*.304. A. mm i Keilllge des Drmts" Kerlitltr NslksIllM. Mmch. Z8.*MW 1004.Zum preußlfdocn Parteitag.Einige Kernworte Diesterwegs.Zum Kampf um die Volksschule..Die Religionslehrer haben die Abneigung und Gleichgültigkeitder Menschen gegen die Religion auf ihrem Gewissen. Nach meinerErfahrung mutz ich es abermals sagen: in keinem Unterrichts-gegenstände entdeckt man so wenig an wahrer Pädagogik � als indem Unterricht der Religion, wie er bis diesen Tag in Schulen,Katechisierstuben und Konfirmandensälen angetroffen und— zurSchande der Pädagogik— von neuem gefordert wird."DiesterwegS.Ausgewählte Schriften". Herausgegebenvon Langenberg. Frankfurt a. M. 1891. 3. Band,Seite 2ö7.m.Der Religionsunterricht der Volksschule ist Historie, nichtsmehr und nichts anderes." Ebenda, Seite 266..Wir bleiben auf dem pädagogischen Standpunkte und der-leidigen ihn. Eben deswegen weisen wir den Einflutz der Geist-lichen auf Erziehung und Bildung der Jugend in den Schulen zurück;sie haben damit nichts zu schaffen. Will es eine Schulgemeinde,nun gut, die Eltern haben darüber zu verfügen: prinzipiell abergebührt ihnen kein Einflutz und es steht zu hoffen, datz die Elternsoweit kommen, Erziehung und Schule aus dem pädagogischen, nichtmehr wie bisher, aus konfessionell-kirchlichem Standpunkte zu be-trachten. Die vernünftigsten, gebildetsten, fortgeschrittensten Menschenstehen auch bereits auf diesem Standpunkte." Ebenda, Seite 272..Die Religion ist entweder ein Ergebnis freier, freiester Ueber-zeugung, oder fie ist nichts. Die verderblichste, entehrendste Er-schelnung aber ist die politisch-religiöse Orthodoxie. Ein Mensch.zumal e,n Geistlicher, der die Religion, den Glauben, die Kirche.seine Ueberzeugung-c. in den Dienst einer weltlichen Macht stellt,ste dazu hergibt und mitzbraucht, gewiffe äutzere, politische Zwecke,Stichtungen und Systeme zu unterstützen oder durchzusetzen, also dasFreieste, Edelste, Höchste in den Dienst deS Vergänglichen, oft soNichtigen, ja Nichtswürdigen, zu stellen: ein solcher Mensch verdientdoch gewitz als Verräter des Heiligen vor allem Volk gebrandmarktoder in» Meer geworfen zu werden, wo eS am tiefsten ist. Hofgunstund Polizeiregiment find nach Bunsen die ärgsten Feinde derReligion." Ebenda, S. 273.„DaS Leben verlangt Gerechtigkeit, Wohlwollen, bürgerlicheGleichheit, Eintracht: folglich verlangt die Erziehung fürs LebenErziehung zu diesen Eigenschaften. Werden diese unserer Jugendin den Konfessionsschulen angeeignet? Den Worten nach ist esmöglich, die Tat widerspricht ihnen. DaS Wort erweist fich aber dabeiohnmächtig, oder eS ist sogar eine Lüge, Warum trennt man dieKinder der Eltern von verschiedenen Konfessionen von einander?.man will die Kinder für konfessionelle Bekenntnisse und für dasKirchentum erziehen. Verlangen das die Eltern, gut; aber hier istvon dem. was an sich gut oder daS Bessere wäre, also feinund angestrebt werden sollte, die Rede. Schon dadurch,datz man die Kinder von einander absondert. gibtman dem einen oder anderen Bekenntnis den Vorzug; schon dadurch pflanzt man den Kindern die Meinung ein, sie hätten den„besseren Glauben", die anderen den schlechten, womit die Kinder,da man ihnen lGott sei gedankt I) nicht weismachen kann, datz dasGlauben an sich verdienstlich sei, notwendig den Bedanken ver-binden, datz auf ihrer Seite auch die brfferen, auf der anderen Seitedie schlechteren Menschen zu finden seien. Ich will nicht davon reden,datz sich auch wohl fanattsche Pfaffen beigehen lassen, den Samendes Haffes gegen Andersdenkende absichtlich in die Seelen derKinder zu säen