, ihre eigene Wahrnehmung im Sinne eines durchschlagenden Beweises zu verwerten. Aus dieser unglücklichen Kollision würde somit das private Wissen zweier Gerichtsmitglieder im tatsächlichen Erfolge als ein Beweismittel wirken, das entgegen den Vorschriften der Str.-P.-O. den Angeklagten nicht durch die Vert. Rechtsanwalt Herz- Altona: Wenn dem Herrn Vormündliche Verhandlung bekannt gemacht worden sei, während gleichzeitig die tatsächliche Kollision zwischen Richterschaft und Zeugen- fizenden irgend welche Mitteilungen über unsere Abfichten gemacht schaft ein objektives Urteil unmöglich mache. Die Atten der Staats- worden sein sollten, so beweist das doch nur, daß die Verteidigung fich gegenwärtig im Bustande der völligsten Ueberraschung und anwaltschaft würden zur Glaubhaftmachung darüber in Bezug Wehrlosigkeit befindet. Diese resultiert daher: Es ist eine Tatsache, genommen, daß die Erheblichkeit der erstrebten Zeugenaussagen vor- daß der Angeklagte gegen sämtliche Oldenburger Richter den Vorliege, indem z. B. die einzelnen Aussagen von einander abwichen, wurf der Befangenheit erhoben hat und daß sich in früheren Urteilen den beleidigenden Artikel zu verhandeln, in die Beweisaufnahme eininsbesondere die Aussage, des Landrichters Janssen ergebe, daß nach sowohl gegen Schwehnert als auch gegen Biermann die immer insbesondere die Aussage, des Landrichters Janssen ergebe, daß nach seiner Auffassung sehr wohl ein Unterschied zwischen den einzelnen wiederkehrende Begründung findet, daß der„ Residenzbote" ein Zeiten, zu denen von Minister Ruhstrat gespielt worden sein solle, Schmutz- und Skandalblatt jei. Wir haben nun nach dem, was wir Zeiten, zu denen von Minister Ruhstrat gespielt worden sein solle, gemacht wurde und daß insbesondere Wert darauf gelegt wurde, bisher gehört und gesehen haben, absolut teine Gewähr dafür, daß ob er auch als Oberstaatsanwalt gespielt hatte. nicht auch dieses Gericht in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung Für sämtliche abgelehnte Mitglieder gelte sodann das Folgende: in demselben Sinne entscheidet. Ferner bewegt uns zu unserem Wie gerichtsnotorisch sein werde, habe der„ Residenzbote" bereits feit mehreren Jahren die Mitglieder der Oldenburger Justiz mit Ablehnungsantrage der merkwürdige Gang des Vorverfahrens. Wir Verteidiger haben uns wiederholt, aber vergeblich bemüht, in feinen Angriffen berfolgt. Es sei dies in keiner Weise zu billigen, die Ermittelungsaften Einficht zu gewinnen, die im Anschluß an die aber es sei erklärlich, daß die angegriffenen Personen in ihrem Meineidsbeschuldigung des Angeklagten Biermann gegen den Urteil nicht mehr unbefangen seien. In dem ganzen Spielartikel fehre regelmäßig der Vorwurf wieder, daß der Justizminister auch Minister Ruhstrat entstanden sind, obwohl die Staatsanwaltschaft in den ihm vorgeworfenen Fehlern lediglich ein Exemplar seiner elbst die Erheblichkeit dieser Alten dadurch anerkannt hat, daß fie verrichten mußte und daher nicht imstande bin, meine Gedanken so einen Teil derselben zu den Prozeßatten brachte. Auch von diesem " Bunft" sei. Der unter Anklage stehende Artikel Biermanns erhebe Teil der Alten hat die Verteidigung erst vorgestern Kenntnis erseinen Proteft ausdrücklich nicht nur gegen den Justizminister, sondern auch gegen die Zunft", gegen die ganze liederliche, faule, halten. Sie hat dabei die Erfahrung gemacht, daß dieser Teil in einer ganz bestimmten Form, die eine bestimmte Absicht erkennen tolle Wirtschaft, die in den letzten Jahren offenbar geworden ist, läßt, zusammengestellt ist. Die Verteidigung hat jonach nicht überProteft dagegen, daß eine rascht, sondern sie ist überrascht worden. Sie fühlt sich ferner überbis über die Ohren in Hurerei, Suff, Spiel und Schulden rascht dadurch, daß die Staatsanwaltschaft noch in letzter Stunde stedende Gesellschaft fich noch länger als Gdawei neue Beugen geladen hat, sodaß sie nunmehr auch ihrerseits Pfeiler unseres Staatswesens aufspielt." zu weiteren Zeugenladungen gezwungen war. Der Ansicht gegenHieraus ergebe fich ohne weiteres die Tatsache, daß ein Olden- über, daß wir irgend welche Verschleppungsabsichten hätten, bemerke burger Richter in Beleidigungssachen betreffend den„ Residenz- ich, daß wir nur die Ueberzeugung haben, daß die hiesigen Richter für Beurteilung der vorliegenden Sache, welche die Oldenburger boten" nicht unbefangen sein könne. Gesellschaft auf das tiefste erregt,
nicht die erforderliche Objektivität
befizen, und daß wir mit den Angeklagten den lebhaften Wunsch nach völliger Klarstellung dieser Sache, aber nur unter Gewährung aller Rechtsgarantien und unter rücksichtslosem Vorgehen nach allen Seiten haben. Und diese Sachlage scheinen die hiesigen Richter nicht geneigt zu sein. anzuerkennen.
Staatsant. Dr. Fimmen: Es sei ja bei diesem Verteidiger nichts Neues, daß er mit seinen Beweis-, beztv. Ablehnungsanträgen erst in letter Stunde komme. Wenn er angeführt habe, daß der Angeklagte den Eröffnungsbeschluß erst vor acht Tagen erhalten habe, so bemerke er demgegenüber, daß die Sache selbst doch schon lange genug spiele, um rechtzeitig Anträge dazu vorbereiten zu fönnen. Allein, es scheine so, als ob es dem Verteidiger etwas an Entschlußfähigkeit mangele, sonst hätte er auch in der kurzen, ihm zur Verfügung stehenden Frist seinen Ablehnungsantrag rechtzeitig einreichen fönnen. Was dann diesen Antrag selbst anlange, so meine er, daß die Richter wohl am besten beurteilen würden, ob sie wirklich befangen feien; er enthalte sich daher jeglichen Antrages. Nach kurzer Beratung verkündete der Vorsitzende, daß die Ver- tichwall vorgetragenen Ausführungen des Verteidigers dasselbe
handlung
auf eine Stunde vertagt
श्रीक
sei, um die zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag erforder= lichen drei Ersatzrichter heranziehen zu können und ihre Entscheidung herbeizuführen. Im übrigen bemerke er, daß auch seines Erachtens die Verteidigung mit ihren Anträgen bedeutend früher hätte kommen können. Es scheine ihm fast, als ob mit diesen Anträgen eine gewiffe Ueberraschung beabsichtigt sei. Er frage den Staatsanwalt und den Vertreter des Nebenklagers, ob sie angesichts der in letzter Stunde eingelaufenen Beweisanträge nicht etwa auch ihrerseits noch solche Anträge zu stellen oder gar einen Antrag auf Aussegung der Verhandlung einzubringen hätten.
Vori.; So weit es sich um die verweigerte Einsichtnahme in die Untersuchungsakten handelt, bemerke ich, daß die Akten der Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Durchficht nicht offen stehen. Staatsanwalt Dr. Fimmen: Ich wollte auf die mit reichlichem
erwidern.