und fie dadurch vergiften: aber datz die Allsonderung der Kinder nach dem Bekenntnis der Eltern wedervon dem Zwecke der religiösen Bildung, noch von den Eigenschaften,die das gesunde, bürgerliche Leben voraussetzt, verlangt werde, das,sollte ich meinen, liege aus flacher Hand." Ebenda, S. 274 f..Nach meiner«uffaffung steht die religiöse Gesinnung undBildung des einzelnen Menschen, wenn sie wahr ist. mit aller übrigenBildung desselben in vollständiger Harmonie; die religiöse Ueber-zeugung ist in ihrer Wahrhett und natürlichen EntWickelung einErgebnis der gesamten Bildung des Menschen, seiner Erziehungund Erfahrung. Wo nicht, so ist sie unwahr, ihmangeheftet, aufgeredet, angekünstelt.... Die Religion ist in ihmnicht wahr. Sie ist eS nur unter der angegebenen Bedingung,d. h. also, wenn sie individuell und subjektiv ist, wenn jederMensch seine eigene Religion hat.... Die Religionist des Menschen eigenstes Eigentum. Einer kann für den anderenfo wenig glauben als denken, keiner kann gerade glauben wie derandere, jeder hat seine eigene Religion, oder er hat eine fremde,die ihn zum Sllaven macht und zu einem Knechte degradiert."Ebenda, Seite 278 f..Jede allgemeine BildungSanstalt, auch die Schule in den,ärmsten Dorfe und in dem entferntesten Erdwinkel, soll eineAnstalt für Menschenbildung sein. Wenn man in Peking echte(Peking-) Chinesen, in Konstantinopel echte(Konstantinopolitanische)Muselmänner, in Petersburg echte(Petersburger) Russen, in Wienechte(Wiener) Oesterreicher, in Berlin echte(Berliner) Preutzen, inParis echte(Pariser) Franzosen bildet; wenn man die Zöglinge zustarkgläubigen Lutheranern, Herrnhutern oder römischen Katholikenerzieht und formiert, ohne etwas Höheres anzustreben� und zu er-erreichen: so hat man zwar(im besten Falle) Geschöpfe gebildet,welche mancherlei gute Gedanken haben, zu mancherlei, in derRegel auch zu engherzigen, egoisttschen, der Menschheit oft sehr feind-seligen Zwecken verwandt werden können, Menschen abernoch lange nicht. Ein wahrer Mensch hört darum nicht auf, dasGepräge seiner Nationalität an sich zu tragen und ein(konkretes)Individuum, das nur sich selbst gleich ist, zu sein; aber ein blotzerNationalmensch kann alle anderen Nattonen wie ein Satan behandeln,und die Weltgeschichte zeigt, wie eingefleischte Kirchengläubige gegeneinander gewütet haben. Darum dürfen Nationalität und Kirchen-gläubiakeit nun und nimmer als die obersten Ziele der Bildung hin-gestellt werden." Ebenda, S. 383..DaS systematische Einbannen, willkürliche Hemmen und Machenist der pädagogische und polittsche Grundirrtum, oder, wenn manwill, das radikalste Verbrechen, weil ein Vergreifen an der Naturdes Individuums und des Volkes, Der wirtliche Erzieher schwärmtfür kein fertige? System, weder für eine Berufsart oder Profession,noch für eine Konsession, noch für eine Staatsform(Konstitution).Er mihi den Wert einer jeden nach dem Grade, in dem sie freieEntWickelung begünstigt." Ebenda, 4. Band. Seite 87.„Die Gewöhnung an passiven Gehorsam, an blinde Unter-würfigkeit gegen die Befehle der Oberen, kurz an Autorität, ist einetreffliche Schule für den Despotismus gegen Untergebene und fürden Knechtssinn vor Gebietern. Der Vorhof zu diesem„Gläubig-machen", ist nichts anderes als das Dummmachen---- Die Autoritätoder der Glaube an Autoritäten ist die eigentliche Ursache der lang-samen Fortentwickelung der menschlichen Dinge, sogar des Still-standeS und deS Rückganges, Autorität und freies Forschen undDenken find unverträgliche Dinge,... Wer daher die Autoritätm die Spitze stellt, ist der prinzipielle, selbstbewutzte Feind derEntwickelung und deS Fortschritts, ist der geborene Umkehrer undReaktionär." � Ebenda, S, 40 ff.„Die Konfessionsschule, die Schule der Orthodoxie oder derOrthodoxien, war die Volksschule der verflossenen drei Jahrhunderte,ist noch die Schule der Gegenwart; die Nationalschule wird dieSchule der Zukunft sein, vielleicht erst der fernen Zukunft... abersie wird konimen— sie kommt gleichzeitig mit der Ueberzeugung,datz Sittlichkeit, Charakter und alle menschlichen Tugenden von ab-und ausichlietzenden Bekennwissen nicht nur nicht abhängig sind, datzdiese vielmehr der Bildung derselben widerstreben. Siekommt mit der Ueberzeugung, datz der auf unfehlbareRewtgläubigkeit und göttliche Autorität sich berufende Ab-solutismus allüberall verderbliche Wirkungen erzengt und darumnicht nur aus der Politik, sondern auch aus der Schule, wie ausaller Erziehung verbannt werden mutz." Ebenda, S. 60.„... mit Dogmen richtet man bei gesunden Kindern nicht dasgeringste aus; sie in die Unterweisung der Kinder zu verpflanzen, istnicht blotz unnütz, sondern schädlich, sehr schädlich; fie erzeugen dietraurige Gewohnheit, totes Wortwerk nachzusprechen, erzeugen Schein-bildung." � Ebenda. S. 142.„ES gibt Menschen, welche von der Religion gar nichts wissenwollen, denen sie, namentlich was Kirche heitzt und damit in Ver-bindung steht, so zuwider ist, datz sie auf alle diejenigen, welche anReligion und Kirche hängen, einen Hätz werfen, sie, wie sie sagen,wegen ihres Mangels an„Aufklärung", wegen ihrer„Dummheit"oder ihrer„Heuchelei" verurteilen und sich von ihr abwenden. Woherdieser Hätz stammt, brauchen wir nicht zu untersuchen; wahrscheinlichhat die verkehrte Art und Weise, durch die siein der Jugend in die Religion und Kirche eingeführt wurden, einen grotzen Anteil daran."Ebenda, S. 210.„Die Religion wirst auf die Bildung, gewitz; noch stärker aberwirst die Bildung auf die Religion. Daher ist der Versuch, dieallgemeine Bildung zu beschränken, um der Religion aufzuhelfen,Unsinn und Verrat." Ebenda, S. 217.Materialien zum Kontraktbruch Gefetz.In den„Landwirtschaftlichen Jahrbüchern", redigiert von Dr.Thiel im preußischen L a n d w i r t s cha f ts» M i n i-st« r i u m, hat Dr. Franz Heiser-Harttung Ende 1902 eine Sta-tistik der pommerschen Landwirtschaftskammer bearbeitet. Als Ur-fachen der Landflucht werden darin— nach den eigenenUntersuchungen der Agrarier— die schlechten Löhne.die lange Arbeitszeit, die schlechten Wohnungen und die schlechte BeHandlung durch die Arbeitgeber festgestellt. Arbeitszeiten bis zu18 Stunden, ein Durchschnittseinkommen bei 200 Ar-beitern von 456 M. jährlich einschließlich der Natu-ralien hat Dr. Heiser festgestellt.«Für ein«„kontraktbrüchige" Landarbeiterin im Lüneburgi-s ch e n verlangte deren Schwester vom Arbeitgeber im Sommer 1903de» bisher verdienten Lohn.Der Arveitgeber antwortete darauf unter anderem:Was übrigens das Lohnzahlen betrifft, so bemerke ich Ihnennoch, dah dieses ganz in meinem Belieben steht, darüber ist imKontrakt gar nichts gesagt. Ich fordere jetzt Ihre Schwester nochmalS auf, ihren Dienst bei mir wieder aufzunehmen, sollte sie biszum Sonntag, den 13. d. Mts., nicht hier sein, so lasse ich sofortdie Sachen verkaufen, um mich an dem Geld schadlos zu halten...Die Klageschrist, die in dieser Sache vom Vertreter der„Kontraktbrüchigen" an das Amtsgericht Lüneburg eingereicht wurde,stützte sich auf 8 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach jeder Teildas Dienstverhältnis sofort lösen kann, wenn ein wichtiger Grundvorliegt. Als wichtige