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Vorf.: Herr Verteidiger, ich entziehe Ihnen das Wort und erkläre schon jetzt, daß Ihr Betragen nicht ein solches ist, wie wir es sonst gewohnt sind.( Bewegung.)
Vert.: Ich bitte um Protokollierung dieses Vorganges und, falls ich mich ungebührlich benommen haben sollte, um meine Bestrafung, damit ich in der Lage bin, dagegen die mir zustehenden Rechtsmittel anzuwenden.
Bebor angesichts der Unmöglichkeit, mit dem Angeklagten über getreten wurde, richtete Minister Ruhstrat an Schwehnert die Frage, ob er dabei bleiben wolle, den Artikel selbst geschrieben zu haben. Wer einen so von Entrüstung flammenden Artikel verfaffen könne, müsse doch auch das Material beherrschen können, das ihm zur Unterlage gedient habe. Tatsächlich sei nun aber Schweynert erst lange nach dem großen Residengboten"- Prozeß in die Redaktion eingetreten, er könne also kaum die Vorgänge beherrschen, die dem inkriminierten Artikel zugrunde lägen. Angekt.( in großer Bewegung): Ich bitte zu berücksichtigen, daß ich in den letzten Monaten täglich 11 Stunden Zwangsarbeit
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Busammen zu nehmen, daß ich mich im Zusammenhange verantworten kann. Den Artikel habe ich selbstverständlich geschrieben. Hierauf wurde der
weit zurückliegen und auch in der fraglichen Zeit gespielt haben.
Justiz- und Kultusminister Ruhstrat II als Zeuge vernommen. In dem großen Biermann- Prozeß sei seines Wissens niemals eine Frage dahingehend an ihn gestellt worden, wann er zum legten Mal gespielt habe. Ebensowenig sei eine ähn= liche Frage gestellt worden, sodaß er gar nicht in der Lage gewesen fei, zu verneinen, daß er seit den letzten 12-14 Jahren noch gespielt habe. Es habe sich damals in erster Linie um die Beförderung des Gymnasialdirektors Früstück gehandelt und im Zusammenhang damit um die Frage, ob diese Beförderung auf ein ihm, dem Minister einmal beim Spiel gewährtes Darlehn zurückzuführen sei. Diese Frage habe er damals ebenso verneint wie die weitere Frage, ob er mit Früftück zurzeit seiner Beförderung im Jahre 1900 noch gespielt habe. Er habe also vollkommen unter dem Gindruck gestanden, daß man nur wissen wollte, ob er in der kritischen Zeit mit Früstück gespielt habe, nicht aber, ob er auch noch mit anderen und noch zu anderen Zeiten gespielt habe. Die Verteidigung habe immer nur von„ historischen" Vorgängen, wie dem Selbstmord eines Referendars, dem Tod eines Infanterie- Leutnants und dem Verschwinden eines Assessors gesprochen. Alle diese Vorfälle sollten Hiergegen habe sein, des Ministers Rechtsbeistand Einspruch erRechtsanwalt Sprenger: Ich danke, ich habe in meinem Ab- hoben, da der Fall des Assessors( Hellwag) erst turz vor dem BierTehnungsantrage mann- Prozeß gespielt habe, also zu einer Zeit, wo er, Ruhstrat, Vorf.: Sie haben zu diesem Antrage nicht mehr das Wort. bereits Minister gewesen sei. Er wiederhole heute und betone ausdrücklich, daß er nur in der Zeit vor 14 Jahren Lustige Sieben" Bert.: Ich wollte nur bemerken, daß gespielt und dabei auch wiederholt den Bankhalter gemacht habe, daß aber von einem Spiel als Oberstaatsanwalt und Minister keine Rede sei. Er wisse auch bestimmt, daß er eine dieser ähnlichen Erflärung im Biermann- Prozeß abgegeben habe, sodaß ebensowenig wie von einer wissentlich falschen Aussage auch von einer absichtlichen Verschweigung die Rede sein könne. Schließlich bestreite er noch, gesagt zu haben, daß nur im