Gründe wurden angegeben: das minder-wertige Essen, welches sehr oft von solcher Beschaffenheit gewesensei, datz es von den Arbeiterinnen weggeschüttet wurde, und dannder Zustand des Unterkunftsraumes, in dem die Mädchen schlafen undeffen mutzten.Dieser Raum befindet sich direkt unter dem Taubenschlage. DieDecke ist nicht verputzt, sondern nur verschalt. Zwischen den Bretternbefinden sich breite Ritzen, die allen Schmutz, der in den Tauben-schlagen bekanntlich reichlich zu sein pflegt, ungehindert durchfallenliehen. Wenn die Mädchen essen wollten, mutzten sie den Tisch vondem heruntergefallenen Taubendreck reinigen, wenn sie schlafenwollten, muhte das Bett erst solveit als möglich von fortwährendherunterrieselnden Unsauberkeiten befreit werden, die auch des Nachtsauf die Schlafenden> herunterfielen, die sich das Gesicht bedeckenmußten, um nicht selbst im Schlafe beschmutzt zy werden.Ein im Waisenhause erzogenes, etwa 16jähriges Mädchen ver--mietete sich im Jahre 1897 bei dem Gutsbesitzer T h i e s i e s iuN a g g e n, Kreis Jnftorburg, als Dienstmädchen für einenjährlichen Lohn von 20 Talern, sowie ein Kleid, zwei Pfund Wolleund zwei Hemden, DaS Mädchen hat nun sechs Jahre lang beidiesem Besitzer recht schwer gearbeitet. Es mußte größtenteils auchdie Arbeiten eines Knechtes verrichten. Nach Ablauf des erstenJahres erhielt das Mädchen nur zehn Taler Lohn, Der Besitzergab an. nicht mehr zu haben. Am anderen Tage fordert« er demMädchen aber auch dieses Geld ab und versprach ihm, dafür Zinsenzu geben. Durch gutes Zureden und indem man dem Mädchen klarzu machen verstand, daß es ja das Geld nicht brauche, man werdeihm schon die nöttgen Bedürfnisse kaufen, es wäre doch beffer, wennes viel Geld auf einmal erhalte, hat der Besitzer seinem Dienst-mädchen für die ganzen sechs Dienstjahre den Lohn vorenthalten.Mit den notwendigen Kleidungsstücken wurde das Mädchen so schlechtversorgt, daß es sich schämen mußte, unter Menschen zu gehen. Eshatte keine Verwandten.Wenn der Besitzer angetrunken nach Hause kam, war es nichtmit ihm auszukommen. Manchmal prügelte er seine Frau, be-schimpfte und bedrohte daS Dienstmädchen mit Prügel, so datz daS-selbe manche Nacht außer dem Hause in der Scheune übernachtenmutzte. Als der Besitzer am 19. August v. I. wieder einmal denwilden Mann spielte und schliehlich unter Schimpfen und Drohungendas Mädchen vom Hofe jagte mit den Worten, es möge sich nicht mehrbei ihm sehen lassen, verließ dieses unter Zurücklassung feinerwenigen Habseligkeiten, den Dienst und wanderte zu der. ihm ausder Kindheit bekannten Frau K. im Labianer Kreise. Dort kam dasMädchen ohne einen Pfennig Geld, vollständig zerlumpt an. DieFrau K. ging nun am anderen Tage mit dem Mädchen zu dem Amts-Vorsteher in Uszupönen und bat um dessen, Vermittelung wegenHerausgabe des Lohnes für sechs Jahre sowie der Sachen undPapiere des Mädchens. Der Amtsvorsteher sagte, es sei alles nichiwahr, was das Mädchen von seinem Herrn erzähle, es solle sofortin den Dienst zurückgehen und dem Herrn dankbar sein, daß er denLohn so lange aufbewahrt habe.Das Mädchen ging jedoch nicht wieder in diesen Dienst; sechsStrafbefehle im Betrage von 12 bis 36 M. wurden ihm dafür zn-gestellt, die dann der Besitzer von dem rückständigen Lohne desMädchens bezahlte. Beschwerden dagegen wurden von dem Rc-gierungspräsidenten als unbegründet zurückgewiesen.Das Dienstmädchen klagte nun bei dem Landgericht zu Fnster»bürg gegen den Besitzer Th. auf rückständigen Lohn für die Jahrevon 1897 bis 1903 sowie auf Lieferung der Kleidungsstücke im Be-trage von 342 M. Auch beantragte es die Gewährung des Armen»rechtes zur Klage. Das Landgericht lehnte die Bewilligung desArmenrechtes ab, weil das Mädchen den Dienst unberechtigterweiseverlassen habe. Da der Besser einen Teil des Lohnes zur Bezahlungder Strafen verwandt und eine Gegenforderung gestellt habe, außerdem auch gegen die Forderung des rückständigen Lohnes für die Zeitvon 1397 bis 1901 bei Gericht sich auf Verjährung berufen habe,so betrage das Objekt der Klage weniger als 300 M. und deshalbse> das Landgericht nicht mehr zuständig. Der Besitzer bestreitet dieForderung gar nicht, aber er beruft sich auf den Verjährungs-Para-graphen des Bürgerlichen Gesetzbuches, und ohne datz das Mädchenauch nur einmal vor Gericht gehört worden ist. wird es des scksiververdienten Lohnes für drsi Jahre von Rechtswegen für verlustigerklärt. Eine Beschwerde bei dem Oberlandesgericht wurde zurück-gewiesen Ter Lohn für die anderen Jahre wird von dem Besitzerfür Strafgelder, Entschädigungen für Ersatz der Arbeitskrast desMädchens, welche der Besitzer mit 2,50 M. pro Tag berechnet, aus-gerechnet. Die wenigen Habseligkeiten und das Dienstbuch werdeneinbehalten und immer weitere Strafen festgesetzt, weil das Mädchenbei diesem Besitzer, der es fertig gebracht hat, den Lohn für sechsJahre auf die hier bezeichnete Art zu verrechnen, nicht mehrdienen will.«Bei der städtischen Freibank in Greifswald kaufte eindortige. Gutsbesitzer das schlechte Fleisch für seine Arbeiter. Daswurde im dortigen Stadtverordneten-Kollegium im Februar 1903festgestellt.Vom Schöffengericht in Gommern bei Magdeburg wurde imJanuar 1903 die Frau eines FutterknechteS wegen Sachbeschädigungzu 20 M. Geldstrafe verurteilt, weil sie den aus Kiesernknüppelnbestehenden Fußboden der herrschaftlichen Wohnung verfeuert hatte.Der Mann hatte 8 M. Wocheiclohn imd sollte damit die Familie erhalten.Bei der Arbeitsnachweisstelle der Landwirtschaftskammer fürOst- und Westprentzen wurden im Jahre 1902 wegen Kontraktbruch121 Arbeiter angemeldet. Es waren aber darunter 80 bedürsniS-lose Ausländer, und ihre Verfolgung blieb resultatlos, weil sie nichtaufzuftnden waren. Selbst die an tiefstes Elend gewähnten Polenuud Russen können»S bei unseren JHgnmern nicht aushalten.Auf dem Gute B a r z l i n(dem Herrn v. Heydebreck, demVertrauensmann deS Bundes der Landwirte» gehörig), welches etwa2 Meilen von Köslin liegt, hatte sich der Arbeiter Karl Nörenberglaut mündlicher Vereinbarung verpflichtet in der Zeit vom April bisOttober 1903 gegen 1,25 M. Tagelohn, freie Kuhweide und viertel-jährlich eine Fuhre Holz zu arbeiten.Eines Tages im Juli, als die Arbeiter in> der Roggenernte be«schäftigt waren, kam der Jnspettor Janke vom Gute auf das Feld ge-ritten und bemängelte die Arbeit der Leute, indem er andeutete, siehätten nicht genug getan. Nörenberg. den daS ärgerte, und der sichkeiner Faulheit bewußt war, erwiderte in ganz ruhigem Tone, siehätten alle ihre Schuldigkeit getan und würden auch weiter tüchtigarbeiten. Als Antwort aus diese gewiß nicht ungehörige Erwiderungschlug der Inspektor mit der Reitpeitsche auf den Mann loS! AnderenTageS wurde N., trotzdem er bis Ottober zu arbeiten hatte, entlassen.Durch die Mißhandlung mit der Peitsche hatte Nörenberg eineWunde in der Seite erhalten, was sich leicht denken läßt, da dieArbeiter in der Ernte ja nur mit Hose und Hemd befleidet arbeiten.N. übergab die Sache der Staatsanwaltschaft, erhielt jedoch die Ant-wort, daß keine Anklage erhoben werden könne mangels„öffentlichenInteresses". Eine Beschwerde bei dem Oberstaatsanwalt hatte