Kasino gespielt worden sei. Denn es sei damals zu Sprache gekommen, daß er auch im Klub zimmer von Eilers mitgespielt habe, sodaß es ein leichtes gewesen wäre, ihn alsbald auf den bestehenden Widerspruch aufmerksam zu machen. Ebensowenig wie ihn habe man seine damaligen Mits spieler gefragt, wann oder wo zuletzt gespielt worden sei. Er gebe ohne weiteres zu, und habe dies auch schon dem Landtage gegenüber getan, daß er früher sehr viel gespielt und auch bis 1893 noch gespielt habe. Er wisse aber aus einem bestimmten Anlaß, daß er feit 1895 nicht mehr für die„ Lustige Sieben" zu habet: gewesen sei und zwar deshalb, weil damals gerade der Oberstaatsanwaltsposten frei geworden sei und er annehmen mußte, auf diesen berufen zu werden. Damals habe er sich fest vorgenommen und fich gelobt, nicht mehr zu spielen, und er habe dieses Versprechen auch gehalten. Im Winter 1894/95 habe er vielleicht noch ein bis zweimal gespielt, zulezt vielleicht im Januar 1895, seitdem aber überhaupt nicht mehr. Dagegen habe er och bis Bekannten abends Stat gespielt und nach Schluß eines solchen hier Nach kurzer Beratung lehnte das Gericht auch den Ablehnungs- und da gepotert. Als Mitspieler tamen aber fast immer nur dieantrag in bezug auf die Beifißer Hartung und Braun ab, nachdem selben Herren Regierungsrat Beder, Geh. Oberfinanzrat Böbs beide erklärt hatten, sie fühlten sich nicht befangen. Nunmehr wurde und Dr. Schmidt- in Betracht. Dieses in die eigentliche Verhandlung eingetreten. Ein Antrag Dr. Sprenger, die verschiedenen Prozesse mit einander zu verbinden und gemeinsam zu verhandeln, wurde vom Gerichte abgelehnt, nachdem im Sinne des Gefeßes, kein Jeu. Wenn ich also im Biermannder Staatsanwalt geltend gemacht hatte, daß er ein dringendes Prozeß die Bezeichnung" Glücksspiel" ablehnte, so meinte ich damit ja auch keinen Bankhalter, sondern es kommt neben etwas Glüc Interesse an einer ganz eingehenden Verhandlung jeder einzelnen die" Luftige Sieben" bezw. andere Hazardspiele. Bei Poker gibt es Sache habe. bor allem sehr auf die Geschicklichkeit des Spielers an. Rechtsanwalt Herz: Sie geben zu, daß man Poker für ein Glücksspiel halten kann? Zeuge Ruhstrat: Möglich, daß Laien es für Jeu halten. Tatfache ist jedenfalls, daß das Reichsgericht die Frage, ob Poker ein Glücksspiel ist, offen gelassen hat.
Staatsanwalt Dr. Fimmen und Rechtsanwalt wisser erflären jedoch, daß sie vorläufig kein Interesse an einer Aussetzung der Verhandlung hätten. Hierauf zog sich das Gericht zurück. Nach etwa zweistündiger Beratung erschien das zur Entscheidung gehörig. des Ablehnungsantrages einberufene Gericht, bestehend aus dem Landgerichtspräsidenten Niemöller,
Vorf.: Ich lehne das ab und bemerke, daß auch diese Ihre Auslassung ganz ungehörig ist. Bert.( das Barett lüftend): Sehr liebenswürdig! Bors.( erregt): Diese lettere Bemerkung ist geradezu unRechtsanwalt Herz: Wir bestreiten nochmals, daß wir irgend dem Landgerichtsrat welche Verschleppungsabsichten verfolgen. Bors.: Herr Dr. Sprenger hat soeben einen Beschlußantrag
Hartung und dem Amtsrichter Braun, im Saale, um seinen Beschluß zu verkünden. Vorher versuchte Rechtsanwalt Sprenger, gestellt. seinen Ablehnungsantrag auch noch auf die neuen Beifizer Hartung Rechtsanwalt Sprenger: Ich habe kein Interesse mehr an ihm, und Braun auszudehnen. Der Vorsitzende bemerkt ihm jedoch, daß er nur erschienen sei, um den Gerichtsbeschluß bekannt zu geben, nicht aber, um weitere Anträge entgegenzunehmen.
Er verkündet dann folgenden Beschluß: Das neue Gericht hat von dem Ablehnungsantrag Kenntnis genommen. Die sämtlichen Richter, einschließlich des Vorsitzenden, haben dazu erklärt, daß sie fich nicht befangen fühlten. Demgemäß hat das Gericht das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt, dagegen das geforderte Ausscheiden der Räte Kit und Janssen für begründet erklärt, iz weil diese zu der heutigen Verhandlung als 8eugen geladen find. An ihrer Stelle find daher die Richter Hartung und Braun zum Rechtsanwalt Sprenger: Ich habe nunmehr auch diese beiden Richter abzulehnen und muß ebenfalls ablehnen alle weiteren Mitglieder des Oldenburger Landgerichts sowie auch alle Mitglieder des hiesigen Oberlandesgerichts. Wir
Richteramt berufen worden.
weil ich nicht gewohnt bin und weil ich nicht beabsichtige, in diesem fortgefeßten scharfen Tone zu verhandeln, umsoweniger, als ich den gewünschten Erfolg die Nachprüfung des Ablehnungsantrages durch das Reichsgericht durch die offenbar bevorstehende Ablehnung auch unseres weiteren Antrages bereits erreicht habe.
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Da in der ersten Sache auch Dr. Sprenger als Zeuge geladen ist, so ordnet der Vorsitzende an, daß
Dr. Sprenger sein Verteidigeramt bis zu seiner Bernehmung niederzulegen
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Boker ist kein Hazardspiel
ren
und wünschen damit eine Entscheidung des Reichsgerichts darüber herbeigeführt zu sehen, daß die vorliegende Sache nunmehr vor einem nichtoldenburgischen Gericht zur Verhandlung gelangt. Die Ablehnung der oldenburgischen Richter begründe ich mit folgendem: und den Saal zu verlassen habe. Hiergegen erhebt Dr. Sprenger Die Berteidigung hatte diesen weitgehenden Schritt zunächst nicht Einspruch, ebenso der zweite Verteidiger, Dr. Herz- Altona, der in beabsichtigt, aber fie mußte ihre Meinung ändern, nachdem sie in dieser Aufforderung des Vorfizenden eine unzulässige Beschränkung Lustige Sieben" kann jeder spielen, Bofer nicht und jeder Pokerspieler wird es von sich weisen, als Glücksspieler angesehen zu Erfahrung gebracht hat, daß nach Ansicht des Gerichts die An- der Verteidigung erblickt. geklagten die Verschleppung der vorliegenden Sache beabsichtigten, Das Gericht beschloß jedoch, daß der Verteidiger den Saal zu werden. Ich betone auch noch, daß wir zuletzt nur noch im Kafino bezto. mit Ueberraschungen zu operieren versuchten. Demgegenüber verlassen habe. Der Bitte Dr. Sprengers, ihn alsbald zu ber- gespielt haben und nur, wenn niemand mehr da war. Ein Beisitzer: Und welche Beträge wurden beim Spiel umbemerke ich, daß gerade die Verteidigung sich überrascht gefühlt hat nehmen, wurde ebenfalls keine Folge gegeben. durch die Tatsache, daß mo. ganze Monate ins Land gehen ließ, gefekt?
Es wird dann der Angeklagte