auchkeinen Erfolg. Darauf ließ N. die Sache fallen, weil er fich nichtweiter helfen konnte.Der Jnspettor Janke schien aber auch weiterhin sehr besorgtum das Wohlergehen des Nörenberg zu fein, denn er erkundigte sichgelegentlich nach ihm. wo er arbeite. Als der Jnspettor im Oktobererfuhr, datz N. auf einem benachbarten Gute in der Kartoffelerntearbeite, machte er die Bemerkung:„Das wird nicht lange dauern".Vom 2. bis 23. November arbeitete Nörenberg in Thurow, inder Nähe von Barzlin, in der Wiesenkultur unter dem SchachtmeisterSeefeldt zur vollen Zufriedenheit desselben. Plötzlich wurde er«nt-lasten. Seefeldt erklärte ans Befragen dem N., er ließe ihn ungerngehen, aber er sei„von anderer Seite" dazu gezwungen.Ein 23jähriges Dienstmädchen hatte sich im Herbst 1903 aufeinem Gute in Rachsitten, Kreis Königsberg, vermietet.Das Gut wurde bald darauf verkauft. Der neue Besitzer setzte einenVerwalter auf das Gut. Als nun die frühere Besitzerin im April1904 fortzog, wollte das Mädchen bei dem Verwalter.bei dem es sichauch gar nicht vermietet hatte, nicht bleiben, weil er und seine FraudaS Mädchen schlecht behandelten und auch wiederholt prügelten.Der Verwalter gab aber nicht die Papiere und Sachen deS Mädchensheraus.Am LS. Mn 1904 wurde daS Mädchen wieder von der Frau desVerwalters geschlagen. Es lief nun fort aus den» Dienst, und da eskeine Verwandten und Bekannten hatte, auch nicht im Besitze vonGeld war. übernachtet» daS Mädchen mehrere Nächte im Walde undauf freiem Felde. Da es sich fürchtete, allein nach dem Gute zugehen, bat es emen Mann, mitzugehen, um den rückständigen Lohn.Dienstbuch und Jnvalidenkarte von» Verwalter zu holen. Dieserwies aber beide sofort von seinem Hof.Der Amtsvorsteher erklärte in der Sache nichts machen zukönnen. Die Einwohner des Dorfes fürchteten bestraft zu werden.Ivenn sie das Mädchen aufnehmen würden. Es ist das eine in Ost-preuhen weit verbreitete irrige Voraussetzung bei den Landleuten.Und es ist auch tatsächlich vorgekommen, datz ein Amtsvorsteher ein«Frau deshalb mit 5 M. Strafe belegt und weitere Strafen angedrohthat, weil sie einem aus dem Dienist geflüchteten Mädchen Obdach undEsten gegeben hatte.Das ans dem Dienst entlaufene Mädchen irrte acht Tage um»her. Es nächtigte im Walde, auf freiem Felde oder in den Wellblech-buden der Haltestellen der Kleinbahn. Seine Nahrung bestand ineinem Stück Brot, welches die aus dem Felde arbeitenden Frauenab und zu dem Mädchen reichten; aus dem Graben trank es Master.Das Mädchen war durchaus nicht verwahrlost und arbeitsscheu, aberfurchtbar elend. Von seinem zweiten Lebensjahre eine Waise, ist es imAsyl erzogen und vom 16. Lebensjahre an bei verschiedenen Besitzernim Dienste gewesen.Ein Landarbeiter kam zur Redattion der„Königsberger Volks-zettung" mit einem von seiner Frau geschriebenen Briefe, in dem dieLage der Familie fo geschildert wurde:Im Ottober 1902 zogen sie nach Kiauten bei Laptau im KreiseFischhausen, wo sie sich bei einen: Besitzer als Jnstleute vermietethatten. Das Getreide, welches sie als Deputat erhielten, war soschlecht, daß sie damit nicht auskommen konnten. Sie mußten Vor-schütz nehmen. Das im voraus genommene Getreide zog der Herrden Leuten nun bei den letzten Löhnungen ab. Die ganze vorigeWoche hatten Wann, Frau und Kinder fast nichts zu essen, weil auchder Kartoffelvorrat verbraucht war. Die Frau bat am letzten Freitag den Besitzer um ctlvas Erbsen. Sic erhielt aber weder Erbsennoch sonstige Lebensmittel. Die Wohnung, so behauptet der Mannin Uebereinstimmung mit dem Briefe, sei sehr schlecht und bauMig.